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Philosophische Schriften

Cartesius

Principia Philosophiae. (Philosophie als Wissenschaft)

Wie Cartesius die Philosophie als Wissenschaft sich dachte, was er von ihr forderte findet sich in der Abhandlung De methodo. Er sagt hier (pag. 12) er hätte es sich zur Regel gemacht bei dem Suchen nach Wahrheit immer in einer gewissen Ordnung vorwärtszugehn, indem er von den einfachsten und faßlichsten Grundsätzen allmählich und fast stufenweise zu der Erkenntnis der schwierigen und zusammengesetzten aufwärtsstiege. Er setzt dann gleich hinzu: »Die langen Reihen ganz einfacher und leichter Gründe, mittelst deren die Mathematiker die schwierigsten Dinge zur Evidenz bringen, lassen mich glauben: alles, was zur menschlichen Erkenntnis gehört, folge in derselben Weise eines auf das andre, dergestalt, daß soferne wir nur dem Irrtum den Zugang verschließen und die rechte Ordnung, in welcher die Erkenntnisse auseinander hervorgehen, festhalten, keine Erkenntnis so entfernt ist, die wir nicht erreichen, keine so verborgen, die wir nicht aufdecken könnten. Es fiel mir auch gar nicht schwer einzusehen, wovon ich in der Philosophie auszugehen habe, denn ich wußte schon, daß das einfachste und was am Leichtesten zu erkennen ist, das erste sei. Außerdem habe ich auch bemerkt, daß von allen, die sich bisher in der Weltweisheit nach Wahrheit umgesehen haben, die Mathematiker allein es zur Demonstration d. h. zur Gewißheit und Evidenz in der Erkenntnis gebracht haben und, wie ich gleichfalls einsah, nur deshalb, weil sie vom Einfachsten und Leichtesten ausgegangen sind.«

Dies der esoterische Gang seiner (Philosophie). Also Demonstration, Evidenz. Das Beispiel des Mathematikers hat den Neid des Philosophen erregt. Sehen wir nun wie er das Einfachste, das erste Glied einer Kette, das α seiner Philosophie zu finden strebt. Wie Archimedes nur einen Punkt so begehrt er nur das erste Gewisse. Das Einfachste kann nur dasjenige sein, was zurückbleibt, wenn alles Zusammengesetzte auf die Seite gelegt wird. Da nun beim Eingange in die Philosophie noch kein Prinzip bekannt ist, nach welchem das Einfache von dem Zusammengesetzten mit Sicherheit unterschieden werden könnte: so kommt man auf den Zweifel, als auf das Mittel zurück, das Einfachste in der Erkenntnis zu finden.

Der erste schlechthin gewisse Satz soll gefunden werden. Wer sich diese Aufgabe stellt, der muß offenbar in demselben Augenblick eine Person spielen, die überall noch nichts Gewisses weiß. Er muß all sein bisheriges Wissen in Zweifel ziehen, es selbst für falsch und ungereimt halten. Was bleibt ihm übrig? Die Kraft zu denken. Dieser Kraft sich zu entledigen, ist unmöglich; das Subjekt wird sich derselben stets bewußt bleiben. Der Philosoph, welcher den eben genannten Reinigungsprozeß mit sich vorgenommen, findet sich eben in diesem Akte als denkend, so daß er auf sich selbst reflektierend, zu sich selbst sagen muß: ich denke. Jede Tätigkeit ist ab(er) mit einem Bewußtsein des eignen Seins verbunden. Daß ich bin, finde ich durch jede selbsttätige oder leidende innere Veränderung. Nichts liegt also dem cogito näher als das sum. Ich bemerke, daß ich bin, indem ich denke cogito ergo sum. Dies der Grundstein des cartesianischen Gebäudes, dies der esoterische Gang seiner Philosophie: Vom Zweifel zum ersten Gewissen. Am Ausführlichsten zeichnet er diesen Weg in der ersten Meditation. Dann findet er sich noch einmal zu Anfang des 4. Kapitels der Abhandlung De methodo. In den ersten Sätzen der Principia philosophiae faßt er ihn noch einmal zusammen: Wir sind als Kinder geboren und haben über die Gegenstände der Sinne viele Urteile gefällt, ehe wir zum vollkommnen Gebrauch unserer Vernunft gelangten; daher hindern uns viele Vorurteile an der Erkenntnis des Wahren, von denen wir uns nicht anders befreien können, als wenn wir einmal in unserem Leben, an all dem zu zweifeln streben, was nur der leiseste Verdacht der Ungewißheit trifft. Selbst das Zweifelhafte müssen wir für falsch halten, um desto deutlicher das Erste, Gewisse zu erfassen.

Weil wir nun wissen, daß die Sinne uns bisweilen täuschen, und daß wir täglich in den Träumen Bilder sehen, der(en) Objekte sich nirgends finden, so müssen wir vorerst an der Realität aller Gegenstände der Sinne oder der Einbildungskraft zweifeln. Da wir ferner wissen, daß Mehrere selbst in der Mathematik geirrt und Falsches für absolute Wahrheiten genommen haben, so müssen wir sogar an der mathematischen Demonstration zweifeln. Besonders weil wir gehört haben, es gebe einen Gott, der Alles kann und von dem wir erschaffen sind. Denn wir wissen nicht, ob er uns nicht vielleicht so schuf, daß wir uns immer täuschen müssen, auch in demjenigen, was wir bisher für das Gewisseste gehalten, weil dies ja ebensowohl der Fall sein kann, als daß wir bisweilen getäuscht werden. Nehmen wir aber an, daß wir nicht durch den allmächtigen Gott, sondern durch uns selbst oder durch irgend etwas andres sind, so wird es, je unvollkommner wir die Ursache unsres Daseins annehmen, desto glaublicher, wir seien von Natur zu irren bestimmt.

Die Ursache unsres Seins sei nun welche sie wolle, sie sei noch so mächtig und betrügerisch, so fühlen wir doch in uns die Freiheit uns des Glaubens an das, was nicht ganz gewiß ist zu enthalten und uns so vor jedem Irrtum zu bewahren. Wenn wir auch Alles, was zweifelhaft ist, als falsch verwerfen und dem zu Folge voraussetzen, es gebe keinen Gott, keinen Himmel, keine Erde, keinen Körper; wir hätten weder Hände, noch Füße, noch einen Körper, so können wir doch nicht denken, daß wir, die so denken, nichts seien. Es ist ein Widerspruch zu denken, das, was denket, existieret zu der Zeit, da es denket, nicht. Daher ist die Erkenntnis ich denke, also bin ich, die allererste und gewisseste, welche einem methodisch Philosophierenden sich darstellt.

In welcher Eigenschaft denkt sich nun Cartesius seinen ersten Grundsatz der gewissen Erkenntnis? Er erklärt sich nirgends deutlich darüber, sondern scheint sich selbst in der Beziehung nicht klar gewesen zu sein. Nach einer Stelle in dem 10. § des I. Buches principiorum scheint er ihn als den Schlußsatz eines Vernunftschlusses angesehen zu haben, indem er sagt: atque ubi dixi hanc propositionem, ego cogito ergo sum, esse omnium primam et certissimam, quae cuilibet ordine philosophanti occurrat, non ideo negavi, quin ante ipsam scire oporteat, quid sit cogitatio, quid existentia, quid certitudo; item, quod fieri non possit, ut id quod cogitet non existat et talia; sed quia hae sunt simplicissimae notiones, et quae solae nullius rei existentium praebent, idcirco non censui esse numerandas. Doch streitet wieder sein ganzer Weg vom Zweifel zur Gewißheit dagegen, er sagt selbst er wolle mit dem Ersten, Einfachsten anfangen, ist also cogito der Untersatz und ergo sum der Schlußsatz eines Vernunftschlusses, so ist der fehlende Obersatz das Erste: fieri non potest, ut id, quod cogitet non existat. Dieser Obersatz selbst aber kann erst durch den Schlußsatz bewiesen werden, es wäre also ein Zirkelschluß. Auch sagt Cartesius selbst in der responsio ad II. objectionem, das cogito ergo sum sei nach ihm nicht der minor und die conclusio d(er) major: illud omne, quod cogitat, est, vielmehr werde dieser Obersatz durch das cogito ergo sum erst zur Wahrheit. Spinoza bringt hierüber in dem Kommentar zu den Principien des Cartesius Folgendes vor: hic apprime notandum, hanc orationem, dubito, cogito ergo sum, non esse syllogismum, in quo major propositio est omissa. Nam si syllogismus esset, praemissae clariores et notiores deberent esse, quam ipsa conclusio, ergo sum, adeoque ego sum non esset primum omnis cogitationis fundamentum; praeterquam quod non esset certa conclusio; nam ejus veritas dependeret ab universalibus praemissis, quas dudum in dubium Cartesius revocaverat: ideoque cogito ergo sum unica est propositio, quae huic, ego sum cogitans aequivalet.

Gehört nun das cogito ergo sum zu den unmittelb(ar)en Wahrheiten? Ebensowenig, ob es gleich vielfach ist behauptet worden, namentlich noch neuerdings von Hegel in der Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften und von Hotho in seiner Dissertation über die Cartesianische Philosophie. Allenfalls ließe sich noch ein hypothetischer Vernunftschluß daraus bilden:

Wenn etwas denkt, so ist es.
Ich denke.
Also bin ich.

Immerhin könnte sich die Hegelsche Philosophie noch auf eine Stelle zu Ende der III. Med., S. 21 berufen, wo Cartesius von der Idee Gottes sagt, mihi sit innata, quemadmodum etiam mihi est innata idea mei ipsius. (Einige Cartesianer wollten den Satz als unmittelba(re) Anschauungen angesehen wissen; aber Huet censuraphil. Cart. hat sie gut abgefertigt. Tennemann.) Der Grundcharakter aller unmittelbaren Wahrheit ist das Ponieren, das Affirmieren schlechthin, durch das sekundäre Geschäft des Denkens gar nicht vermittelt, wesentlich nicht einmal berührt. Die Existenz seiner und der Dinge außer uns wird auf rein positive, unmittelbare, von der Funktion des Denkens unabhängige Weise erkannt. Man fragt: ist das philosophierende Subjekt? Nach Cartesius sagt man: es kann nicht denken, wenn es nicht ist, also ist es; nach dem unmittelbaren Wissen ist es, bevor es philosophiert d. h. es ist positiv dem Bewußtsein gegeben, daß das Ich ist und dieses Sein ist dem Denken unzugänglich, es kann gar nicht zu der positiven Bejahung desselben gelangen.

Zu welcher Gattung von Wahrheiten, sagt Kuhn, gehört nun das Cartesianische Feldgeschrei? Zu der Gattung der mathematischen Grundsätze, welche nichts andres darstellen, als eine bestimmte Anwendung der Gesetze des Denkens auf das allgemeine Materiale des Mathematikers, auf die Begriffe von Ausdehnung und Zahl. Cartesius hat seinen Achilles sich in der Art gedacht, indem er ihn aus der Anwendung des logischen Gesetzes des Widerspruchs auf das Geschäft seines Zweifelns von selbst sich darstellte. Cartesius wollte zur Gewißheit in den Gegenständen der Philosophie kommen indem er alles verwarf, was bezweifelt werden kann. Nun fand er, daß an dem Satze: ich denke also bin ich, selbst die Möglichkeit des Zweifels zu Schanden werde und dieses sei bei keinem andern mehr der Fall, also sei er notwendig gewiß und der erste gewisse. Daß man aber an diesem Satze nicht zweifeln könne, dafür beruft er sich auf den unausbleiblichen Widerspruch, in den man dadurch geraten würde, ein Widerspruch der alles Zweifeln und Denken selbst zu nichte machen würde, in dem Augenblicke, da man zweifelt und denkt. Es wird nach Cartesius also nur erkannt, daß es unmöglich zu denken sei, der Denkende sei nicht. Dies ist etwas bloß Negatives und der Grundcharakter aller unmittelbaren Wahrheit ist, wie schon gesagt, das Positive, das Ponieren, das Affirmieren schlechthin.

Sehen wir jetzt wie die übrigen Sätze der Cartesianischen Kette sich an dies Glied fügen und aneinanderreihen. Jetzt kommen wir auf den Weg, den ich als den esoterischen bezeichnete, die Demonstration fängt an, der erste Satz ist gefunden. Nachdem Cartesius sich gesagt cogito ergo sum, sich sein Dasein bejaht, so fragt er, da ich weiß daß ich bin, so will ich wissen was ich bin. Das Denken ist das Einfachste, was sich mit meinem Dasein vereinigen läßt, denn nur durch es weiß ich daß ich bin, Denken ist also die erste Eigenschaft die von mir erkannt wird. (Quid vero ex iis, quae animae tribuebam, nutriri vel incedere? quandoquidem, jam corpus non habeo, haec quoque nihil sunt, nisi figmenta. Sentire? nempe etiam hoc non fit sine corpore et permulta sentire visus sum in somnis, quae deinde animadverti me non sensisse: cogitare? hic invenio, cogitatio est, haec sola a me divelli nequit, ego sum, ego existo, certum est. Quam diu autem? nempe quamdiu cogito; nam forte etiam fieri posset, si cessarem ab omni cogitatione, ut illico totus esse desinerem: nihil nunc admitto, nisi quod necessario sit verum; sum igitur praecise tantum res cogitans, id est, mens, sive animus, sive intellectus, sive ratio, voces mihi prius significationis ignotae; sum autem res vera et vere existens, sed qualis res? Dixi cogitans. Meditatio II. p. 9-10.)

Inde intellexi me esse rem quandam sive substantiam, cujus tota natura sive essentia in eo tantum consistit ut cogitem, quaeque ut exsistat, nec loco ullo indiget, nec ab ulla re materiali sive corporea dependet. Adeo ut Ego, hoc est, mens per quam solam sumis, qui sum, sit res a corpore plane distincta, atque etiam cognitu facilior quam corpus, et quae plane eadem, quae nunc est, esse posset, quamvis illud non existeret. ( de Methodo IV. p. 21)

Fragen wir was wir sind, so können wir weder Ausdehnung, noch Figur, noch örtliche Bewegung, noch sonst etwas, das vom Körper ausgesagt wird, zu unserem Wesen rechnen, sondern nur allein das Denken, welches folglich früher und gewisser, als irgend etwas Körperliches erkannt wird. Denn das Denken ist erkannt worden, alles Übrige aber ist noch zweifelhaft. Ferner je mehr wir Eigenschaften an einer Sache finden desto klärer wird sie von uns erkannt. Nun finden wir in unsrer Vorstellkraft weit mehr Eigenschaften, als an jeder andern Sache, weil wir nichts erkennen können, ohne zugleich etwas von der Seele zu erkennen, denn wenn wir urteilen, die Erde sei wirklich, weil wir sie berühren oder sehen, so werden wir uns der Wirklichkeit der Denkkraft noch weit mehr bewußt, da wir ja urteilen könnten, wir berührten die Erde, ohne daß sie vorhanden ist, wir aber nicht urteilen können, wenn die Denkkraft, welche urteilet, Nichts ist. Folglich erkennen wir die Seele als das Denkende früher und gewisser als Jedes Andre (§ 8 und 11 princ). Eine gute Widerlegung des Materialismus.

Daß Denken und Ausdehnung verschieden seien wird besonders in der med. VI. demonstriert: Satis est quod possim unam rem absque altera clare et distincte intelligere, ut certus sim unam ab altera esse diversam. Ferner: quamvis habeam corpus, quod mihi valde arete conjunctum est, quia tamen ex una parte claram et distinctam habeo ideam mei ipsius, quatenus sum res cogitans, non extensa; et alia ex parte distinctam ideam corporis quatenus est res extensa, non cogitans, certum est me a corpore meo revera esse distinctum et absque illo posse existere.

Id quod potest cogitare est mens, sed cum mens et corpus realiter distinguantur, nullum corpus est mens, ergo nullum corpus potest cogitare.

Dieser Satz paßt aber in das System erst nach dem Beweis von Gott und der daraus hervorgehenden Identität des Wissens und Seins; wie er es auch in der 6. Meditation ausführt. Vergleiche resp. ad VI object.

Was ist nun das Denken? Alles was den Akt des Selbstbewußtseins in mir hervorbringt, also jede Tätigkeit, also auch Wollen, Einbilden, Fühlen. Nam si dicam, ego video, vel ego ambulo ergo sum; et hoc intelligam de visione, aut ambulatione, quae corpore peragitur, conclusio non est absolute certa; quia, ut saepe fit in somnis, possum putare me videre, vel ambulare, quamvis oculos non aperiam, et loco non movear, atque etiam forte, quamvis nullum habeam corpus. Sed si intelligo de ipso sensu, sive conscientia videndi aut ambulandi, quia tunc refertur ad mentem, quae sola sentit, sive cogitat se videre aut ambulare, est plane certa. (§ 9. princ.)

Indem wir uns nun weiter umsehen, um unsere Erkenntnis zu erweitern, wir aber noch nichts Gewisses weiter gefunden haben, als uns selbst und das Bewußtsein unsrer Geistigkeit so finden wir allgem(eine) Begriffe, wie die mathematische Demonstration, und Ideen von vielen Dingen, in denen wir nicht irren so lange wir ihre absolute Wahrheit oder ihre objektive Realität weder bejahen noch verneinen. Ihres Daseins in meiner Seele, als modi des Denkens bin ich mir unmittelbar bewußt, indem ich denke, empfinde, träume e.c.t. Unter diesen Ideen ist nun eine, welche die Idee der Existenz nicht als eine mögliche und zufällige, sondern als eine ewige und notwendige in sich schließt. Es ist die (eines) höchst vollkommnen Wesens.

Considerans deinde inter diversas ideas, quas apud se habet, unam esse entis summe intelligentis, summe potentis et summe perfecti, quae omnium longe praecipua est, agnoscit in ipsa existentiam, non possibilem et contingentem tantum, quemadmodum in ideis aliarum omnium rerum, quae distincte percipit, sed omnino necessariam et aeternam. Atque ut ex eo quod, exempli causa, percipiat in idea trianguli necessario contineri, tres angulos aequales esse duobus rectis, plane sibi persuadet triangulum tres angulos habere aequales duobus rectis; ita ex eo solo, quod percipiat, existentiam necessariam et aeternam in entis summe perfecti idea contineri, plane concludere debet, ens summe perfectum existere. (§ 14, 15, 16.)

Cartesius führt diesen Beweis in der V. Meditation weiter aus: Cum enim assuetus sim in omnibus aliis rebus exististentiam ab essentia distinguere, facile mihi persuadeo illam etiam ab essentia Dei sejungi posse, atque ita Deum ut non existentem cogitari: sed tamen diligentius attendenti fit manifestum, non magis posse existentiam ab essentia Dei separari, quam ab essentia trianguli magnitudinem 3 ang. = 2 R, sive ab idea montis ideam vallis: adeo ut non magis repugnet cogitare Deum (hoc est summe perfectum) cui desit existentia (hoc est cui desit aliqua perfectio) quam cogitare montem cui desit vallis e.c.t.

2.) Beweis aus dem Vorhandensein der Idee Gottes.

3.) Wir sind durch Gott.

4.) Daher Beweis für die formale und materiale Wahrheit der Ideen. Das erste beweist die Möglichkeit, daß wir überhaupt richtig schließen können, das 2. die objektive Realität der erkannten Dinge. (Der Widerspruch zwischen einer Stelle der III. Medit. und respons. ad II objectiones.)

Wollte man einwerfen, aus dem Umstande, daß ich keinen Beg(riff) ohne Tat denken kann, folgt doch nicht, daß ich Beg(riff) und Tat als irgendwie existierend denken müsse, so antwortet Cartesius, freilich folgt nicht daraus, daß Beg(riff) od(er) Tat irgendwie existieren müßten, sondern nur, daß der Beg(riff) ohne Tat nicht gedacht werden könne und umgekehrt; und weil ich Gott nicht anders als seiend denken kann, folgt, daß das Dasein von Gott nicht getrennt werden könne und daß er also existiere, non quod mea cogitatio hoc efficiat, sive aliquam necessitatem ulli rei imponat, sed contra quia ipsius rei, nempe existentiae Dei, necessitas me determinat ad hoc cogitandum.

Auf den Einwurf, freilich muß ich, sobald ich Gott setze auch das Sein desselben setzen, aber was zwingt mich denn Gott überhaupt zu setzen?, antwortet Cartesius: es sei freilich nicht notwendig je auf den Gedanken von Gott zu verfallen, sobald (man) aber über das erste und höchste Wesen nachdenke, müsse man ihm auch notwendig alle Vollkommenheiten und somit das Dasein beilegen. Er schließt dann: ac proinde magna differentia est inter falsas positiones et ideas veras mihi ingenitas, quarum prima et praecipua est idea Dei: nam sane multis modis intelligo illam non esse quid fictitium a cogitatione mea dependens, sed imaginem verae et immutabilis naturae; ut, primo, quia nulla alia res potest a me excogitari, ad cujus essentiam existentia pertineat, praeter solum Deum; deinde quia non possum duos aut plures ejusmodi Deos intelligere; et quia posito, quod jam unus existat, plane videam esse necessarium ut et ante ab aeterno extiterit, et in aeternum sit mansurus; ac denique quod multa alia in Deo percipiam quorum nihil a me detrahi potest nec mutari. (Vergleiche responsiones ad II. objectiones und resp. ad I. object. prop. I.)

a posteriori wird dann noch das Dasein Gottes, aus der Idee von Gott, die wir in uns finden, bewiesen: Aus Nichts wird Nichts. Jede Wirkung muß eine Ursache haben. Außerdem muß jede Ursache wenigstens ebensoviel enthalten, als ihre Wirkung, denn woher sollte die Wirkung ihr Wesen (Sein) (realitatem) nehmen, als von der Ursache? Daraus folgt, daß etwas, das vollkommner ist d. h. mehr Realität in sich enthält (denn wie im vorgehenden Beweis gezeigt ist worden, enthält das Vollkommne die meiste Realität d. h. es existiert notwendigerweise) nicht aus etwas Unvollkommnerem entstehen kann und dies verhält sich nicht nur so bei den Wirkungen, deren Realität actualis oder formalis ist, sondern auch bei den Ideen, insofern man nur auf ihre objektive Realität Rücksicht nimmt. D. h. es kann nicht nur ein Stein, der früher nicht war, nicht zu sein anfangen, wenn er nicht von etwas hervorgebracht wird, worin nicht formaliter oder eminenter Alles enthalten ist, was in dem Stein gesetzt wird, sondern es kann sich auch in mir nicht die Idee eines Steines bilden, wenn sie in mir nicht von einer Ursache hervorgebracht wird, worin nicht wenigstens ebensoviel Realität enthalten ist, als ich davon in dem Steine begreife. ( Definitiones. III. Per realitatem objectivam ideae intelligo entitatem rei repraesentatae per ideam, quatenus est in idea; eodemque modo dici potest perfectio objectiva, vel artificium objectivum e.c.t. Nam quaecumque percipimus tanquam in idearum objectis, ea sunt in ipsis ideis objective. Def. IV. Eadem dicuntur esse formaliter in idearum objectis, quando talia sunt in ipsis qualia illa percipimus; et eminenter, quando non quidem talia sunt, sed tanta, ut talium vicem supplere possint.) Denn obgleich jene Ursache nichts von ihrer aktualen oder formalen Realität in meine Idee übertrug, so darf man doch deswegen nicht glauben, dieselbe müsse auch weniger real sein; denn die Natur der Idee ist von der Art, daß sie keine andere formale Realität nötig hat, als die welche sie von meinem Denken, deren modus sie ist, erhält.

Insofern nämlich die Ideen nur modi des Denkens sind, bemerke ich unter ihnen keinen Unterschied und finde, omnes a me eodem modo procedere videri; daß aber eine Idee diese oder jene reale Objektivität eher enthält, als eine andere, dies muß von einer Ursache herrühren, in welcher wenigstens eben so viel formale, als in ihr objektive Realität, enthalten ist. ( I. Def. Cogitationis nomine complector omne id, quod in nobis est, et cujus immediate conscii sumus. II. Def. Ideae nomine intelligo cujuslibet cogitationis formam illam, per cujus immediatam perceptionem ipsius ejusdem cogitationis conscius sum. Adeo ut nihil possim verbis exprimere, intelligendo id, quod dico, quin ex hoc ipso certum sit in me esse ideam ejus, quod verbis illis significatur.) (Respons. ad II. objectiones) Auch werfe man nicht ein, daß, da die Realität, welche ich in meinen Ideen betrachte, nur objektiv ist, es deswegen nicht nötig wäre, daß dieselbe Realität formaliter in den Ursachen dieser Ideen enthalten sei, sondern es genüge, wenn sie sich in ihnen, auch nur objektive fände; denn ebenso wie iste modus essendi objectivus, den Ideen durch ihre eigene Natur zukommt, ebenso kommt der modus essendi formalis den Ursachen der Ideen zu, wenigstens den ersten und vorzüglichsten: und obgleich vielleicht eine Idee aus einer andern entstehen kann, so gibt es deswegen doch keinen progressus in infinitum, sondern man muß endlich zu einer ersten Idee kommen, deren Ursache sit instar archetypi, worin alle Realität, welche sich objective in der Idee findet, formaliter enthalten ist. Ist nun die objektive Realität einer meiner Ideen so groß, daß ich gewiß bin, sie sei weder formaliter noch eminenter in mir enthalten und ich könne also nicht die Ursache derselben sein, so folgt notwendig daraus, ich sei nicht allein in der Welt, sondern es existiere noch sonst etwas als Ursache dieser Idee; findet sich aber nicht eine solche Idee in mir, so habe ich kein Argument, was mich der Existenz einer von mir verschiednen Sache gewiß mache.

Ich habe nun Ideen, welche teils Gott, teils körperliche Dinge, teils Engel, teils Tiere, teils Menschen vorstellen. Was die Ideen von Menschen, Tieren und Engeln anbelangt, so sehe ich leicht ein, daß dieselben leicht aus den Ideen, die ich von mir selbst, von Gott und den körperlichen Dingen habe, zusammengesetzt werden können, ob es gleich weder Menschen, noch Tiere, noch Engel in der Welt gibt. Von dem aber, was in dem Begriff der körperlichen Dinge liegt, konnte Einiges aus der Idee meiner selbst geschöpft werden, nämlich die Begriffe von Substanz, Dauer, Zahl. (Omnis res cui inest immediate, ut in subjecto, sive per quam existit aliquid quod percipimus, hoc est, aliqua proprietas, sive qualitas, sive attributum, cujus realis idea in nobis est, vocatur substantia. Neque enim ipsius substantiae praecise sumptae aliam habemus ideam, quam quod sit res, in qua formaliter, vel eminenter existit illud aliquid, quod percipimus, sive quod est objective in aliqua ex nostris ideis; quia naturali lumine notum est nullum esse posse nihili reale attributum. V. Def. respons. ad II object.) Alles Übrige aber, woraus die Idee eines Körpers konstruiert wird, nämlich Ausdehnung, Gestalt, Lage (und Bewegung,) sind zwar in mir, da ich nichts bin, als res cogitans, formaliter nicht enthalten; da sie aber nur gewisse modi einer Substanz sind, ich aber eine Substanz, so können sie eminenter in mir enthalten sein. (Der Sinn des Beweises mit dem eminenter und der Substanz ergibt sich erst eigentlich aus dem Beweis für unsern Ursprung aus Gott. prop. III. resp. ad II objectiones und Axiomata VIII und IX. Quod potest efficere id quod majus est, sive difficilius, potest etiam efficere id, quod minus. – Majus est creare vel conservare substantiam, quam attributa sive proprietates substantiae.) Es bleibt also nur die Idee Gottes, und wir wollen sehen, ob in ihr etwas ist, was von mir nicht herrühren kann. Unter dem Namen Gottes verstehe ich eine unendliche, unabhängige, allererste und allmächtige Substanz durch die ich und Alles Andere, wenn es anders noch ein Andres gibt, entstanden bin. Dies Alles ist wahrhaftig von der Art, daß je mehr ich Acht gebe, ich desto besser sehe, daß es von mir nicht herrühren kann.

