Jacob Burckhardt
Die Zeit Constantins des Großen
Jacob Burckhardt

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Die Geschichte, welche sonst die Ursprünge grosser Dinge gern verhüllt, überliefert ziemlich genau die Art und Weise, wie das Einsiedlerwesen und aus demselben das Mönchswesen entstand[Nachtrag:] Die ganze Anschauung über die tatsächliche und chronologische Entwicklung des Mönchswesens ist in neuester Zeit beträchtlich modifiziert worden durch die Schrift von Weingarten, Der Ursprung des Mönchtums im nachconstantinischen Zeitalter, Jena 1877, wo die Vita Pauli als ein Roman des Hieronymus, die Vita Antonii als nicht von Athanasius herrührend bezeichnet werden, zahlreicher anderer kritischer Resultate nicht zu gedenken. Wenn ich gleichwohl meine bisherige Darstellung nicht wesentlich ändere, so mag dies damit gerechtfertigt werden, dass jene Fiktionen – wo sie dies sind – doch immer im Geist jener Zeiten und Gegenden fingiert sein würden und daher eine kulturgeschichtliche Wahrheit behaupten mögen. (In der Person des Antonius halte ich den Verein der äussersten Ascese mit einer früher gewonnenen theologischen und philosophischen Bildung für wohl denkbar.) Sodann glaube ich ein viel stärkeres Gewicht auf das Anachoretentum als Vorstufe des Coenobitentums legen zu müssen, als der Verfasser tut. Ferner scheint mir der Beweis ex silentio, auf Euseb und andere Bischöfe angewandt (die das Mönchtum vielleicht nur wenig schätzten und Dinge zu besprechen hatten, die ihnen sehr viel wichtiger erscheinen mochten) einigermassen bedenklich. Endlich halte ich die Ascese überhaupt und bis in ihre furchtbaren Stufen hinein für eine mögliche Konsequenz der strengen christlichen Lehre und Anschauung. Dass die höchst merkwürdigen reclusi der Serapistempel in denjenigen der christlichen Zeit fortleben, leugne ich nicht, nur sind letztere doch seltene Fälle geblieben; ein reclusus aber und ein Eremit im Freien – und lebte er so strenge es auch wäre – bleiben sehr viel verschiedenere Dinge, als der Verfasser S. 44 annimmt.. Kaum gibt es eine Richtung oder ein Ereignis, welches die spätere Zeit des dritten und das vierte Jahrhundert schärfer charakterisierte.

Es liegt ein Zug in der Natur des Menschen, dass er, verloren in der grossen, bewegten äussern Welt, sich und sein eigenes Selbst in der Einsamkeit wiederzufinden sucht. Diese Einsamkeit wird um so viel abgeschlossener sein müssen, je tiefer er zuvor draussen sich innerlich entzweit und zerrissen gefühlt hat. Tritt dann noch von Seiten der Religion das Gefühl der Sünde und das Bedürfnis einer dauernden, unstörbaren Vereinigung mit Gott hinzu, so wird jede irdische Rücksicht schwinden, und der Einsiedler wird Ascet, teils um zu büssen, teils um der Aussenwelt gar nichts mehr als das dürftigste Fortleben zu verdanken, teils auch um die Seele zum beständigen Umgang mit den höchsten Dingen fähig zu erhalten. Ganz von selbst wird er sich durch Gelübde vor jeder Rückkehr in den frühern Zustand zu bewahren suchen; finden sich in der Einsamkeit mehrere vom gleichen Streben beseelt zusammen, so wird das Gelübde sowohl als ihr Leben überhaupt den Charakter des Gemeinsamen, der Regel annehmen.

Einen ganz gesunden Zustand der Gesellschaft und des Individuums setzt dies Einsiedlerleben nicht voraus; es gehört vielmehr in Zeiten der Krisis, da viele gebrochene Gemüter die Stille suchen, während zugleich viele starke Herzen irre werden an dem ganzen Erdenleben und ihren Kampf mit Gott fern von der Welt durchkämpfen müssen. Wer aber dem modernen geschäftigen Treiben und der allersubjektivsten Lebensauffassung anheimgefallen ist und von diesem Gesichtspunkt aus jene Einsiedler gerne in eine Zwangsarbeitsanstalt stecken möchte, der halte sich nur selber nicht für sonderlich gesund; dieser Ruhm käme ihm so wenig zu als manchen Leuten des vierten Jahrhunderts, welche zu schwach oder zu oberflächlich waren, um die geistigen Mächte auch nur zu ahnen, die jene Riesennaturen in die Wüste trieben. Sehen wir aber ab von dem persönlichen Gewinn oder Verlust, den der Ascet in der Thebais oder auf den Gebirgen von Gaza davontragen mochte, so bleibt eine ungeheure historische Wirkung übrig, welche der Geschichtsforscher auf seine Weise zu würdigen hat. Jene Einsiedler sind es gewesen, die dem ganzen geistlichen Stande der folgenden Jahrhunderte die höhere, ascetische Haltung des Lebens oder doch den Anspruch darauf mitteilten; ohne ihr Vorbild wäre die Kirche, das heisst der einzige Anhalt aller geistigen Interessen, völlig verweltlicht und hätte dann der rohen materiellen Gewalt unterliegen müssen. Unsere Zeit aber, in der Annehmlichkeit der freien geistigen Arbeit und Bewegung, vergisst es gar zu gerne, dass sie dabei noch von dem Schimmer des Überweltlichen zehrt, welchen die Kirche im Mittelalter der Wissenschaft mitgeteilt hat.

