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Mehrere Leser dieses Werkes haben gesagt, daß mein Plan an sich sehr schön und gut wäre, daß aber seine Ausführung in der Wirklichkeit unmöglich sei. Diese Zweifler kann man allerdings nur durch die Ausführung beruhigen, aber bei derartigem Zweifel ließe sich überhaupt nichts in die Praxis umsetzen. Man muß also zur Ausführung schreiten, sobald eine Sache wichtig ist und man keine unübersteiglichen Hindernisse erkennt. Auch bei diesem Plane mußte ich zeigen, daß die Einzelheiten der Ausführung nichts Unmögliches bieten. Die folgenden » nützlichen Artikel« genügen zur endgültigen Begründung des Bundes, sie lassen sich leicht annehmen oder durch entsprechende andere ersetzen, und sie sind sämtlich ausführbar. Geschicktere Leute als ich werden zweifellos bequemere und bessere angeben, aber der Leser wird ungeduldig und möchte die Gestalt einer so schönen Einrichtung wenigstens in großen Umrissen sehen; er wird mir für diesen Versuch also nicht zürnen.
1. Sicherung und Vorrechte der Friedensstadt.
Die Friedensstadt wird mit neuen Befestigungen und Zitadellen umgeben und mit Lebensmitteln und Munition so ausgestattet, daß sie eine lange Belagerung aushalten kann.
Die Bundesgesandten und Residenten, die fünf Deputierten jeder Grenzkammer, vor allem aber die Offiziere der Besatzung der Stadt sollen möglichst aus der Friedensstadt oder ihrem Gebiet stammen oder dort wohnhaft und verheiratet sein; ebenso sollen die Soldaten möglichst aus ihrem Gebiet stammen. Der Rest darf nur aus den Republiken Europas genommen werden.
Der Bund entschädigt die niederländischen Generalstaaten für den Ausfall ihrer Einnahmen aus der Herrschaft Utrecht durch Herabsetzung ihres Wehrbeitrages. Die Einwohner des Gebietes von Utrecht werden für den Verlust ihrer niederländischen Staatszugehörigkeit entschädigt, indem ihnen nicht nur ihre Gesetze, ihr Besitz, ihre Religion und ihre Ämter bestätigt, sondern noch weit vorteilhaftere und ehrenvollere Ämter vom Bund übertragen werden, als da sind: Gesandte und Residenten, Richter in den Bundeskammern, Konsuln, Schatzmeister usw. Ihre Steuern werden auf die Hälfte ermäßigt.
2. Bundesfeldherr. Vgl. S. 155.
Führt der Bund Krieg gegen einen Herrscher, so ernennt er mit Stimmenmehrheit einen Bundesfeldherrn. Dieser darf nicht aus einem regierenden Hause sein und kann jederzeit abberufen werden. Er führt den Oberbefehl über die Bundeskontingente, darf aber keinerlei Beförderungen vornehmen. Im Fall einer Gehorsamsverweigerung oder einer Pflichtversäumnis irgendeines Generals der Bundestruppen kann er ihn vor ein Kriegsgericht stellen.
Falls das besiegte Herrscherhaus keinen männlichen Nachkommen hat, kann der Bund dem Bundesfeldherrn das ganze Gebiet, das er dem Feinde abnimmt, oder einen Teil davon als Fürstentum geben.
Erläuterung.
Man hat mir vorgeworfen, ich gäbe dem Bundesfeldherrn sehr wenig Autorität. Ich weiß wohl, je weniger Autorität er besitzt, um so weniger ist sein Heer zu fürchten. Auch weiß ich, daß, je mehr Völker zusammen kämpfen, um so weniger Eintracht vorhanden ist, und folglich um so weniger Kraft. Aber diesem Übelstand können die verbündeten Herrscher leicht abhelfen, wenn jeder ein Drittel mehr Truppen stellt, so daß sie ihr Heer dem Bundesfeind dreifach überlegen machen. Das können sie sehr wohl tun und doch geringere Anstrengungen als der Feind machen. Drei Hauptgründe sprechen dafür: 1. Je mehr Anstrengungen sie machen, um sofort ein sehr zahlreiches Heer aufzustellen, desto rascher wird der Krieg beendet, somit sind die Kosten tatsächlich geringer. 2. Vor allem aber: je stärker das Bundesheer ist, um so unzweifelhafter ist der Ausgang des Krieges. 3. Da der Ausgang ganz gewiß ist, ist jeder sicher, seine Kriegskosten von dem Besiegten zurückzuerhalten. Mit größerem Geldaufwand kann also der Nachteil der geringen Autorität des Bundesfeldherrn wettgemacht werden, dagegen erkennt auch der Klügste kein Mittel gegen die großen und verderblichen Nachteile, die der Bund durch eine zu große Autorität des Feldherrn erlitte, wenn dieser die Offiziere selbst ernennen darf.