Folglich muß man aus dem Vorhergehenden schließen, Gott existiere notwendigerweise; denn obgleich die Idee einer Substanz, dadurch daß ich selbst eine Substanz bin, in mir ist, so wäre es doch nicht die Idee einer unendlichen Substanz, wenn sie nicht von einer unendlichen Substanz herrührte. Auch muß man nicht glauben, ich würde mir des Unendlichen nicht durch eine wahre Idee bewußt, sondern nur durch eine Negation des Endlichen; denn ich sehe im Gegenteil, daß mehr Realität in der unendlichen Substanz ist, als in der endlichen und daß also auch der Begriff des Unendlichen gewissermaßen eher in mir ist, als der des Endlichen d. h. eher der Gottes, als der meiner selbst: denn aus welchem Grunde würde ich einsehen, ich zweifle, ich begehre d. h. es fehle mir etwas und ich sei nicht ganz vollkommen, wenn nicht die Idee eines vollkommenen Wesens in mir wäre, aus dessen Vergleichung ich meine Mängel erkenne? Auch hindert es nicht, daß ich das Unendliche nicht begreife und daß es noch Unzähliges in Gott gibt, was ich weder begreifen noch mit meinem Denken nur berühren kann, denn es liegt im Wesen des Unendlichen, daß es von mir, als endlichem Wesen, nicht begriffen werden kann; es genügt mir, daß ich mir seiner bewußt bin und daß ich urteile, Alles, was ich als eine Vollkommenheit erkenne und vielleicht noch unzähliches Andre sei eminenter oder formaliter in Gott. Aber vielleicht bin ich mehr, als ich selbst weiß und alle Vollkommenheiten, die ich Gott beilege sind potentia in mir enthalten, obgleich sie sich noch nicht actu äußern; denn ich fühle, daß meine Erkenntnis allmählich sich erweitert; warum sollte sie nun nicht so weiter und weiter in's Unendliche wachsen und warum könnte ich nicht endlich mit ihrer Hülfe aller Vollkommenheiten Gottes teilhaftig werden und warum sollte nicht das Vermögen zu solchen Vollkommenheiten, wenn es in mir ist, nicht zum Hervorbringen jener Idee hinreichen? Aber wahrhaftig von dem Allen ist nichts möglich, denn wäre es auch wahr, daß meine Erkenntnis allmählig zunähme und Vieles in mir potentia und noch nicht actu vorhanden sei, so hat doch nichts davon etwas mit der Idee Gottes gemein, denn in ihr ist nichts Mögliches (potentiale), weil eine stufenweise Vervollkommnung das sicherste Zeichen der Unvollkommenheit ist. Auch ist noch zu bemerken, daß das objektive Wesen der Idee nicht bloß von einem esse potentiali, was eigentlich zu reden nichts ist, sondern nur von einem esse actuali sive formali hervorgebracht werden kann.

Außerdem: woher bin ich? Bin ich durch mich selbst, so würde ich mir All das gegeben haben, was ich als vollkommen erkenne (Siehe den Beweis weiter unten). Bin ich aber durch etwas anders, das nicht Gott ist, und von dem ich sowohl meine Existenz, als die Idee Gottes habe, so fragt es sich, woher hat dies selbst die Idee Gottes und so fort in infinitum.

Wollte man aber annehmen, es hätten mehrere Ursachen zugleich zu meinem Entstehen beigetragen, und ich hätte von einer die Idee einer Vollkommenheit Gottes und von einer andern die einer andern Vollkommenheit erhalten, so daß zwar alle diese Vollkommenheiten sich im Universum befänden, aber nicht in Eins, in Gott vereinigt, so bemerke ich, daß gerade die Einheit, Einfachheit, Unzertrennlichkeit Alles dessen, was in Gott ist, eine von den vorzüglichsten Vollkommenheiten ist, die ich in Gott bemerke; denn gewiß kann ich die Idee von der Einheit aller jener Vollkommenheiten einer Ursache nicht verdanken, von der ich die Idee der übrigen Vollkommenheiten nicht habe; denn sie könnte nicht machen, daß ich sie zugleich und unzertrennbar denke, wenn sie nicht zugleich die Erkenntnis derselben bewirkte.

Auf welche Weise habe ich nun diese Idee Gottes erhalten? Denn ich habe sie weder aus den Sinnen geschöpft; noch ist sie in mir entstanden, wie die Ideen von den sinnlichen Dingen, wenn die Außendinge die Sinnorgane berühren; noch ist sie von mir erfunden, denn ich kann weder etwas weg noch hinzutun, sie kann also nur noch angeboren sein, so wie mir das Bewußtsein meiner selbst angeboren ist. (Meditatio III.)

Cartesius faßt diesen Beweis in der II prop. der resp. ad II object. folgendermaßen zusammen: Realitas objectiva cujuslibet ex nostris ideis requirit causam, in qua eadem ipsa realitas, non tantum objective, sed formaliter, vel eminenter contineatur. Habemus autem ideam Dei, hujusque ideae realitas objectiva nec formaliter, nec eminenter in nobis continetur, nec in ullo alio, praeterquam in ipso Deo potest contineri. Ergo haec idea Dei, quae in nobis est, requirit Deum pro causa, Deusque proinde existit.

Weniger strikt und verständlich als in der med. III findet sich der nämliche Beweis in prop. XVII und XVIII der p. I princ. ph.

Aus der Idee die wir von der Existenz und den Vollkommenheiten Gottes haben, folgt aber noch, daß wir selbst durch Gott sind. Denn: der Wille des denkenden Dinges strebt, zwar freiwillig und frei (denn das liegt in dem Wesen des Willen(s)) doch unfehlbar nach dem, von ihm erkannten Guten, so daß wenn er einige Vollkommenheiten kennt, deren er entbehrt, er sich dieselben sogleich geben wird, wenn sie in seiner Gewalt sind (axiom. VII. resp. ad II. ob).

Ferner: wer das Größere oder Schwierige(re) bewirken kann, kann auch das Geringere. Es ist außerdem schwieriger die Substanz zu erschaffen oder zu erhalten, als die Attribute oder Eigenschaften derselben. ( ax. VIII. und IX)

Hätte ich nun die Kraft mich selbst zu schaffen oder zu erhalten, so hätte ich auch um so mehr die, mir alle Vollkommenheiten zu geben, welche mir fehlen; denn diese sind nur Attribute der Substanz, ich bin aber Substanz und habe doch nicht die Kraft mir diese Vollkommenheiten zu verschaffen, denn sonst würde ich sie haben (ax. VII). Also habe ich nicht die Kraft mich zu erhalten, also werde ich von etwas Anderm erhalten, was ebensoviel heißen will als geschaffen, denn jeder Augenblick ist eine neue Erschaffung. Außerdem hat das, von dem ich erhalten worden, Alles, was in mir ist, formaliter oder eminenter in sich, in mir aber liegt die Erkenntnis vieler Vollkommenheiten, die mir fehlen, also ist auch die Erkenntnis derselben in dem, wodurch ich erhalten worden. Will ich nun keinen progressus in infinitum machen, so muß dies Gott sein. (Prop. III. Resp. ad. objectiones) (Fern(er) XX. prop. princ. phil.)

Si a me essem, omnia mihi dedissem e.c.t.

Darauf warf man ein (I. obj.): jam enim non audio si dicas, si a se est, sibi facile omnia dedisset; nec enim a se est ut a causa, nec sibi praevium fuit, ut ante deligeret, quod esset postmodum.

Cartesius antwortet darauf (resp. ad obj. I.): Lumen naturale non dictat, ad rationem efficientis requiri, ut tempore prior sit suo effectu; nam contra, non proprie habet rationem causae, nisi quamdiu producit effectum, nec proinde illo est prior.

Es ist sonderbar welche Umwege Cartesius macht um unsern Ursprung aus Gott zu beweisen, er hätte es ganz im Sinne seines Systems schon kurzweg aus der in uns enthaltnen Idee von Gott demonstrieren können. Spinoza widerlegt ihn und führt dann in der Demonstration der prop. VII prolego. das aus, was Cartesius in seinen Sätzen ahnend und verworren aussprach: Entweder bin ich durch mich oder durch etwas Andres und dieses Andere ist entweder Gott oder ist nicht Gott. Qui vim habet se conservandi, vim etiam habet se creandi, hoc est, nulla indiget causa externa ad existendum, sed sola ipsius natura erit causa sufficiens ut existat necessario; hoc est, ejus natura necessariam involvit existentiam.

Si vim haberem me ipsum conservandi, talis essem naturae, ut necessariam involverem existentiam: ergo mea natura omnes contineret perfectiones. (sie wäre Gottgleich) Atqui in me, quatenus sum res cogitans, multas imperfectiones invenio, ut quod dubitem, quod cupiam e.c.t. de quibus sum certus; ergo nullam vim habeo me conservandi.

Deinde non possum jam existere, quin conserver, quamdiu existo, sive a me ipso, siquidem habeam istam vim, sive ab alio, qui illam habet. Atqui existo et tamen non habeo vim me ipsum conservandi, ut jam pr(obatum) est; ergo ab alio conservor. Sed non ab alio, qui vim non habet se conservandi (per eandem rationem, qua modo me meipsum conservare non posse demonstravi): ergo ab alio, qui vim habet se conservandi, h(oc) e(st) cujus natura necessariam involvit existentiam, h(oc) e(st) qui omnes perfectiones, quas ad ens summe perfectum clare pertinere intelligo, continet; ac proinde ens summe perfectum, hoc est, Deus existit.

Nachdem also das Dasein Gottes bewiesen, was sind seine Eigenschaften?

Cartesius schickt voraus: Wie können wir die Vollkommenheiten Gottes des Unendlichen, da unser Verstand endlich ist begreifen? Können wir aber auch das nicht, so haben wir doch von den Vollkommenheiten selbst klärere und deutlichere Ideen, als von einem körperlichen Dinge, weil sie unsere Denkkraft mehr erfüllen, einfacher sind und durch keine Einschränkung verdunkelt werden ( Princ. I. 19.).

Reflektieren wir nun auf die uns angeborene Idee von Gott, so erkennen wir, daß Gott ewig, allwissend, allmächtig, die Quelle aller Güte und Wahrheit, der Schöpfer aller Dinge ist und Alles in sich vereinigt, was wir als reine Vollkommenheit uns denken können – und daß wir ihm folglich die körperliche Natur, weil sie mit der Ausdehnung Teilbarkeit in sich schließt, und die Empfindung, die zwar in Beziehung auf uns eine Vollkommenheit, aber, als ein Leiden und Abhängigkeit, für Gott eine Unvollkommenheit wäre, absprechen, dagegen das Denken und Wollen beilegen, doch nicht, wie bei uns als, getrennte Tätigkeiten, sondern so, daß er durch einen einzigen einfachen immer identischen Akt Alles zugleich erkennet, will und wirket. Omnia, inquam, hoc est, res omnes: neque enim vult malitiam peccati, quia non est res. ( Pr. I. 22, 23)

Weiter läßt sich über Gott nichts bestimmen, denn da wir endlich sind, so wäre es töricht, über das Unendliche etwas bestimmen zu wollen, wodurch es endlich und begriffen würde.

Eben so überflüssig wäre es, wollte man bei der Untersuchung der Dinge, von den Zwecken ausgehen, die Gott sich bei ihrer Erschaffung vorgesetzt, denn vermessen wäre es in seine Ratschläge eindringen zu wollen. Da aber Gott die wirkende Ursache aller Dinge ist, so werden wir sehen, was wir aus seinen Eigenschaften, von denen er einige Kenntnis uns erlaubt hat, in Ansehung der Wirkungen, die in die Sinne fallen, nach dem natürlichen Lichte schließen können. Derjenige philosophische Weg ist der beste, welcher aus der Erkenntnis Gottes die Erklärung der von ihm erschaffnen Dinge abzuleiten und so die vollkommenste Wissenschaft, d. i. die Erkenntnis der Wirkungen durch die Ursachen, zu erwerben sucht. ( Pr. I 24, 25, 26, 28.)

Die erste Eigenschaft Gottes, welche nun in Betracht kommt, ist die: daß er höchst wahrhaft und der Geber alles Lichtes ist. Daraus folgt, daß das Licht der Natur oder das von Gott uns gegebne Erkenntnisvermögen, nie einen Gegenstand ergreifen kann, der nicht wahr sei, insofern er nämlich wirklich von ihm ergriffen d. h. klar und deutlich erkannt wird. Denn mit Recht müßte Gott ein Betrüger genannt werden, hätte er uns ein verkehrtes Erkenntnisvermögen gegeben, welches das Falsche für das Wahre nähme. Damit fällt auch der höchste Zweifel weg, welcher daher rührte, daß wir nicht wüßten, ob vielleicht unsere Natur von der Art sei, daß wir auch in dem Evidentesten betrogen würden. Ebenso lassen sich mit diesem Grund alle übrigen früher angeführten Zweifelsgründe heben. Jetzt können uns die mathematischen Wahrheiten nicht länger verdächtig sein, weil sie die deutlichsten sind. Achten wir nur auf das, was unsern Sinnen, was uns im Wachen wie im Traum klar und deutlich ist und trennen wir es von allem Verwirrten und Dunkeln, so finden wir leicht, was in jedem Ding für wahr zu halten sei. ( pr. I. 30.)

De methodo (S. 24) drückt Cartesius dies noch schärfer aus, wo er den an dem Dasein Gottes Zweifelnden, einwirft, daß Alles das, woran sie bisher nie zweifelt(en), wie Himmel und Erde, e.c.t. noch viel problematischer sei, als das Dasein Gottes und sie fragt, woher sie denn wüßten, daß die Bilder des Traumes eher falsch seien als die des Wachens, da sie ja oft nicht minder deutlich und lebhaft erschienen?

Er sagt dann, es sei unmöglich einen andern, diesen Zweifel hebenden Grund zu finden, als das Dasein Gottes. Denn daß Alles, was wir klar und deutlich erkennen wahr sei, wird nur dadurch gewiß, daß Gott existiert und höchstvollkommen ist, so daß Alles, was in uns ist, von ihm notwendigerweise herrührt, woraus folgt, daß unsere Ideen in Allem dem, was ihnen klar und deutlich ist, gewisse Wesen sind und von Gott herrühren und somit wahr sein müssen.

Ferner med. V.: Sed praeterea etiam animadverto caeterarum rerum certitudinem ab Deo ita pendere, ut absque eo nihil umquam perfecte sciri possit. Denn ob ich gleich von der Art bin, daß ich, sobald ich etwas klar und deutlich kenne, auch an die Wahrheit desselben glauben muß, so könnte ich doch, wenn ich nichts von Gott wüßte auf Gründe stoßen, welche mir diese Überzeugung leicht nehmen könnten, so daß ich nie eine wahre und bestimmte Erkenntnis, sondern nur unbestimmte und veränderliche Meinungen hätte. Wenn ich z. B. über die Natur eines Dreiecks nachdenke, so ist es mir evident, daß seine 3 W = 2 R, und ich muß glauben, daß es wahr sei, so lange ich nur meine Aufmerksamkeit auf die Demonstration dieses Satzes richte, so bald ich mich aber weg wende, so kann es mir leicht geschehen, daß ich an seiner Wahrheit, obgleich ich mir erinnere ihn klar erkannt zu haben, zweifle, so bald ich von Gott nichts weiß: denn ich kann mir einbilden, ich sei meiner Natur nach so beschaffen, daß ich mich auch in dem, was ich auf's deutlichste zu begreifen glaube, täusche. Postquam vero percepi Deum esse, quia simul etiam intellexi caetera omnia ab eo pendere, illumque non esse fallacem; atque inde collegi, illa omnia, quae clare et distincte percipio necessario esse vera, etiamsi non attendam amplius ad rationes, propter quas istud verum esse judicavi, modo tantum recorder me clare et distincte perspexisse, nulla ratio contraria afferri potest quae me ad dubitandum impellat, sed veram et certam de hoc habeo scientiam; neque de hoc tantum sed et de reliquis omnibus quae memini me aliquando demonstrasse, ut de Geometricis et similibus.

Dies enthält auch die Antwort, auf den Einwurf, daß ein Atheist, so gut als ein Theist, von einem mathematischen Satz überzeugt sein könne; daß also der Glaube an das Dasein Gottes nicht nötig sei, um uns von der Wahrheit einer Sache zu überzeugen; denn der Atheist kann ja nicht wissen, ob er nicht von Natur zum Irren bestimmt ist, während der Theist aus der Vollkommenheit Gottes das Gegenteil beweisen kann. (resp. ad II obj. 3.)

Also Gottes Vollkommenheit beweist, daß unser Erkenntnisvermögen nicht verwirrt, nur zum Erfassen des Unwahren bestimmt, also die subjektive Möglichkeit der Erkenntnis, ferner daß Alles wahr ist, was wir klar und deutlich, d. h. vernunftgemäß erkennen, also die Objektivität des Gedachten. Et primo quoniam scio omnia quae clare et distincte intelligo, talia a Deo fieri posse qualia illa intelligo, satis est quod possum unam rem absque altera clare et distincte intelligere, ut certus sim unam ab altera esse diversam. Med. VI. Gott ist es, der den Abgrund zwischen Denken und Erkennen, zwischen Subjekt und Objekt ausfüllt, er ist die Brücke zwischen dem cogito ergo sum, zwischen dem einsamen, irren, nur einem, dem Selbstbewußtsein, gewissen, Denken und der Außenwelt. Der Versuch ist etwas naiv ausgefallen, aber man sieht doch, wie instinktartig scharf Cartesius schon das Grab der Philosophie abmaß; sonderbar ist es freilich wie er den lieben Gott als Leiter gebrauchte, um herauszukriechen. Doch schon seine Zeitgenossen ließen ihn nicht über den Rand, man fragte: Kann man von keiner Sache gewiß sein, noch irgend etwas klar und deutlich erkennen, ehe das Dasein Gottes mit Gewißheit erkannt worden ist, wie steht es dann mit den dem Beweis vom Dasein Gottes vorhergehenden Sätzen, wie mit dem cogito ergo sum, wie mit dem Beweis selbst?

Sehr unbefriedigend antwortet Cartesius; resp. ad II. object. 3.: ubi dixi, nihil nos certo posse scire, nisi prius Dei existentiam cognoscamus, expressis verbis testatus sum ( Meditat. V.: sed praeterea etiam animadverto caeterarum rerum certitudinem a Deo ita pendere, ut absque eo nihil umquam perfecte sciri possit. Etsi enim ejus sim naturae, ut quamdiu aliquid valde clare et distincte percipio, non possim non credere verum esse, quia tamen etiam ejus sum naturae, ut non possim obtutum mentis in eandem rem semper possim defigere ad illam clare percipiendam, recurratque saepe memoria judicii ante facti, cum non amplius attendo ad rationes, propter quas tale quid judicavi, rationes aliae afferri possunt quae me, si Deum ignorarem, facile ab opinione dejicerent, atque ita de nulla unquam re veram et certam scientiam, sed vagas tantum et mutabiles opiniones haberem. e.c.t.) me non loqui nisi de scientia earum conclusionum, quarum memoria potest recurrere, cum non amplius attendimus ad rationes, ex quibus ipsas deduximus. (nur allein die apodiktische Gewißheit der Schlußsätze, welche wiederkehren können, ohne daß man auf ihre Gründe noch die gehörige Aufmerksamkeit wendet, werde durch die gewisse Erkenntnis von Gottes Dasein bedingt. – Ein Zusatz, der übrigens sonst nirgends mehr vorkommt ausgenommen resp. ad II obj. § 4. und nur angedeutet in der resp. ad IV. obj. Cum autem advertismus, nos esse res cogitantes, prima quaedam notio est, quae ex nullo syllogismo concluditur; neque etiam cum quis dicit: ego cogito, ergo sum, existentiam ex cogitatione per syllogismum deducit, sed tanquam rem per se notam simplici mentis intuitus agnoscit, ut patet ex eo, quod si eam per syllogismum deduceret, novisse prius debuisset istam majorem, illud omne quod cogitat est; atqui profecto ipsam potius discit ex eo, quod apud se experiatur fieri non posse ut cogitet nisi existat. Ea enim (est) natura nostrae mentis, ut generales propositiones ex particularium cognitione efformet.)

Übrigens scheint Cartesius den Widerspruch, worin er sich hier verwickelt wohl geahnt (zu) haben. Er scheint so halb einen andern Weg zur mathematischen Begründung seines Systems einschlagen zu wollen. Cogito ergo sum ist der erste unumstößliche Satz; jeder Satz, den wir nun ebenso begreifen wie diesen, der uns ebenso unumstößlich ist, der den gleichen Grad von Gewißheit hat, muß ebenso unbedingt angenommen werden. Dies ist der schärfere Ausdruck und eine striktere Zusammendrängung von dem, was wir an manchen Stellen finden und was uns ohne die erwähnte Annahme unerklärlich sein würde. So z. B. Med. III. S. 14. Equidem non aliam ob causam de iis dubitandum esse postea judicavi, quam quia veniebat in mentem, forte aliquem Deum talem mihi naturam indere potuisse, ut etiam circa illa deciperer, quae manifestissima viderentur; sed quoties haec praeconcepta de summa Dei potentia opinio mihi occurrit, non possum non fateri, siquidem velit, facile illi esse efficere ut errem, etiam in iis quae me puto mentis oculis quam manifestissime intueri; quoties vero ad ipsas res, quas valde clare percipere arbitror, me converto, tam plane ab illis persuadeor, ut sponte erumpam in has voces, fallat me quisquis potest, numquam tamen efficiet, ut nihil sim, quamdiu me aliquid esse cogitabo, vel ut aliquando verum sit, me nunquam fuisse, cum jam verum sit me esse; vel forte etiam ut duo et tria simul juncta plura vel pauciora sint, quam quinque vel similia in quibus scilicet repugnantiam agnosco manifestam.

Man sieht deutlich, wie hier Cartesius die Möglichkeit einer Erkenntnis, nicht nur hinsichtlich des cogito ergo sum, trotz der Annahme einer täuschenden prima causa, behauptet.

Charakteristisch ist es auch, daß er in der Abhandlung de methodo die Untersuchung über das, was wir als wahr annehmen müssen, dem Beweis von dem Dasein und der Wahrhaftigkeit Gottes und somit der Möglichkeit einer Erkenntnis vorausschickt, und sie gleich auf das cogito ergo sum folgen läßt.

Warum Cartesius nicht auf diesem Wege geblieben, läßt sich wohl aus der Natur des cogito e(rgo) s(um) erklären; denn bei näherer Untersuchung desselben sah er, wohl ein, daß es nur der Ausdruck für das mit jeder Tätigkeit notwendig verbundne Selbstbewußtsein sei, daß als solchem ihm ein höherer Grad der Gewißheit als allen übrigen Erkenntnissen zukommen müsse und daß es demnach verlorne Mühe sein würde einen zweiten Satz von gleicher Gewißheit zu suchen. Denn obgleich alle auf die 3 Denkgesetze gegründeten Sätze uns eben so wahr scheinen, so steht uns, nach Cartesius, doch niemand dafür, daß unsere Denkkraft selbst nicht so eingerichtet sei, daß wir irren müßten. Ein Umstand, der nur an der Gewißheit des cogito ergo sum nichts schmälern kann. (Hotho und Hegel mögen doch Recht haben.) Es blieb ihm also um sich aus dem Abgrund seines Zweifels zu retten nur ein Strick, an den er sein ganzes System hängte und hakte, Gott. Denn es wäre ihm eigentlich, wie schon gesagt, bei der Art seines Zweifels ganz unmöglich denselben zu beweisen.

Kehren wir nun wieder zur weiter(en) Entwicklung der gefundnen Sätze zurück. Das vollkommenste Wesen ist also bewiesen, eben so unser Ursprung aus demselben, ferner die Möglichkeit einer Erkenntnis aus der Wahrhaftigkeit Gottes. Denn, wenn Gott kein Lügner und Betrüger sein soll, so muß unsere Vernunft nicht zum Irren sondern zum Erkennen des Wahren eingerichtet sein und Alles ist wahr, was wir nach den Gesetzen der Vernunft denken d. h. klar und deutlich vorstellen (erkennen.) Siehe Resp. ad II obj.: Def. IX. Cum quid dicimus in alicujus rei natura sive conceptu contineri, idem est ac si diceremus, id de ea re verum esse, sive de ipsa posse affirmari.

Demgemäß warf man in der object. I. ein, daß man nach diesem Grundsatz Gott nicht erkennen könne, weil eine klare und deutliche Erkenntnis des Unendlichen unmöglich sei.

Cartesius: (obj. I. resp.) Itaque imprimis hic dicam, infinitum qua infinitum est, nullo quidem modo comprehendi; sed nihilominus tarnen intelligi, quatenus scilicet clare et distincte intelligere aliquam rem talem esse, ut nulli plane in ea limites possint repiriri, est clare intelligere illam esse infinitam.

Was ist nun aber das Kriterium einer klaren und deutlichen Vorstellung?

Im 45 § I. pr. sagt er sehr unbestimmt: Claram voco illam perceptionem, quae menti attendenti praesens et aperta est; sicut ea clare a nobis videri dicimus, quae oculo intuenti praesentia, satis fortiter et aperte illum movent. Distinctam autem illam, quae, cum clara sit, ab omnibus aliis ita sejuncta est et praecisa, ut nihil plane aliud, quam quod clarum est, in se contineat.

Bestimmter drückt er sich in der schon erwähnten Stelle in der Abhandlung de methodo aus, wo er eine der des cogito ergo sum gleiche Gewißheit, zum Kriterium der Wahrheit zu machen scheint.

Post haec inquisivi, quidnam in genere requiratur, ut aliqua enunciatio tanquam vera et certa cognoscatur: cum enim jam unam invenissem, quam talem esse cognoscebam, putavi me posse etiam inde percipere in qua re ista certitudo consistat. Et quia notabam, nihil plane contineri in his verbis, Ego cogito ergo sum, quod me certum redderet eorum veritatis, nisi quod manifestissime viderem fieri non posse ut quis cogitet nisi exsistat, credidi, me pro regula generali sumere posse, omne id quod valde dilucide et distincte concipiebam verum esse.

Für die Wahrheit unsr(er) Begriffe von körperlichen Dingen führt übrigens noch Cartesius eigene Beweisgründe an, die wir weiter unten geben werden. Denn mit dem Satz Alles ist wahr, was ich nach den Gesetzen der Vernunft denke, lassen sich die Körper nur insofern sie Gegenstände der reinen Anschauung der Mathematik, beweisen. Reliquum est ut examinem an res materiales existant; et quidem jam ad minimum scio illas, quatenus sunt purae Matheseos objectum, posse existere, quando quidem ipsas clare et distincte percipio. Meditat. VI.

Jetzt stellt sich Cartesius noch eine Schwierigkeit entgegen. Denn: Nec ullum de hac re dubium superesset, nisi inde sequi videretur, me igitur errare numquam posse; nam si quodcumque in me est, a Deo habeo, nec ullam ille mihi dederit errandi facultatem, non videor posse umquam errare. ( Med. IV. de vero et falso.)

So lange ich nun nur an Gott denke und mich ganz zu ihm wende, so finde ich keine Ursache des Irrtums; kehre ich aber zu mir zurück, so finde ich mich in unzähliche Irrtümer verwickelt und suche ich nach ihrer Ursache, so finde ich in mir nicht nur die reale und positive Idee von einem höchst vollkommnen Wesen, sondern auch so zu sagen eine negative Idee des Nichts oder dessen, was von aller Vollkommenheit am Weitesten entfernt ist, und sehe zugleich, daß ich als ein Mittelding zwischen Gott und Nichts so beschaffen bin, daß, insofern ich von Gott bin, nichts in mir ist, wodurch ich zu einem Irrtum verleitet würde, daß aber, insofern ich quodammodo de nihilo, sive de non ente participio, d. h. insofern ich nicht selbst das höchste Wesen bin, mir sehr Vieles fehlt, so daß ich mich über meine Irrtümer nicht zu wundern brauche. So sehe ich also deutlich ein, daß der Irrtum, in sofern er Irrtum ist, nicht etwas Reales, von Gott Abhängendes, sondern nur ein Mangel sei und daß ich also nicht von Gott eine besonders zum Irren bestimmte Anlage (facultatem) haben müsse, sondern daß mein Irrtum nur daher rühre, daß die mir von Gott zum Erkennen der Wahrheit verliehene Gabe nicht unendlich sei. Doch genügt dies noch nicht vollkommen, denn der Irrtum ist nicht eine bloße Verneinung, sondern die Beraubung, der Mangel einer Erkenntnis, (non est pura negatio, sed privatio sive carentia cujusdam cognitionis) die sich in mir finden sollte; und betrachte ich das Wesen Gottes näher, so scheint es mir unmöglich, daß er mir eine Gabe verliehen habe, die nicht in ihrer Art vollkommen oder einer ihr zukommenden Vollkommenheit beraubt sei. Denn je vollkommner der Künstler, desto vollkommner die Werke, welche er schafft; was sollte da aus dem höchsten Schöpfer aller Dinge hervorgehen können, was nicht in jeder Hinsicht vollkommen sei? Da ohne Zweifel Gott mich hätte so erschaffen können, daß ich nie irre und da er ohne Zweifel stets das Beste will; so wäre es ja besser ich irrte mich, als ich irrte mich nicht. Cartesius versucht nun verschiedne Wege um diese Widersprüche zu heben. Namentlich stützt er sich auf den Satz, daß nur in dem Willen der Grund der Irrtümer enthalten wäre und zwar nicht dem Wille(n) selbst oder der von Gott uns verliehnen Fähigkeit des Wollens, sondern in der Art, wie wir von derselben Gebrauch machen (in ipsa operatione quatenus a me procedit). Doch muß er sich zuletzt auf die Unbegreiflichkeit der göttlichen Absichten berufen und zugeben, daß es freilich Gott leicht möglich gewesen wäre, alle Möglichkeit des Irrtums aus uns zu entfernen. Er setzt aber in seiner Hartnäckigkeit hinzu, man könne nicht leugnen, daß das Universum gewissermaßen (quodammodo) vollkommener sei, wenn manche Teile dem Irrtum unterworfen wären und manche nicht, als wenn alle vollkommen ähnlich wären. Dann sagt er noch wir seien Gott für das Gute, das er uns nach seiner absoluten und freien Gewalt gegeben hat, den größten Dank schuldig; könnten uns aber nicht beschweren, daß er uns nicht Alles geschenkt hat, was er uns nach unserer Vorstellung hätte schenken können. Nec quodammodo inter nos homines, si quis habeat potestatem aliquod malum impediendum, nec tamen impediat, ipsum dicimus esse ejus causam; ita etiam, quia Deus potuisset efficere, ut numquam falleremur, ideo errorum nostrorum causa est putandus. Potestas enim, quam homines habent uni in alios, ad hoc est instituta, ut ipsa utantur ad illos a malis revocandos, ea autem, quam Deus habet in omnes, est quam maxime absoluta et libera. (38. pr. I.)