Die ersten christlichen Einsiedler sind Ägypter und Palästinenser, welche in der Nähe ihrer Heimat selbst ein einsames, wenigstens zurückgezogenes Leben führten und jüngere Leute zu sich wie in eine Lehre nahmenEine solche Anstalt muss das ασκητήριον gewesen sein, in welchem schon im dritten Jahrhundert laut Socrates I, 11 der berühmte Paphnutius erzogen worden war. Vgl. auch des Athanasius Vita S. Antonii. (Nur lateinisch vorhanden, ed. Commelin.) – Col. 445 wird es als Brauch um das Jahr 270 bezeichnet, dass, wer Gott leben wollte, non longe a sua villula separatus instituebatur. Für das übrige vgl. Hieronymus, Vita S. Pauli und Vita S. Hilarionis; Regula S. Pachomii, und dessen Praecepta, alles in der venezianischen Ausgabe des Hieron., vol. II, pars I. – Von den Briefen des Hieronymus bes. Ep. 22 ad Eustochium, Kap. 33–36. – Sozomenus, Hist. eccles. I, 13. III, 14. VI, 20 und 28. – Socrates I, 11 s. IV, 23 s. VI, 7 u. a. a. O. – Sulpic. Severus, Dial. I. – Rufinus, besonders der Anfang des zweiten Buches. – Evagrius I, 21. – Vgl. Anm. 754.. Allein den Gemütern eines Paulus (geb. 235, gest. 341), eines Antonius (geb. 252, gest. 357), eines Hilarion (geb. 292, gest. 372) genügte dieses halbe Eremitentum nicht; um vor den Verlockungen der Erde völlig sicher zu sein und sich Gott ganz zum Opfer zu bringen, verschwinden sie aus der Welt und leben sechzig, achtzig Jahre in der eigentlichen Wüste. Einzelne geraten auf der Flucht vor den christenverfolgenden Römern in die Einsamkeit hineinWie auch Verbannungen Anlass zum Anachoretentum geben konnten, ist aus Euseb., Hist. eccl. VI, 11 zu schliessen., die meisten aber suchen dieselbe um ihrer selbst willen und mögen sie dann gar nicht mehr verlassen, weil sie ihnen zur Heimat geworden ist und weil sie ohne Schauder gar nicht mehr an das Leben draussen im Saeculum, in der verdorbenen Gesellschaft denken können. Und auch »als die Welt christlichen Anstrich erhielt, trieb es wahrlich nicht die unwürdigsten Glieder der christlichen Gesellschaft zeitweise oder für immer in die Wüste hinaus, um dort die Freiheit zu finden, die aus der siegreichen Kirche verschwunden zu sein schien. Im ersten Jahrhundert seines Bestehens ist dieses Mönchstum ein ehrwürdiges Zeugnis gegen die Lüge der constantinischen Schöpfung«Zahn, Constantin d. Gr. und die Kirche, S. 30..

