Edward Bulwer
Das Geschlecht der Zukunft
Edward Bulwer

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Achtzehntes Kapitel

Als Taë und ich die Stadt verlassen hatten, den Hauptweg, der zu ihr führte, zur Linken ließen und in die Felder einbogen, blendete die feierliche, wunderbare Schönheit, bis an den äußersten Horizont durch zahllose Lampen erhellt, mein Auge und lenkte meine Aufmerksamkeit für einige Zeit von der Unterhaltung meines Begleiters ab.

Auf unserem Weg wurden verschiedene Ackerbauarbeiten durch Maschinen verrichtet, deren Formen zum größten Teile sehr reizend und mir neu waren; denn da bei diesen Völkern die Kunst nur ihrer Nützlichkeit halber ausgebildet wird, zeigt sie sich als Verzierung und Verschönerung nützlicher Gegenstände. Diese Stämme sind so reich an kostbaren Metallen und Edelsteinen, daß sie an Vielerlei, einfache Nutzgegenstände verschwendet werden. Ihre Liebe zum Nützlichen veranlaßt sie, ihre Werkzeuge zu verschönern, und schärft ihre Vorstellungskraft in einer ihnen selbst unerklärlichen Weise.

Bei allen Dienstleistungen, in oder außer dem Hause, bedienen sie sich meist automatischer Figuren. Diese sind so verständig und dem Gebote des Vril so gehorsam, daß sie geistiges Leben zu haben scheinen. Es war kaum möglich, die Gestalten, die scheinbar die schnellen Bewegungen großer Maschinen leiteten und überwachten, von denkenden Menschen zu unterscheiden.

Während wir unseren Weg fortsetzten, erregten die lebhaften und treffenden Bemerkungen meines Begleiters allmählich meine Aufmerksamkeit.

Die Kinder dieses Stammes sind geistig auffallend frühreif, vielleicht dadurch, daß man sie schon frühzeitig mit Arbeit und Verantwortung betraut, die wohl eigentlich den mittleren Jahren zukommen. War mir doch, als ich mit Taë sprach, so, als ob ich mich mit einem umsichtigen, mir überlegenen Manne in meinen Jahren unterhielte. Ich fragte ihn, ob er wisse, in wie viele Gemeinden das Geschlecht der Vril-ya geteilt sei.

»Nicht genau«, erwiderte er, »weil ihre Zahl dadurch, daß jedes Jahr die Überzahl jeder einzelnen Gemeinde fortzieht und neue Gemeinden bildet, sich allmählich vermehrt. Doch wie ich von meinem Vater hörte, waren es dem letzten Berichte nach eine und eine halbe Million Gemeinden, die unsere Sprache sprechen und unsere Verwaltungsformen und Lebensweise angenommen haben, aber ich glaube, mit einigen Abweichungen, über die Sie besser täten, Zee zu fragen. Sie weiß mehr als die meisten Ana. Ein An kümmert sich weniger um Dinge, die ihn nicht direkt betreffen, als eine Gy; die Gy-ei sind wißbegierige Geschöpfe.«

»Beschränkt sich jede Gemeinde auf dieselbe Anzahl Familien oder Personen wie die Ihrige?«

»Nein, bei einigen ist die Bevölkerung viel kleiner, bei anderen größer, je nach dem Umfang des ihnen gehörenden Gebietes oder nach der Stufe der Vollkommenheit, zu der sie ihre Maschinen gebracht haben. Jede Gemeinde setzt sich ihre eigenen, den Verhältnissen angemessenen Grenzen. Sie sorgt dafür, daß nie eine übergroße Bevölkerung einen Druck auf die Erzeugnisse der Gegend ausübt und dadurch eine arme Volksklasse entstehen kann, und daß der Staat nicht zu groß für eine Regierung wird, um einer einzigen wohlgeordneten Familie zu gleichen. Ich glaube, daß keine Vril-Gemeinde die Zahl von dreißigtausend Haushalten übersteigt. Aber das gilt als allgemeine Regel: je kleiner die Gemeinde, vorausgesetzt, daß es Hände genug gibt, den Fähigkeiten des Bodens, den sie bewohnen, gerecht zu werden, um so reicher ist der Einzelne, und um so größer die Summe, die der allgemeinen Schatzkammer zufließt, und vor allem, um so glücklicher und ruhiger der ganze Staat, und um so vollkommener die Erzeugnisse der Industrie. Der Staat, den alle Stämme der Vril-ya als den in der Zivilisation am höchsten stehenden anerkennen, und der die Kraft des Vril zu ihrer größten Entwicklung gebracht hat, ist vielleicht der kleinste. Er beschränkt sich auf viertausend Familien, aber jeder Zoll seines Gebietes ist zum schönsten Gartenlande umgeschaffen. Seine Maschinen übertreffen die jedes anderen Stammes, und es gibt kein Produkt seiner Industrie, das nicht von jeder einzelnen Gemeinde unseres Geschlechtes zu außergewöhnlichen Preisen gesucht wäre. All unsere Stämme nehmen sich diesen Staat zum Vorbilde, weil wir die höchste Stufe der Zivilisation, die uns Sterblichen gestattet ist, zu erreichen glauben, wenn wir den höchsten Grad von Glück mit dem höchsten Grad geistiger Vollendung verbinden könnten; und es ist klar, daß es um so leichter ist, je kleiner die Gemeinde ist. Die unserige ist zu groß dafür.«