Der Irrtum ist übrigens Nichts, zu dessen Hervorbringung eine reale Handlung Gottes nötig gewesen wäre: sondern auf ihn bezogen ist er nur eine Negation, auf uns, eine Beraubung. (Nec errores sunt res, ad quarum productionem realis Dei concursus requiratur; sed cum ad ipsum referuntur, sunt tantum negationes; et cum ad nos, privationes.) (Pr. I. § 31.)

Spinoza erläutert dies folgendermaßen: Prop. XV. Error non est quid positivum. Demonst. Si error quid positivum esset, solum Deum pro causa haberet, a quo continuo deberit procreari. Atqui hoc est absurdum. Ergo error non est quid positivum.

Cum vero error non sit quid positivum in homine, nihil aliud poterit esse, quam privatio recti usus libertatis: ideoque non, nisi eo sensu, quo dicimus absentiam Solis esse causam tenebrarum, vel quo Deus, propterea quod infantem, excepto visu, aliis similem fecit, causa caecitatis dicitur; Deus causa erroris dicendus; nempe quia nobis intellectum ad pauca tantum se extendentem dedit.

Der Irrtum liegt also nur im unrechten Gebrauch eines unserer geistigen Organe. In welchem nun?

Alle modi des Denkens lassen sich unter 2 Abteilungen, die Vernunft und den Willen bringen. Erstere umfaßt das Gefühl, das Einbildungs- und das Erkenntnisvermögen (sentire, imaginari et pure intelligere), letzterer das Begehren, Verabscheuen, Bejahen, Verneinen und Zweifeln, (cupere, aversari, affirmare, negare.)

Solange nun der Geist die Dinge klar und deutlich erkennt und ihnen beistimmt, sie bejaht (assentitur), kann et nicht getäuscht werden, und auch solange nicht, als er die Dinge sich nur vorstellt, ohne etwas von ihnen auszusagen, sie zu bejahen (iis assentiri) – per solum intellectum percipio tantum ideas, de quibus judicium ferre possum, nec ullus error proprie dictus in eo praecise reperitur. Med. IV. p. 23. –Denn wenn ich mir auch ein geflügeltes Pferd vorstelle, so ist es doch gewiß, daß diese Vorstellung nichts Falsches enthält, so lange ich nicht bejahe, es gäbe ein geflügeltes Pferd, oder es bezweifle. Und da nun das Bejahen oder Verneinen nichts andres als eine Bestimmung des Willens ist, so folgt daraus, daß der Irrtum nur von dem Gebrauch des Willens abhängt.

Nun haben wir aber nicht nur das Vermögen demjenigen unseren Beifall zu geben, was wir klar und deutlich erkennen, sondern auch dem, was wir uns auf irgend eine andre Art vorstellen. Denn unser Wille ist unbegrenzt. Man sieht dies leicht ein, wenn man nur bedenkt, daß wenn Gott uns ein unendliches Erkenntnisvermögen hätte geben wollen, er deswegen nicht nötig gehabt hätte uns zu gleich ein(e) weitere) assentiendi facultatem zu geben, da dieselbe von der Art ist, daß sie für die unendlichsten Dinge genügte.

Und wir üb(er)zeugen uns selbst davon, indem wir Vielem unsern Beifall geben, was wir nicht aus sichren und gewissen Prinzipien erkannt haben. Nec vero etiam queri possum, quod non satis amplam et perfectam voluntatem, sive arbitrii libertatem a Deo acceperim; nam sane nullis illam limitibus circumscribi experior. Et quod valde notandum mihi videtur, nulla alia in me sunt tam perfecta, aut tanta, quin intelligam perfectiora sive majora adhuc esse posse; nam si, exempli causa, facultatem intelligendi considero, statim agnosco perexiguam illam et valde finitam in me esse, simulque alterius cujusdam multo majoris, imo maximae, atque infinitac ideam formo, illamque ex hoc ipso, quod ejus ideam formare possim, ad Dei naturam pertinere percipio. Eadem ratione si facultatem recordandi, vel imaginandi, vel quaslibet alias examinem, nullam plane invenio, quam non in me tenuem et circumscriptam in Deo immensam esse intelligam; sola est voluntas, sive arbitrii libertas, quam tantam in me experior, ut nullius majoris ideam apprehendam; adeo ut illa praecipue sit ratione cujus imaginem quandam et similitudinem Dei me referre intelligo. (nam quamvis major absque comparatione in Deo quam in me sit, tum ratione cognitionis et potentiae, quae illi adjunctae sunt, redduntque ipsam magis firmam et efficacem; tum ratione objecti, quoniam ad plura se extendit; non tarnen in se formaliter et praecise spectata major videtur, quia tantum in eo consistit quod idem vel facere, vel non facere ( hoc est affirmare vel negare) possimus, vel potius in eo tantum quod ad id quod nobis ab intellectu proponitur affirmandum vel negandum, ita feramur, ut (a) nulla vi externa nos ad id determinari sentiamus. Med. IV.)

Daraus geht ferner hervor, daß, wenn das Erkenntnisvermögen sich eben so weit erstreckte, als der Wille, oder der Wille sich nicht weiter, als das Erkenntnisvermögen oder wenn wir endlich den Willen in den Grenzen der Erkenntnis halten könnten, wir niemals irren würden. (Ex his autem percipio, nec vim volendi, quam a Deo habeo, per se spectatam causam esse errorum meorum; est enim amplissima et in suo genere perfecta; neque etiam vim intelligendi; nam quidquid intelligo, cum a Deo habeam ut intelligam, procul dubio recte intelligo, nec in eo fieri potest ut fallar; unde ergo nascuntur mei errores? nempe ex hoc uno, quod cum latius pateat voluntas quam intellectus, illam non intra eosdem limites contineo, sed etiam ad illa, quae non intelligo extendo; ad quae cum sit indifferens, facile a vero et bono deflectit, atque ita et fallor et pecco. Med. IV.)

Die beiden Ersteren nun liegen außer unserer Macht. Es bleibt uns also nur das Dritte übrig: nämlich ob wir unseren Willen in den Schranken der Erkenntnis zu halten vermögen. Da aber der Wille seiner Freiheit gemäß sich selbst bestimmt: so folgt daraus, daß wir den Willen in den Schranken der Erkenntnis zu halten und dadurch den Irrtum zu vermeiden vermögen, so daß es offenbar nur von dem Gebrauch unseres Willens abhängt, daß wir uns nie irren. Daß aber unser Wille frei sei wird im 39 § I. pr. bewiesen.(Daß wir einen freien Willen haben und mit Willkür Vielem beistimmen oder nicht beistimmen können, ist so evident, daß wir es unter die ersten angebornen Grundsätze zählen müssen. Dieses machte sich kurz vorher einleuchtend, da wir in dem Bestreben Alles zu bezweifeln so weit gingen, daß wir uns einbildeten ein allmächtiger Urheber unsres Ursprungs suche uns auf alle mögliche Weise zu betrügen und wir gleichwohl die Freiheit in uns wahrnahmen, unseren Beifall allem demjenigen zu versagen, was nicht durchaus gewiß und ausgemacht war. I. 39. Cartesius setzt dann noch hinzu es sei uns freilich unbegreiflich, wie die aus Gottes Allmacht sich notwendig ergebende Vorbestimmung mit der Freiheit unsres Willens sich vereinigen ließe. Da jedoch Beides ganz evident sei, so müßten wir uns mit dem Gedanken bescheiden, daß wir als endliche Wesen, das Unendliche nicht begreifen könnten.)

Und obgleich wir, wenn wir eine Sache klar und deutlich erkennen, wir gezwungen sind sie zu bejahen; so rührt dieser notwendige Beifall nicht von der Schwäche, sondern von der Vollkommenheit und Freiheit unseres Willens her. Denn assentiri ist notwendig eine Vollkommenheit, wie sich von selbst ergibt und der Willen ist nie vollkommner und freier, als wenn er sich prorsus determinat. Wenn es nun geschieht, daß der Geist etwas klar und deutlich erkennt, so wird er sich sogleich notwendigerweise diese Vollkommenheit geben. Weit gefehlt also, daß wir dadurch, daß wir nichts weniger als gleichgültig gegen das Erfassen der Wahrheit sind, weniger frei wären. Man muß im Gegenteil annehmen, je gleichgültiger, je unfreier. ( Med. IV. Neque enim opus est me in utramque partem ferri posse ut sim liber, sed contra quo magis in unam propendeo, quia rationem veri et boni in ea evidenter intelligo, tanto liberius illam eligo. Indifferentia autem illa, quam experior, cum nulla me ratio in unam partem magis, quam in alteram impellit, est infimus gradus libertatis et nullam in ea perfectionem, sed tantummodo in cognitione defectum, sive negationem quandam testatur; nam si semper quid verum et bonum sit clare viderem, nunquam de eo, quod esset judicandum vel eligendum deliberarem; atque ita quamvis liber, nunquam tamen indifferens esse possem.) Der Irrtum liegt also in dem unrechten Gebrauch unsers Willens. Übrigens darf man nicht einwerfen, daß wir dann nie irren würden, weil gewiß Niemand den Willen hat zu irren. Denn (es) ist ein großer Unterschied zwischen einem absichtlichen Irrtum und dem Beifall den man einer Sache gibt, worin sich zufällig ein Irrtum findet. Und ob es gleich Niemand gibt, der absichtlich irren will, so gibt es auch Niemand, der nicht oft dem seinen Beifall schenkt, worin sich ohne sein Wissen ein Irrtum findet. Denn selbst das Streben nach Wahrheit macht oft, daß die welche nicht gehörig ihre Vernunft zu brauchen wissen, über Dinge urteilen, die sie nicht erkannt haben, und somit irren. (§ 42 I. pr.)

Wir können übrigens Gott nicht vorwerfen, daß er unseren Willen unbeschränkter gemacht habe, als unser Erkenntnisvermögen, denn da der Wille in una tantum re et tamquam in indivisibili consistit, so scheint es, daß man von seiner Natur nichts wegnehmen könne. Und wahrhaftig je unbegrenzter er ist, desto größeren Dank sind wir dem Schöpfer schuldig. Medit. IV. Außerdem ist es immerhin besser selbst unklare Begriffe zu bejahen und somit von seiner Freiheit Gebrauch zu machen, als immer gleichgültig zu bleiben.

Quare rebus confusis assentiri, quatenus, quid positivum est, nihil imperfectionis, nee formam erroris continet: sed tantum quatenus eo optima libertate, quae ad nostram naturam spectat, et in nostra potestate est, nos nosmet privamus. Tota igitur imperfectio erroris in sola optimae libertatis privatione consistit. Privatio autem dicitur, quia aliqua perfectione, quae nostrae naturae competit, privamur. Cum igitur error nihil aliud sit respectu hominis, quam privatio perfecti sive recti usus libertatis; sequitur illam non in ulla facultate, quam a Deo habet, nec etiam in ulla facultatum operatione, quatemus a Deo dependet sitam esse. (Spinoza ad C. I. prop. 15.) – (privatio autem, in qua sola ratio formatis falsitatis et culpae consistit, nullo Dei concursu indiget, quia non est res, neque ad illum relata ut causam privatio, sed tantummodo negatio dici debet. Med. IV.)

(Ich habe besonders den von Spinoza in dieser Proposition bezeichneten Weg verfolgt, weil das, was Cartesius in den Principien über diesen Gegenstand sagt, fast nicht zusammenhängt und seine Auseinandersetzung in der IV. med. zu weitläuftig und in sich selbst nicht ganz klar ist.)

Nicht in dem Erkenntnisvermögen, weil dasselbe ja, da es weder verneint noch bejaht, gar nicht irren kann, nicht in dem Willen, weil seine Unendlichkeit zu seiner Vollkommenheit gehört, also nur (in) der Art, wie wir von ihm im Verhältnis zu unsern Erkenntnissen Gebrauch machen(, liegt die Möglichkeit des Irrtums). Soviel ist aber gewiß, daß wir nie Falsches für Wahres annehmen werden, wenn wir nur demjenigen beistimmen, was wir klar und deutlich vorgestellt haben. Es ist gewiß weil Gott kein Betrüger ist und daher das Vorstellungsvermögen, das er uns gegeben hat, so wenig als das Vermögen des Fürwahrhaltens, so lange es sich nur über das, was wir uns klar vorstellen, erstreckt (fehlgeht). Und wenn auch dieses nicht durch Gründe bewiesen war, so ist es doch allen Gemütern von Natur so eingeprägt, daß wir jederzeit, wenn wir uns etwas klar vorstellen, dem selben Beifall geben werden und nie an der Wahrheit desselben zweifeln können. (§ 43. I.)

Hiermit wären wir denn jetzt zur Höhe des Cartesianismus gelangt. Die Möglichkeit, ja die Notwendigkeit einer Erkenntnis ist bewiesen und daraus der Grundsatz des Dogmatismus, was im Begriff einer Sache liegt ist wahr. Die Quelle des Irrtums ist entdeckt, das Kriterium der Wahrheit ist bewiesen. Wie geht nun Cartesius weiter?

Alles, was unser Bewußtsein begreift stellen wir uns entweder als Substanzen oder ihre Bestimmungen (affectiones) oder als ewige Wahrheiten (vor), welche keine Existenz außer unseren Gedanken haben.

Von den ewigen Wahrheiten gibt er folgende Erklärung: (§ 49.) Wenn wir erkennen, daß aus Nichts Nichts werde, so wird das Urteil aus Nichts wird Nichts, nicht als eine existierende Sache oder als eine Bestimmung derselben, sondern als eine ewige Wahrheit vorgestellt, welche ihren Sitz in dem Verstande hat, und ein Gemeinbegriff oder ein axiom genannt. Hierher gehören die Sätze: Es ist unmöglich, daß dasselbe zugleich sei, und nicht sei; wer denkt existiert notwendig indem er denkt und unzählige andre, welche nicht leicht aufgezählt werden können.

In den resp. ad II. objectio. werden 10 dergleichen Axiomen angeführt, wovon mehrere in dem Beweis des Daseins Gottes aus der Idee von Gott angeführt sind. Charakteristisch für die Erklärung des cogito ergo sum ist diese Klassifikation. (Hotho, Hegel.)

Die Untersuchungen über die Substanzen sind etwas verwirrt. Ich gebe sie in folgender Ordnung:

Resp. ad II obj. Def. V. Omnis res, cui inest immediate, ut in subjecto, sive per quam existit aliquid, quod percipimus, hoc est, aliqua proprietas, sive qualitas, sive attributum, cujus reales idea in nobis est, vocatur Substantia. Neque enim ipsius Substantiae praecise sumptae aliam habemus ideam, quam quod sit res, in qua formaliter, vel eminenter existit illud aliquid quod percipimus, sive quod est objective in aliqua ex nostris ideis, quia naturali lumine notum est nullum esse posse nihili reale attributum. – Im 51. § l. pr. schränkt er dagegen den Begriff von Subst(anz) mehr ein, indem er sagt: per substantiam nihil aliud intelligere possumus, quam rem, quae ita existit, ut nulla alia re indigeat. Damit wird denn der Begriff nur auf Gott bezogen. Doch gebraucht er das Wort Substanz immer in der zuerst angeführten Bedeutung.

An der Substanz unterscheidet man nun die attributa, Eigenschaften, und die Bestimmungen, modi.

Der Substanz kommt im Allgemeinen nur Sein zu, sie ist das, woran etwas ist. Sie kann also an sich, als existierend nicht wahrgenommen werden, sondern nur durch ihre Attribute und modi. Denn daraus, daß wir irgend eine Eigenschaft wahrnehmen, schließen wir, daß ein seiendes Ding ( rem existentem) oder eine Substanz, woran oder worin jene Eigenschaft sei, notwendig vorhanden sein müsse. Die Substanz ist also der einfache Begriff des Seins.

Attribut ist dasjenige, was an und in der Substanz ist, (was also nicht für sich gedacht werden kann, ohne daß man es selbst zur Substanz mache), was also nicht weggenommen werden kann, ohne daß der klare und deutliche Begriff der Substanz zerstört wird. (§ 62.) (Substanz wird hier und im folgenden nicht in der reinen Bedeutung sondern überhaupt als Ding genommen.) Das Attribut ist also unveränderlich, daher ist an den geschaffnen Dingen Alles Attribut, was an ihnen sich immer auf die nämliche Weise verhält. Da in Gott keine Veränderung möglich ist, so können ihm nur Attribute beigelegt werden. (§ 61.)

Modus ist dasjenige, wodurch eine Substanz affiziert oder verändert wird.

Die Substanz kann nun zwar aus jedem Attribut erkannt werden: allein jede Substanz hat doch nur eine Eigenschaft, welche ihre Natur und ihr Wesen ausmacht und auf welche sich alle übrige Eigenschaften beziehen. So macht die Ausdehnung in die Länge, Breite und Dicke das Wesen des Körpers, das Denken das Wesen der denkenden Substanz aus. Alles übrige, was dem Körper zukommt, setzt die Ausdehnung voraus und ist nur ein modus des ausgedehnten Dinges, so wie Alles, was wir in der denkenden Seele finden, verschiedne Weisen des Denkens sind. (§ 53.)

(Hat jede Substanz nur ein Attribut, worauf sich alle übrigen Eigenschaften beziehen, was sollte dann der Satz, daß die Substanz aus jedem Attribut erkannt werde? Überhaupt ist es nicht leicht, hier etwas ganz Deutliches herauszubekommen, denn Cartesius spricht zu wenig im Zusammenhang, zu schwank(end) und unbestimmt. So sagt er sogar § 56. Et etiam in rebus creatis, ea quae nunquam in iis diverse modo se habent, ut existentia et duratio, in re existente et durante, non modi, sed attributa dici debent.)

Den 3 Stufen nun Substanz, Attribut und modus entspricht eine dreifache Unterscheidung, eine reale, modale und rationale ( distinctio realis, modalis, rationis).

Die erste findet zwischen zweien und mehreren Substanzen Statt. Daraus, daß wir 2 Substanzen klar und deutlich denken können, erkennen wir, daß sie auf reelle Weise verschieden sind. Denn in dem wir Gott erkennen, wissen wir, daß Gott dasjenige bewirkt, was wir deutlich erkennen. (§ 60.)

Die modale Unterscheidung ist von doppelter Art, indem der modus bald von der Substanz, der er angehört, bald 2 modi einer und derselben Substanz voneinander unterschieden werden. Die erste wird daraus erkannt, daß die Substanz ohne modus deutlich gedacht werden kann, aber nicht der modus ohne Substanz. Die zweite daraus, daß der eine modus ohne den andern, und umgekehrt, aber beide nicht ohne die Substanz, der sie angehören, gedacht werden können, z. B. wenn ein viereckiger Stein sich bewegt, so kann ich zwar seine viereckige Gestalt ohne die Bewegung denken und umgekehrt seine Bewegung ohne die viereckige Gestalt; aber weder Bewegung noch Gestalt kann ich ohne die ausgedehnte Substanz des Steines selbst denken.

Die Unterscheidung aber zwischen dem modus einer Substanz, und einer andern Substanz, oder dem modus einer andern Substanz, ist eher real als modal; weil diese modi nicht ohne die real verschiednen Substanzen, in denen sie sind, gedacht werden können. (§ 6(1).)

Die rationale Unterscheidung findet Statt zwischen einer Substanz und einem Attribut derselben, ohne welches sie selbst nicht gedacht werden kann; oder zwischen Mehreren solchen Attributen einer und derselben Substanz. Sie wird daraus erkannt, daß eine deutliche Vorstellung der Substanz unmöglich ist, wenn man von ihr jenes Attribut ausschließt, oder daraus daß man eines von jenen Attributen nicht deutlich denken kann, wenn man es von den andren trennt. So kann die Substanz und die Dauer ( duratio) nur auf eine rationale Weise unterschieden werden, denn wenn die Substanz aufhört fortzudauren, so hört sie auch auf zu sein. (62.)

Es gibt nun nur 2 höchste Geschlechter der Dinge oder Substanzen, nämlich geistige oder denkende und materielle, oder solche Dinge, welche zu der denkenden, wie das Denken, Wollen, oder der ausgedehnten Substanz, wie die Ausdehnung in die Länge, Breite und Höhe, Gestalt, Bewegung, Lage, Teilbarkeit e.c.t., gehören. Doch erfahren wir in uns noch Manches, was sich weder auf den Körper, noch die denkende Substanz allein bezieht und aus der innigen Vereinigung von beiden entspringt, als Appetit, Hunger, Durst, Gemütsbewegungen, die nicht bloß im Denken bestehen, als die Bewegung zur Freude, Traurigkeit, Liebe, endlich alle Empfindungen, als des Schmerzes, Kitzels, des Lichts, der Farben, Töne, Gerüche e.c.t. (§ 48.). (Nam certe isti sensus sitis, famis doloris e.c.t. nihil aliud sunt quam confusi quisdam cogitandi modi, ab unione et quasi permixtione mentis cum corpore exorti.)

Die denkende Substanz ist aus dem Denken selbst, die ausgedehnte aus der mathematischen Erkenntnis, als in der reinen Anschauung des Raumes und der Zeit bedingt, bereits bewiesen. Der Empfindungen werden wir uns unmittelbar bewußt.

Attribute und Eigenschaften sind nur teils in den Dingen selbst, denen sie beigelegt werden, teils in dem Denken. Will man also die Dinge erkennen so muß man wohl zwischen beiden unterscheiden.

Dauer, Ordnung und Zahl sind von den dauernden, geordneten und gezählten Dingen nicht verschieden, sie sind nur die modi, unter welchen wir uns dieselben vorstellen. (Et similiter nec ordinem, nec numerum esse quicquam diversum a rebus ordinatis et numeratis, sed esse tantum modos, sub quibus illas consideramus. Duratio ordo et numerus a nobis etiam distinctissime intelligentur, si nullum iis substantiae conceptum affingamus, sed putemus durationem rei cujusque, esse tantum modum, sub quo concipimus rem istam, quatenus esse perseverat. 55. Das soll doch wohl heißen wir müssen Dauer, Ordnung und Zahl als einen objektiven modus in den Dingen selbst betrachten und ihnen keine substantielle Bedeutung beilegen.)

Die Zeit hingegen, insofern sie von der Dauer im Allgemeinen unterschieden und als die Zahl der Bewegung betrachtet wird ( numerus motus) ist nur eine Denkweise. Denn wir denken uns keine andere Dauer in der Bewegung, als in den nicht bewegten Dingen wie sich daraus ergibt, daß, wenn sich 2 Körper in einer Stunde mit verschiedener Schnelligkeit beweg(en), wir doch nicht mehr Zeit für den (einen); als für den andern rechnen, obgleich bei dem einen vielmehr Bewegung ist, als bei dem andern.

Um aber die Dauer aller Dinge zu messen vergleichen wir sie mit der Dauer der größten und gleichförmigsten Bewegungen, von welchen Jahre und Tage entspringen und nennen diese Dauer die Zeit, welche folglich der Dauer im Allgemeinen nichts weiter hinzutut, als unsere Denkweise. (57.)

Ebenso verhält es sich auch mit der Zahl in abstracto und allen Universalien. Denn die Universalien entstehen dadurch, daß man eine und dieselbe Idee gebraucht, um alle Individuen, welche einander ähnlich sind, zu denken. Daher die Gattungs und Artbegriffe, ferner die Differenz oder das Merkmal, welche die Gattung oder Art von einer andern unterscheidet, ferner die Eigentümlichkeit ( proprium), welche aus dem Wesen einer Gattung sich ergibt, und endlich der zufällige Unterschied ( accidens universale) zwischen den Individuen einer Art oder Gattung. (ac denique si supponamus aliquos ejusmodi triangulos moveri, alios non moveri, hoc erit in iis accidens universale.)

Also 5 Universalien, genus, species, differentia, proprium, accidens.

Was nun die Denkweisen anbelangt, welche aus der Vereinigung der denkenden und ausgedehnten Substanz entspringen, wie Empfindungen der Sinne, das Gefühl der Lust und Unlust e.c.t. so haben wir von ihnen auch eine klare und deutliche Vorstellung si accurate caveamus, ne quid amplius de iis judicemus, quam id praecise, quod in perceptione nostra continetur, et cujus intime conscii sumus. Schmerz z. B. und Farben werden zwar deutlich wahrgenommen, so lange wir sie nur als Denkweisen betrachten; so bald wir aber annehmen, sie existierten außerhalb unseres Geistes, so können wir auf keine Weise begreifen, was für Dinge sie eigentlich sind; wenn Einer sagt er sehe an einem Körper eine Farbe, oder fühle einen Schmerz in einem Gliede, so wäre es gerad als ob er sagte er sehe oder fühle etwas, quod quidnam sit plane ignorat d. h. er wisse nicht, was er sehe und fühle.

Zwischen diesen Vorstellungen, so wie überhaupt allen Begriffen, welche nur in unserem Verstande und nicht in den Objekten sich finden (modi cogitandi, quos tanquam in objectis consideramus), ist nur eine distinctio rationis möglich.

Ganz etwas andres ist es mit der Erkenntnis dessen, was in einem gesehenen Körper die Größe, die Gestalt, die Bewegung, die Lage, die Dauer, die Zahl u. dgl., was man sich an den Körpern deutlich vorstellt. Denn wenn wir auch gewiß sind, daß ein Körper so gut existiert, insofern er gefärbt, als insofern er gestaltet ist, so erkennen wir doch viel deutlicher das Gestaltsein, als das Gefärbtsein. ( pr. I – 66 – 70.)

Physik

Cartesius geht nun zur Physik über.

Er fängt mit dem Beweis für das Dasein der ausgedehnten Substanz an. Insofern die materiellen Dinge Gegenstände der reinen Mathematik sind und somit klar und deutlich erkannt werden ist ihr Dasein eigentlich bereits bewiesen. ( Med. VI.)

Was wir empfinden rührt ohne Zweifel von einer Sache her, welche von unsrer Seele verschieden ist. Denn es steht nicht in unsrer Macht eher das eine als das andere zu empfinden; sondern dies hängt ganz von der Sache ab, welche unsere Sinne affiziert. Diese Sache ist nun entweder Gott oder etwas von Gott Verschiednes. Da wir nun durch die Sinne oder vielmehr durch den Impuls der Sinne eine in die Länge, Breite und Höhe ausgedehnte Materie wahrnehmen, deren Teile verschiedene Gestalten haben und verschiedentlich bewegt werden und bewirken daß wir die verschiednen Empfindungen der Farbe, des Schalls, des Schmerzes haben, so wäre Gott notwendig ein Betrüger, wenn er die Idee einer ausgedehnten Materie, entweder unmittelbar unserem Geiste beibrachte oder verursachte, daß sie von einem Dinge, in welchem weder Ausdehnung, noch Gestalt, noch Bewegung ist, uns gegeben würde. Wir müssen also daraus schließen, daß eine ausgedehnte Substanz, welche wir Materie oder Körper nennen wirklich existiere und daß ihr alle diejenigen Eigenschaften zukommen, welche wir in dem Begriffe eines ausgedehnten Dinges deutlich denken. pr. II. § 1. (Vergleiche med. VI. S. 35.)