Paulus der Eremit lebte in einem unentdeckbaren Felsversteck, wo einst zur Zeit der Kleopatra Falschmünzer ihr Wesen getrieben; an den Wänden ringsum hatten sie sich Höhlen zurechtgemacht, in welchen er noch rostige Ambosse, Hämmer und Prägezeug vorfand; eine uralte Palme überschattete, ein Quellchen bewässerte den sichern Raum. – Antonius, der sich zuerst unweit seiner Heimat (bei Herakleopolis in Mittelägypten) auf dem Lande zum Anachoreten vorbereitet, dann sogar lange in einem Grabmal, später in einem verlassenen Kastell voller Schlangen gewohnt hatte, wich endlich vor dem Zudrang der Frommen in jene von Felsen geschützte Oase, von welcher unten die Rede sein wird. – Hilarion von Tabatha bei Gaza sucht sich das verrufenste Raubrevier seiner Gegend, zwischen Meer und Sümpfen, absichtlich aus, um dort zuerst ohne Obdach, dann in einer kleinen Rohrhütte, nachher in einer steinernen Zelle von fünf Fuss Höhe Gott zu dienen. – Die Entbehrungen, welchen diese im Überfluss erzogenen Menschen sich unterzogen, sind so furchtbar, dass nur ein ausserordentlicher Organismus ihnen die Spitze bieten konnteDie Diät des h. Hilarion genau verzeichnet in dessen Leben, Kap. 11.; die Geringfügigkeit und Schlechtigkeit der Nahrung wird – für unser Gefühl – noch überboten durch den abscheulichen Schmutz und das Ungeziefer, zu dessen Duldung diese Männer sich verpflichtet glaubten wie im vierzehnten Jahrhundert ein Bruder Amandus (Suso) und andere. Eine Reaktion dieser Art war übrigens ganz natürlich, nachdem die vorhergehenden Geschlechter in den prachtvollsten Thermen aller Üppigkeit gedient hatten. Die grösste Entbehrung, diejenige des menschlichen Umganges, mag ganz ausser Berechnung bleiben; das einzige geistige Mittel der Erhebung war, dass die Eremiten die Bibel auswendig wussten. Dies schützte sie jedoch nicht gegen die heftigsten innern Kämpfe, welche sich zum Teil durch scheinbar äussere, dämonische Anfechtungen kundgaben. Man könnte hier an die Personifizierung alles Geistigen denken, welche dem Altertum eigen ist, allein es bedarf einer solchen Hinweisung nicht einmal. Bald ist es die eigene Sinnlichkeit, bald die Erinnerung aus dem frühern Leben, bald der Reflex der Wüste und ihrer Naturschrecken, was die Einsiedler mit angstvollen Visionen heimsucht. Weltberühmt, jedoch durch Jacques Callot auf immer in das Reich des Burlesken gewiesen, ist die Erscheinung des grossen höllischen Heeres in dem Grabmal, das dem Antonius zur Wohnung diente: »Da öffneten sich die Wände, und die Dämonen erschienen als Schlangen, Löwen, Stiere, Wölfe, Skorpionen, Pardel und Bären, alle brüllend und drohend.« – Andere Male treten sie in menschlicher Gestalt auf, lärmend, pfeifend und tanzend, und schlagen den Heiligen halb tot. Noch bunter sind die Visionen des Hilarion; jede Nacht erhebt sich um ihn herum spukhafter Lärm aller Arten, Kindergeschrei, Blöken von Schafherden, Gebrüll von Stieren, Schritte eines Kriegsheeres; bei hellem Mondschein stürzt ein Wagen mit wilden Rossen auf ihn zu, wird aber bei dem Angstruf »Jesus!« von der Erde verschlungen; nackte Weiber, reichbesetzte Tische erscheinen, oder es springen Wölfe und Füchse vorbei, während der Heilige betet; einmal entsteht vor seinen Augen ein Gefecht von Gladiatoren, deren einer sterbend ihm zu Füssen stürzt und mit brechendem Blick ihn um ein Begräbnis bittet. Ja, der böse Geist nimmt auch jene schauerliche Art an, die das Gespenst in Sindbads Reisen so unvergesslich macht; er springt dem zum Gebet knienden, aber etwas zerstreuten Hilarion rittlings auf den Rücken, stemmt ihm höhnend die Fersen in die Seiten und will sich gar nicht mehr abschütteln lassen. – Am leichtesten werden diese Eremiten noch mit gewissen Dämonen fertig, welche ganz ehrlich in ihrer wahren Gestalt, als Satyrn und Centauren, erscheinen und bisweilen sogar Bekehrung und Fürbitte wünschen. Der grosse Hieronymus, derVita S. Pauli, c. 7 s. in betreff der Centauren nicht entscheiden will, ob sie eine blosse Verkappung des Teufels seien oder ob die Wüste wirklich solche Geschöpfe hervorbringe, beharrt dagegen auf der Echtheit des Satyrs, welcher dem heiligen Antonius auf der Reise zum heiligen Paulus den Weg wies und ihn um Fürbitte flehte; unter Constantius sei ja eine solche Kreatur in der Wüste gefunden, lebendig nach Alexandrien gebracht und nach bald eingetretenem Tode eingesalzen nach Antiochien gesandt worden, damit der alldort residierende Kaiser einen Augenschein nehmen konnte. Der Satyr des heiligen Antonius war übrigens den Bocksfüssen und Hörnern zufolge ein Panisk, der ausserdem die krumme, gebogene Nase aus der mutwilligen alten Zeit beibehalten hatteDie Christen mussten solche Geschöpfe, von deren Dasein sie überzeugt waren, wie alle andern Götter und Dämonen für abgefallene Engel oder deren Abkömmlinge von den Menschentöchtern halten..