Diese Antwort versetzte mich in Nachdenken. Ich gedachte des kleinen Staates Athen mit nur zwanzigtausend freien Bürgern, den unsere mächtigsten Nationen noch bis zum heutigen Tage als höchsten Führer und als Vorbild in allen geistigen Fächern betrachten. Aber Athen lebte in heftiger Eifersucht und stetem Wechsel und war gewiß nicht glücklich. Ich raffte mich aus der Träumerei, in die mich diese Betrachtungen versenkt hatten, auf und lenkte unser Gespräch wieder auf die Auswanderung.

»Aber«, sagte ich, »wenn jährlich eine gewisse Anzahl von Ihnen die Heimat aus freien Stücken verläßt und irgend eine neue Gemeinde bildet, so müssen es natürlich sehr wenige sein und selbst mit Hilfe der Maschinen, die sie mit sich nehmen, kaum genug, um den Boden urbar zu machen, Städte zu bauen und einen zivilisierten Staat mit all dem Luxus und den Bequemlichkeiten, an die sie von Jugend auf gewöhnt sind, zu bilden.«

»Sie irren. Alle Stämme der Vril-ya stehen in fortwährender Verbindung miteinander und bestimmen jedes Jahr unter sich, wie viele von einer Gemeinde sich mit den Auswanderern einer anderen verbinden müssen, um einen Staat von genügender Größe zu bilden; der Platz dafür wird schon ein Jahr vorher bestimmt und von Jedem Staate werden Pioniere hingeschickt, um Felsen zu sprengen, Wasser einzudeichen und Häuser zu bauen, sodaß, wenn die Auswanderer hinkommen, sie schon eine fertige Stadt finden, von einem Stück Land umgeben, das wenigstens zum Teil auch schon urbar gemacht ist. Unser mühevolles Leben als Kinder läßt uns große Freude an Reisen und Abenteuern finden. Auch ich gedenke, wenn ich mündig bin, auszuwandern.«

»Wählen sich die Auswandernden stets bis dahin unbewohnte und brachliegende Plätze?«

»Meistens, weil es eine unserer Regeln ist, nichts zu zerstören, außer wo es zu unserem Wohlergehen notwendig ist. Selbstverständlich können wir uns nicht da niederlassen, wo schon Vril-ya leben, und wenn wir uns angebauter Gegenden von anderen Anageschlechtern bemächtigen, müssen wir die früheren Bewohner erst völlig vertilgen. Zuweilen, wenn wir uns an öden Flecken niederlassen, finden wir, daß ein lästiger, streitsüchtiger Anastamm, besonders unter der Verwaltung von Koom-Posh, oder Glek-Nas, unsere Nachbarschaft übel aufnimmt und Streit mit uns anfängt; dann natürlich, wenn er unsere Wohlfahrt bedroht, töten wir ihn. Mit einer Rasse, die so einfältig ist, ihre Regierungsform immerfort zu ändern, kann man sich auf keinen friedlichen Fuß stellen. Koom-Posh«, sagte das Kind mit Nachdruck, »ist schlecht genug; doch er hat noch Hirn, wenn auch im Hinterkopfe, und ist nicht ohne Herz, aber im Glek-Nas sind die Geschöpfe völlig ohne Herz und Hirn, und es bleibt ihnen nichts als Rachen, Klauen und Leib.«