3. Bevollmächtigte, Vizebevollmächtigte und deren Vertreter.
Jeder Herrscher und jeder Staat entsendet zum Bundesrat einen ständigen Bevollmächtigten im Alter von mindestens 40 Jahren und zwei Vizebevollmächtigte im gleichen Alter für den Fall seiner Abwesenheit oder Krankheit, ferner zwei Vertreter für die letzteren. Die Vizebevollmächtigten und deren Vertreter werden in ihren Bevollmächtigungsschreiben als erster und zweiter bezeichnet, um die Reihenfolge bei der Vertretung genau zu regeln. Bei der Ernennung dieser Abgeordneten sorgen die Herrscher dafür, daß nur befähigte Männer ausgewählt werden, die mit den Staatsgeschäften vertraut sind, das öffentliche Recht und die Handelsfragen kennen und die Sprache des Bundesrats beherrschen. Sie müssen gesetzt, friedfertig und arbeitsfreudig und der Sache des Friedens ergeben sein. Jeder Herrscher kann sie abberufen und durch andere ersetzen. Jeder Bevollmächtigte darf nur vier Jahre hintereinander sein Amt ausüben.
Sollte ein Bevollmächtigter Anschauungen hegen, die dem Frieden und der Ruhe zuwiderlaufen, so kann der Bundesrat ihn mit Zweidrittelmehrheit der Stimmen ausschließen und bewirken, daß der Bund seinen Herrscher auffordert, einen anderen zu senden.
Später darf niemand Bevollmächtigter werden, der nicht zwei Jahre Vizebevollmächtigter war, und niemand Vizebevollmächtigter, der nicht zwei Jahre Vertreter war. Ebenso darf später niemand Richter in einer Grenzkammer werden, der nicht zwei Jahre hintereinander in der Friedensstadt gewohnt hat.
4. Tätigkeit der Bevollmächtigten.
Jeder Senator oder Bevollmächtigte übernimmt in wöchentlichem Wechsel den Vorsitz im Bundesrat und im Rat der Fünf, sowie die Regierung der Friedensstadt.
Der Rat der Fünf besteht aus fünf Senatoren (Bevollmächtigten), die die täglichen, eiligen und wichtigen Geschäfte erledigen, welche die Sicherheit der Bundesmitglieder und der Friedensstadt, die Losung, die Verhaftbefehle usw. betreffen. Der jeweilige Regent gibt die Losung nur in ihrer Gegenwart; er darf nichts ohne schriftliche Zustimmung ihrer Zweidrittelmehrheit anordnen.
Der Bevollmächtigte des Staates, der zuerst dem Bund beigetreten ist, führt zum erstenmal den Vorsitz, und so fort in der Reihenfolge des Beitritts, so daß der erste den Vorsitz erst wieder übernimmt, wenn alle Mitglieder des Bundesrats ihn geführt haben.
Tritt ein Herrscher später dem Bunde bei, so kann sein Vertreter erst zwei Monate darauf den Vorsitz übernehmen, damit er Zeit hat, sich mit den Bräuchen des Bundesrats und seinen Obliegenheiten vertraut zu machen.
5. Geschäftsgang.
Der Bundesrat berät nur über solche Vorlagen, die von drei Senatoren (Bevollmächtigten) als der Prüfung würdig bezeichnet sind. Alle Beratungen finden auf Grund gedruckter Vorlagen statt, die der Schriftführer an alle Bevollmächtigten austeilt. Acht Tage nach der Verteilung beschließt der Bundesrat mit Stimmenmehrheit, ob eine Prüfung stattfinden soll. Wird dies beschlossen, so übergibt der Schriftführer sie dem Vorsitzenden des zuständigen Bureaus (s. unten).