(In den resp. ad II. objectiones findet sich noch folgender Beweis für die Realität der körperlichen Dinge: Creavit Deus coelum et terram, et omnia, quae in iis sunt; insuperque potest efficere id omne, quod clare percipimus.

Demonstratio

Deum existere ex eo probatum est, quod debeat aliquis existere, in quo formaliter vel eminenter sint omnes perfectiones, quarum idea aliqua est in nobis: est autem in nobis idea tantae alicujus potentiae, ut ab illo solo, in quo ipsa est, coelum et terra e.c.t. creata sint, et alia etiam omnia, quae a me ut possibilia intelliguntur, ab eodem fieri possint: ergo simul cum Dei existentia haec etiam omnia de eo probata sunt.)

Jedoch sind die körperlichen Dinge nicht ganz so beschaffen wie wir sie uns durch die Sinne vorstellen; denn diese Vorstellungen sind, wie schon gesagt, verwirrt und dunkel. Doch findet sich wenigstens das in den Körpern, was wir uns klar und deutlich vorstellen d. h. Alles, was im Allgemeinen an einem Objekt der reinen Mathematik begriffen wird. (omnia, quae in purae Matheseos objecto comprehenduntur. VI. med.) Das Wesen der Körper besteht also nicht darin, daß sie hart, schwer, gefärbt sind, oder auf andere Weise die Sinne affizieren, sondern nur darin, daß sie in die Länge, Breite und Dicke ausgedehnt sind. Denn die Härte erfahren wir nur dadurch, daß die harten Körper der Bewegung unserer Hände gegen sie widerstehen. Wichen nun diese Körper in der Richtung, in welcher wir gegen sie die Hände bewegen, mit gleicher Geschwindigkeit immer zurück, so würden wir keine Härte empfinden, ohne daß sie darum die Natur eines Körpers, die Ausdehnung, verlieren würden. Eben so kann gezeigt werden, daß die Schwere, die Farbe und alle sinnlichen Eigenschaften in den Körpern aufhören können, ohne daß sie selbst aufhören zu sein, woraus folgt daß das Wesen der Körper von ihnen nicht abhängt. (( Princ.) II. 4.) Übrigens muß man doch schließen, daß in den Körpern sich Etwas finde, wo die verschiednen Eindrücke der Sinne herrühren und das denselben entspricht, wenn es ihnen auch vielleicht nicht ähnlich ist ( Med. VI.).

Vergleiche Princ. Philos. IV. § 197: Mentem esse talis naturae, ut a solo corporis motu varii sensus in ea possint excitari und § 198: nihil a nobis in objectis externis sensu deprehendi, praeter ipsorum figuras, magnitudines et motus: et optime comprehendimus quo pacto a varia magnitudine, figura et motu particularum unius corporis, varii motus locales in alio corpore excitentur; nullo autem modo possumus intelligere, quo pacto ab iisdem (magnitudine sc(ilicet), figura et motu) aliquid aliud producatur, omnino diversae ab ipsis naturae, quales sunt illae formae substantiales et qualitates reales, quas in rebus esse multi supponunt; nec etiam quo pacto postea istae qualitates aut formae, vim habeant in aliis corporibus motus locales excitandi. Quae cum ita sint et sciamus eam esse animae nostrae naturam, ut diverse motus locales sufficiant ad omnes sensus in ea excitandos; experiamurque illos reipsa varios sensus in ea excitare, non autem deprehendamus quicquam aliud, praeter ejusmodi motus, a sensuum externorum organis ad cerebrum transire, omnino concludendum est, non etiam a nobis animadverti ea, quae in objectis externis, luminis, coloris, odoris, saporis, soni, caloris, frigoris et aliarum tactilium qualitatum, vel etiam formarum substantialium nominibus indigitamus, quicquam aliud esse quam istorum objectorum varias dispositiones, quae efficiunt ut nervos nostros variis modis movere possint. Vergleiche Dioptrices IV. § 6: ideas, quas sensus externi in phantasiam mittunt, non esse imagines objectorum, saltem opus non esse ut eis similes sint. und § 7: Diversos motus tenuium unius cujusque nervi capillamentorum sufficere ad diversos sensus producendos.

Durch die Sinne erfahren wir also nur, daß ein Körper ist und daß etwas an ihm ist, was den oder den Eindruck auf uns macht, (den der Farbe, des Schalls, e.c.t.) aber keineswegs was dies eigentlich ist. Gänzlich irren wir daher, wenn wir die subjektive Empfindung, die ein Körper uns verursacht, auf denselben selbst übertragen und ihn zu einer Eigenschaft desselben machen, z.B. wenn wir einen gefärbten Körper sehen und nun behaupten der Körper selbst sei gefärbt. (Cartesius beschränkt sich hier nicht auf die 5 Sinne, sondern zählt auch die Gefühle der Lust und Unlust e.c.t. hinzu.)

Das Wesen des Körpers wird also nur in einer reinen Anschauung erkannt. Die Sinne (sind) uns nur gegeben, nicht um die Körper an sich, sondern um das Verhältnis derselben zu uns erkennbar zu machen, sie sagen uns eigentlich nur, was uns schädlich oder nützlich, angenehm oder unangenehm ist und insofern kommt ihnen eine klare und deutliche Erkenntnis zu, nur aus dem Mißkennen ihrer Bedeutung entspringt der Irrtum. VI. med. S. 37.

Doch macht man auch den wahren Gebrauch von ihnen und beschränkt sich auf das, was sie uns als schädlich oder nützlich bezeichnen, so läßt sich doch nicht leugnen, daß wir öfters irren und wir können dann Niemandem anders, als Gott die Schuld davon beimessen. Cartesius weiß nach mehreren weitläufigen Explikationen keine andere Antwort, als: ex quibus omnino manifestum est, non obstante immensa Dei bonitate: naturam hominis ut ex mente et corpore compositi non posse non aliquando esse fallacem. ( Med. VI. S. 40.)

Da zwischen der Substanz und ihrem Attribut nur eine distinctio rationis möglich ist, so gilt dies auch von der ausgedehnten Substanz, man kann also die Ausdehnung von der ausgedehnten Substanz nur dann trennen, wenn man entweder unter dem Namen der Substanz Nichts versteht oder eine verwirrte Idee von der unkörperlichen Substanz der körperlichen unterschiebt, und die körperliche Substanz selbst Ausdehnung nennt und sie als accidens betrachtet. (II. 9.)

Quantität, Raum und Ort sind nur ratione von der ausgedehnten Substanz verschieden, realiter ist es aber unmöglich sie zu trennen. Denn:

1) was die Quantität anbelangt so kann man nicht das Geringste von ihr wegnehmen, ohne die ausgedehnte Substanz um ebensoviel zu vermindern und umgekehrt kann man der Substanz nichts entziehen, ohne ebensoviel von der Quantität zu nehmen. (II. § 8, 9.)

2) Was ist der Raum (oder der innre Ort)? Eine Ausdehnung in die Länge, Breite und Dicke. Nehmen wir nun Alles Zufällige aus der Idee der Materie weg, so bleibt uns ebenfalls nichts weiter als Ausdehnung in die Länge, Breite und Dicke, also sind die Begriffe Raum und Materie identisch, also sind Raum und Materie identisch. Nur in unserer Denkweise machen wir einen Unterschied. Denn nimmt man z.B. einen Stein von dem Ort weg, wo er lag, so denken wir natürlich seine Ausdehnung sei weggenommen worden, da dieselbe mit ihm eins und unzertrennbar ist: zugleich nehmen wir aber auch an die Ausdehnung des Ortes, wo der Stein lag bleibe übrig und sie sei dieselbe, ob jener Ort des Steins von Holz, Wasser oder sonst einem Körper eingenommen werde oder leer sei. (II. § 10, 11, 12.) Ein leerer Raum ist undenkbar, weil ja das Wesen des Raums das nämliche ist wie das der Materie, nämlich die Ausdehnung, welche das Leere absolut ausschließt. Also die Bezeichnung leerer Raum enthält in sich selbst einen Widerspruch.

Daraus geht auch hervor, wie falsch die Ansicht derjenigen ist, welche annehmen die Körper verdichten und verdünnten sich so, daß das Verdünnte mehr Ausdehnung habe, oder einen größern Raum einnehme, als das Verdichtete. Denn Raum und Ausdehnung sind identisch, es ist also undenkbar, wie die nämliche Ausdehnung mehr Raum einnehmen könne, als zu einer andern Zeit. Ebenso kann die Ausdehnung nicht zunehmen, ohne daß zugleich die Quantität vermehrt würde, es müßte also ein neuer Körper entstehen. (II. § 7, 19.) Die Verdünnung und Verdichtung ist nichts andres, als eine Veränderung der Gestalt, so daß verdünnte Körper nichts andres sind, als solche, zwischen deren Teilen viele mit andern Körpern angefüllte Zwischenräume sind, und dadurch verdichtet werden, daß jene Teile sich nähern und jene Zwischenräume vermindern oder ganz aufheben, welches dann der Zustand der absoluten Dichtheit sein würde. Die Ausdehnung bleibt dieselbe, wie ein Schwamm nicht weniger Ausdehnung hat, wenn er zusammengedrückt, als wenn er vom Wasser ausein(an)dergetrieben ist. (II. 6.) Ferner gleichem Raum entspricht gleiche Ausdehnung, füllt man nun nach(eina)nder das nämliche Gefäß mit Wasser, Blei oder Luft, so enthält es im einen Fall wie im andern immer gleichviel Materie. (II. 19.)

3. Der Ort oder der äußere Ort ist nur der Ausdruck für die Lage eines Körpers, zwischen andern Körpern, die als unbewegt betrachtet werden. Man kann ihn auch für die Oberfläche nehmen, welche das an einem Ort Befindliche zunächst umgibt. Unter Oberfläche wird hier nicht ein Teil des umgebenden Körpers, sondern nur die Grenze zwischen ihm und dem umgebenen Körper verstanden (die nichts andres ist als ein modus), und zwar die gemeinschaftliche Oberfläche, welche in gleichem Maße dem einen wie dem andern Körper zukommt und als unverändert betrachtet wird, so lange sie die nämliche Größe und Figur behält. (II. §13, 14, 15)

Die Materie ist unendlich teilbar. Cognoscimus etiam fieri non posse, ut aliquae materiae partes ex natura sua indivisibiles existant. Cum enim, si quae sint, necessario debeant esse extensae, quantumvis parvae fingantur, possumus adhuc unamquamque ex ipsis in duas aut plures minores cogitatione dividere, ac proinde agnoscere esse divisibiles. Nil enim possumus cogitatione dividere, quin boc ipso cognoscamus esse divisibile; atque ideo, si judicaremus id ipsum esse indivisibile, judicium nostrum a cognitione dissentiret. (II. 20.)

Die Welt oder die Gesamtheit der körperlichen Substanzen ist unbegrenzt. Denn sobald wir Grenzen setzen, setzen wir auch jenseits derselben unendlich ausgedehnte Räume. Da nun Raum und körperliche Substanz eins sind, so müssen wir auch eine unendliche Ausdehnung annehmen. (II, 21.)

Die Materie als ausgedehnte Substanz ist überall eine und dieselbe.

Omnes proprietates, quas in materia clare percipimus, ad hoc unum reducuntur, quod sit partibilis, et mobilis secundum partes et proinde capax illarum omnium affectionum, quas ex ejus partium motu sequi posse percipimus. Partitio enim, quae sit sola cogitatione, nihil mutat; sed omnis materiae variatio, sive omnium ejus formarum diversitas, pendet a motu. (II. 23.)

Motus nihil aliud est, quam actio, qua corpus aliquod ex uno loco in alium migrat. (II. 24.)

Näher bestimmt heißt es dann § 25: dicere possumus motum esse translationem unius partis materiae, sive unius corporis, ex vicinia eorum corporum, quae illud immediate contingunt et tanquam quiescentia spectantur, in viciniam aliorum.

Bei jeder Bewegung muß man wohl unterscheiden zwischen dem Bewegenden und dem Bewegten oder der Kraft, welche die Bewegung bewirkt, und der Bewegung selbst.

Quoniam una tantum corpora, eodem temporis momento ejusdem mobilis contigua esse possunt, non possumus isti mobile plures motus eodem tempore tribuere; sed unum tantum. (§ 28. II.)

Doch ist hierbei zu merken, daß ein Körper, insofern er einen Teil eines andern ausmacht mit demselben zugleich unendlich viele Bewegungen haben könne, z.B. Jemand, der auf ein(em) Schiff sitzt hat nur eine Grund(bew)egung zwischen den ihn umgebenden Teilen, nimmt aber zugleich an der Bewegung des Schiffes Teil. (§ 31. II.)

Ruhe ist = translationis absentia. Ruhe und Bewegung sind nur verschiedene modi eines Körpers, denn die Bewegung selbst kann nicht außerhalb des bewegten Körpers sein und dieser Körper verhält sich anders, wenn er bewegt, als wenn er nicht bewegt wird. (27.)

Es ist ebensoviel Kraft (actionis) zur Bewegung, als zur Ruhe erforderlich, denn es erfordert ebensoviel Anstrengung dazu einen im Wasser ruhenden Nachen, vorwärtszutreiben, als denselben in seiner Bewegung plötzlich aufzuhalten. (II. § 26.)

Man drückt sich nicht strikt aus wenn man sagt die Bewegung eines Körpers bestände in seiner Entfernung von andern Körpern, die als ruhend betrachtet würden. Denn die Entfernung ist eigentlich wechselseitig. Man kann nicht annehmen der Körper AB entferne sich von CD ohne auch zu setzen CD entferne sich von AB. Man müßte also eigentlich sagen in dem einen sei soviel Bewegung als in dem andern. (§ 29. II.)

Die Ursache, daß wir den einen Körper im Verhältnis zum andern als ruhend betrachten, liegt in entgegengesetzten Bewegungen, die sich dadurch einander scheinbar aufheben. EFGH sei die Erde und zu gleicher Zeit bewegen sich a von E nach F und b von H nach G; obgleich nun eigentlich dadurch auch die dem Körper a zunächst liegenden Teile der Erde von F nach E bewegt werden und nicht weniger Bewegung in ihnen sein muß, als im Körper a, so nehmen wir deswegen doch nicht an die Erde bewege sich von F nach E, weil wir sonst auch annehmen müßten Teile um den Körper b bewegten sich von G nach H und die Erde also auch von G nach H, was sich gegenseitig hebt. (§ 30.)

Da alle Örter mit Körpern erfüllt sind und immer dieselben Materienteile im Verhältnis der Gleichheit mit gleichen Örtern stehen, so kann kein Körper anders als im Kreise bewegt werden, so daß er einen andern Körper aus dem Orte treibt, in welchen er eindringt, dieser einen andern bis auf den letzten, der in dem Augenblicke in die Stelle des ersten tritt, wo dieselbe verlassen wird. § 33.

Die Ursache der Bewegung ist eine doppelte, nämlich eine erste und allgemeine, welche die allgemeine Ursache aller Bewegungen in der Welt ist nämlich Gott – und dann eine besondere, welche macht, daß die einzelnen Teile der Materie eine Bewegung erhalten, welche sie früher nicht hatten.

Gott hat die Materie zugleich mit Ruhe und Bewegung in principio erschaffen und erhält in ihr dieselbe Quantität von Ruhe und Bewegung, welche er damals setzte, wenn sich dieselben gleich in den einzelnen Teilen verändern. Denn nimmt die Bewegung in einem Teile ab, so nimmt sie in einem andern in gleichem Maße zu. (§ 36.)

Aus dieser Unveränderlichkeit Gottes können nun die Gesetze der Natur erkannt werden, welche die abgeleiteten und besonderen Ursachen der Bewegungen sind, wie sie in den einzelnen Körpern wahrgenommen werden.

Das erste dieser Gesetze lautet:

Jedes Ding, insofern es einfach und ungeteilt ist, bleibt an sich immer in demselben Zustande und erleidet nur durch äußere Ursachen darin eine Veränderung. (§ 37.)

Das zweite: Jeder Teil der Materie strebt nur in grader, nie in schiefer Linie sich zu bewegen, wenn nicht das Einwirken andrer Körper ihn zum Abweichen zwingt.

Causa hujus regulae est eadem, quae praecedentis, nempe immutabilitas et simplicitas operationis, per quam Deus motum in materia conservat. Neque enim illum conservat, nisi praecise qualis est eo ipso temporis momento quo conservat, nulla habita ratione ejus qui forte fuit paulo ante. – Empirisch wird dieser Satz durch die Tangente bewiesen, in welcher ein Stein von dem Kreise der Schleuder fliegt. (II. § 39. III. § 57-59.)

Spinoza gibt ( pr. C. II. 15. prop.) von diesem Satz folgenden sonderbaren Beweis:

Motus, quia Deum tantum pro causa habet, nullam unquam ex se vim habet ad existendum; sed omnibus momentis a Deo quasi procreatur. Quapropter, quamdiu ad solam motus naturam attendimus, nunquam ipsi durationem tribuere poterimus, tanquam ad ejus naturam pertinentem, quae major alia potest concipi. At si dicatur, ad naturam alicujus co(r)poris moti pertinere, ut lineam curvam suo motu describat, magis diuturna duratio motus naturae tribueretur, quam ubi supponiter, de corporis moti natura esse, tendere ut moveri secundum lineam curvam.

Das dritte: Wenn ein Körper, der bewegt wird, auf einen andern trifft und die Kraft, welche ihn zur Fortsetzung seines Weges in gerader Richtung treibt, geringer ist, als die, mittelst der ihm der andere widersteht, so weicht er von seinem Wege ab, indem er seine Bewegung behält und nur die Richtung derselben ändert; ist seine Kraft aber größer, so bewegt er den andern Körper mit sich fort und verliert ebensoviel an seiner Bewegung, als er dem andern mitteilt. (§ 40. II.)

Cartesius gibt darauf 7 Gesetze, die allgemein in der Physik angenommen sind, über die Bewegung aufeinander stoßender Körper und schließt dann den 2. Teil der Principien mit einigen Untersuchungen über die Bewegung der flüssigen Körper.

Corpora divisa in multas exiguas particulas, motibus a se mutuo diversis agitatas, esse fluida; ea vero, quorum omnes particulae juxta se mutuo quiescunt, sunt dura.

Der 3. und 4. Teil enthält dann eine abenteuerliche Kosmogonie und astronomische und physikalische Untersuchungen. Er läßt sich jedoch weislich in folgenden Worten die Tür offen: Verumtamen ne etiam nimis arrogantes esse videamur, si de tantis rebus philosophando, genuinam earum veritatem a nobis inventam esse affirmemus, malim hoc in medio relinquere, atque omnia, quae deinceps sum scripturus tanquam hypothesin proponere; quae quamvis falsa esse existimetur, satis magnum operae pretium me fecisse arbitrabor, si omnia quae ex ipsa deducentur cum experimentis consentiant. (§ 44.)

Quinimo etiam ad res naturales melius explicandas, earum causas altius hic repetam, quam ipsas unquam extitisse existimem. Non enim dubium est, quin mundus ab initio fuerit creatus cum omni sua perfectione, ita ut in eo et Sol et Terra et Luna et Stellae extiterint; ac etiam in Terra non tantum fuerint semina plantarum, sed ipsae plantae; nec Adam et Eva nati sint infantes, sed facti sint homines adulti. Hoc fides christiana nos docet; hocque etiam ratio naturalis plane persuadet. Attendendo enim ad immensam Dei potentiam, non possumus existimare illum unquam quidquid fecisse, quod non omnibus suis numeris fuerit absolutum. Sed nihilominus, ut ad plantarum, vel hominum naturas intelligendas, longe melius est considerare, quo pacto paulatim ex seminibus nasci possint, quam quo pacto a Deo in prima mundi origine creati sint; ita si quae principia possimus excogitare, valde simplicia et cognitu facilia, ex quibus tanquam ex seminibus quibusdam, et sidera, et terram, oriri potuisse demonstremus, quamvis ipsa nunquam sic orta esse probe sciamus; hoc pacto tamen eorum naturam longe melius exponemus, quam si tantum, qualia jam sint, describeremus. (§ 45.)

Ursprünglich bestand die Materie aus, sowohl der Größe als der Bewegung nach gleichen Teilen; welche sich teils jede für sich um ihre eignen centra bewegten und so einen flüssigen Körper, den Himmel, bildeten; teils mehrere zugleich um einige gleich weit voneinanderentfernte Punkte, welche jetzt den centris der Fixsterne entsprechen und um einige andre in noch größerer Anzahl, welche der Zahl der Planeten gleich kommen. (§ 46, 47. III.)

Diese ursprünglichen Materienteile konnten nicht rund sein, weil sie sonst den Raum nicht vollständig hätten erfüllen können. Eine weitre Bestimmung über ihre Gestalt gibt Cartesius nicht.

Durch die Bewegung nun rieben sich die Ecken dieser Ur-Teile aneinander ab, so daß dieselben zuletzt eine sphärische Gestalt erhielten, während die abgeriebnen, und dadurch feinern Teile, die Zwischenräume zwischen den Kugeln ausfüllten.

So haben wir denn bis jetzt 2 Elemente, ein feineres, welches sich seine Gestalt nach den von ihm auszufüllenden Zwischenräumen anpaßt und mit solcher Gewalt sich bewegt, daß es durch sein Zusammenstoßen mit andern Körpern in unendlich kleine Teile zerteilt wird, und ein gröberes aus sphärischen Teilen bestehend. Dazu kommt noch ein drittes, constans partibus vel magis crassis, vel figuras minus ad motum aptam habentibus. Aus diesen 3 Elementen bestehen alle Körper: nämlich die Sonne und die Fixsterne aus dem ersten, die Himmel aus dem 2., und die Erde nebst den Planeten und den Kometen aus dem dritten. Ihnen entsprechen 3 verschiedne Himmelsräume.

Eine centrifugale Bewegung ist nun das Erste, was sich bei den Teilen des zweiten Elementes zeigt. Jeder Teil strebt weg von dem Zentrum, um das er sich bewegt. (Non putandum est idcirco me illis aliquam cogitationem affingere ex qua procedat iste conatus; sed tantum ipsos esse ita sitos, et ad motum incitatos, ut revera sint eo versus ituri, si a nulla alia causa impediantur. § 56.) Durch diese Bewegung bildet sich um jedes Zentrum ein runder Raum.

Der ganze Raum ist nun von solchen, mehr oder weniger großen Wirbeln des zweiten Elementes angefüllt, die jedoch so eingerichtet sind, daß ihre Pole sich wechselseitig nicht berühren, weil sie sonst einander hemmen würden.

Die sphärischen Teile können nicht leicht und nur zum Teil von einem Wirbel in den andern übergehen und können trotz ihrer Zentrifugalkraft einen gewissen Kreis nicht überschreiten. Denn da verschiedne centra vorhanden sind, so wirkt die Zentrifugalkraft auch in verschiedne Richtungen.

Die Teile des ersten Elementes dagegen, welche alle Zwischenräume zwischen denen des zweiten, und also auch den Raum um das Zentrum ausfüllen, strömen zwar auch der Zentrifu(ga)lkraft gemäß von dem Zentrum aus, aber so, daß sie ihrer größern Bewegungskraft gemäß von einem Zentrum in das andre übergehen.

Vom Wesen des Lichtes sagt Cartesius: ac praeterea notandum est vim luminis, non in aliqua motus duratione consistere, sed tantummodo in pressione sive in prima praeparatione ad motum, etsi forte ex ea motus ipse non sequatur. (III. § 63.) Und: (§ 64) ex quibus clare percipitur, quo pacto actio illa, quam pro luce accipio, a Solis vel cujuslibet stellae fixae corpore in omnes partes aequaliter se diffundat; et in minimo temporis momento ad quamlibet distantiam extendatur; et id quidem secundum lineas rectas, non a solo corporis lucidi centro, sed etiam a quibuslibet aliis ejus superficei punctis educatas.

Die Fixsterne sind nun, die von Teilen des ersten Elementes angefüllten Centra der Wirbel. Die Himmel sind die in diesen Wirbel(n) sich bewegen(den) sphärischen Teile des 2. Elementes. Was sind nun die aus dem 3. Elemente gebildeten Kometen und Planeten; wie sind sie entstanden? Was ist das 3. Element? Unter den Teilen des ersten Elementes haben einige noch die ihnen, als abgefallne Ecken zukommende eckige Gestalt, sie sind größer als die übrigen mehr zerteilten und dadurch weniger zur Bewegung geschickt, so daß sie in den centris selbst, wo sie durch keine Teile vom 2. Element mehr getrennt werden, leicht zusammenhängen und große Massen bilden, welche bei der Sonne z.B. unter dem Namen der Sonnenflecken bekannt sind. Diese Flecken können entweder wieder aufgelöst werden, oder auch endlich die Oberfläche des Gestirns ganz überziehen es dadurch verdunkeln und in einen Körper des dritten Elementes, einen Kometen oder Planeten, verwandeln. Das dritte Element besteht also aus einer verdichteten Masse der gröberen Teile des 1. Elementes.

Da nun bei einer solchen Verdichtung eines Fixsternes die particulae des Zentrums nicht mehr auf die sphärischen Teile des zweiten Elementes wirken können und dadurch die Wirbelbewegung schwächer wird, so kann ein solcher Wirbel nach und nach von den angr(en)zenden Wirbeln verschlungen werden und das verdichtete Gestirn fällt einem andern Wirbel anheim, von dem es dann um das entsprechende Zentrum getrieben wird. Die Planeten haben also keine selbstbewegende Kraft, sie bewegen sich wie Strohhalme in einem Wirbel. Geht ein Weltkörper von einem Wirbel in den andern über so ist er ein Komet, bleibt er aber in einem und demselben, ein Planet.

Dies die Hauptzüge der im 3. Buch der Principien abgehandelten Kosmogonie. Im 4. Buch De terra werden die physischen Eigenschaften der unorganischen Erdkörper, die Schwere, die Wärme, das Licht e.c.t. entwickelt, ihre Zusammensetzung, ihre Grundform, besonders die Lehre 5 vom Magnet e.c.t. Die 3 Elemente spielen die Hauptrolle, Alles wird aus ihrem gegenseitigen Verhalten durch die willkürlichsten und abenteuerlichsten Hypothesen hergeleitet. An dies Buch schließen sich dann die Abhandlung De meteoribus, die Dioptrik, De homine und De formatione foetus. Cartesius' Absicht war eigentlich die ganze Schöpfung aus seinen Prinzipien herzuleiten, die Harmonie zwischen der Erfahrung und seinem System nachzuweisen, doch der Tod überraschte ihn, und so haben wir in den erwähnten Abhandlungen nur Bruchstücke aus einem unvollendet Ganzen. Den mathematischen Teil dieser Abhandlungen abgerechnet, sieht es in ihnen sonderbar aus. Großes Verdienst dagegen haben seine Untersuchung über die Brechung des Lichtes, interessant sind auch Versuche, die er zu einer Lehre von den Sinnen macht.

(Physiologie)

In der Abhandlung De homine macht er den Versuch zur Begründung einer Physiologie aus mathematischen und physikalischen Prinzipien, der homme machine wird vollständig zusamm(en)geschraubt. Ein Zentralfeuer im Herzen, die verflüchtigten zum Hirn aufsteigenden Spiritus animales, die in einem Dunst von Nervengeist schwebende, nach verschiednen Richtungen sich neigende Zirbeldrüse, als Residenz der Seele, Nerven mit Klappen, Muskeln welche durch das Einpumpen des Nervengeistes mittelst der Nerven anschwellen, die Lunge als Kühlapparat und Vorlage zum Niederschlagen des im Herzen verflüchtigten Blutes, Milz, Leber, Nieren als künstliche Siebe, sind die Schrauben, Stifte und Walzen. Der echte Typus des Intermechanismus.

Besonders schlug die Lehre von der Zirbeldrüse als Sitz der Seele tiefe Wurzeln, denn Descartes hatte ja so schön deutlich nachgewiesen, wie die Nerven am Hirn gleich Stränge an einer Schelle ziehen, wie dadurch eine Pore auf der innern Oberfläche des Gehirns sich öffnet und wie dann die spiritus animales aus einer entsprechenden Pore der Zirbel heraus und in die offne Pore des Nerven fahren. Interessantist es, wie in den neuesten Zeiten diese Ansicht von der wichtigen Bedeutung der Zirbel von Carus in dem Werke über die Urteile des Knochen und Schalengerüstes wenn auch aus himmelweit verschiednen Gründen verteidigt wird. Carus findet sogar in dem Hirnsand eine Hinweisung auf die das Hirn im Allgemeinen umschließende Knochenschale; ihre Lage zwischen den 6 Hauptmassen des Gehirns, 3, Zirbel, 3, ist ihm das Bedeutendste; er stützt sich auf Zahlenverhältnisse.