Nach der Zeit dieser Beängstigungen folgt in dem Leben des Asceten eine andere, die er nur mit geteiltem Gefühl betrachten kann. Die hilfsbedürftige Welt entdeckt ihn, erkennt in ihm das Hohe und Ungewöhnliche und zieht ihm nach in die Wildnis. Er wird Wundertäter, nicht durch Mysterien und Phantasmagorien, sondern durch das blosse Gebet. Hat seine Seele Gewinn davon? Muss nicht der geistliche Hochmut in ihm erwachen? Es sammeln sich Bewunderer um ihn, die ihre Zellen in die Nähe der seinigen bauen und die er allmählich als Schüler anerkennen muss und als Gehilfen bei dem massenhaften Zudrang nicht mehr entbehren kann; halb wider Willen wird er ein »Vater«, ein Gebieter. Antonius, der diese neue Existenz mehrere Jahrzehnte hindurch ausgehalten, flieht um das Jahr 310 nach der innern Wüste und entdeckt (seitwärts von Aphroditopolis) ein Felsgebirge, dessen rieselnde Wasserbäche einen Palmenhain nähren; aber auch hier finden ihn die Brüder auf, und zweien derselben, dem Pelusian und dem Dolmetscher Isaak, muss er erlauben, bei ihm zu wohnen. Von neuem stellt sich eine grosse, ununterbrochene Wallfahrt bei ihm ein; Ketzer und Rechtgläubige, hohe römische Beamte und heidnische Priester, Gesunde und Kranke ziehen in solcher Masse herbei, dass es sich der Mühe lohnt, einen eigenen Postkurs mit Kamelen von Aphroditopolis durch die Wüste bis zu seinem Wohnsitz einzurichtenHieron., Vita S. Hilarionis, c. 30.. Er hat keine andere Wahl, als in der Höhe des Berges weit über steilen Treppen sich eine ganz unzugängliche Zelle anzulegen, in welche er sich wenigstens zeitweise zurückziehen kann. Die letzte Angelegenheit seines Lebens war, dass sein Grab verheimlicht werden möchte; denn schon lauerte ein reicher Grundbesitzer der Nachbarschaft auf die Leiche, um in seinem Landhaus – vielleicht aus Spekulation – ein Martyrium, das heisst eine Kirche mit dem Grabe des Heiligen, einzurichten. Die beiden Schüler haben in der Tat reinen Mund gehalten, wahrscheinlich selbst gegen Hilarion. – Dieser hatte nämlich eine Reise nach Ägypten unternommen, welche ebenfalls nichts anderes war als eine Flucht vor dem ungeheuern Zulauf und vor der stets wachsenden Sorge für die Tausende von Miteinsiedlern, die sich bei ihm, in der Wüste von Gaza, eingefunden. Seine Biographie, eine der interessantesten Schriften des Hieronymus, schildert das Entstehen und die Art dieses Zulaufs ganz anschaulich. Man wusste allmählich in Gaza und dessen Hafenstadt Maioma, dass ein heiliger Einsiedler in der Wüste wohne; eine vornehme reisende Römerin, deren drei Kinder das Fieber bekamen, pilgert mit ihren Dienerinnen und Eunuchen zu ihm hinauf und bewegt ihn durch vieles Flehen und Jammern, nach Gaza zu kommen, wo er die Kinder heilt. SeitdemLaut Vita S. Hil. 12 und 29 muss das Folgende in die Jahre 310 bis 356 fallen. Am Ende kam es dahin, ut omni genere hominum solitudo per circumitum repleretur. dauerte die Wallfahrt zu ihm aus Syrien und Ägypten ohne Unterbrechung, nur dass gerade in der Nähe das Heidentum sich mit der äussersten Anstrengung verteidigte. Der grosse Gott Marnas in seinem Tempel zu Gaza trat mit Sanct Hilarion in die unmittelbarste Konkurrenz, und es ergab sich in der vergnügungssüchtigen Handelsstadt eine Spaltung, von welcher man sich nur mit Mühe ein Bild machen kannVgl. die treffliche Schrift von Stark: Gaza und die philistäische Küste, 1852.. Sie drückt sich ganz wesentlich aus in jener Menge von Besessenen, welche man unaufhörlich zu dem Heiligen in die Wüste schleppte, und welche gewiss grossenteils nichts anderes waren als krankhaft zwischen zwei ohnehin dämonische Religionen geteilte und gebrochene Menschen. Theoretisch war man sich dessen allerdings nicht bewusst; es kann der Dämon, nach der altern verallgemeinernden Ansicht, aus eigenem Belieben seine Menschen, sogar seine Tiere aussuchen, oder sich durch Bosheit von Zauberern in dieselben bannen lassen, wie denn Hilarion einmal ein besessenes Kamel heilt. Der Dämon wird durchgängig als zweite, von dem Besessenen verschiedene Person aufgefasst und kann zum Beispiel syrisch und griechisch reden, wenn dieser nur lateinisch und fränkisch versteht. Er ist eine Personifikation der bösen Heidengötter und hier gewiss vorzugsweise des Marnas. Allerdings ist der Heilige in seinem Kampf mit dem Götzen auch einmal vom Prinzip abgewichen und hat der heidnischen Magie eine christliche entgegengesetzt. Von den Zirkusunternehmern zu Gaza war der eine, ein heidnischer Stadtbeamter, dem Marnas ergeben und hielt sich einen Zauberer, der die Pferde des Patrons zum Siege antrieb, die des Gegners hemmte. Der letztere, ein Christ namens Italicus, ging zu Hilarion, der ihn zunächst auslachte und fragte, warum er nicht die Pferde verkaufe und den Erlös den Armen schenke. Doch liess er sich erweichen durch die Gewissenhaftigkeit des Mannes, der lieber von einem Knecht Gottes als von Zauberern Hilfe holen wollte, und durch die Erwägung, dass es sich um einen Triumph des gazensischen Christentums überhaupt handle. Er gab ihm einen Napf voll Wasser, mit welchem Italicus Pferde, Wagen, Stall, Führer und Zirkusschranken besprengte. Als das Rennen unter allgemeiner gespannter Aufmerksamkeit begann, siegten die Pferde des Christen bei weitem, und auch die Heiden riefen: »Marnas ist von Christus besiegt!« – so dass dieser Tag vielen zur Bekehrung gereichte. Und doch hatte Hilarion einst einen todkranken Zirkusführer nur unter der Bedingung geheilt, dass er seiner bisherigen Beschäftigung gänzlich entsageHilarion in Konkurrenz mit dem Zauberpriester des Aesculap, d. h. Serapis in Memphis, s. d. Vita, Kap. 21..