»Sie drücken sich seltsam aus. Erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen, daß ich selbst ein Bürger des Koom-Posh bin, und daß ich stolz darauf bin.«

»Jetzt«, antwortete Taë, »wundere ich mich nicht mehr, Sie hier, so fern von Ihrer Heimat zu sehen. In welchem Zustande war Ihre Gemeinde, bevor sie ein Koom-Posh wurde?«

»Eine Kolonie Auswanderer; wie die, die Ihr Stamm fortschickt, nur insofern von dieser abweichend, als sie von dem Staate, von dem sie kam, abhängig blieb. Sie schüttelte dieses Joch ab und ward, von ewigem Ruhme gekrönt, ein Koom-Posh.«

»Ewiger Ruhm! Wie lange hat dieser Koom-Posh existiert?«

»Ungefähr hundert Jahre«.

»Ein Menschenalter – eine sehr junge Gemeinde. Noch wenige Jahrhunderte und Ihr Koom-Posh wird ein Glek-Nas sein.«

»Nun, die ältesten Staaten unserer Welt setzen so großes Vertrauen in seine Dauer, daß sie alle ihre Regierungsformen nach den unserigen bilden und uns täglich ähnlicher werden, und ihre größten Politiker sagen, daß die unvermeidliche Richtung dieser alten Staaten, gleichviel ob gern oder ungern, die zur Koom-Posherie ist.«

»Die alten Staaten?«

»Allerdings.«

»Mit einer im Verhältnisse zu der Fläche fruchtbaren Landes kleinen Bevölkerung?«

»Im Gegenteile, mit einer im Verhältnisse zu dieser Fläche sehr großen Bevölkerung.«

»Ah so! Alte Staaten – in der Tat! So alt, daß sie wieder schwach werden, wenn sie nicht wie wir die Überzahl der Bevölkerung fortschicken. Sehr alte Staaten, sehr sehr alt! Bitte, Tish, halten Sie es für weise, wenn alte Leute versuchen, wie Kinder Purzelbäume zu schlagen? Und wenn Sie sie fragen, warum sie solche Possen trieben, würden Sie nicht lachen, wenn sie Ihnen antworteten, daß sie doch vielleicht, wenn sie Kindern nachahmten, selbst wieder zu Kindern würden? Die Altertumsgeschichte hat eine Menge Beispiele dieser Art von vor vielen tausend Jahren und jedes Beispiel berichtet von einem alten Staate, der Koom-Posh spielte und bald in Glek-Nas verfiel. Dann über sich selbst entsetzt, ruft er nach einem Gebieter, wie ein alter Mann, wenn er kindisch geworden ist, nach einer Amme, und nach einer mehr oder weniger langen Reihe von Gebietern oder Ammen verschwindet dieser alte Staat aus der Geschichte. Ein sehr alter Staat, der es mit Koom-Posherie versucht, ist wie ein sehr alter Mann, der das Haus, an das er gewöhnt ist, niederreißt, seine Kräfte aber dabei so erschöpft, daß er bei einem Wiederaufbau nicht mehr vermag, als eine elende Hütte zu errichten, in der er und seine Nachfolger klagen: »Wie der Wind weht! Wie die Mauern wackeln!«

»Mein lieber Taë, ich entschuldige alle Ihre unmotivierten Vorurteile, die jeder Schulknabe, in einem Koom-Posh erzogen, mit Leichtigkeit widerlegen könnte, wenn er auch in alter Geschichte nicht so vorzeitig bewandert ist, als Sie es zu sein scheinen.«

»Ich, bewandert? Keineswegs. Aber würde ein Schulknabe, in Ihrem Koom-Posh erzogen, von seinem Ururgroßvater oder seiner Ururgroßmutter verlangen, sich auf den Kopf zu stellen und, wenn die armen Alten zögerten, sagen: ›Warum fürchtet Ihr Euch? Seht, wie ich es mache!‹«

»Taë, ich halte es unter meiner Würde, mit einem Knaben wie Sie zu disputieren. Ich wiederhole, ich habe Nachsicht mit Ihrem Mangel an jener Bildung, die nur ein Koom-Posh verleihen kann.«