Die Psychologie des Cartesius ist sehr unvollständig, sei es daß die vorh(er)ge(hen)den Arbeiten ihm die Zeit dazu raubten, oder sei es, daß er zu große Schwierigkeiten (hatte,) das Verhältnis zwischen Körper und Geist, zwischen Sein und Denken mit seinem System in Einklang zu bringen. Was dieselbe ungefähr enthalten sollte sagt er in der Abhandlung De methodo: Postea descripseram animam rationalem, ostenderamque, eam nullo modo e materiae potentia educi posse; sicut alia de quibus egeram, sed necesse esse ipsam creari: Nec sufficere ut instar nautae in navi, ipsa in corpore habitet, nisi forsan ad illius membra movenda; sed requiri ut cum ipso aretius jungatur uniaturque, ad sensus et appetitis nostris similes habendos, et ita verum hominem componendum. Caeterum copiosior paulo hic sui in argumento de anima tractando, quod sit maximi ponderis. Nam post illorum errorem, qui Deum esse negant, quem me satis supra refutasse opinor, nullus est, qui facilius debiles animas a recto virtutis tramite avertat, quam si putent, brutorum animam ejusdem esse cum nostra naturae; ac proinde nihil nobis post hanc vitam timendum aut sperandum superesse, non magis quam muscis aut formicis. Cum autem recte cognoscitur, quantum differant, multo melius postea capiuntur rationes quae probant animam nostram naturae esse plane a corpore independentis et ex consequenti opus non esse ut cum ipso moriatur; ac denique quia nullae animadvertuntur causae quae eam destruant, natura ferimur ad judicandum ipsam esse immortalem.

Die Tiere sind nichts als seelenlose Maschinen, Automaten; der Hauptgrund warum sich ihnen eine Seele absprechen läßt, liegt in dem Mangel der Sprache. Die Tiere würden Zeichen für ihre Gedanken finden und sie verbinden, wenn sie eine Seele hätten. Cartesius beschließt diese Betrachtung indem er sagt: Singulari etiam animadversione dignum est, quod quamvis multa sint animantia, quae plus industriae quam nos in quibusdam suarum actionum patefaciant; eadem tarnen nullam omnino in multis aliis demonstrare conspiciantur. Ita ut id, quod melius nobis faciunt, non probet ipsa esse ratione praedita; inde enim sequeretur, majorem in illis inesse rationem quam in ullo nostrum, eaque nos in omni etiam alia re debere superare: sed potius probat, ipsa, ratione esse destituta, et naturam in iis secundum organorum dispositionem agere: prout videmus horologium ex rotis tantum et ponderibus compositum, aequalius quam nos cum omni nostra prudentia, horas numerare et tempora metiri.

Alles, was wir in uns wahrnehmen und wovon wir sehen, daß es auch ganz leblosen Körpern zukommen könne, muß dem Körper allein beigelegt werden; dagegen muß man der Seele Alles das zuschreiben, was wir in uns wahrnehmen und was auf keine Weise einem Körper zukommen kann. ( De passio. §3.)

Der Seele kommt nur das Denken zu, wie weit jedoch der Cartesianische Begriff vom Denken sich ausdehnt, ist schon angegeben worden.

Ostendi etiam saepe distincte mentem posse independenter a cerebro operari, nam sane nullus cerebri usus esse potest ad pure intelligendum, sed tantum ad imaginanctum vel sentiendum. Resp. ad V obj. 1 § 7.

Die Funktionen unserer Seele ( cogitationes) sind von zweierlei Art; die einen sind actiones der Seele, die andern dagegen passiones sive affectus. Zu den actiones gehören alle Äußerungen unsres Willens, weil wir erfahren, daß sie gradezu von unserer Seele herrühren und von ihr allein abzuhängen scheinen; zu den passiones alle Vorstellungen (perceptiones) und Erkenntnisse (cognitiones), welche wir in uns finden; denn es geschieht oft, daß unsere Seele sie nicht so bildet, wie sie sind, und außerdem erhält sie dieselben immer durch die von ihnen vorgestellten Gegenstände.

Die actiones selbst sind wieder von zweierlei Art; die einen sind Handlungen der Seele, welche sich auf die Seele selbst beschränken wie z. B. wenn wir Gott lieben oder unser Denken auf ein nicht materielles Objekt richten wollen; die andern dagegen beziehen sich nur auf unseren Körper z. B. wir wollen gehen, wodurch unsre Füße sich bewegen.

Ebenso zerfallen die perceptiones in zwei genera, je nachdem sie die Seele oder den Körper zur Ursache haben. Die ersteren sind die Vorstellungen unsrer Willensakte und aller andern Bilder und Gedanken, welche von der Seele herrühren. Denn gewiß (ist), wir können nichts wollen, ohne zugleich inne zu werden, daß wir es wollen. Und so wie in Bezug auf unsre Seele es eine Handlung ist etwas zu wollen, so ist es auch ein Leiden in ihr diesen Willen wahrzunehmen. Da jedoch im Grund genommen dieser Willen und dieses Wahrnehmen eins und dasselbe sind, so kann doch Beides nach dem edleren Bestandteil eine Tätigkeit genannt werden. (Das reine Denken scheint also Cartesius unter die Willensakte zu setzen.) § 19. pass.

Cum anima nostra sese applicat ad imaginandum aliquid, quod non est, ex. g. in concipienda Basilica quadam, Magica aut Chimaera, vel etiam cum sese applicat in consideratione alicujus rei quae solummodo intelligibilis est, non vero imaginabilis. Exempli gratia, in consideranda sua ipsius natura, perceptiones, quas habet illarum rerum, pendent praecipue a voluntate; quae efficit ut eas percipiat; ideoque solent potius considerari ut actiones, quam ut passiones. art. 20. pass.

Die perceptiones, welche vom Körper herrühren, zerfallen selbst wieder in 2 Klassen.

Die einen hängen von den Lebensgeistern, die andern von den Nerven ab.

Erstere bestehen in den Träumen der Schlafenden und den Phantasien der Wachenden, wenn unsre Gedanken unstät umherschweifen ohne sich auf einen bestimmten Gegenstand zu richten. Sie rühren daher, daß die auf verschiedene Art bewegten Lebensgeister, die Spuren verschiedener im Gehirn vorhergegangener Eindrücke finden und zufällig dahin durch gewisse Poren, eher als durch andere ihren Lauf richten.

Sie sind fast nur die umbra et pictura der von den Nerven herrührenden perceptiones. Letztere werden teils auf die äußern Objekte, welche unsere Sinne berühren, teils auf unseren Körper und seine Teile, teils endlich auf unsere Seele bezogen.

Perceptiones, quas referimus ad res extra nos positas, scilicet ad objecta sensuum, producuntur ab his objectis, quae excitando quosdam motus in organis sensuum externorum, excitant quoque nonnullus motus opera nervorum in cerebro, qui efficunt ut anima illa sentiat. (§ 23 pass.)

Perceptiones, quas referimus ad corpus nostrum, aut quasdam illius partes, sunt eae, quas habemus a fame, a siti et ab aliis nostris appetitibus naturalibus; quibus jungi possunt dolor, calor, et alii affectus, quos sentimus quasi in membris nostris et non ut in objectis, quae sunt extra nos. (§ 24 pass. im tract. d. homin. klassifiziert er dolor und calor anders.)

Perceptiones, quae solummodo ad animam referuntur, sunt illae quarum effectus sentiuntur quasi in anima ipsa et quarum nulla vulgo cognoscitur causa proxima, ad quam referri possint. Tales sunt sensus Laetitiae, irae et aliorum similium, qui aliquando excitantur in nobis per objecta, quae movent nervos nostros et quandoquidem etiam per alias causas. Etsi autem omnes nostrae perceptiones, tam eae quae referuntur ad objecta, quae extra nos sunt, quam quae referuntur ad diversos affectus nostri corporis, sint revera passiones respectu nostrae animae, cum hoc verbum in latiori significatione usurpatur, attamen id solet restringi ad eas demum connotandas quae referuntur ad animam ipsam.

Diese letztren oder eigentlichen passiones im engeren Sinne definiert nun Cartesius noch besonders, als perceptiones, aut sensus, aut commotiones animae, quae ad eam speciatim referuntur, quaeque producuntur, conservantur et corroborantur per aliquem motum spirituum. (art. 27.)

Er zählt darauf ( De pass. II., art. 69) 6 primitive Leidenschaften auf, primitivae passiones, nämlich: admiratio, amor, odium, cupiditas, laetitia, moeror.

Eine species der admiratio ist der stupor. species des amor sind: complacentia, benevolentia, amicitia, devotio. species des odium: horror, aversio. species cupiditatis tot, quot sunt amoris aut odii, ex horrore nascitur cupiditas, quae vulgo appellatur fuga.

ex benevolentia = cupiditas amoris e.c.t.

An diese in der Abhandlung De passionibus entwickelte Psychologie knüpft sich natürlich die Untersuchung über das Verhältnis zwischen Seele und Körper: ita, quia non concipimus corpus ullo modo cogitare, merito credimus omnes species cogitationum quae nobis insunt pertinere ad animam. Et quia non dubitamus, dari corpora inanimata quae sese movere possint in tot imo plures modos quam nostra, et quae habeant tantum aut plus caloris credere debemus omnem calorem et omnes motus, qui nobis insunt, quatenus non pendent a cogitatione, solius esse corporis. ( de passionibus § 4.)

Weil man die Leichen ohne Bewegung und ohne Wärme sah, so glaubte man das Scheiden der Seele sei die Ursache jenes Mangels und so glaubte man irrigerweise die Bewegung und die Wärme des Körpers hingen von der Seele ab, während man hätte annehmen sollen die Seele verlasse den Körper nur, weil die Wärme fehle und somit die zur Bewegung dienenden Organe des Körpers sich auflösten. Der lebende Körper unterscheidet sich von dem toten nicht anders, wie eine ihr körperliches Prinzip noch enthaltende, gut gehende Maschine, von einer andern gebrochnen. ( De pass. 5 et 6.)

In dem lebenden Körper nun ist das latente Zentralfeuer im Herzen das körperliche Prinzip aller Bewegung. ( D. pass. § 8.) Ja die Glieder des lebenden Körpers können durch die Gegenstände der Sinne, ohne Vermittlung der Seele bewegt werden. ( De pass. art. 16. ita ut omnes motus qui nobis eveniunt, voluntate nostra nihil ad eos conferente (ut saepe evenit nos respirare, ambulare et denique omnes actiones facere, quae nobis cum bestiis comnunes sunt) non aliunde pendeant quam a conformatione nostrorum membrorum, et cursu quem spiritus excitati per calorem cordis naturaliter sequuntur in cerebro, in nervis et in musculis: eodem modo quo motus automati producitur sola virtute manuclae et figura suarum rotularum.)

Ferner: De pass. I. art. 13. Et praeterquam quod hi diversi motus cerebri in anima nostra excitant diversos sensus, possunt etiam absque illa efficere ut spiritus suurn cursum dirigant versus quosdam musculos potius quam ad alios et sic moveant membra nostra.

(z. B. wenn Jemand im Scherz mit der Hand uns nach dem Auge fährt und wir das Auge dennoch schließen, obgleich wir wissen daß er keineswegs die Absicht hat uns zu verwunden.)

Anima omnibus corporis partibus unita est conjunctim; nec potest proprie dici eam esse in quadam parte ejus exclusive ad alias: quia id unum est, et quodammodo indivisibile ratione dispositionis suorum organorum, quae omnia ita ad se mutuo referuntur, ut quodam ex illis ablato reddatur totum corpus maneum ac defectivum: et quoniam ipsa ejus naturae est quae nullam relationem habet ad extensionem, vel dimensiones, aut alias proprietates materiae ex qua corpus constat, sed solummodo ad totam compagem organorum ipsius. ( De pass. art. 30.)

Nichtsdestoweniger gibt es doch einen Teil des Körpers, worin die Seele ihre Funktionen mehr ausübt, als in den übrigen; haec pars est certa quaedam glandula admodum parva, sfta in medio substantiae cerebri et ita suspensa supra canalem, per quem spiritus cavitatum cerebri anteriorum communicationem habent cum spiritibus posterio(ri)s, ut minimi motus, qui in illa sunt multum possint ad mutandum cursum horum spirituum et reciproce minimae mutationes, quae accidunt cursui spiritum multum inserviant mutandis motibus hujus glandulae.

Der Beweis für diese Hypothese liegt darin, daß alle Teile unsres Gehirns und alle Organe der äußern Sinne doppelt sind, während wir doch nur eine Vorstellung von jeder Sache in dem nämlichen Augenblick haben. Es muß daher notwendigerweise einen Ort geben, in welchem z. B. 2 Bilder des nämlichen Objekts, welche wir durch die Augen erhalten, in eins verschmelzen können, ehe sie zur Seele gelangen, weil sie in derselben sonst auch 2 Vorstellungen von 2 Objekten verursachen würden. Nun ist endlich die Zirbeldrüse der einzige Punkt im menschlichen Körper, worin eine solche Verschmelzung vor sich gehen könnte. ( pass. § 31, 32.)

Worin besteht aber eigentlich die Vereinigung der Seele mit dem Körper, wie ist eine Reaktion zwischen beiden möglich?

Cartesius hat sich nie deutlich darüber erklärt, er gibt zwar, wie ich im Folgenden zeigen werde, Hypothesen über die Art und Weise wie körperliche Eindrücke sich zur Zirbeldrüse fortpflanzen, und wie (von der) Zirbeldrüse aus wieder Reaktionen erfolgen, aber worin die Reaktion zwischen Zirbeldrüse und Seele bestehe, darüber sagt er nichts. Bei dem scharfen Unterschied, den er in den ersten Grundsätzen seines Systems zwischen Denken und Ausdehnung macht, mußte er sich hier in keiner geringen Verlegenheit befinden, er mußte schon in dem, was er über die Wechselwirkung zwischen Körper und Seele sagte fühlen, daß er aus der Konsequenz seines Systems sei. Seine Schule faßte jedoch diese Frage schärfer im Sinne seines Systems und so entwickelte sich aus ihr notwendigerweie die Lehre von den gelegenheitlichen Ursachen, nach welcher Seele und Leib zwar keinen unmittelbaren Einfluß aufein(an)der haben, sondern allein Gott, durch seinen Einfluß auf beide, die Ursache davon ist, daß die dem Willen der Seele angemeßnen Bewegungen im Körper, und die den Bewegungen im Körper angemeßnen Empfindungen, Begierden und Leidenschaften in der Seele entstehen.

( Tennemann, Gesch. d. Ph. B. 10. p. 259.) sagt darüber: Diese Verbindung der Seele und des Körpers vermittelst der Zirbeldrüse hatte Cartesius jedoch nur flüchtig hingestellt. In einigen seiner Briefe, vorzüglich dem 29. und 30. verbreitet er sich etwas ausführlicher darüber, jedoch auf eine Art, die uns die Verleg(en)heit dieses Denkers, die Verbindung eines einfachen Wesens mit einem Körper zu erklären, deutlich genug offenbart. Der Begriff der Schwere, meint er, sei eigentlich der einfache Begriff, durch welchen die Seele ihre Vereinigung mit dem Körper denke und mit Unrecht werde sie als eine Eigenschaft der Körper betrachtet. Oder der Gedanke sei mit dem Körper vereinigt, wie die Schwere mit dem Körper. Man müsse der Seele allerdings, um sie mit dem Körper vereinigt zu denken, eine Materie und Ausdehnung beilegen, die sich aber dadurch von der körperlichen unterscheide, daß diese auf einen Ort eingeschränkt ist und daher jede andre Ausdehnung eines Körpers ausschließt, jene aber nicht.)

Die Seele erhält körperliche Eindrücke oder sie fühlt non quatenus est in singulis membris, sed tantum quatenus est in cerebro. Denn verschiedene Krankheiten, welche nur das Gehirn angreifen, heben alle Sinnesempfindungen auf oder stören sie wenigstens; ja der Schlaf, dessen Sitz doch nur im Gehirn ist, beraubt uns täglich größtenteils der Fälligkeit zu empfinden, welche wir dann durch das Wachen wieder erhalten. Ferner, wenn das Gehirn verletzt ist und der Weg, auf welchem die Nerven von den Teilen des Körpers die Eindrücke zum Gehirn leiten, unterbrochen ist, so verliert sich auch die Empfindung in diesen Teilen. Endlich gibt es Kranke, welche noch Schmerzen in Teilen empfinden, welche gar nicht mehr vorhanden sind, wie z. B. nach Amputationen. ( Princ. IV. p. § 196.)

Die Nerven nun sind die Leiter, welche die Eindrücke des Körpers zum Gehirn leiten; die Verschiedenheit der Empfindungen hängt teils von der Verschiedenheit der Nerven selbst, teils von der Verschiedenheit der Bewegungen in den einzelnen Nerven selbst ab. ( Princ. IV. § 190.)

Jeder Nerv besteht aus unendlich kleinen aus Mark bestehenden Röhrchen, deren jedes einzelne mit seinem einen Ende im Gehirn und seinem andern in dem Teil des Körpers, dem es bestimmt ist, sich endigt, so daß jedes einzelne eigentlich ein besonderer Nerv ist (Theorie der Primitivfasern!). Diese Röhrchen sind mehrere zusammen von häutigen Scheiden umschlossen, so daß daraus große Bündel entstehen, und diese Bündel selbst liegen dann wieder in einer andern gemeinschaftlichen Scheide. Beide Arten von Scheiden sind Fortsetzungen der Hirnhäute. ( Tractatus de homine II. p. § 16.)

Werden nun diese Primitivfasern durch eine äußere Ursache bewegt, so ziehen sie an dem Gehirn, wie eine Schnur an einer Schelle, und öffnen dadurch auf der innern Oberfläche des Gehirns eine ihrer Insertion entsprechende Pore, so daß sie z. B. bei dem Sehen auf der innern Oberfläche des Hirnes ein dem äußern Objekt entsprechendes Bild hervorbringen. Dieses Bild selbst nun wird durch die Bewegung der Lebensgeister so auf die Zirbeldrüse übergetragen, indem ut motus, qui quodlibet punctum componit hujus imaginis tendat versus idem punctum glandis, versus quod tendit motus qui format punctum alterius imaginis, qui repraesentat eamdem partem hujus objecti; qua ratione ambae imagines, quae sunt in cerebro, unicam duntaxat componunt super glandem, quae agens immediate in animam, ostendit ipsi figuram hujus objecti. ( de pass. I. art. 35. de hom. § 68)

Dies Bild ist aber kein Bild im wörtlichen Sinn, es ist nur der Eindruck, welchen die Lebensgeister in der Drüse erhalten. ( de hom. 69.)

Inter has autem figuras non illae, quae externorum sensuum organis, vel internae superficiei cerebri imprimuntur, verum eae tantum, quae in spiritibus super glandulae superficiem describuntur, ubi sedes imaginationis et sensus communis, accipi debent pro ideis, hoc est, pro formis aut imaginibus quas anima rationalis proxime respiciet, quando unita cum hac machina, imaginabitur vel sentiet objectum aliquod. ( de hom. § 70.)

Diejenigen Eindrücke nun, welche sich auf äußre Gegenstände beziehen erhalten wir durch die Organe der 5 äußren Sinne, des Tastens, Schmeckens, Riechens, Hörens und Sehens.

Das Tasten gibt uns nicht nur die Empfindung des Gleichen und Ungleichen, des Glatten und Rauhen, sondern auch die der Wärme und Kälte, des Trocknen und des Feuchten, der Schwere e.c.t.

Der Geschmack zerfällt in 4 Hauptempfindungen, welche der Wirkung der Salze, der Säuren, des süßen Wassers und des Weingeistes entsprechen.

Was den Geruch anbelangt, so verursachen diejenigen Teilchen, welche auf gleichförmige Weise wirken, eine angenehme, diejenigen dagegen welche zu schwer oder zu stark wirken eine unangenehme Empfindung.

Was seine Theorie vom Sehen anbelangt, so sind die Untersuchungen über die Brechung der Lichtstrahlen im Auge sehr verdienstvoll. ( de hom. III. § 27-51.)

Eindrücke, welche sich auf den Körper selbst beziehen rühren von dem innern Sinn, dem appetitus naturalis her. Sie bestehen in dem Appetit insbesondere, Hunger, Durst, und dem innerlichen Gemeingefühl.

Zu den Eindrücken des innern Sinnes rechnet Cartesius dann noch in de homine und im 4. Buch der Principien seine eigentlichen passiones. Princ. IV. § 190: Septem tantum praecipuas differentias in sensibus notare licet, quarum duae pertinent ad sensus internos, aliae quinque ad externos. Nempe nervi qui ad ventriculum, oesophagum, fauces aliasque interiores partes, explendis naturalibus desideriis destinatas, protenduntur, faciunt unum ex sensibus internis, qui appetitus naturalis vocatur; nervuli vero, qui ad cor et praecordia, quamvis perexigui sint, faciunt alium sensum internum, in quo consistunt omnes animi commotionis, sive pathemata et affectus, ut laetitiae, tristitiae, amoris, odii et similium.

Hier ein interessantes Beispiel, wie Cartesius sich das Verhältnis des Körpers und der Seele zu den passiones dachte, es folgt im nämlichen Paragraph: Nam, ex. gr., sanguis rite temperatus, facile ac plus solito in corde se dilatans, nervulos circa orificia sparsos ita laxat et movet, ut inde alius motus in cerebro sequatur, qui naturali quodam sensu hilaritatis afficit mentem: ac etiam aliae quaevis causae, nervulos istos eodem modo moventes, eundem illum laetitiae sensum dant. Ita imaginatio fruitionis alicuius boni, non ipsa sensum laetitiae in se habet, sed spiritus ex cerebro ad musculos, quibus illi nervi inserti sunt mittit, eorumque ope orificia cordis expanduntur et ejus nervuli moventur eo motu, ex quo sequi debet ille sensus. Ita audito gratio nuntio, mens primum de ipso judicat et gaudet gaudio illo intellectuali, quod sine ulla corporis commotione habetur, quodque idcirco Stoici dixerunt cadere passe in sapientem; deinde cum illud imaginatur, spiritus ex cerebro ad praecordiorum musculos fluunt, et ibi nervulos movent, quorum ope alium in cerebro motum excitant, qui mentem afficit laetitiae animalis sensu.

Atque alii motus istorum nervulorum, efficiunt alios affectus, ut amoris, odii, metus, irae e.c.t. quatenus sunt tantum affectus, sive animi pathemata, hoc est, quatenus sunt confusae quaedam cogitationes, quas mens non babet a se sola, sed ab eo, quod a corpore, cui intime conjuncta est, aliquid patiatur. Nam distinctae cogitationes, quas habemus de iis, quae amplectenda sunt, vel optanda, vel fugienda e.c.t. toto genere ab istis affectibus distinguuntur. Non alia ratio est appetituum naturalium, ut famis, sitis e.c.t. qui a nervis ventriculi, faucium e.c.t. pendent, suntque a voluntate comedendi, bibendi e.c.t. plane diversi; sed, quia ut plurimum ista voluntas sive apperitio eos comitatur, idcirco dicuntur appetitus. Vergleiche de homine IV. 54-56.: Was die Lebensgeister anbelangt, so können dieselben reichlicher oder spärlicher vorhanden sein, aus feineren oder gröberen Teilen bestehen, mehr oder weniger bewegt, und endlich mehr oder weniger gleichartig sein, et per has 4 differentias ea omnis ingeniorum et morum diversitas, quae in nobis est, sive omnes inclinationes naturales, quatenus saltem a constitutione cerebri, aut peculiari animi affectu non pendent, in hac machina repraesentantur. Sind die Lebensgeister reichlicher als gewöhnlich vorhanden, so verursachen sie die Bewegungen, welche sich in uns als bonitas, liberalitas et amor äußern. Sind ihre Bestandteile gröber und stärker, so folgt daraus confidentia et audacia; sind sie dagegen ihrer Gestalt, Größe und Kraft nach gleichartig so bewirken sie die constantia. Aus dem Gegenteil dieser Eigenschaften folgen malignitas, timiditas, inconstantia, tarditas et inquietudo.

Vergleiche endlich: de passionibus II. § 96-112.

Übrigens sieht Cartesius die einzelnen Äußerungen der passiones als Reaktionen auf die von den äußern Sinnen herrührenden Eindrücke an wie dies aus § 36 I. pass. und § 102 II. pass. hervorgeht, so daß er in den vorher angeführten Sätzen mehr von den allgemeinen Stimmungen des Charakters spricht.

Schmerz (dolor) und körperliches Wohlbehagen (titillatio) rechnet Cartesius zuweilen zum innern Sinn, in dem tractatus de homine § 29 dagegen betrachtet er sie als 2 Empfindungen, welche im Allgemeinen den körperlichen Eindruck begleiten. Schmerz entsteht wenn die Nervenfäden tanta vi trahantur, ut rumpantur, vel a parte cui adhaerent separentur, ita ut structura totius machinae aliquo modo imperfecta inde reddatur. titillatio dagegen wird erregt, wenn die Nervenfäden gezogen werden, ohne daß sie reißen oder sich von den benachbarten Teilen trennen.

Soviel über die Verhältnisse, worin der Organismus sich leidend verhält; nun zu den Reaktionen desselben, wodurch die Bewegungen des Körpers bedingt werden.

Jede Bewegung entsteht dadurch, daß in dem Augenblick, wo durch die Reizung eines Nervenfadens, auf der innern Oberfläche des Gehirns eine Pore sich öffnet, die spiritus animales aus einer entsprechenden Pore der Zirbeldrüse heraus und in die Nerven fahren, wodurch dann die Muskeln aufgeblasen und die Bewegungen bewirkt werden. (Prevost und Dumas, Zusammenziehung der Nerven!!) dioptric. IV.§ 5. de homine § 19-26, ferner § 90, 91.

Cartesius behauptet zugleich ausdrücklich, gegen die Meinungen mancher gleichzeitigen Ärzte, daß jeder Nervenfaden zugleich zur Bewegung und zur Empfindung diene. Diopt. IV. § 4. (Quum enim viderent, non tantum sensui sed et motui membrorum nervos inservire et contingere interdum paralyses, quae sensu integro remanente, motum tollerent, modo duo eorum genera fecerunt, quorum alterum solo motui, alterum solis sensibus assignarunt, modo sentiendi facultatem in membranulis collocarunt et movendi vim in substantia interiore.)

Diese Reaktion geht nun teils so vor sich, daß sie ein rein körperlicher Akt ist, wobei die Seele nur den Zuschauer abgibt ( pass. I. § 38. 39. Caeterum eodem modo quo cursus quem capiunt hi spiritus versus nervos cordis, sufficit ad dandum motum glandulae, per quem terror animae inducitur; sic etiam per id solum, quod quidam spiritus eodem tempore tendunt versus nervos, qui inserviunt movendis cruribus ad fugiendum, efficiunt alium motum in eadem glande, cujus ope anima sentit et deprehendit hanc fugam; quae hoc modo excitari potest in corpore, per solam dispositionem organorum ejus, absque ulla ope animae.) teils so, daß sie durch einen Akt des Willens vermittelt wird, denn: actio animae in hoc consistit, quod eo solo quod vult aliquid, efficiat ut glandula, cui aretissime juneta est, se moveat modo convenienti ad producendum effectum, qui huic voluntati respondeat.

So kann die Seele den Körper bewegen und die Aufmerksamkeit der Sinne auf einen beliebigen Gegenstand richten. Selbst die Einbildungs Kraft und das Gedächtnis beruhen in einem Willensakt, indem derselbe die Lebensgeister in den verschiednen Teilen des Gehirns umhertreibt bis sie Spuren, welche der gesuchte Gegenstand darin zurückgelassen, wiedergefunden, pass. I. § 42. 43. Übrigens bringt die Seele in ihrem Körper keine neue Bewegung hervor, sondern sie verändert nur die Richtung der vorhandnen, weil ja sonst die Quantität der Bewegung im Allgemeinen verändert würde, was nach Cartesius unmöglich ist.

Den Beschluß dieser Untersuchung bildet eine allgemeine Betrachtung über das Verhältnis der Seele, dem reinen Denken und Wollen, zu den passiones. de pass. I. § 47: Nobis non nisi una inest anima, quae in se nullam varietatem partium habet: eadem quae sensitiva est, est etiam rationalis, et omnes ejus appetitus volitiones sunt. Error per quem et imponuntur quasi in scena diversae personae, quae fere semper sibi mutuo contrariae sint, inde solum processit, quod non bene distinctae fuerint ejus functiones a functionibus corporis, cui soli tribuendum est id omne quod in nobis potest observari repugnare nostrae rationi: adeo ut nulla hie alia lucta sit, nisi quod, cum glandula quae est in medio cerebri, possit impelli ex una parte ab anima, et ex alia a spiritibus animalibus, qui nil nisi corpora sunt, ut supra dixi, saepe eveniat ut hae duae impulsiones sint contrariae et ut fortior impediat effectum alterius.