Wie der Einsiedler Wundertäter wird, halb wider Willen, so wird er auch MönchDas Wort monachus bezeichnet bekanntlich genau genommen den Einsiedler als solchen und wird erst später gleichbedeutend mit Coenobit.; die Zellen derer, die ihm in die Wüste gefolgt sind, bilden allmählich ein monasterium, das sich mit dem grössten Eifer seiner Leitung unterzieht.

In Ägypten gab es hiefür ein Praecedens nicht bloss an den jüdischen Therapeuten, welche ein Dasein dieser Art am Mareotischen See geführt hatten, sondern auch an jenen in Zellen Eingemauerten bei den Serapistempeln (S. 214 f.); die allerhärteste Form der Ascese, welche aber doch in der ganzen christlichen Welt eine wenn auch vereinzelte Nachfolge finden sollte. Ausserdem macht das Klima die grösste Mässigkeit nicht bloss möglich, sondern auch notwendig, und selbst der industrielle Charakter des Landes erleichterte einem ehelosen Proletariat mit geringem oder gar keinem Grundbesitz die Existenz, wie wir sehen werden. Schon um die verschiedenen Aufenthaltsorte des Antonius herum hatten sich unzählige Miteinsiedler gesammelt, denen er durch Gebet, Beispiel und Ermahnung voranleuchtete; doch erkannte er seinen Lebenszweck keinesweges darin, ihnen eine feste Konstitution zu geben und sie nach einem bestimmten Plan zu leiten. Dies ist vielmehr das Verdienst des Pachomius, dessen Lebenszeit ungefähr die erste Hälfte des vierten Jahrhunderts umfasst. Als Jüngling hatte er in einem kurzen Soldatenleben den Wert einer geschlossenen Disziplin kennengelernt und verwirklichte dieselbe dann in dem berühmten Mönchsdistrikt TabennaDie Fragen, ob damit eine Nilinsel Tabenna oder eher eine Ortschaft Tabennesus gemeint sei, erörtert Valesius zu Sozom. III, 14 im letztern Sinne. in Oberägypten, zwischen Tentyris und Theben. Hier waren schon bei seinen Lebzeiten mehrere Tausende von Mönchen beisammen, und die Regel, die er diesen erteilte, bekam dann auch Geltung in andern Mönchskolonien, welche teils damals, teils später entstanden. Die wichtigsten sind: diejenige bei Arsinoë in der Gegend des Sees Moeris (zur Zeit des Valens 10 000 Köpfe stark); die grosse Niederlassung in der nitrischen oder scetischen WüsteNitria heisst wegen der Nitrumgruben die ganze Gebirgsgegend um die Stadt Scetis oder Scyathis. Vgl. besonders Sozom. VI, 31. westlich vom Delta; die sogenannten Eremika unweit Alexandrien; endlich die zerstreuten Monasterien und einzelnen Zellen am ganzen Strande des Mittelländischen MeeresSozom. VI, 29 und 31. Sie trafen in Rhinocorura mit den palästinensischen Mönchen zusammen. und des Mareotischen Sees nebst einigen am Roten Meer und am Sinai. Alles aber übertraf das besagte Tabenna, wo zur Zeit des Hieronymus nicht weniger als fünfzigtausend Mönche das Osterfest zu feiern pflegten, die allerdings nicht alle im Zentralkloster (Baum oder monasterium maius) wohnten, sondern aus allen Klöstern der zu Tabenna gehörenden Kongregation herbeikamen. Wie man sieht, lagen nicht alle diese Kolonien in der Wüste; noch vor dem Schluss des vierten Jahrhunderts gibt es Stadtklöster, schon zum Zweck des Kampfes gegen heidnische Reste und Erinnerungen, wie denn zum Beispiel der Tempel des Canopus in der gleichnamigen Stadt zum Kloster Metanoia (Reue) umgebaut wurde.