»Ich meinerseits«, erwiderte Taë in sanftem, aber stolzem Ton, der dieses Geschlecht charakterisiert, »habe nicht allein Nachsicht mit Ihnen, da Sie nicht bei den Vril-ya erzogen worden sind, ich ersuche Sie auch, mir den Mangel an Respekt vor den Sitten und Ansichten eines so liebenswürdigen Tish zu verzeihen.«

Ich hätte schon früher bemerken sollen, daß mein Wirt und seine Familie mich gewöhnlich Tish nannten. Es war eine Höflichkeitsbezeugung, ja ein Kosename, der bildlich einen kleinen Barbaren, wörtlich ein Fröschlein bezeichnet. Die Kinder geben gern der zahmen Froschart, die sie in ihren Gärten halten, diesen Namen.

Währenddessen hatten wir das Ufer eines Sees erreicht, an dem Taë stehen blieb, um mir zu zeigen, wie die ringsum liegenden Felder verwüstet waren. »Sicher hält sich der Feind in diesem Wasser auf«, sagte er; »sehen Sie die Menge von Fischen, die sich am Rande versammelt haben. Selbst die großen mit den kleinen, die gewöhnlich der ersteren Beute sind und sie darum immer meiden, haben sich zusammengefunden. Es schweigt bei der Gegenwart eines allgemeinen Zerstörers ihr Instinkt. Dieses Gewürm muß unbedingt zu der Klasse der Krek-a gehören, eine Klasse, die mehr als jede andere verschlingt und von der man sagt, daß sie zu den wenigen Gattungen der gefürchtetsten Bewohner der Welt gehöre, die die Zeit, bevor die Ana geschaffen waren, überlebt hätten. Ein Krek ist unersättlich. Er nährt sich sowohl von Pflanzen wie von Tieren. Aber für die leichtfüßigen Elentiere sind seine Bewegungen zu langsam. Seine Lieblingsspeise ist ein An, wenn er seiner unbemerkt habhaft werden kann. Darum töten ihn die Ana ohne Erbarmen, wenn er ihr Gebiet betritt. Ich habe gehört, daß, als unsere Vorfahren diese Gegend urbar machten, diese und andere ihnen ähnliche Ungeheuer in Mengen vorhanden waren, und daß vor der Entdeckung des Vril viele unseres Geschlechtes verschlungen wurden. Vor jener Entdeckung, in der unsere Macht besteht und die die Zivilisation unseres Geschlechtes aufrecht hält, war es unmöglich, sie gänzlich auszurotten; aber als wir mit der Anwendung des Vril vertraut wurden, war es uns ein Leichtes, alle uns feindlichen Kreaturen zu vernichten. Doch ungefähr einmal im Laufe jedes Jahres kommt eines dieser Ungeheuer aus wilden, unverbesserlichen Gegenden hierher. Ich erinnere mich, wie sich eines derselben einst einer jungen Gy bemächtigte, als sie in diesem See badete. Wäre sie am Lande und mit ihrem Stabe bewaffnet gewesen, so würde das Ungetüm nicht gewagt haben, sich auch nur zu zeigen; denn wie alle wilden Geschöpfe, hat es einen wunderbaren Instinkt, der es vor den Trägern des Vrilstabes warnt. Wie sie ihren Jungen beibringen, ihn schon beim ersten Male zu meiden, das ist eines jener Rätsel, um deren Erklärung Sie Zee bitten müssen, ich kann es nicht lösen.In diesem Instinkte gleicht das Ungetüm unseren wilden Vögeln und Tieren, die sich keinem mit einer Flinte bewaffneten Menschen nähern werden. Als die elektrischen Drähte gezogen waren, schlugen Rebhühner bei ihrer Flucht gegen diese und fielen verwundet zur Erde. Keiner späteren Generation dieser Vögel stieß ein solcher Unfall zu. Solange ich hier stehen bleibe, wird das Ungeheuer seinen Versteck nicht verlassen; doch wir müssen es jetzt hervorlocken.«

»Wird das nicht sehr schwierig sein?«

»Durchaus nicht. Setzen Sie sich dort auf jene Klippe – ungefähr hundert Yard vom Ufer entfernt – während ich mich weiter zurückziehe. Sehr bald wird das Tier Sie sehen oder wittern, und sobald es bemerkt, daß Sie kein Vrilträger sind, wird es hervorkommen, Sie zu verschlingen. Sobald es vollständig aus dem Wasser ist, wird es meine Beute.«