In dem betreffenden Bureau wird die Vorlage in der dort zu bestimmenden Form geprüft. Der Vorsitzende des Bureaus übergibt dem Schriftführer des Bundesrats ein begründetes Gutachten des Bureaus. Dieser läßt es drucken und an alle Senatoren verteilen. Der Tag der Beschlußfassung wird vom Vorsitzenden des Bundesrats mit Stimmenmehrheit festgesetzt, damit jeder seine Stimme gemäß der Wichtigkeit der Sache abgeben kann. Vor der Beschlußfassung setzt jeder Senator seine Meinung unter die Vorlage und schickt sie an den Schriftführer zurück.
Am Tage der Beschlußfassung verliest der Schriftführer alle gleichlautenden Entscheidungen und stellt ihre Zahl fest, und der Vorsitzende verkündet die Entscheidung. Diese wird unter die Vorlage gesetzt und vom Vorsitzenden des Bundesrates, dem Rat der Fünf und dem Schriftführer unterzeichnet. Dann geht die Vorlage an das Sekretariat zurück. Alle Entscheidungen werden in Register eingetragen, die gedruckt und alljährlich allen Bevollmächtigten zugestellt werden. Es ist tunlichst zu vermeiden, daß ein verurteilter Herrscher namentlich genannt wird. Vielmehr wird nach dem Einzelfall ein allgemeines Gesetz ohne Namensnennung einer Partei erlassen, damit der betreffende Herrscher das Gesetz aus freien Stücken befolgen kann.
Im ersten Bureau werden die Briefe der Gesandten und Residenten des Bundes bearbeitet und die Antworten nach Billigung des Bundesrats ausgefertigt. Ferner werden die Nachfolger der Gesandten, Residenten und Beamten der Grenzkammern sowie der Bundesräte Gemeint sind die Mitglieder des Rats der Fünf. (Der Übers.) ernannt.
Im zweiten Bureau werden die Offiziere der Besatzung ernannt und die Kriegsangelegenheiten, die Wahl des Bundesfeldherrn und die Angelegenheiten der europäischen Grenztruppen bearbeitet.
Im dritten Bureau werden die Finanzangelegenheiten bearbeitet, die Einnahmen und Ausgaben geprüft und die Finanzbeamten ernannt.
Im vierten Bureau werden die Vorlagen für die Rechtsbestimmungen bearbeitet, die den Bund überhaupt, die Friedensstadt und ihr Gebiet, sowie die Gesetze für die Grenzkammern betreffen Nach modernem Sprachgebrauch wären diese vier Bureaus als Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, Kriegs- und Finanzministerium und Ministerium für öffentliches Recht zu bezeichnen. (Borner. S. 41 ff.) (Der Übers.).
Außer diesen dauernden Bureaus treten noch besondere Bureaus von Fall zu Fall zusammen, die die Streitigkeiten zwischen den einzelnen Staaten zu schlichten haben. Ihre Mitglieder werden vom Senat mit Stimmenmehrheit ernannt. Sie erhalten eine Belohnung, wenn ihnen die Schlichtung eines Streites gelingt. Mißlingt sie, so teilt der Vorsitzende das Gutachten des Bureaus dem Schriftführer des Bundesrats mit, der gedruckte Abzüge davon an alle Senatoren verteilt, damit sie nach Kenntnisnahme ihre Entscheidung in der Bundesversammlung schriftlich niederlegen können. Der Bundesrat erläßt ein Gesetz für alle ähnlichen Fälle, und erst wenn der verurteilte Herrscher sich diesem nicht fügt, fällt der Bundesvorsitzende ein namentliches Urteil über ihn. Dieser Schiedsspruch wird vorläufig mit Stimmenmehrheit und nach sechs Monaten endgültig mit Dreiviertelmehrheit gefällt; somit erfolgen in jedem Falle zwei Urteile Durch dies Verfahren wird also eine dauernde Berufungsinstanz geschaffen, die automatisch in Wirksamkeit tritt. (Der Übers.).
Zur Abgabe der Stimmen wird eine Frist angesetzt, und zwar so, daß auch die Bevollmächtigten der fernliegenden Staaten die Weisungen ihrer Herrscher rechtzeitig erhalten können. Ist innerhalb dieser Frist ein Bescheid nicht eingetroffen, so kann der Bundesrat mit Stimmenmehrheit eine neue Frist anberaumen. Hiernach wird zum Urteil geschritten, einerlei, ob der Bevollmächtigte, der seine Stimmenabgabe verweigert, anwesend ist oder nicht.