Der Einrichtung nach sind die ägyptischen Klöster teils Coenobien oder Monasterien, das heisst grössere Gebäude für viele Mönche, teils Lauren, das heisst sie bestehen aus vielen Zellen, welche in bestimmter Entfernung auseinander liegen und also noch gewissermassen Einsiedeleien vorstellen. Um die obengenannte Zeit waren mindestens hunderttausend Menschen in Ägypten dieser Lebensweise geweiht; auch melden sich neben den Mönchsvereinen bereits die ersten Nonnenklöster, deren eines, unter der Schwester des Pachomius, um das Jahr 320 schon vierhundert Nonnen zählte.

Eine historische Erscheinung von solchem Umfange hat ihren tiefen nationalgeschichtlichen Grund, und wenn ein Volk darob unterginge, so wäre dies eben nur die notwendige Form seines Unterganges. In Ägypten musste sich die ganze religiöse Frage in lauter Extremen bewegen; nach schwerem Kampfe herausgetreten aus dem Fanatismus des Heidentums, kannte der Ägypter in der Reaktion keine Grenzen und glaubte der neuen Religion sein Leben in einem Sinne widmen zu müssen, welcher der Symbolknechtschaft seiner Vorfahren analog war. So entstand dieses merkwürdige Fakirtum, das letzte weltgeschichtliche Produkt des altägyptischen Geistes, für welchen von da an die Jahrhunderte der Passivität beginnenWenn man nicht in der religiösen Stellung der fatimidischen Khalifen ein letztes Aufleuchten desselben erkennen will..

Die Regel, welche Pachomius dieser Heerschar gab, war eine Sache der dringendsten Notwendigkeit, zugleich aber der erste Schritt zur Veräusserlichung und Unwahrheit; die Ascese ist fortan nicht mehr das Resultat der freien individuellen Begeisterung, sondern eines gemeinsamen Gesetzes, welches die vielen Tausende ungleichartiger Menschen dauernd an eine gleichartige Übung fesseln soll. Und wer der Wahrheit die Ehre geben will, muss zugestehen, Pachomius hat einen niedrigen Durchschnitt angenommen, und seine Konstitution setzt eine überwiegende Masse Unberufener voraus, welche vor allem in Schranken gehalten sein wollen. – Dies geschah zunächst sehr zweckmässig durch die Arbeit, von der die Klöster lebtenΕξοικείων ιδρώτων wie der heil. Serapion wollte: Sozom. VI, 28.. Es muss mit dem Aufkommen des Mönchswesens eine grosse Veränderung in der ägyptischen Industrie vorgegangen sein. Seitdem die Klöster bei weitem nicht bloss Körbe aus Nilschilf und Matten produzierten, sondern sich auch der wichtigen Linnenweberei und Gerberei bemächtigten (mancher andern Produkte zu geschweigen), fanden sich viele der bisherigen Fabriken des Landes notwendig im Nachteil, da jene unstreitig auf dem allgemeinen Markt zu Alexandrien niedrigere Preise stellen konnten. Der Ökonom eines grossen Klosters, der die Arbeit zu verteilen und die Produkte zu versenden hatte, stand einem bedeutenden Fabrikherrn gleich. Die einzeln lebenden Mönche konnten ihre Arbeit auch aus der Hand verkaufen und erwarben sich bisweilen, der Regel zuwider, ein Privatvermögen. Sonst war es herrschendes Prinzip, dass die Mönchsarbeit weniger um der Lebensnotdurft als um des Seelenheils willen angeordnet seiHieronymi Ep. 125 ad Rusticum. und dass der Überschuss an die Armen verteilt werden müsse. Vom Feldbau ist wenig die Rede; dagegen hielten die am Fluss gelegenen Klöster grosse Nilfähren, wahrscheinlich ebenfalls um des Erwerbes willen.

Neben der Arbeit ist das Gebet und der Gottesdienst, nebst fortlaufenden Kasteiungen aller Art, das wesentlichste Element dieses künstlich einseitigen Lebens. Literarische Beschäftigungen darf man im Hinblick auf den Ursprung und die Tendenz desselben nicht erwarten; und überdies, wohin war denn zum Beispiel das weise Alexandrien samt all seiner griechischen und orientalischen Gelehrsamkeit gelangt? Der Mönch folgte Zwecken und Idealen, welche gegen die heidnische Überbildung und Immoralität die stärkste Reaktion ausmachten, und wenn sonst zwischen den zwei sittlichen Welten, die man Heidentum und Christentum nennt, Punkte der Verständigung, ja der Annäherung vorhanden waren, so handelte es sich wenigstens hier um dauernde, prinzipielle Feindschaft. Jede Zeile aus der frühern Zeit, von der Hieroglyphe bis zur griechischen Kurrentschrift, war mit Heidentum, Götzentum oder Zauberlehre getränkt, und so blieb zum Lesen (soweit dasselbe gestattet wurde) nur die christliche Andachtsliteratur übrig, die zum Teil erst von diesen Mönchen geschaffen oder aus andern Sprachen ins Ägyptische übersetzt werden musste. Mit der antiken Kunst standen sie nicht besser als mit der Literatur; von dem Besuch des Ammonius in Rom wird zum Beispiel ausdrücklich gerühmt, dass er mit Ausnahme der Basiliken S. Peters und S. Pauls gar nichts angesehen habeSocrates, Hist. eccl. IV, 23..

