Gottfried August Bürger
Gedichte
Gottfried August Bürger

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Robert.

Ein Gegenstück zu der Romanze »Phidile« von Claudius.

            Ich war wol recht ein Springinsfeld
In meinen Jünglingstagen
Und that nichts lieber auf der Welt,
Als reiten, fischen, jagen.

Einst zogen meine Streiferein –
Weiß nicht, auf welche Weise,
Doch war es recht, als sollt' es sein –
Mich ab von meinem Gleise.

Da sah ich übern grünen Zaun
Im lichten Frühlingsgarten
Ein Mädchen, rosicht anzuschaun,
Der Schwesterblumen warten.

Ein Mädchen, so von Angesicht,
Von Stirn und Augenstrahlen,
Von Wuchs und Wesen, läßt sich nicht
Beschreiben und nicht malen.

Ich freundlich hin, sie freundlich her,
Wir mußten beid' uns grüßen,
Wir fragten nicht, wohin? woher?
Noch minder, wie wir hießen.

Sie schmückte grün und roth den Hut,
Brach Früchte mir vom Stengel
Und war so lieblich und so gut,
So himmlisch wie ein Engel.

Doch wußt' ich nicht, was tief aus mir
So seufzte, so erbebte
Und unter Druck und Küssen ihr
Was vorzuweinen strebte.

Ich konnte weder her noch hin,
Nicht weg, noch zu ihr kommen;
Auch lag's nicht anders mir im Sinn
Als wär' mir was genommen.

Mich dünkt', ich hätt' ihr tausendviel,
Weiß Gott all was? zu sagen;
Doch konnt' ich, welch ein Zauberspiel!
Nicht eine Sylbe wagen.

Sie fragt' in heller Unschuld, was,
Was ich wol von ihr wollte:
»Ach Liebe!« rief ich, als mir's naß
Von beiden Wangen rollte.

Sie aber schlug den dunkeln Blick
Zum schönen Busen nieder,
Und ich, verschüchtert, floh zurück,
Und fand sie noch nicht wieder! –

Wie konnte wol dies eine Wort,
Dies Wörtchen sie betrüben? –
O blöder Junge! wärst du dort,
Wärst du doch dort geblieben!

 


 


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