Die Seele kann zwar die Leidenschaften selbst nicht zerstören, denn dieselben beruhen in körperlichen Ursachen, aber sie kann durch ihren Willen die Wirkungen derselben verhindern und so absolut Herr über sie werden. § 45-47.

Um zu dieser Herrschaft zu gelangen ist die Erkenntnis der Wahrheit notwendig, damit sie den Willen auf den rechten Weg leite, denn der Wille kann sonst auf das Falsche verfallen, und Schmerz und Reue sind dann die Folge sobald der Irrtum entdeckt ist. pass. I. § 49.

Die Betrachtungen über den Körper beschließt Cartesius im tractatu(s) de hom. mit folgenden Worten: Deinde considerari velim, eas omnes functiones, quas huic machinae adscripsi, ut ciborum concoctionem, cordis et arteriarum pulsum, membrorum nutritionem et aecretionem, respirationem, vigiliam et somnum, receptionem luminis, sonorum, odorum, saporum, caloris et aliarum huyusmodi qualitatum in organis sensuum externorum; impressionem idearum illorum in organo sensus communis et imaginationis; retentionem aut vestigia idearum istarum in memoria; motus internos appetituum et affectuum sive passionum; ac denique externos motus omnium membrorum, qui ita accomodate sequuntur, tam objectorum quae sensibus se exhibent, actionem, quam passiones et impressiones in memoria occurrentes, ut modo perfectissimo quo id fieri potest, motus veri hominis imitentur: Considerari, inquam, velim has omnes functiones in hac machina naturaliter ex organorum ejus dispositione sequi; non aliter quam horologii aut alterius automati motus ex ponderum et rotarum dispositione. Adeo ut propter eas necesse non sit, ullam aliam in ipsa concipere vegetativam, vel sensitivam animam, aut quodcunque aliud motus ac vitae principium, praeter sanguinem ac spiritus agitatos calore ignis istius, qui continuo in corde ardet, et non alterius naturae est, quam omnes alii ignes in corporibus inanimatis.

Über das Leben Descartes'

René Descartes, La vie de Descartes par Baillet Paris 1690. La vie de Descartes par Baillet réduite en abrégé Paris 1693. Réflexions d'un Academicien sur la vie de Descartes, envoyées à un ami en Hollande. à la Haye 1692. Eloge de Descartes par Gaillard Paris 1765. Eloge de Descartes par Mercier Paris 1765. Hotho, Dissertation über den Cartesius. zu La Haye in der Touraine den 31. März 1596 geb., stammte aus einem berühmten edlen Geschlechte.

Erzogen in dem Jesuitenkollegium la Fleche. Trieb mit Fleiß griechisch und lateinisch, übte sich in der Logik, hörte Vorlesungen über Metaphysik und Moral und studierte besonders Mathematik. 1613 verließ er sehr unzufrieden mit dem Gewinn seiner Studien das Collegium. Er brachte darauf einige Jahre in ritterlichen Übungen und dann in Müßiggang zu Paris zu; nahm dann die Studien wieder auf und begab sich endlich als Freiwilliger in Holländische Kriegsdienste. Im Jahr 1619 verließ er dieselben und begab sich nach Teutschland, wo er unter die Bairischen Truppen trat.

Als er in Neuburg in Quartier lag faßte er nach seinen Selbstgeständnissen zunächst den Entschluß sich von allen Meinungen und Vorurteilen frei zu machen um die Wahrheit zu finden und eine neue Methode für die unerschütterliche Begründung aller Wissenschaften zu erfinden.

In dem geistigen Kampf nun, welchen dieses Streben in ihm erregte, wandte er sich endlich mit Gebet um Erleuchtung an Gott und tat das Gelübde einer Pilgerreise zur heiligen Jungfrau zu Loretto, welches er jedoch erst später erfüllen konnte. Diese Unruhe des Geistes wurde dann eine Zeitlang durch das vergebliche Bemühen Rosenkreuzer zu finden und durch Feldzüge unterbrochen.

Im Jahre 1621 verließ er den Kriegsdienst und begab sich nachdem er noch eine Reise durch das nördliche Deutschland, Friesland, Holland und die Niederlande gemacht und seinen Vater besucht hatte, 1623 nach Paris; worauf er in freier, unabhängiger Lage seinen Studien lebte, und da ihm die mathematischen Studien zu mißfallen anfingen, sich an die Moral wandte. Diese warf ihn aber zur Physik zurück, da sie ja die Beantwortung der Frage, was der Mensch, was die Welt und ihr Schöpfer eigentlich sei, voraussetzte. Nachdem er noch eine Reise nach Italien gemacht, wählte er endlich Paris zu seinem Aufenthalt, wo er sich ganz in die abstrakten Wissenschaften vertiefte, sich besonders mit dem Studium des Menschen beschäftigte und sich endlich 1628 durch den Kardinal Berull und andre bewegen ließ, an einem neuen System der Philosophie nach einer neuen Methode zu arbeiten. Da ihm jedoch Paris zur Ausführung dieses Vorhabens nicht geeignet schien so begab er sich im Jahr 1629 nach Holland, worin er während 20 Jahren mit seinen Studien und mit der Herausgabe seiner Schriften beschäftigt, bald an diesem, bald an jenem Ort lebte.

Das erste Werk, welches er herausgab, bestand in philosophischen Versuchen, welche die Abhandlung de methodo, die Dioptrik, die Meteore und die Geometrie enthielten. Es erschien 1637 zu Leyden in französischer Sprache (Discours de la methode pour bien conduire sa raison et chercher la verite dans les sciences. Plus la Dioptrique, les Meteores et la Geometrie, qui sont des essais de cette methode). Es wurde im Jahr 1644 von dem Professor de Courcelles ins Lateinische übersetzt und von Cartesius revidiert.

Im (Jahr) 1641 erschienen die meditationes metaphysicae (meditationes de prima philosophia, in quibus Dei existentia et animae humanae immortalitas demonstrantur. Amstelodami 1641. 1642. (16)56, (16)68. VI meditationes: I. med. De iis quae in dubium revocari possunt. 2. med. De natura mentis humanae: quod ipsa sit notior quam corpus. 3. med. De Deo, quod existat. 4. med. De vero et falso. 5. med. De essentia rerum materialium et iterum de Deo quod existat. 6. med. De rerum materialium existentia, et reali mentis a corpore distinctione. Zwei französische Übersetzungen von dem Duc de Luines und Clerselier von Cartesius revidiert, erschienen in den folgenden Jahren.) mit den Einwürfen, welche die Gelehrten, denen Cartesius das Manuskript mitgeteilt hatte, ihm machten und den Repliken des Verfassers. Sie enthalten die Grundzüge seines Systems.

Im Jahr 1644 wurden dann zu Amsterdam die principia philosophiae gedruckt; welche sein ganzes System zusammengedrängt enthalten. An dieses Werk sollte sich dann noch eine Erklärung der Phänomene des Pflanzen und Tierreiches und besonders eine Anthropologie schließen, es ist jedoch nichts davon erschienen, als der tractatus de homine und de formatione foetus. Diese Arbeiten verschafften Cartesius großen Ruf, noch zu seinen Lebzeiten bildete sich eine Schule in Holland, er stand im Briefwechsel mit den größten Gelehrten seiner Zeit und mit der Prinzessin Elisabeth, der Tochter des unglücklichen Pfalzgrafen Friedrich und mit Christine, der Königin von Schweden, welche ihn im Jahr 1649 an ihren Hof zog, wo er den 11. Februar 1650 starb. Kurz vorher war noch die Abhandlung De passionibus erschienen.

Die Art wie das System des Cartesius sich aus seinen Studien, seinen Gedankenrichtungen und der Reibung mit der gleichzeitigen Philosophie entwickelte, findet sich in der Abhandlung De methodo, welche bereits die Grundzüge des ganzen Systems enthält, für dessen Genesis sie höchst merkwürdig ist. Der Zweck, welchen sich Cartesius setzte, war nichts geringeres, als ein neues System der Philosophie, welches durchgängige Evidenz in allen seinen Teilen besäße und worin nichts als wahr angenommen wäre, was nicht vollkommen demonstriert sei. Doch waren die vorläufigen Regeln, welche er für ein wissenschaftliches Denken gab, so unbestimmte und unentwickelte Sätze, daß sie die Erforschung der Wahrheit wenig fördern konnten.

Das System des Cartesius gab der Scholastik einen mächtigen Stoß; Frankreich, die Niederlande und Deutschland sind die Länder, in welchen es hauptsächlich eine Rolle gespielt hat; in England und Italien machte es in geringerem Grade und nur vorübergehend Sensation.

Objectiones

I. Objectiones. Caters

Schon mit seinem ersten Auftreten war es halb vernichtet durch die objectiones; es ist sonderbar, daß ein so scharfer Denker wie Cartesius sein System lieber nicht änderte, als es so gab in seinen Fetzen mit den Messern, die es zerschnitten hatten. Die ersten Einwürfe rühren von einem Löwenschen Doktor Namens Caters her, die 2. und 6. von verschiednen Theologen und Philosophen, die dritten von Hobbes, die vierten von Arnaud, die fünften von Gassendi, die siebenten vom pater Dinet.

Caters bestreitet erst den Beweis für das Dasein Gottes, indem er sagt, daß der objektive Inhalt einer Idee keine Ursache nötig habe, daß er ganz außerhalb des Begriffes der Kausalität liege, welche sich nur auf Dinge beziehe, welche actu existierten.

Dann fragt Caters wie Cartesius den unendlichen Gott klar und deutlich erkennen könne, wie es denn möglich sei eine Vorstellung vom Unendlichen zu haben?

Cartesius antwortet: itaque imprimis hic dicam, infinitum, qua infinitum est nullo modo comprehendi, sed nihilominus tamen intelligi, quatenus scilicet clare et distinete intelligere aliquam rem talem esse, ut nulli plane in ea limites possint reperiri, est clare intelligere, illam esse infinitam.

Der Beweis für das Dasein Gottes aus der ein notwendiges Sein involvierenden Idee von Gott sei schon von St. Thomas geführt und von ihm selbst widerlegt worden. Voraus(gesetzt) daß die Idee von Gott Dasein involviere so folge daraus doch nicht, daß das Dasein Gottes in rerum natura actu etwas sei, sondern nur daß der Begriff des höchsten Wesens mit dem Begriff der Existenz untrennbar verbunden sei.

Cartesius antwortet: Es ist bewiesen, daß Alles, was wir klar und deutlich, als zum Wesen einer Sache gehörig erkennen, von derselben auch mit Wahrheit ausgesagt werden könne; nun haben wir klar und deutlich erkannt daß dem wahren und unveränderlichen Wesen Gottes Sein zukomme, also können wir mit Wahrheit behaupten, daß Gott existiere.

Endlich behauptet Caters der Beweis, daß wir nicht durch uns selbst, sondern nur durch Gott sein müßten, weil wir im ersteren Fall uns alle Vollkommenheiten gegeben hätten, sei schon von St. Thomas und Aristoteles geführt worden. cogito ergo sum, imo ipsa mens et cogitatio sum: illa autem mens et cogitatio aut a seipsa est, aut ab alio: si hoc, istud porro a quo? Si a se est, ergo Deus est; quod enim a se est, omnia sibi ipsi facile dederit.

II. Objectiones. Mersenne

Folgende sind die wesentlichsten Einwürfe, welche die II. objectiones von Mersenne gesammelt, enthalten:

1.) Wie will Cartesius aus dem Umstand, daß er denke, das geistige Wesen der Seele beweisen? Woraus geht hervor daß der Körper nicht denken könne und daß das Denken nicht ein Produkt einer körperlichen Bewegung im Gehirn sei?

Cartesius beruft sich in seiner Antwort auf das, was er in der 6. Meditation über diesen Gegenstand gesagt habe, s. S. 179.

2.) Der Beweis für das Dasein Gottes aus der Idee, die wir von ihm haben, ist unge(grün)det, denn diese Idee findet einen zureichenden Grund in uns selbst, weil wir sie durch Steigerung der Idee irgend eines Wesens mittelst Verbindung mehrere(r) Grade erzeugen können, so wie wir auch eine Zahl durch Zählen ins Unendliche fortführen können.

Auch könnte Cartesius nicht antworten, jede Ursache müsse ebensoviel Vollkommenheit oder Realität enthalten, als ihre Wirkung, denn dies sei ja grade mit dieser Idee der Fall, sie sei ein bloßes ens rationis und als solches nicht edler als die Vernunft oder die Seele selbst.

Die Antwort des Cartesius ist in der Darstellung des Systems selbst bereits enthalten.

3.) Wie will Cartesius zur klaren Erkenntnis des Daseins und der attributa Gottes gelangen, da ja nach ihm die Wahrheit aller Erkenntnis erst von dem Dasein Gottes abhängt. Macht er hier nicht offenbar einen Zirkel? Außerdem hängt die Überzeugung von der Wahrheit unsrer Erkenntnisse keineswegs von dem Glauben an Gott ab, denn der Atheist glaubt eben so gut, als der Theist an die Wahrheit der mathematischen Sätze.

Die Antwort s. S. 192 f..

4) Was ist das Kriterium für eine wahre Erkenntnis? Was beweist, daß wir nicht immer getäuscht werden e.c.t?

Antwort: Was so klar erkannt wird, als das cogito ergo sum ist wahr e.c.t.

5) Wird der Vernunftschluß angegriffen, welchen Cartesius dem Caters auf seinen Einwurf gegen den Beweis für das Dasein Gottes aus der das Dasein involvierenden Idee Gottes, entgegenstellt. Zum Schluß wird dem Cartesius geraten sein System in geometrischer Demonstration (synthetischer Methode) in Definitionen, Postulaten und Axiomen zu geben, damit der Leser es so mit einem Blick überschauen könnte.

In der resp. ad II. obj. erklärt sich Cartesius warum er nicht die synthetische Methode gewählt habe. Die analytische Methode sagt er, weise den Weg nach, wie ein System methodisch und a priori entstanden sei, so daß der Leser, wenn er nur mit Aufmerksamkeit folgen wolle, das System sich so zu eigen mache, als hätte er es selbst erfunden. Dagegen habe sie freilich nichts wodurch sie einen unaufmerksamen oder störrigen Leser zum Glauben zu zwingen vermöchte. Die synthetische Methode dagegen schlage den entgegengesetzten Weg ein und zeige die Entwicklung des Systems gleichsam a posteriori, obgleich in ihr das System viel eigentlicher a priori begründet werde, als in der vorhergehenden; durch die lange Kette ihrer Definitionen, Postulate, Axiome, Theoreme und Probleme gebe sie nichts, was nicht schon im Vorhergehenden bewiesen sei und nicht als ein Schluß desselben erschiene, und so zwinge sie auch den hartnäckigsten Leser zum Beifall.

Dagegen sei sie nicht so passend für die Philosophie, wo die ersten Grundbegriffe mehr Schwierigkeit haben und mit sinnlichen Vorstellungen und Vorurteilen zu streiten scheinen, als für die Mathematik, wo die Grundbegriffe Evidenz haben; dann sei sie auch nachteilig, weil sie nicht den Weg nachweise, wie man zu seinem System gelangt sei. Nichtsdestoweniger fügt Cartesius diesen Repliken noch die Grundzüge seines Systems in synthetischer Ordnung, unter dem Titel: Rationes Dei existentiam et animae a corpore distinctionem probantes, more Geometrico dispositae hinzu. (10 definitiones, 10 axiomata, 4 propositiones et demonstrationes.)

III. Objectiones. Hobbes.

Die Richtigkeit des cogito ergo sum wird zugegeben, aber nur insofern als es keinen Akt gibt, ohne Subjekt oder Bewußtsein; daraus folge aber noch nicht ego sum cogitans ergo sum cogitatio, ebensogut könnte man sagen sum ambulans ergo sum ambulatio. Cartesius hätte hier offenbar das Subjekt nicht von seinen facultatibus et actibus getrennt. Ferner könne ja die res cogitans etwas Körperliches sein, denn (ohne alle Logik im grellsten Sinn seines Systems!) subjecta enim omnium actuum videntur intelligi solummodo sub ratione corporea, sive sub ratione materiae.

Cartesius weist ihn in seiner Antwort ganz gut zurecht.

Worin besteht der Unterschied zwischen imaginari et mente concipere? – Wie wenn nun Denken nichts andres ist als das Verknüpfen zweier Worte, durch das Wörtchen est? Wir erführen dann durch die Vernunft nichts über die Natur der Dinge, sondern nur über die Benennungen derselben, je nachdem wir diese Benennungen willkürlich auf die eine oder die andre Weise verknüpfen. Ferner hängt dann das Denken von Namen ab, die Namen von der Einbildungskraft, und die Einbildungskraft von der Bewegung der körperlichen Organe et sic mens nihil aliud erit praeterquam motus in partibus quibusdam corporis organici. (Charakteristisch für das System von Hobbes!)

Cartesius antwortet den Unterschied zwischen einbilden und reinem Denken hätte er bereits gegeben, daß aber das Denken in einer bloßen Verknüpfung von Namen bestehen sollte, begriffe er kaum wie das Jemand einfallen könnte. Denn ein Teutscher und ein Franzose könnten über die nämlichen Dinge räsonieren, ob sie sich gleich ganz verschiedner Namen derselben bedienten.

Die Idee von Gott, welche wir (in) uns finden, beweist keineswegs das Dasein Gottes, denn sie kann leicht durch die Beobachtung teils unserer selbst, teils der äußren Gegenstände entstanden sein. – So kann die Unendlichkeit Gottes aus dem Innewerden unserer eignen Schranken entstanden sein, denn sagen Gott ist un(en)dlich heißt nichts anders (als): Gott ist eins von den Dingen, deren Grenzen wir nicht begreifen. Der Begriff der Independenz Gottes kann aus den Erinn(erun)gen an meine, zu verschiednen Zeiten entstehenden und so mit abhängigen Ideen gebildet worden sein. Sagen, Gott sei independent, heißt nichts andres, als Gott sei eins von den Dingen, deren Ursprung wir nicht begreifen.

Ebenso kann die Idee der Allmacht aus der Erinnerung an geschehne Handlungen herrühren, indem wir schließen: sic fecit, ergo sic potuit facere: ergo existens idem sic poterit iterum facere. Hoc est, habet potentiam faciendi. Außerdem was soll der Begriff Macht in der Idee von Gott, da derselbe sich ja auf zukünftige, noch nicht vorhandne Dinge bezieht? – Der Begriff des Schöpfers und der Schöpfung läßt sich auch aus allen Dingen herleiten, die wir haben entstehen sehen. Außerdem, wenn man auch bewiesen hätte, daß es ein unendliches independentes, allmächtiges Wesen gebe, so folgt doch nicht daraus, daß dasselbe auch der Schöpfer sei, nisi quis putet recte inferri ex eo quod existit aliquid quod nos credimus creasse caetera omnia, ideo mundum ab eo fuisse aliquando creatum.

Will man nun endlich behaupten, die Idee Gottes sei uns angeboren, so mag man auch erklären, ob die Seelen im tiefen Schlaf denken: wo nicht, so haben sie zu der Zeit keine Ideen; deshalb gibt es keine angebornen Ideen, denn was angeboren ist, ist immer vorhanden.

Cartesius antwortet: Nihil eorum, quae Deo tribuimus, ab objectis externis tanquam ab exemplari potest esse profectum, quia nihil est in Deo simile iis quae sunt in rebus externis, hoc est corporeis: quidquid autem iis dissimile cogitamus, manifestum est non ab ipsis, sed a causa istius diversitatis in cogitatione nostra proficisci.

Aus dem Begriff der Allmacht folgt unmittelbar daß auch die Welt von Gott geschaffen sein müsse; denn es widerspreche ihr, wenn außer Gott noch etwas existierte, das nicht von ihm geschaffen sei.

Denique cum dieimus ideam aliquam nobis esse innatum, non intelligimus illam nobis semper obversari: sic enim nulla prorsus esset innata; sed tantum nos habere in nobis, ipsis facultatem illam eliciendi.

Gegen den Irrtum als nichts Positives, sondern als einen bloßen Mangel wirft Hobbes ein: Die Unwissenheit freilich ist ein bloßer Mangel und wir haben keine positive facultas für dieselbe nötig; aber mit dem Irrtum verhält es sich nicht ebenso; denn die Steine und das Unbeseelte überhaupt können nicht irren, weil sie keine Denkkraft und keine Einbildungskraft besitzen: daraus folgt daß zu dem Irren Denkkraft oder wenigstens Einbildungskraft nötig sei, welche beide zwei positive Fähigkeiten sind.

Die Antwort lautet: Um irren zu können ist freilich die Denkkraft notwendig, aber der Irrtum selbst ist nur ein Mangel derselben und dieser Mangel ist nichts Reelles, so wenig als die Blindheit.

Gott kann uns auch zu unserm Besten täuschen wie ein Arzt seine Kranken, wie ein Vater seinen Sohn. – Cartesius antwortet nichts Neues.

Im Ganzen hat Hobbes in seinen Einwürfen, deren 16 an der Zahl sind, wenig Scharfsinn gezeigt, ich habe die unbedeutenden übergangen, in denen er von Cartesius meist gut abgefertigt ist worden.

IV. Obj. Arnaud.

 

De natura mentis humanae.

Der Unterschied zwischen Körper und Seele wird ebenfalls angegriffen; denn daß die Seele nur geistig sei, wird nicht dadurch bewiesen, daß sie nicht ausgedehnt, beweglich, ohne Gestalt sei e.c.t. Denn Niemand wird behaupten, daß jeder Körper eine Seele sei. Könnte der Körper sich nicht zur Seele verhalten, wie eine species zu ihrem genus: denn ein genus kann ohne seine species begriffen werden, indem man bei ihm Alles wegdenkt, was der species besonders eigen ist, und so kann auch wohl die Seele ohne Körper begriffen werden; obgleich sie ein materielles Ding ist. Vielleicht geht man bei dieser Trennung nicht anders zu Werk, als die Mathematiker, welche eine nur in die Länge ausgedehnte Linie ohne Breite und eine Fläche als eine Ausdehnung in die Länge und Breite ohne Tiefe annehmen, ob es gleich in der Wirklichkeit keine Länge ohne Breite und keine Breite ohne Tiefe gibt, so daß die Seele ein materielles Ding sei, welches jedoch eine eigentümliche Denkkraft enthält, die man dann durch Abstraktion von ihm trennen kann. Auch spricht für die Materialität der Seele der Umstand, daß sie an körperliche Organe geknüpft ist, daß sie in den Kindern zu schlafen und in den Wahnsinnigen vernichtet zu sein scheint. Endlich sprechen gegen die Unsterblichkeit der Seele die Seelen der Tiere, welche die meisten Philosophen von den Körpern unterschieden und doch ihre Vernichtung annähmen. Cartesius spräche freilich den Tieren keine Seele zu, doch möge er erklären, wie es käme, daß z. B. ein Lamm, in dessen Auge das Bild des Wolfes fiele, denselben flöhe.

Dann wird auch der Vorwurf wiederholt, daß Cartesius die reelle Gewißheit aller Erkenntnis aus der Eigenschaft Gottes herleite, während er doch noch ehe er zu diesem Beweise gelangt sei eine klare Erkenntnis der Seele haben wollte.

Außer seinen gewöhnlichen Antworten auf diese Einwürfe sagt Cartesius noch, daß, wenn das genus auch ohne species gedacht werden könnte, man die species dagegen nicht denken könne ohne zugleich die Merkmale des genus zu denken. Nun kann aber der Körper ganz ohne die Merkmale der Seele gedacht werden.

Was den Einwurf mit den Kindern und Wahnsinnigen anbelangt, so beweise er bloß, daß die Seele durch die körperlichen Organe gestört, aber keineswegs, daß sie durch dieselben hervorgebracht werde.

Die letzte Frage beantwortet er sehr unbefriedigend, es gäbe in uns Akte, welche ohne Hülfe der Seele vor sich gingen, warum sollte nun das Nämliche nicht immer in den Tieren der Fall sein. Wenn wir von einer Höhe herabfallen, so strecken wir, ohne ein Räsonne(men)t der Vernunft, unwillkürlich die Hände aus um unser Haupt zu decken; warum sollte nun nicht etwas Ähnliches bei dem Lamm vor sich gehen, wenn es den Wolf flieht?

 

De Deo.

Das positive a se Sein Gottes, wie von einer Ursache wird abermals und ausführlicher angegriffen.

Et sane cum effectus omnis a causa dependeat, a causa esse suum accipiat, nonne clarum est idem a seipso dependere (non) posse, idem a seipso suum esse accipere non posse? Praeterea causa omnis est effectus causa, et effectus causae effectus, et proinde mutua est inter causam et effectum habitudo: at habitudo non nisi duorum est. Deinde concipi sine absurditate non potest rem aliquam accipere esse et tamen illud idem esse habere priusquam conceperimus illud jam accepisse. At istud contingeret, si notiones causae et effectus eidem rei respectu sui ipsius tribueremus. Quae est enim notio causae? Dare esse: quae notio effectus? accipere esse. Prior est autem natura causae notio, quam notio effectus.

Jam vero concipere non possumus rem aliquam sub notione causae ut dantem esse, nisi illam concipiamus habere esse; nemo enim dat quod non habet: ergo prius rem conciperemus habere esse, quam conciperemus illud eam accepisse; et tamen in eo qui accipit prius est accipere quam habere. Nemo dat quod non habet, ergo nemo potest sibi dare esse nisi qui jam illud esse habeat; si autem jam habet, ut quid sibi illud daret?

Dann wird dem Cartesius abermals der Zirkel vorgeworfen, den er macht indem er die Gewißheit aller Erkenntnis von dem Dasein Gottes ableitet und doch zuvor dieses Dasein selbst beweisen muß.

Endlich behaupte Cartesius, daß es in der Seele, quatenus est res cogitans, nichts geben könne, dessen wir uns nicht bewußt würden.

Dies sei aber offenbar falsch, unter 1000 Beispielen nur eins, die Seele des Kindes habe schon im Mutterleib die Fähigkeit zu denken, ohne sich jedoch derselben bewußt zu werden.

Cartesius wiederholt in seiner Antwort teils das früher Gesagte, teils weicht er aus und sagt endlich die causa efficiens in dem a se sei mehr bildlich zu nehmen, causae efficientis significationem non esse in hac quaestione restringendam ad illas causas quae sunt effectibus tempore priores, vel quae ab ipsis sunt diversae; tum quia esset nugatoria, cum nemo nesciat idem nec seipso prius, nec a seipso diversum esse posse: tum quia una ex his duabus conditionibus ab ejus conceptu tolli potest et nihilominus integra notio efficientis remanere.

Nam quod non requiratur ut tempore sit prior, patet ex eo, quod non habeat rationem causae, nisi quamdiu producit effectum, ut dictum est. Unter der causa efficiens sei hier eigentlich die causa formalis Aristotelis zu verstehen, illa quam Aristoteles ad omnes omnium rerum essentias extendit, quia nempe ibi non agit de causis compositi physici, sed generalius de causis ex quibus aliqua cognitio peti possit. Ideoque cum quaeritur an aliquid sibi ipsi existentiam dare possit, non aliud est intelligendum quam si quaereretur, an alicujus rei natura sive essentia sit talis ut causa efficiente non indigeat ad existendum.

Der letzte Einwurf wird dagegen direkt beantwortet: Quod autem nihil in mente, quatenus est res cogitans, esse possit, cujus non sit conscia, per se notum mihi videtur, quia nihil in illa sic spectata esse intelligimus quod non sit cogitatio, vel a cogitatione dependens, alioqui enim ad mentem, quatenus est res cogitans, non pertineret; nec ulla potest in nobis esse cogitatio, cujus eodem illo momento, quo in nobis est, conscii non simus. Quamobrem non dubito quin mens statim atque infantis corpori infusa est, incipiat cogitare, simulque sibi suae cogitationis conscia sit, etsi postea ejus rei non recordetur, quia species istarum cogitationum memoriae non inhaerent.

Sed notandum est actuum quidem sive operationum nostrae mentis nos semper actu conscios esse, facultatum, sive potentiarum non semper nisi potentia; ita scilicet ut cum ad utendum aliqua facultate nos accingimus, statim, si facultas illa sit in mente, fiamus ejus actu conscii; atque ideo negare possimus esse in mente, si ejus conscii fieri nequeamus.

