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Aus Juvenilia (1850–1860)

So grausam trifft mit wilden Geißelschlägen
Enttäuschung mich auf jedem meiner Schritte,
Daß ich, ermüdet von den harten Wegen,
Mir schon das Grab als letztes Ziel erbitte.

Gesenkten Auges wandl ich in der Mitte
Von Huld und Schönheit und im Blütensegen
Des Lebens, fast als strebten schon die Schritte
Dem unerfreulich letzten Haus entgegen.

Da hemmt ein Antlitz plötzlich mit den Zügen
Der Hoffnung und des Schmerzes mich, es schaut
Mich traurig an und schweigt. Ein harter Strauß

Tobt zwischen Zorn und Liebe wild und laut
Im Busen mir, die Liebe fühl ich siegen,
Und unter Seufzern bebend ruh ich aus.

Du tiefe stille ungeheure Nacht,
Sichtbarer Schlummer der erschaffnen Welten,
Auf Felsen ruhend, die der Blitz zerkracht,
Wie auf der Flur, der treu mit Korn bestellten;

Ihr Schatten, die manch keusches Licht bewacht,
Am weiten Himmelsdom, dem sternerhellten,
Ihr Lichtgestalten, die in stiller Pracht,
Bei unbekanntem Los, sich dort gesellten,

Und du, o Mond, der seinen Silberstrahl,
Den klaren kalten, läßt herniedersteigen
Zu Frohen und Betrübten, sonder Wahl:

Was soll dies dunkle Graun? Der Lebensreigen
Des armen Menschenvolks und seiner Qual?
Fühllose Stille – du verharrst in Schweigen.

Mein Schiff fährt einsam unter Klagetönen
Der Möwen durch die sturmbewegte Flut,
Die Woge rollt heran, und nimmer ruht
Der Blitze Zucken und des Donners Dröhnen.

Indessen sucht Erinnerung mit Tränen
Nach des verlornen Ufers stiller Hut,
Und auf zerbrochner Ruderstange ruht
Ihr müder Blick mit unerfülltem Sehnen.

Doch singend schaut mein Genius unverdrossen
Auf Meer und Himmel, steht auf schwankem Schiff,
Trotz Rahenknirschen und trotz Sturmespfiff.

Wir rudern, rudern fort, ihr Leidgenossen,
Zum Hafen des Vergessens, dunstumflossen,
Und zu des Todes weißem Felsenriff.


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