»Wollen Sie damit sagen, daß ich die Lockspeise dieses scheußlichen Ungeheuers sein soll, das mich im Nu verschlingen könnte? Ich bitte davon abzulassen!«

Der Knabe lachte. »Fürchten Sie nichts«, sagte er, »sitzen Sie nur still.«

Anstatt diesem Befehle Folge zu leisten, machte ich einen Sprung und war im Begriff, die Flucht zu ergreifen, als Taë leicht meine Schultern berührte; er heftete sein Auge fest auf die meinen und ich blieb wie an den Boden gewurzelt stehen. Alle Kraft zur Flucht verließ mich. Von den Blicken des Knaben beherrscht, folgte ich ihm zu der Klippe, die er bezeichnet hatte, und setzte mich da schweigend hin. Der größte Teil meiner Leser wird schon Wirkungen der Elektro-Biologie, gleichviel ob echte oder unechte, gesehen haben. Kein Professor, der mit dieser höchst zweifelhaften Kraft experimentiert, wäre je fähig gewesen, Einfluß auf einen meiner Gedanken oder eine meiner Bewegungen auszuüben; aber dem Willen dieses furchtbaren Knaben war ich wie eine reine Maschine unterworfen.

Er breitete unterdessen seine Flügel aus, schwebte in die Lüfte und ließ sich in einiger Entfernung auf der Höhe eines Hügels zwischen dem Gebüsche nieder.

Ich war allein, und meine Augen mit einem unbeschreiblichen Gefühle der Furcht dem See zugewandt. Ich hielt sie wie festgebannt auf das Wasser gerichtet. Es mochten zehn bis fünfzehn Minuten vergangen sein – mir schienen es Jahre – bevor die glatte Oberfläche, die beim Lampenlichte glitzerte, sich in ihrer Mitte leicht zu bewegen anfing. Zu gleicher Zeit kündeten schäumende Kreise und das Plätschern und Springen der Fische am Rande das Nahen des Feindes an. Ich konnte sehen, wie sie sich eiligst da- und dorthin flüchteten, einzelne sich sogar ans Ufer warfen. Eine lange, dunkle, wellenförmige Furche bewegte sich längst dem Wasser hin, kam näher und näher, bis der große Kopf eines Ungeheuers mit weit geöffnetem Rachen auftauchte. Die düsteren Augen waren gierig auf die Stelle gerichtet, wo ich unbeweglich saß. Jetzt waren seine Vorderfüße am Ufer, jetzt auch seine breite Brust, die auf beiden Seiten schuppig war wie ein Panzer und in der Mitte eine runzlige Haut von dunklem Giftgelb zeigte. Jetzt stand das Ungeheuer in ganzer Länge, hundert Fuß und länger vom Kopfe bis zum Schweif, auf dem Lande. Noch ein großer Schritt mit seinen riesenhaften Füßen, und es hatte die Stelle erreicht, wo ich saß. Nur eine Minute noch lag zwischen mir und einem grausigen Tode, als ein Schuß wie ein Blitzstrahl durch die Lüfte fuhr, traf und in einer Zeit, die kaum zu einem Atemzuge ausreicht, das Ungetüm einhüllte. Als der Dunst sich zerstreute, lag eine schwarze, verkohlte dampfende Masse, etwas Riesenhaftes, von dem aber selbst die äußeren Formen verbrannt waren, vor mir und zerfiel rasch in Staub und Asche. Sprachlos blieb ich noch wie festgebannt sitzen. Eiseskälte und ein neues Gefühl der Furcht durchrieselte mich. Was bisher Schauder gewesen, war jetzt Ehrfurcht.

Ich fühlte des Kindes Hand auf meinem Kopfe, die Furcht verließ mich, der Zauber war gebrochen, ich erhob mich. »Sie sehen, mit welcher Leichtigkeit die Vril-ya ihre Feinde töten«, sagte Taë; dann wandte er sich nach dem Ufer, betrachtete die dampfenden Überreste des Ungetümes und meinte ruhig:

»Ich habe schon größere Geschöpfe getötet, aber noch keines mit so vielem Vergnügen wie dieses. Ja, es ist ein Krek. Wie viel Unheil mag es in seinem Leben angerichtet haben!«

Dann hob er die armen Fische, die sich ans Land geschleudert hatten, auf und gab sie ihrem Elemente wieder.


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