VI. Objectiones. Mersenne

1.) Weil wir denken, so ist es doch nicht so gewiß, daß wir sind. Denn um gewiß zu sein, daß man denke, muß man erst wissen, was Denken und Dasein ist; und da du noch nicht weißt was diese beiden sind, wie willst du dein Denken und dein Dasein erkennen? Wenn du also sagst ich denke, so weißt du nicht was du sagst, und wenn du hinzufügst: also bin ich, so weißt du wieder nicht was du sagst, denn du weißt ja nicht einmal daß du etwas sagst oder etwas denkst, quoniam ad hoc necesse videtur ut scias te scire quid dicas, iterumque ut noveris quod scias te scire ut dicas et sie in infinitum.

Cartesius antwortet: non ad hoc requiratur scientia reflexa, vel per demonstrationem acquista, et multo minus scientia scientiae reflexae, per quam sciat se scire, iterumque se scire se scire, atque ita infinitum, qualis de nulla unquam re haberi potest; sed omnino sufficit ut id sciat cognitione illa interna, quae reflexam semper antecedit, et quae omnibus hominibus de cogitatione et existentia ita innata est ut quamvis forte praejudiciis obruti et ad verba magis, quam ad verborum significationes attenti fingere possimus, nos illam non habere, non possimus tamen revera non habere.

2.) und 3.) werden die Einwürfe gegen die Immaterialität der Seele wiederholt und das Argument mit den Tierseelen wieder vorgebracht. Denn in den Tier(en) ist Alles Materie, nun zeigen aber die Tiere eine gewisse Denk und Urteilskraft, so daß ihre Seele von der des Menschen nur dem Grade aber nicht dem Wesen nach verschieden zu sein scheint, also muß die Seele des Menschen ebenfalls materiell sein. – Auch nehmen Viele an, die Seele entstünde bei der Zeugung (ex traduce), sie müsse also materiell sein.

Die Antwort auf das Erstere enthält nichts Neues, in der auf Letzteres wird behauptet, daß die Seele aus der Seele der Eltern eben so gut entstehen könnte, als der Körper aus dem Körper.

4.) und 5.) Die Gewißheit des mathematischen Wissens der Atheisten wird behauptet und aus der Bibel und den Kirchenvätern zu beweisen gesucht, daß Gott uns täuschen könne.

Antwort nichts Neues.

6.) Indem Cartesius leugnet, daß die Freiheit des Willens in der absoluten Indifferenz bestehe, hebt er die Freiheit des göttlichen Willens auf, cum sit tamen de fide Deum ab aeterno fuisse indifferentem, ut conderet unum, vel innumeros, vel etiam nullum mundum. Denn was dem menschlichen Willen nicht zukommt, kann auch dem göttlichen nicht zukommen, da das Wesen der Dinge in Allem sich gleich sein muß.

Cartesius antwortet, in Gott freilich sei die absolute Indifferenz der Beweis der Allmacht und Gott habe Alles nicht so und nicht anders gemacht, weil er es so für gut gehalten, sondern es sei Alles gut, weil Gott es so gemacht habe. Bei dem Menschen aber verhalte es sich anders, denn da seine Natur durch Gott zum Guten und Wahren schon bestimmt sei, so sei auch sein Wille um so freier je mehr er das Gute und Wahre umfasse und er sei nur dann indifferent wenn er das Gute und Böse nicht zu unterscheiden vermögte. Außerdem könne das Wesen keines Dinges Gott und der Kreatur zugleich zukommen.

7.) Wird eine deutliche Erklärung dessen, was Cartesius unter der Oberfläche verstehe verlangt, da nach ihm sie weder ein Teil des umgebenden noch des umgebenen Körpers sein solle.

Cartesius antwortet: Et idcirco ad vitandam ambiguitatem, dixi me loqui de ea superficie, quae cum sit tantum modus, non potest esse pars corporis, corpus enim est substantia et modus non potest esse pars substantiae. Sed non negavi esse corporis extremum, quin e contra, maxime proprie vocari potest, extremitas tam corporis contenti, quam continentis, eo sensu quo dicuntur ea corpora esse contigua, quorum extremitates sunt simul. Nam sane cum duo corpora se mutuo tangunt, una et eadem est utriusque extremitas, quae neutrius pars est, sed utriusque idem modus, qui etiam potest manere, quamvis ista corpora tollantur, modo tantum alia, quae sint ejusdem accurate magnitudinis et figurae, in ipsorum loca succedant. Quin et locus ille, qui ab Aristotelicis dicitur esse superficies corporis ambientis, non potest intelligi esse alia superficies, quam haec, quae non est substantia, sed modus. Neque enim mutatur locus turris, et si aër ipsam ambiens mutetur, vel aliud corpus in locum ipsius turris substituatur, neque proinde superficies, quae hic pro loco sumitur, pars ulla est aëris ambientis, vel turris.

Dann leugne auch Cartesius die accidentia realia, die wie die Theologie lehre, doch in altaris Sacramento vorhanden seien.

Cartesius antwortet: omnino repugnat dari accidentia realia; quia quicquid est reale, potest separatim ab omni subjecto existere; quicquid autem ita potest existere, est substantia, non accidens. Nec refert quod dicatur accidentia realia non naturaliter, sed tantum per divinam potentiam a subjectis suis sejungi posse; nihil enim aliud est fieri naturaliter, quam fieri per potentiam Dei ordinariam, quae nullo modo differt ab ejus potentia extraordinaria: ned aliud quicquam ponit in rebus: adeo ut si omne id, quod naturaliter sine subjecto esse potest, sit substantia; quicquid etiam per quantumvis extraordinariam Dei potentiam potest esse sine subjecto, substantia est dicendum.

8.) Nach Cartesius sei den Sinnen zu mißtrauen und die Gewißheit der Vernunft, sei weit sichrer, als die der Sinne; wie aber wenn keine Gewißheit der Erkenntnis ohne gut organisierte Sinne möglich ist und wenn der Irrtum eines Sinnes nur durch einen andern Sinn gehoben werden kann, wie, z. B. wenn wir einen Stock im Wasser scheinbar gebrochen sehen, uns aber durch das Tasten überzeugen, daß derselbe grad sei?

Cartesius gibt in seiner Antwort eine Theorie wie die äußern Gegenstände zum Denken vermittelt werden. Er nimmt 3 Grade an: im ersten wird das körperliche Organ unmittelbar durch die äußeren Gegenstände affiziert; im zweiten teilt sich die körperliche Affektion der Seele (mit,) und im dritten endlich urteilt die Seele über diese Affektion und die dieselbe veranlassenden äußeren Gegenstände; und so wird uns die Größe, die Entfernung, die Figur derselben erst durch ein Urteil klar. Doch schließt er diese Betrachtung sehr unbefriedigend, indem er sagt: Ex quibus patet cum dicimus intellectus certitudinem sensuum certitudine longe esse majorem, significari tantum eajudicia, quae jam provecta aetate ob novas aliquas animadversiones facimus, certiora esse iis, quae a prima infantia et absque ulla consideratione formavimus, quod absque dubio est verum.

In dem Beispiel mit dem Stock werde aber keineswegs ein Sinn durch den andern belehrt, sondern dies gehe durch einen Akt unsrer Urteilskraft vor, der sich darin äußert, daß wir grade dem einen Sinn eher glauben, als dem anderen.

 

V. Object. Gassendi.

Gassendi wirft dem Cartesius erst vor, daß er Unmögliches fordre indem er das Ablegen aller Irrtümer verlange; die Methode an Allem zu zweifeln, könne dem Auffinden der Wahrheit nicht nützlich sein, sie könne nur dazu dienen, daß man neue und schädlichere Vorurteile annähme, als die abgelegten.

 

In meditationem II.

1) Es war nicht nötig mit dem cogito ergo sum anzufangen, jeder andre mit Bewußtsein verbundne Akt wäre eben so tauglich dazu gewesen.

Cartesius antwortet man sei keines andern körperlichen Aktes, als des Denkens mit metaphysischer Sicherheit gewiß. Man kann nur insofern sagen ego ambulo ergo sum, als das Bewußtsein des ambulandi ein Akt des Denkens sei, so daß man daraus wohl (auf) eine Seele schließen könne die glaubt ich ginge spazieren, aber nicht auf einen Körper der wirklich spazieren ginge.

2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9. werden ausführlich die bisher erwähnten Einwürfe gegen den Beweis für die Immaterialität der Seele vorgebracht, besonders ist die Frage hinsichtlich der Tierseelen, von denen Gassendi nachweist daß in ihnen nur in einem geringren Grade, das Nämliche vorging(e) als im Menschen, in § 7. sehr scharfsinnig abgehandelt; Cartesius beweise wohl, daß er denke, das leugne aber Niemand, daß es ein denkendes Wesen gebe, das leugne man ebensowenig, aber was dies Wesen eigentlich sei, darüber habe er nicht den geringsten Aufschluß gegeben. Die Angaben von Eigenschaften und Attributen geben uns noch keinen Aufschluß über das Grundwesen einer Sache selbst oder über die Substanz, wir finden nur daß ein Etwas, das wir nicht kennen, den wahrgenommenen Akzidenzien und Veränderungen zu Grunde liege. Dieses Etwas sei uns aber immer verborgen und nur fast durch eine Hypothese nehmen wir an, daß etwas übrig sein müsse, an dem die Eigenschaften sich befänden.

Cartesius ist grob in seiner Antwort, die sehr unbefriedigend ausgefallen ist.

 

In medit. III.

1.) Der Grundsatz Alles, was wir klar und deutlich erkennen, ist wahr, indem er von der Gewißheit des cogito ergo sum hergeleitet wird, ist nicht so bestimmt und zuverlässig. Denn wie Vieles glaubte ich nicht schon klar und deutlich zu erkennen und mußte mich später von einer Täuschung überzeugen, und wie viel Entgegengesetztes nehmen nicht verschiedne Menschen an, von denen jeder von der Klarheit und der Gewißheit seiner Erkenntnis überzeugt ist? Wir haben bis jetzt kein Kriterium, welches uns einen Aufschluß über die Dinge gäbe, wie sie an und für sich sind.

2) Was die von Cartesius aufgestellte Einteilung der Ideen in adventitias, factitias und innatas (erworbne, gemachte und angeborne) anbelangt, so ist erstens der Unterschied zwischen den erworbnen und gemachten nichtig. Denn die Seele hat nicht nur das Vermögen Ideen von den durch die Sinne wahrgenommenen Dingen aufzunehmen, sondern sie auch auf mannigfaltige Weise zu verbinden, zu trennen, zu verengern, zu erweitern und zu vergleichen; also sind beide Arten von Ideen nicht verschieden.

Was aber die angebornen Ideen anbelangt, so scheinen dieselben keineswegs solche, sondern erworbne Ideen zu sein.

Cartesius sage: »habeo a mea natura quod intelligam quid sit Res.« Damit werde wohl nicht die Idee einer einzelnen Sache verstanden, denn die Sonne, ein Stein, und überhaupt alles Besondre seien Dinge, deren Ideen Cartesius gewiß nicht, als angeboren betrachte. Es handle sich daher um die Idee einer Sache (des Dinges) überhaupt. (Loqueris ergo de idea rei universe consideratae, et prout cum Ente synonyma est, ac tam late, quam illud patet) Wie ist aber diese Idee in dem Verstande möglich, ohne die Vorstellung von einzelnen Dingen und Geschlechtern, aus welchen die Idee durch Abstraktion einen Begriff zu Stande bringt, der keinem Dinge besonders, sondern allen zugleich zukommt? Wahrhaftig ist die Idee des Dinges überhaupt angeboren, so ist es auch die eines Tiers, einer Pflanze, eines Steins und überhaupt aller einzelnen Dinge.

Ferner sage Cartesius: se habere a sua natura, ut intelligat, quid sit veritas. Was ist aber die Wahrheit anders als die Üb(erein)stimmung des Urteils mit dem Objekt des Urteils; die Wahrheit ist also ein Verhältnis und nichts Verschiednes von der Idee der Sache, insofern sie mit der Sache übereinstimmt oder dieselbe vorstellt, wie sie ist, so daß wenn die Idee der Sache nicht angeboren, sondern erworben ist, auch die Wahrheit nicht angeboren sein kann, sondern erworben sein muß. Und da dies nun von jeder Wahrheit im Besondern gilt, so muß es auch von der Wahrheit im Allgemeinen gelten, deren allgemeine Idee aus den besondern gebildet wird.

Cartesius antwortet: wolle Gassendi den Unterschied zwischen erworbnen und gemachten Ideen aufheben, so müsse er auch leugnen, daß die Statuen des Praxiteles das Werk desselben gewesen seien, weil der Marmor, woraus er sie bildete, nicht von ihm herrührte; das Wesen der gemachten Ideen bestehe ja grade in der Verknüpfung von verschiednen Stoffen. Auf den zweiten Einwurf in Betreff der angebornen Ideen ist die Antwort dagegen erbärmlich.

3) Unbedeutend.

4) Die Behauptung wird bestritten, daß die Idee einer Substanz mehr objektive Realität, als die eines Akzidens und die der Gottheit als unendlicher Substanz mehr Realität als die einer endlichen Substanz in sich enthalte. Denn es gibt nur eine sehr verwirrte Idee von einer Substanz, da alle Realität, die sie hat, sie nur von den Akzidenzien erhält, welche wir an ihr bemerken. Ferner, wenn wir Gott Vollkommenheit(en) zuschreiben, so nehmen wir dieselben gewöhnlich von Dingen her, welche wir an uns selbst bewundern wie z. B. Weisheit, Macht, Güte e.c.t. und die wir so weit, als möglich erweitert, auf Gott übertragen, deshalb hat die Idee Gottes nicht mehr objektive Realität, als die endlichen Dinge, durch deren Erweiterung sie zu Stande gekommen ist. Außerdem kann der menschliche Geist das Unendliche nicht fassen und hat daher eigentlich gar keine das Unendliche vorstellende Idee, die nur eine Negation des Endlichen ist. Wer daher von einem Unendlichen spricht sagt von einem Wesen, das er nicht begreift, etwas aus, das er nicht versteht. Daher ist es hinreichend, wenn wir nach der Analogie der Dinge eine zu unserem Gebrauch dienliche, den Verstand nicht übersteigende Idee uns bilden, welche keine andre Realität enthält, als solche, die wir in andern Dingen und auf Veranlassung andrer Dinge wahrgenommen haben.

Die Antwort des Cartesius enthält nichts Neues, als vielleicht die Äußerung daß das Unendliche keineswegs die Negation des Endlichen sei, sondern umgekehrt das Endliche sei die Negation des Unendlichen. Man könne wissen daß Gott unendlich sei, ohne deshalb das Unendliche zu begreifen, so wie man eine(n) Berg berühren könne, ohne daß man deswegen im Stande sei ihn mit dem Arme zu umspannen.

5.) Wird geleugnet, daß in der Ursache der Idee ebenso viel formale Realität enthalten sein müsse, als sich objektive Realität in der Idee finde, denn es sei keinesweges gegründet, daß in der Wirkung nichts sein könne, was sich nicht in der Ursache finde. So z. B. könne mein Bild eine objektive Idee von mir eben so gut zu Weg bringen, als ich selbst, während in mir doch offenbar mehr formale Realität sei als in dem Bild, so daß in dem ersten Fall die Idee mehr objektive Realität enthält, als das Bild formale.

Cartesius läßt sich diesmal auf keine Widerlegung ein.

6.) Wie will Cartesius sich selbst erkennen, da ja nichts auf sich selbst wirkt? Da die Hand sich nicht selbst schlägt, der Fuß sich nicht selbst tritt, das Auge sich nicht selbst sieht? Wie will man sich selbst zum Spiegel werden und so zugleich Spiegel sein und sich zugleich besehen?

Cartesius antwortet: non est oculus, qui se videt in se ipso, sed mens est, quae sola et speculum, et oculum et se ipsam quoque agnoscit.

Ferner behauptet Cartesius er fände in seiner Natur einen hinreichenden Grund um davon die Idee von den körperlichen Dingen herzuleiten. Da er sich aber ja ursprünglich nur als etwas Geistiges erkenne und nicht wisse ob es außer ihm etwas gäbe, wie verfiele er auf den Begriff des Körperlichen?

Die Antwort des Cartesius s. S. 184

7. und 8. Werden die Einwürfe gegen den aus der Idee von Gott hergeleiteten Beweis wiederholt; sie suchen darzutun, daß keinesweges Gott uns diese Idee gegeben haben müsse, und daß wir sie ganz leicht anderswoher haben könnten, ohne jedoch etwas Bedeutendes oder Neues zu enthalten.

9. und 10. Werden diese Einwürfe fortgesetzt. Es sei keineswegs nötig, daß wir jeden Augenblick neu geschaffen und so erhalten würden, denn es gibt Wirkungen, welche fortwirken, wenn auch die Ursachen deren Resultat sie sind, längst zerstört und vernichtet sind. Um fortzubestehen handle es sich nur, daß es keine Ursache gibt, welche uns zerstören kann; aber es sei keine nötig, welche uns beständig neu erschaffe.

Wir könnten auch von unsern Eltern herrühren, diese von den ihrigen und so fort und ein solcher progressus in infinitum sei keineswegs ungereimt e.c.t.

Rührte die Idee Gottes wirklich von Gott her, so würden alle Menschen Gott auf die nämliche Weise denken, während doch das Gegenteil Statt findet.

Cartesius fertigt ihn ganz gut ab, auf den letzten Einwurf antwortet er: idem est ac si miraris, quod cum omnes norint ideam trianguli, non tarnen omnes aeque multa in ipsa animadvertant, et fortem etiam nonnulli falsa quaedam de ipsa ratiocinentur.

 

In. Med. IV.

Indem Cartesius zugesteht, daß Gott uns so hätte schaffen können, daß wir nie irren, gesteht er auch eine gewisse Unvollkommenheit in Gott zu, denn entweder wußte er uns nicht vollkommner zu machen, oder er konnte, oder er wollte es nicht; in den beiden ersten Fällen ist er ohnehin unvollkommen und im letzten ist er es, weil er das Unvollkommne dem Vollkommnen vorzog.

Dann wird Cartesius getad(el)t, daß er in der Philosophie den Gebrauch der Endursachen verwerfe, und er gefragt: was für eine Idee von Gott er dann haben würde, wenn er blind und taub zur Welt gekommen wäre?

Auf das erste antwortet Cartesius kurz und ausweichend, auf das letzte entgegnet er: er zweifle nicht, daß er in diesem Zustande viel hellere und reinere Ideen von Gott haben würde, als so; denn die Sinne störten ihn nur und förderten ihn nicht.

2.) Die Sophistik, womit Cartesius den Irrtum im Verhältnis zu Gott, so wie das Böse überhaupt, zu erklären sucht, wird aufgedeckt. Cartesius sage: die unvollkommne Kreatur erscheine als vollkommen, wenn sie als ein Teil des Universums und nur dann als unvollkommen, wenn sie als ein Ganzes für sich betrachtet würde. Gassendi antwortet, das beweise deswegen nicht, daß das Universum nicht vollkommen wäre, wenn alle einzelne Teile Vollkommenheit hätten. Wenn Cartesius aber antworte: »es sei grade vollkommner, wenn einige Teile unvollkommen, als wenn alle durch ihre Vollkommenheit sich ähnlich wären«, so (h)ieße das: ein Staat sei besser, wenn einige Bürger schlecht, als wenn alle gut wären, denn ersteres biete mehr Abwechslung dar.

Wenn Cartesius behaupte der Irrtum sei nur ein Mangel, so gestehe er damit auch einen Mangel in dem von Gott uns verliehnen Denkvermögen zu e.c.t.

Die Antwort des Cartesius ist erbärmlich.

3.) Die Annahme, daß die Ursache des Irrtums nur in dem Willen liege, der mehr umfasse, als das Denken und gleichsam unendlich sei ist falsch. Denn das Denken erstreckt sich wenigstens eben so weit und wohl noch weiter, als der Wille. Denn der Wille urteilt über nichts, als Gegenstände, welche das Denken selbst wahrnimmt, und außerdem stellen wir uns Vieles dunkel vor, bei dem wir schwankend bleiben und kein Urteil darüber fällen, so daß der Wille gar nichts damit zu tun hat. Voluntas et intellectus aeque late pateat, si intellectus aliquid percipit non bene, voluntas judicat non bene. Der Irrtum liegt also nicht in dem unrechten Gebrauch des Willens, also nicht in der dissonantia judicii a re judicata, sondern darin daß der intellectus ein Ding sich anders vorstellt, als es wirklich ist.

Cartesius wiederholt in seiner Antwort das in der medit. Gesagte.

 

In med. V.

Der Unterschied den Cartesius zwischen der essentia und existentia eines Dinges macht wird angegriffen. Cartesius sagt nämlich er fände in sich die Ideen von Dingen, welche von ihm nicht willkürlich gemacht, sondern hinsichtlich ihrer Natur nach einem unabänderlichen Gesetz gedacht würden, und deren Essenz nicht geleugnet werden könne, obgleich sie keine Existenz hätten; wenn man sich z. B. ein Dreieck denke, so existiere vielleicht eine solche Figur nirgends als in unserm Denken dennoch habe sie eine bestimmte, unveränderliche, ewige Essenz, die von unserer nicht abhänge und von der man doch wahrhaftig nicht behaupten könne, daß sie nichts sei.

Gassendi wirft nun (ein), behaupten, ein Ding habe eine ewige Essenz, zu der nur die Existenz hinzukomme, hieße behaupten, Gott verhalte sich zu den Dingen, wie ein Schuster zu einem Menschen, dem er Schuhe mache.

Die Essenz der Dinge selbst sei nichts als das durch Abstraktion erhaltene Universale, und zu dieser Abstraktion gelangten wir nur auf dem Wege der Erfahrung.

Cartesius antwortet auf das Erste, er hätte nie behauptet daß die Essenzen der Dinge von Gott unabhängig seien, sondern daß grade Gott sie so bestimmt habe, daß sie unveränderlich und ewig seien.

Dem zweiten Einwurf gegenüber behauptet (er) nur, daß die Essenzen von den Universalien verschieden sei(e)n. (Vergleiche die Ideen Plato's.)

(2.) Es ist falsch, daß die Existenz Gottes von der Essenz Gottes nicht getrennt werden könne, und daß somit Gott als seiend gedacht werden müsse. Man kann die Essenz nur mit der Essenz und die Existenz nur mit der Existenz vergleichen. Man kann daher sagen, die Allmacht Gottes könne von der Essenz Gottes so wenig getrennt werden, als man von der Natur des Dreieckes die Eigenschaft trennen könne, daß seine Winkel 2 R gleich seien; dafür aber kann man die Existenz von der Essenz bei Gott so gut trennen als bei dem Dreieck. – Außerdem ist die Existenz keine Vollkommenheit, sondern sie ist nur das, ohne welches es keine Vollkommenheit geben kann. Denn das was nicht ist, ist weder vollkommen noch unvollkommen. (Was nicht ist, ist weder vollkommen noch unvollkommen. Nichtsein ist also keine Unvollkommenheit. Also ist Sein keine Vollkommenheit.)

Cartesius antwortet höchst unbefriedigend.

3. Wie kann man behaupten, daß die Gewißheit der mathematischen Sätze von der Erkenntnis Gottes abhinge, da ja diese Sätze, die von Niemand angegriffen würden, weit gewisser seien als alle diese Beweise für das Dasein Gottes, die so vielen Widerspruch fänden?

Cartesius antwortet es hätte Skeptiker gegeben, die selbst an den mathematischen Wahrheiten gezweifelt hätten, und der Beifall oder der Widerspruch, den eine Sache fände, beweise nichts für noch gegen sie.

In VI. med.

1.) Der Unterschied, den Cartesius zwischen imaginatio, als auf etwas Körperliches sich beziehend, und intellectio, als nur auf das Geistige gehend, macht wird weitläufig doch ohne bedeutende Gründe angegriffen; Gassendi behauptet intellegere und imaginari seien nur dem Grade nach verschieden. Cartesius antwortet: sunt duo modi operandi plane diverse. Quippe in intellectione mens se sola utitur, in imaginatione vero formam corpoream contemplatur. Ac quamvis figurae geometricae sint omnino corporeae, non tarnen idcirco ideae illae, per quas intelliguntur quando sub imaginationem non cadunt, corporeae sunt putandae.

2.) Unbedeutende Bemerkungen über die Gewißheit oder Ungewißheit der Erkenntnis durch die Sinne.

3, 4, 5.) werden die Einwürfe gegen die Immaterialität der Seele wiederholt, und besonders gesagt wie eine Wechselwirkung zwischen der Seele und dem Körper, zwischen Geist und Materie möglich und wie die Verbindung derselben zu denken sei.

Wolle man annehmen die Seele sei mit dem ganzen Körper vereinigt so müsse man ihr auch Ausdehnung zuschreiben; behaupte man aber sie fände sich nur an einem mathematischen Punkt, so fragt es sich doch immer, wie sie auf den Körper reagieren und ihn bewegen könne, wenn sie nicht selbst Materie ist, denn Cartesius behaupte der Körper werde durch die Seele bewegt, wie kann aber nun eine körperliche Bewegung vor sich gehen ohne die gegenseitige Berührung des Bewegenden und des Bewegten? Außerdem, wie soll die Seele sich körperlicher Bewegungen, als Eindrücke bewußt werden, denn Cartesius sage ja selbst, daß wenn er sich zum Körper, als eine reine Intelligenz verhielte, so würde (er) wohl einsehen daß dem Körper z. B. Trank und Speise fehlen, aber nicht das Bedürfnis derselben empfinden, so würde er eine körperliche Verletzung wahrnehmen, aber keinen Schmerz fühlen e.c.t.

Die Antwort ist erbärmlich.

VII. (objectiones.) med. dinet.

 

(Nachfolger)

Interessant sind noch die Einwürfe, welche der Engländer Heinrich More in mehreren Briefen machte, die er an den Cartesius schrieb. Diese Briefe nebst den Antworten des Cartesius wurden nach dem Tode dieses Letztern unter den Briefen des Cartesius abgedruckt.

Frankreich, die Niederlande und Teutschland sind die Länder, in welchen die Cartesianische Philosophie besonders ihre Rolle gespielt hat, in England und Italien war ihre Wirkung geringer und nur vorübergehend. Besonders wurde Holland der Hauptsitz der neuen Philosophie.

Heinrich Renery war der erste, welcher sie annahm und sie erst zu Deventer, dann zu Utrecht vortrug, er starb jedoch schon im Jahre 1639. Sein Nachfolger im Verbreiten der Lehre wurde H. Regius. Man geriet jedoch bald in Konflikt mit der alten Philosophie. Gisbert Voetius, der Rektor der Universität zu Utrecht ließ 1641 die neue Lehre verbieten, griff sie in seinen Disputiersätzen vom Atheismus an und ließ durch Schook in Groningen eine verleumd(er)ische Schrift dagegen erscheinen. ( Schookii Philosophia Cartesiana sive admiranda methodus novae Philosophiae Ren. Desc., 1643) Cartesius schrieb dagegen Epistola ad celeberrimum D. Gisbertum Voetium e.c.t. Dann bestritt auch noch Voetius die meditationes, unter dem Namen Theophilus Cosmopolita.

Unterdessen erklärten sich fast auf allen Universitäten Hollands Gelehrte für die neue Philosophie, Herebord, Golius, Schotanus zu Leyden, Andreas Tobiä zu Gröningen. Die der Cartesianischen Philosophie zu Grund liegende Ansicht, daß man durch Demonstration allein zu Allem gelangen könnte, erregte die Besorgnis der Theologen, so wenig auch die Philosophie selbst in ihrer Anwendung der Orthodoxie entgegen trat. Die scholastische Philosophie hatte nie dem Glauben gegenüber sich ein gleiches Recht angemaßt, sie bot ihren Scharfsinn auf um den Glauben mit philosophischen Forderungen auszusöhnen, aber sie wollte nie den Glauben durch die Demonstration ersetzen. Man fürchtete weniger die Cartesianische Philosophie selbst, als die Konsequenzen, die sich aus ihrer Grundansicht könnten herleiten lassen. Daher wurde auf der Synode zu Dordrecht 1656 festgesetzt, daß die Theologie und Philosophie getrennt, jene aus der Bibel, diese aus der Vernunft geschöpft werden müsse. Alle Hypothesen, welche mit der Offenbarung streiten, müßten verworfen werden und von Cartesius Philosophie solle weder in Schriften, noch in öffendichen Disputationen etwas vorgetragen werden. Diese Schlüsse wurden im folgenden Jahre zu Delfte erneuert, mit dem Zusatz, daß kein Anhänger der neuen Philosophie auf eine Anstellung in einem geistlichen Amt rechnen könne. Dagegen erschien ein Buch, philosophia scripturae intetpres. Eleutheropoli 1666 (3. Ausgabe von Semler Halle 1776) welches der Vernunft und der Philosophie das Recht der ersten Stimme in der Erklärung der Schrift zusprach und behauptete ohne Philosophie könne sie gar nicht verstanden oder erklärt werden. Der Verfasser dieses Buches war Ludwig Meier, ein Arzt und Freund des Spinoza. Eine Menge Streitschriften folgten nun über das Verhältnis der Philosophie und der heiligen Schrift, man vgl. Valentini Alberti Cartesianismus et Coccejanismus Belgio hodie molesti Lips. 1679. F. Spanhemi de novissimis circa res sacras in Belgio dissidiis epistola. Lugd. B. 1677. Petri van Maestricht novitatum Cartesionarum gangraena. Amstel. 1677.