Der Bundesrat ernennt mit Dreiviertelmehrheit die Vorsitzenden und Mitglieder der Bureaus. Diese bestehen aus je fünf Abgeordneten und zehn Vertretern. Die Schriftführer der Bureaus müssen Staatsangehörige des Bundesgebiets sein Das heißt, der Friedensstadt und ihres Gebiets. (Der Übers.). Die Bevollmächtigten der Freistaaten Holland, Venedig, Schweiz und Genua gehören stets dem Rat der Fünf an. Wird einer von ihnen Bundesvorsitzender, so wird er im Rat der Fünf von dem Bevollmächtigten des Staates vertreten, der zuletzt Bundesvorsitzender war.
Die Sprache des Bundesrats bei den Beratungen und in den gedruckten Vorlagen ist die verbreitetste europäische Sprache.
Jeder Bevollmächtigte hat freie Religionsübung, desgleichen alle übrigen. Der Bundesrat verbietet unter schwerer Strafe die Behinderung jeder Religionsübung, den Spott darüber oder Schriften gegen sie im Gebiet der Bundesstadt.
Der Bund strebt eine Vereinbarung über Gehalt und Gewicht der Münzen, über Gewichts- und Maßeinheit und die gleiche astronomische Rechnung in ganz Europa an, besonders auch über den Jahresbeginn.
Erläuterung.
Diese Vereinbarung wäre von großem Wert für die Erleichterung und somit Vermehrung des Handels. Das käme wieder den Herrschern und Völkern zugute.
Es wäre sogar zu wünschen, daß für die ganze Welt ein einheitliches Maß nach der Länge des Sekundenpendels (etwas mehr als 3,3 französische Fuß) und ein einheitliches Gewicht auf der Grundlage eines Bruchteils von einem Kubikfuß destillierten Wassers festgesetzt wird.
6. Grenzschutz Europas.
Zur Sicherung Europas befestigt der Zar und der türkische Sultan alle Grenzen der Gebiete, die nicht zum Bunde gehören. Der Bund hält in ihnen beträchtliche Besatzungen aus allen Bundestruppen. Macht einer der Grenznachbarn ungewöhnliche Rüstungen, so verstärkt der Bund seine dortigen Truppen im gleichen Verhältnis, und zwar so, daß sie um ein Drittel stärker sind, als die jenes Nachbars. Damit aber die Truppen der im Kriege befindlichen Grenznachbarn nicht kriegstüchtiger werden, als die Bundestruppen, bietet der Bund ihnen seine Vermittlung, seinen Schiedsspruch und seine Bürgschaften, sowohl in den gegenwärtigen Streitigkeiten wie in künftigen an und tritt auf seiten dessen, der sie annimmt.
Um Kenntnis von jeder neuen Rüstung zu erhalten, werden beiderseits Gesandte und Residenten eingesetzt.
7. Bundesbeiträge oder regelmäßige Bundeseinnahmen.
Die Bundeseinnahmen bestehen aus den regelmäßigen Beiträgen aller Herrscher. Der wenigst mächtige Herrscher, der eine Stimme im Bundesrat hat, steuert 300 000 Franken bei, die übrigen mehr im Verhältnis zu ihren Einnahmen. Der Beitrag verringert sich in der Folge, wenn die ersten Ausgaben für Bauten, Befestigungen, Magazine usw. gedeckt sind. Der Beitrag für den Grenzschutz Europas und für Kriegskosten wird im gleichen Verhältnis vom Bundesrat bestimmt.
Die Beiträge werden monatlich in gleichen Raten an den Schatzmeister des Bundes abgeführt. Aus ihnen werden die Gehälter für die Bundesgesandten, die Residenten und die Richter der Grenzkammern bezahlt.
8. Asiatischer Bund.
Der europäische Bund versucht, in Asien einen ähnlichen Bund zur Erhaltung des Friedens zu errichten, vor allem auch, um von asiatischen Herrschern nichts für seine Ruhe und für seinen Handel mit Asien zu befürchten zu haben.
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