Die Disziplin im engern Sinne endlichDie Regula Pachomii und seine Praecepta, Monita etc. sind zu ergänzen aus Sozomenus III, 14. geht zunächst darauf aus, den Mönch von allen frühern Verbindungen, namentlich von der Familie, systematisch zu isolieren, sodann, ihn mit aller Strenge zu hüten und zur Arbeit anzuhalten. Die Regula macht durch diesen überwiegend negativen Inhalt einen öden, polizeilichen Eindruck und darf sich deshalb mit der Regel des heiligen Benedict nicht von ferne vergleichen. Die Paragraphen gegen den Spott und die losen Reden von Kloster zu Kloster, gegen Zornmut und Aufhetzung erinnern recht deutlich an das Land, in welchem man sich befindet. Auch darauf ist keine abendländische Ordensregel gekommen, die Mönche einzeln in verschlossenen hölzernen Sitzen wie in einem Futteral schlafen zu lassen. Echt ägyptisch ist vollends das Geheimtun mit einer vorgeblich mystischen Sprache, die ein Engel dem Pachomius und seinen Schülern Cornelius und Syrus beigebracht haben sollte, und welche (nach den noch vorhandenen Beispielen zu schliessen) in nichts anderm bestand als in einer gemeinsam abgeredeten Bezeichnung einzelner Dinge und Personen durch die Buchstaben des Alphabets. Mit diesen letztern soll Pachomius noch eine andere Spielerei getrieben haben, indem er seine Mönche nach Begabung und Charakter in vierundzwanzig Klassen einteilte und diese nach Alpha, Beta, Gamma usw. benannte. Es ist aber schwer zu glauben, dass ein sonst so praktischer Mann so unpsychologisch gehandelt haben sollteDie kindische Symbolik der Ordenstracht s. bei Sozomenus III, 14..

Ganz gewiss hat man in diesen ägyptischen Mönchskolonien kein Ideal christlichen Lebens zu suchen. Allein daneben dauerte das echte Anachoretentum fort, und diesem müssen wir, der damaligen Welt gegenüber, eine hohe Berechtigung zugestehen. Die meisten berühmten Einsiedler des vierten Jahrhunderts bringen einen Teil ihres Lebens in den Monasterien, wenigstens in den Lauren zu, ziehen sich aber vorher oder nachher in die tiefere Einsamkeit, wohin ihnen das Kloster nur Brot und Salz zusendet. Auch hier sind sie nicht immer geschützt vor geistlichem Hochmut, schrecklichen Versuchungen und phantastischer Schwärmerei; ihre Büssungen sind zum Teil wahrhaft mörderisch; allein nicht nur halten sie sich in der Regel für glücklich und ihre Existenz für würdig ausgefüllt, sondern sie hinterlassen auch manches tiefe und schöne WortAufbehalten in den verschiedenen Redaktionen der Vitae sanctorum patrum, auch im Leimonarion des Iohannes Moschus., welches beweist, dass ihr Glück kein blosser Wahn, sondern aus einer beständigen Beschäftigung mit den höchsten Dingen entsprungen war. Die Namen eines Ammon, Arsenius, Elias, der beiden Macarius und mehrerer anderer gehören auf immer zu den bedeutenden Erinnerungen der Kirche.

Eine dritte Gestalt des ägyptischen Mönchstums waren die etwas verrufenen Remoboth, die zu zweien oder dreien in Städten und Kastellen wohnten und ohne Regel »nach Gutdünken« lebten, daher auch oft bittern Streit hatten. Sie erhielten sich vom Handwerk, das ihnen auf ihre scheinbare Heiligkeit hin besser bezahlt wurde als andern Leuten. Ihr Fasten wird als ruhmsüchtig getadelt, auch sollen sie sich an Festtagen bis zur Völlerei schadlos gehalten haben.

Die spätern Entwickelungen des ägyptischen Mönchstums, seine Sekten und seine Einmischung in die allgemeinen kirchlichen Zerwürfnisse gehören nicht mehr hieher.

In Palästina nahm das Mönchswesen unter Sanct Hilarion schon in ökonomischer Beziehung eine andere Stellung ein und erhielt daher überhaupt eine von der ägyptischen verschiedene Physiognomie. Der Ackerbau und Weinbau überwiegt; viele Mönche haben sogar ihr persönliches Eigentum beibehalten und sind kaum etwas anderes als unverheiratete Landwirte mit bezahlten Knechten. Der Stifter selbst wohnte noch immer in der unbebauten Einöde, und es war ihm leid genug, dass sich dieselbe um seinetwillen bevölkerte. Die »Villen« mancher seiner Genossen dagegen, wo Reben und Feldfrüchte gediehen, müssen eine bessere Lage gehabt haben. Um seine Zelle herum scheint zwar mit der Zeit ein eigentliches Monasterium entstanden zu sein, sonst aber bilden die palästinensischen Mönche eine grosse weitzerstreute, wenig zusammenhängende Laure. In Ägypten konnte Pachomius zum Osterfest alle Mönche seiner Kongregation, und zum Verzeihungsfest im Monat Mesore (August) alle Vorsteher und Beamten nach Tabenna entbieten, während in Palästina Hilarion grosse periodische Rundreisen machen musste, um seine Leute zu beaufsichtigen. Es begleitete ihn dabei ein Heer von zweitausend Mönchen, welche anfänglich ihren Proviant mit sich trugen, nachher aber von den unterweges wohnenden Landbesitzern gespeist wurden. Da der Heilige auch die entlegenste, einsamste Zelle nicht übergehen wollte, so führte ihn die Strasse öfter in saracenische Dörfer, wo er bei diesem Anlass als Bekehrer auftrat.

Weiterhin durch das ganze römische Asien und bis in das Sassanidenreich hinein gab es erweislich seit dem Anfang des vierten Jahrhunderts einzelne AnachoretenSo z. B. am bithynischen Olymp Eutychian und Auxanon. Vgl. Socrates, I. 13. und nicht lange darauf auch Monasterien sowohl als zerstreute Anlagen, die den ägyptischen Lauren entsprachen. Von dieser letztern Art war der Mönchsverein am Berge Sigoron bis Nisibis; man nannte diese Mönche die Weidenden, weil sie zur Essenszeit mit Sicheln ausgingen, um Kräuter zu mähen, die ihre einzige Nahrung ausmachtenDies verallgemeinert Evagrius I, 21.. Sonst waren unter den syrischen Mönchen diejenigen von Edessa frühe berühmt, namentlich durch den grossen Dämonenbeschwörer Julian. Für Armenien, Paphlagonien und Pontus war der strenge Eustathius, Bischof von Sebastia, ein Haupturheber des Mönchstums, für Kappadocien und Galatien später Basilius der Grosse, der dem orientalischen Ascetenleben überhaupt seine bleibende Gestalt zu geben bestimmt war. In diesen kältern Gegenden, wo das Leben in zerstreuten Zellen nicht so leicht durchzuführen war, bildeten die Mönche Monasterien, und zwar meist in Städten oder Dörfern.

In dem besonnenern Abendlande fand dieses unermessliche Beispiel nur langsame Nachahmung. Erst in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts entstehen Klöster in oder bei den Städten, und die kleinen Felseninseln des Mittelmeeres, die sonst nur als Verbannungsorte gegolten, füllen sich mit Eremiten. Begeisterte Okzidentalen reisen nach dem Orient, um dort das Ascetenleben kennenzulernen oder auch ihr Leben zu beschliessen. Mitten im Treiben der Städte selbst weihen sich Männer, Jungfrauen und Witwen fortwährend einem so strengen und andächtigen Wandel, wie er nur in einem Kloster geführt werden mochte. Es ist die Epoche des heiligen Martin von Tours, des heiligen Ambrosius, auch des heiligen Hieronymus, der dieses ganze Wesen nach seinen Licht- und Schattenseiten kannte und schilderte; bei Anlass Roms und Palästinas werden wir noch in Kürze darauf zurückkommen müssen. Gallien hatte bald das siegreiche Gefühl, den Orient erreicht, wenn nicht übertroffen zu habenVgl. hiezu Sulpic. Sever., Dial. II, 5. III, 1, 21..

Ein allgemeineres Raisonnement über den sittlich-religiösen Wert und die historische Notwendigkeit des Mönchstums und der ganzen Ascese wäre hier völlig überflüssig. Die betreffenden Ansichten werden sich ewig unvermittelt gegenüberstehen. Bei einer gewissen Sinnesweise wird man diese Dinge im Leben wie in der Geschichte hassen und anfeinden, bei einer andern sie lieben und loben. Wer aber vom christlichen Standpunkt aus mit jenen alten Helden der Wüste rechten will, der sehe wohl zu, dass er nicht als der inkonsequentere Teil erfunden werde. Die Lehre von der stellvertretenden Busse ist noch nicht vorhanden, und der Ascet steht also ganz in seinem eigenen Namen da; die Busse gibt ihm damals noch so wenig als ein anderes gutes Werk Anspruch auf die Seligkeit; und dennoch strebt er nach einer absoluten Verleugnung der Sinnlichkeit und aller weltlichen Beziehungen. Woher diese Strenge? Daher, dass es überhaupt kein Verhältnis zur äussern Welt mehr gibt, sobald man gewisse Worte des Neuen Testamentes ernstlich nimmt und sich nicht mit Akkommodationen durchhilft. Es wird aber, solange es ein Christentum gibt, auch Gemeinschaften, Sekten und einzelne Menschen geben, die sich dieser ernstlichen Auslegung gar nicht entziehen können.


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