In Folge der Reaktion vereinigte sich die Partei des Coccejus in der Theologie mit den Cartesianern, worauf dann 1676 zu Leyden und Utrecht die Coccejanische Theologie und Cartesianische Philosophie verboten wurden. – Bei all diesen Kämpfen erhielt sich die Cartesianische Philosophie eine Zeitlang in großem Ansehn und zählte unter ihren Anhängern mehre berühmte Namen und gute Denker, unter denen man wieder die echten und die unechten Cartesianer unterschied, je mehr oder weniger streng sie sich an das System des Meisters hielten.

Unter ihnen zeichneten sich aus Adrian Herebord († 1659) schrieb: consensus veritatis in scriptura divina et infallibili revelatae cum veritate philosophica a Renato Cartesio detecta. Nimvegen 1659. Theologia pacifica Leyden 1675. Antispinoza Amst. 1690.

Arnold Geulinx.

Balthasar Bekker, bestritt durch Folgerungen aus dem Cartesianischen Spiritualismus den Glauben an sichtbare Geistererscheinungen und Geisterwirkungen.

Christoph Wittich (geb. 1625 † 1687) war nach Heidanus einer der ersten, der die Cartesische Philosophie mit der Theologie in Verbindung brachte. Schrieb: phil. naturalis et rationalis Leyden 1654. parallelismus et consensus Aristotelicae et Cartesianae phil. in philosophia naturali Leid. 1643. Selectae ex philosophia disputationes. Leiden 1650.

Herrmann Alex. Roel Professor der Theologie zu Utrecht († 1718) behauptete die Notwendigkeit der Philosophie überhaupt und insbesondere einer natürlichen Theologie für das richtige Verständnis der positiven Theologie.

Ruard Andala (geb. 1665. † 1727) Professor der Phil, und Theologie zu Franecker. Schrieb: exercitationes academicae in philosophiam primam et naturalem. Fran. 1708. paraphrasis inprincipia philosophiae Cartesii. 1710 e.c.t.

Übrigens wurden durch alle diese Streitigkeiten die Mängel des Cartesianismus von allen Seiten so scharf beleuchtet, daß das Ansehen desselben bald zu sinken anfing und er endlich der Leibnitz-Wolfischen Platz machen mußte.

In den spanischen Niederlanden fand der Cartesianismus an den Jesuiten zu mächtige Gegner, als daß er zu einem bedeutenden Ansehen hätte gelangen können. Nur ein Arzt zu Douai Antoine le Grand nahm sich seiner mit Nachdruck an. Ant. le Gr. philosophia vetus e mente Renati d. C. more scholastico breviter digesta London 1671. institutiones philosophiae secundum principia Renati des Cartes Lond. 1678. Nürnberg 1679. dissertatio de carentia sensus et cognitionis in brutis. Nürnberg 1679.

In Frankreich fand der Cartesianismus an den Jesuiten, obgleich Einzelne ihm wohlwollten, gewaltige Gegner, er blieb von dem Lehrkursus der Universitäten und öffentlichen Seminarien ausgeschlossen und seine Anhänger huldigten ihm nur mit großer Schüchternheit oder im Geheimen, obgleich ihre Zahl bedeutend war. Unter seinen Anhängern zeichneten sich aus:

Louis de la Forge, Arzt zu Saumur, er gab einige nachgelassne Schriften des Cartesius heraus und führte den von Descartes unvollendet gelassnen Teil der Philosophie von der menschlichen Seele aus Traité de l'esprit de l'homme par Louis de la F. Paris 1666, auch die Abhandlung de homine versah er mit sehr weitläufigen Anmerkungen.

Claude de Clerselier († 1686). Er gab die nachgelassnen Schriften des Cartesius heraus und trug sehr viel zur Verbreitung seiner Lehre bei, zu der Abhandlung de homine hat er eine ausführliche Vorrede geschrieben.

Jac. Rohault († 1675). Freund und Schwiegersohn des Clerselier, Verbreiter der neuen Lehre vorzüglich in Beziehung auf Physik. Man hat von ihm eine Physik, welche zu Paris 1671 und zu Amsterdam in französischer Sprache erschien und nachmals ins Lateinische übersetzt wurde.

Pierre Sylvain Regis, Schüler des vorhergehenden. Er errichtete zu Toulouse, Montpellier und andern Orten Gesellschaften zur Verbreitung des Cartes(ianismus). Zu Paris hielt er 1680 in einem Privathause stark besuchte Vorlesungen über denselben, deren Fortsetzung jedoch, da die Universität von Anjou bereits 1675 und die von Paris 1677 die neue Lehre verboten hatten, von dem Erzbischof untersagt wurden. 1690 erhielt er jedoch die Erlaubnis sein System der Philosophie, worin er dem Cartesius keineswegs durchaus folgt, sondern sich auch als Selbstdenker zeigt, herauszugeben. Cours entier de philosophie, contenant la Logique, la Metaphysique, la Physique et la Morale. Er starb 1707 zu Paris, als Mitglied der königlichen Akademie der Wissenschaften.

Ein großer Teil der Mitglieder des Oratoriums war dem Cartesius günstig, vorzüglich Malebranche.

Die Mitglieder des port royal waren eifrige Cartesianer. Unter ihnen verdankt man Arnauld und Claude ein für jene Zeiten vortreffliches Compendium der Logik: l'art de penser. Paris 1664.

Unter die Gelehrten, welche im Verborgnen Freunde des Cartesius waren gehörten Bossuet und Hubert Montmort.

Unter den Gegnern des Cartesius zeichneten sich in Frankreich Pierre Gabriel Huet und der Jesuit Gabriel Daniel aus.

Huet betrachtet die Philosophie vom skeptischen Standpunkt, die Erkenntnis von der Schwäche der menschlichen Vernunft, von der Unmöglichkeit der Demonstration, ließ ihn alles Wissen auf den Glauben und die Offenbarung zurückführen. In der Schrift: Pet. D. Huetii censura philosophiae Cartesianae Paris 1689 gab er eine scharfe Kritik, jedoch mit voller Anerkennung der wirklichen Verdienste des Cartesius. Gegen diese Schrift erschienen einige Gegenschriften, gegen welche Huet sich durch einen satyrischen Roman verteidigte.

Der Jesuit Gabriel Daniel griff ebenfalls zur Satyre und zum Roman: voyage du monde de Descartes suivant la copie de Paris 1691. mit einem Nachtrag: nouvelles difficultes propose'es par un Peripateticien à l'auteur du voyage du monde de Descartes. Von beiden existiert eine gute lateinische Übersetzung, die zu Amsterdam erschien.

In Deutschland wurde der Einfluß des Cartesius viel weniger verspürt. In Leipzig suchte Petermann die neue Philosophie zum Lehrgegenstande zu erheben. Zu Herborn, Bremen und Duisburg gab es Cartesianer und Gegner. Am berühmtesten wurde Johann Clauberg, der zu Leiden die Cartesianische Philosophie gehört hatte, und sie dann zu Herborn und Duisburg wieder lehrte († 1665) Joh. Claubergii opera philosophica Amst. 1691. Logica vetus et nova. Ontosophia, de cognitione Dei et nostri, de Dubitatione Cartesiana.

In England ging es wie in Deutschland, besonders da zwei angesehne Lehrer zu Oxford Cudworth und Sam. Parker ihr den Stab brachen. Sie kritisierten in ihren Schriften den Cartesius scharf, erklärten ihn jedoch nicht wie viele Andre für einen Atheisten. Cudworth systema inlellectuale. Sam. Parker disputationes de Deo. Die Lehre des Cartesius wurde zu Oxford verboten.

In Italien wurde 1663 der Druck und das Lesen der Cartesianisch(en) Schrift(en) durch den Papst verboten. Nichtsdestoweniger beschäftigten sich mehrere Denker mit de(n)selben. Michel Angelo Fardella erklärte sich für sie und Lettore Venturelli verteidigte sie gegen den Bibliothekar Agnani zu einer Zeit, wo diese Philosophie schon größtenteils vergessen war. Lettera del Lettore Venturelli a S. Maëstro Agnani. Ravenna 1738.

Die bedeutendsten Denker, welche auf dem System des Cartesius fortbauten und in seinen Konsequenzen weiter ausführten, waren Geulinx, Becker und Malebranche.

 

1. Arnold Geulinx

geboren zu Antwerpen gegen 1625, studierte zu Löwen die Philosophie und Medizin, wo er eine Lehrstelle erhielt, der er jedoch entsetzt wurde. Er begab sich darauf nach Leiden, wo er von Heidanus aufgenommen und unterstützt wurde und 1665 eine Professur der Philosophie erhielt jedoch schon im Jahre 1669 starb. Seine Schriften sind erst nach seinem Tod aus Heften bekannt gemacht worden: annotata praecurrentia ad R. Cartesii principia. Dordraci. 1690.– Annotata majora in principia philosophiae R. Cart. accedunt opuscula philosophica ejusdem autoris Dordraci. 1691. – Logica fundamentis suis, a quibus hactenus collapsa fuerat, restituta Amstel. 1698. – Metaphysica vera et ad mentem Peripateticam Amstelod. 1691. – γνωδι σεαυτον sive Ethica. Leidae 1675. Amstel. 1696.

Arnold Geulinx ist der Urheber des Systems des Okkasionalismus oder der gelegentlichen Ursachen. Grundzug dieser Lehre ist: außer der Sphäre meines innern Handelns, der einzigen mir möglichen, bin ich bloßer Zuschauer und Betrachter der äußeren Welt, ohne eine tätige Rolle an dem Schauspiel derselben zu haben. Selbst daß ich die Welt schaue, ist nicht mein Werk, noch eine Wirkung der Welt, welche sich selbst mir nicht zum Schauen geben kann, sondern die Wirkung Gottes.

Es ergeben sich daraus folgende Sätze, welche eine Gewißheit haben, daß selbst die mathematische Evidenz mit ihr nicht zu vergleichen ist.

  1. Ich kann in dieser Welt nichts außer mir wirken.
  2. Alle meine Wirksamkeit, insofern sie mein ist, bleibt innerhalb meiner Selbst verschlossen.
  3. Durch göttliche Kraft verbreitet sich meine Wirksamkeit zuweilen außer mir.
  4. Insofern ist es aber nicht meine, sondern Gottes Handlung.
  5. Sie verbreitet sich außerhalb, so weit und wann es Gott nach den von ihm mit größter Freiheit, bloß von seiner Willkür abhängigen Gesetzen beliebt. Es ist ein eben so großes Wunder, daß wenn ich das Wort Erde ausspreche, meine Zunge willkürlich erzittert, als daß die Erde selbst willkürlich erbebet, nur mit dem Unterschiede, daß es Gott gefallen hat, daß sich jenes zuweilen ereigne, nicht aber daß dieses geschehe.
  6. Ich schaue bloß die Welt an.
  7. Die Welt kann sich mir nicht selbst zu schauen geben.
  8. Gott allein macht, daß ich die Welt schaue und zwar auf eine unbegreifliche Weise, so daß ich, unter den erstaunenswürdigen Wundern, welche zu schauen er mich in dieser Welt gewürdigt hat, ich als Beschauer selbst das größte und fortwährende Wunder bin. (Geulinx Ethica p. 25 116–121 p. 139.)

Die scharfe Linie, welche Cartesius schon zwischen Denken und Ausdehnung gezogen hatte, die Unmöglichkeit der Einwirkung des einen auf das andre begreiflich zu machen, mußte notwendigerweise zu einer Ansicht führen, welche als notwendige Konsequenz daraus hervorgeht. Gott allein ist Ursache der Verbindung und Beziehungen dieser ganz isolierten Wesenheiten, indem er macht, daß in der Seele Veränderungen entstehen, welche sich auf den Zustand des Körpers und in den Körpern, welche sich auf die Tätigkeiten der Seele beziehen.

In der Art wie Geulinx sein Räsonnement einrichtet, scheint er jedoch einen Umweg zu machen. Er sagt, nehme ich mich rein als denkendes Wesen, so Ende ich in mir viele Gedanken, welche nicht von mir abhängen, die also in mir von einem anderen erkennenden und wollenden Wesen erzeugt werden müssen, welches darum weiß und erkennt was und wie es wirket. Denn es ist unmöglich, daß ein Objekt etwas wirke, wovon es nicht weiß, wie es geschieht und umgekehrt, jedes Ding wirkt nur dasjenige, dessen Entstehungsweise es begreifen kann. – Dasjenige erkennende und wollende Wesen nun, welches in mir Vorstellungen erzeugt, erzeugt sie so, daß entweder es selbst, oder ich selbst, oder Etwas andres sie vermittelt. Der erste und zweite Fall ist nicht gedenkbar, weil diese Gedanken mannigfaltig sind, mein Ich und jenes Wesen als denkend einfach ist, als solches von Vielen ein und dasselbe denkt und von ihm nicht mannigfaltige Gedanken herfließen können. Es muß also ein drittes geben, durch dessen Vermitdung jenes Wesen diese Vorstellungen hervorbringt und es muß mannigfaltiger Veränderungen fähig sein, damit dadurch verschiedne Objekte des Denkens vorgehalten werden können. Von der Art ist nun das Ausgedehnte, welches veränderlich ist. Geulinx gibt hier also zu, daß Gedanken vermittelst des Körpers hervorgebracht werden können, aus Folgendem wird dies noch klarer, er sagt: Man könnte zwar denken dasjenige Wesen, welches durch Hülfe des Körpers, eines ganz untauglichen Instrumentes, die Gedanken in mir hervorbringt, könnte auch diese Mannigfaltigkeit ohne Veränderung des Instrumentes bewirken, da das eine wie das andere unbegreiflich ist, aber dieses stimmt nicht mit dem rechten Vernunftgebrauche überein. Ist es mir gleich etwas dunkel, wie Gedanken vermittelst des Körpers hervorgebracht werden, so darf ich doch diese Dunkelheit nicht über ihre Grenzen ausdehnen und muß die Klarheit ergreifen, wo sie sich findet.

Die Körper wirken auf mich nicht als Ursachen, sondern nur als Instrumente.

Unter den unendlich vielen Körpern ist einer, den ich den meinigen nenne d. i. derjenige, auf dessen Veranlassung die mannigfaltigen Vorstellungen in mir entstehen. Ich bin mir also bewußt, daß ich von demselben auf gewisse Weise affiziert werde und ebenso auf denselben wieder wirke. Jedoch ist diese Wirkung nur uneigentlich, denn eigentlich werde ich nicht von dem Körper, sondern von der Ursache, welche sich des Körpers als eines Werkzeugs bedient, und auf das Belieben meiner Willkür werden gewisse Teile meines Körpers nicht von mir sondern von der bewegenden Ursache bewegt. Denn ich bin nicht Urheber dieser Bewegungen, da ich nicht weiß wie sie verrichtet werden. Ich bin also nicht Ursache von demjenigen, was ich nach der gemeinen Vorstellung mache. Was ich wirke und tue, das sind nur Handlungen innerhalb meiner Selbst, welche diese innere Sphäre nicht überschreiten, nicht auf meinen Körper oder andre Körper übergehen. Wenn auch ein andres Wesen nach seinem Belieben, ohne meinen Willen, will, daß meine Handlung sich auf meinen Körper, oder auf andere Objekte erstreckt, so bin ich doch nicht Ursache davon, es ist die Wirkung seiner, nicht meiner Handlung.

Nach dem philosophischen Lexikon von Walch, nach Brucker ist der Arzt de la Forge der Urheber des Okkasionalismus; das Gegenteil gibt sich aber leicht aus seinem Traité de l'esprit de l'homme, wo er eine wechselseitige Dependenz des Körpers und der Seele annimmt. In einer Schrift von Ruard Andala, disputatio de unione mentis et corporis physica wird dagegen Geulinx als Urheber bezeichnet.

Der Okkasionalismus fand bei den sogenannten unechten Cartesianern, als Beccer, Volder, Deurhof, auch Bayle Beifall und wurde besonders durch Malebranche und Spinoza ausgebildet, bis es durch das System der prästabilisierten Harmonie zu seiner höchsten Konsequenz und Vollendung gelangte.

 

2. Balthasar Beccer

geb. 1634 in Westfriesland, studierte zu Franecker die Theologie und wurde in der Nähe dieser Stadt Prediger im Jahr 1655, wurde jedoch als Verteidiger der Cartesianischen Philosophie seiner Stelle entsetzt. Im Jahr 1680 erhielt er eine andere zu Amsterdam, die er jedoch ebenfalls wieder verlor. Er starb 1698. Er wandte vorzüglich die Lehre des Okkasionalismus auf den Glauben an Geistererscheinungen an, seine spekulativen Gründe waren nicht weit her, dagegen war die Schrift von praktischer Seite bedeutender. Sein Hauptwerk war die Bezauberte Welt, das großes Aufsehen machte.

 

3. Nicole Malebranche

geb. zu Paris den 6. August 1638. In einem Alter von 22 Jahren kommt er ins Oratorium und widmete sich dem Studium der Theologie. Im Jahr 1664 fielen ihm die Schriften des Cartesius in die Hände, welche sogleich seinem geistigen Streben die Grundrichtung gaben, indem er auf eine originale Weise den Idealismus, Mystizismus und Supernaturalismus, den Augustinus und den Cartesius vereinigte. Die Wissenschaft des menschlichen Geistes ward ihm die wichtigste Angelegenheit alles geistigen Strebens, und die Hauptwissenschaft, welche dem Menschen offenbaret, was er ist und was er sein soll. Das Ziel aller Forschung ist die Hinkehrung des Geistes zu Gott. Wir sehen alle Dinge in Gott. Nicht die Demonstration aus Schlüssen, sondern die reine Anschauung ist das Band, welches den endlichen Geist mit dem absoluten vereinigt.

Seine Schriften. Das bedeutendste Werk: De la recherche de la vérité, où l'on traite de la nature, de l'esprit de l'homme et de l'usage, qu'il en doit faire pour éviter l'erreur dans les sciences. Es erschien eine lateinische Übersetzung von Lenfant zu Genf und eine deutsche zu Altenburg. – Conversations chrétiennes 1677, die ihn in Streit mit Arnaud verwickelten. Hierauf beziehen sich: De la nature et de la grace. Amsterdam 1680 und méditations chrétiennes et métaphysiques. Cologne 1683. – Entretiens sur la métaphysique et sur la religion. Rotterdam 1688. – Entretiens d'un philosophe chrétien et d'un philosophe chinois sur la nature de Dieu. Paris 1708. – Réflexions sur la promotion physique pour répondre à un livre intitulé: de l'action de Dieu sur les créatures. Paris 1715.

Die beiden Hauptstücke seines Systems sind seine Theorie des Erkennens und seine Ansicht über das Verhältnis Gottes zur Welt.

Verstand (intellectus) und Wille sind die beiden Grundvermögen der Seele, welche mit den beiden Vermögen der Materie, der Ausdehnung und der Beweglichkeit analogisch verglichen werden können. Das Denken macht das Wesen der Seele aus, d. h. die Denkfähigkeit im Allgemeinen. Das Wollen ist zwar ein von der Seele unzertrennliches Vermögen, allein es setzt das Denken voraus, ist daher nicht wesentlich.

Der Verstand ist das Vermögen viele Ideen, der Wille das Vermögen viele Neigungen zu empfangen ( Idee ist dasjenige, was die Seele unmittelbar wahrnimmt, dies ist entweder etwas Äußeres oder etwas Inneres).

Das Verhältnis zwischen dem Verstand und dem Willen denkt sich Malebranche ungefähr wie Cartesius.

Der Verstand nimmt wahr und denkt entweder das Einfache ohne alle Verhältnisse (bloße Wahrnehmungen oder Vorstellungen) oder Verhältnisse zwischen mehreren Dingen ( Urteile), oder Verhältnisse der Verhältnisse mehrerer Dinge ( Schlüsse).

Urteile und Schlüsse insofern sie in dem Verstände sind, sind bloße Vorstellungen, der Verstand ist nämlich ein bloßes leidendes Vermögen, welches durchaus keine Tätigkeit in sich schließt.

Der Wille aber urteilt und schließt, indem er den von dem Verstände dargebotenen Vorstellungen beistimmt oder nicht, willkürlich, bei den einleuchtenden Wahrheiten jedoch notwendig. Der Wille ist ursprünglich auf das Gute gerichtet, er besteht in den Eindrücken und Bewegungen, durch welche wir zu dem unbestimmten und allgemeinen Guten hingezogen werden; er ist jedoch frei und als solcher hat er das Vermögen jene Neigung auf besondere uns gefallende Gegenstände abzuleiten.

Der Gegenstand der menschlichen Erkenntnis ist entweder in oder außerhalb der Seele. In der Seele sind die eignen Gedanken und ihre mannigfaltigen Modifikationen, als reine Begriffe, Empfindungen e.c.t. Die Seele bedarf zur Wahrnehmung dieser Modifikationen keiner Idee, weil sie selbst nichts andres ist, als die auf diese oder jene Weise modifizierte Seele, wir erkennen sie nur durch das Bewußtsein, daher ist auch unsere Erkenntnis von derselben unvollkommner, als die von den Körpern. Erkennten wir sie durch die Ideen, so würden wir auf einmal die Eigenschaften erkennen, welche für sie möglich sind, so wie wir in der Idee alle Eigenschaften erkennen, welche die Ausdehnung haben kann. Der Unterschied zwischen Seele und Körper wird nicht durch eine einfache Anschauung sondern durch Schlüsse gefunden, zu welchen wir nicht die Idee der Seele, sondern die der Ausdehnung, als der klärern anwenden.

Die Objekte außerhalb der Seele sind materielle und geistige. Die geistigen können wir nicht unmittelbar wahrnehmen, und ihre Gedanken nur durch Hülfe von Worten und andern Zeichen erkennen; aber es ist wahrscheinlich, daß dies nur eine von Gott für das gegenwärtige Leben getroffne Einrichtung ist, daß die Geister an sich sich unmittelbar wahrnehmen können und daß also auch die Menschen, wenn sie von dem Körper befreit sind, auf eben die Weise ihren Geist einander öffnen können, wie die Engel im Himmel. Eigentlich können jedoch die Geister miteinander nur in Gott vereinigt werden und sich selbst nur in Gott schauen, oder eine klare Idee ihres Seins durch die in Gottes Wesen enthaltne Idee erhalten.

Was die materiellen Objekte anbelangt, so gibt es zwischen ihnen und der Seele keine denkbare Brücke; weil sie ausgedehnt sind und die Seele, da sie nicht ausgedehnt ist, nicht aus sich herausgehen kann um die von ihr verschiednen Objekte zu schauen. Da sie nun nicht unmittelbar wahrgenommen werden, so muß in der Seele etwas Unmittelbares sein, wodurch sie wahrgenommen werden und das ist die Idee.

Idee ist das unmittelbare Objekt der Seele bei ihren Wahrnehmungen. Wenn wir die Sonne sehen, so ist die Sonne nicht das unmittelbare Objekt, das gesehen wird, sondern etwas, das sich mit der Seele auf das Innigste vereinigt, und das ist die Idee. Es ist jedoch nicht notwendig, daß etwas außer der Seele existiere, was der Idee ähnlich ist.

Wir erkennen nur die Objekte durch die Idee. Nachdem Malebranche, die verschiednen darüber aufgestellten Hypothesen scharfsinnig kritisiert, gibt er seine eigne: die Seele ist mit dem vollkommensten Wesen vereinigt, welches alle Vollkommenheiten der erschaffnen Dinge im Allgemeinen enthält.

Gott existierte ehe er die Welt schuf; Der einfachste Beweis für das Dasein Gottes nach Malebranche: Die Seele hat eine Vorstellung von dem Unendlichen, doch ohne es zu begreifen, und die deutlichste Idee von Gott. Diese kann nur aus der Vereinigung mit Gott herrühren, da es sich nicht denken läßt, daß die Idee des vollkommensten Wesens etwas Erschaffnes sei.
Die Seele hat die Idee des Unendlichen vor der Idee des Endlichen. Letzteres ist nur die Negation des Ersteren.
er konnte sie nicht ohne Ideen und Erkenntnisse hervorbringen, daraus folgt, daß die göttlichen Ideen von der Welt, von Gott selbst nicht verschieden sind; daß also alle erschaffnen Dinge, auch die materiellsten und irdischsten auf eine ganz geistige, für uns unbegreifliche Weise in Gott sind. Gott siehet also alle Dinge in sich, indem er seine Vollkommenheiten betrachtet. Er erkennt auch die Existenz derselben, denn sie hängen von seinem Willen ab und sein Wille ist ihm nicht verborgen. Gott siehet also nicht allein das Wesen, sondern auch die Existenz der Dinge in sich. Wir sehen nun alle Dinge in Gott, indem Gott mit unserm Geiste durch seine Gegenwart auf das Innigste vereinigt ist und so der Ort des Geistes ist, wie der Raum der Ort der Körper ist.

Alle Objekte müssen der Seele, wenn auch nur im Allgemeinen und undeutlich, gegenwärtig sein, da man von dem Verlangen ergriffen werden kann, alle Objekte eines nach dem anderen zu betrachten. Alle Objekte können aber der Seele nur dann gegenwärtig sein, wenn ihr Gott gegenwärtig ist, welcher in der Einfachheit seines Wesens alle Dinge begreift. Denn die allgemeinen Ideen von Gattung, Art u.s.w. scheinen nicht möglich zu sein, wenn die Seele nicht alle Dinge in einem Begriffe schaut. Auch kann man nur durch die Gegenwart dessen, der die Seele auf unendliche Weise erleuchten kann, die Art erklären, wie die Seele viele abstrakte und allgemeine Wahrheiten erkennt.

Wenn wir nicht Gott auf gewisse Weise schaueten, so würden wir gar nichts schauen; wenn wir nicht Gott liebten d. i. wenn Gott nicht unaufhörlich die Liebe zum Guten im Allgem(einen) uns eindrückte, so würden wir gar nichts lieben. Denn da diese Liebe unser Wille ist, so können wir ohne sie nichts wollen oder lieben. Wir lieben also Alles nur durch die notwendige Liebe, durch welche wir zu Gott getrieben werden und wir schauen Alles, durch die natürliche Erkenntnis, welche wir von Gott haben. Alle unsere besondren Ideen von den Geschöpfen sind nichts andres als Einschränkungen der Idee des Schöpfers und unsere Willensneigungen gegen die Geschöpfe Bestimmungen der Neigung zum Schöpfer.

Wir schauen durch diese Ideen die Dinge, wie sie in Gott sind, immer auf die vollkommenste Weise und diese würde unendlich vollkommen sein, wenn der menschliche Geist unendlich wäre. Was unserer Erkenntnis mangelt, ist nicht ein Mangel der Idee, sondern des Geistes, der sie betrachtet. Übrigens erkennen wir nicht alle Dinge auf diese Weise, sondern nur diejenigen, von welchen wir Ideen haben.

Daraus daß wir alle Dinge in Gott sehen folgt aber nicht, daß wir das Wesen Gottes erkennen.

Gott allein wird durch sich selbst erkannt. Gott allein erkennen wir durch unmittelbare Anschauung. Denn es läßt sich nicht denken, daß ein erschaffnes Ding den Unendlichen darstellen, oder daß man durch die Idee d.i. durch ein Einzelwesen, das Uneingeschränkte erkennen könne.

Soweit über den ersten Hauptpunkt, der zweite besteht hauptsächlich in der scharfen Durchführung des Okkasionalismus.

Es gibt nur eine Ursache, weil Gott einzig ist; die Natur und Kraft jedes Dinges ist der Wille Gottes. Die Naturursachen sind nur Gelegenheitsursachen.

Eine wahre Ursache ist diejenige, zwischen welcher und der Wirkung der Verstand eine notwendige Verknüpfung einsieht, so daß er die Wirkung begreift. Nun gibt es aber kein Wesen, zwischen dessen Willen und den Wirkungen der Verstand eine notwendige Verknüpfung einsieht, als Gott; denn zu seiner absoluten Vollkommenheit gehört auch Allmacht, so daß wir ihn nicht anders denken können, als daß, sobald er will, daß ein Körper sich bewege, dieser auch sich sogleich bewege. Alle Kräfte der Natur sind nichts als Willenstätigkeiten der Gottheit. Gott allein ist also die wahre Ursache und außer ihm Nichts. Es ist ein Irrtum, wenn man glaubt dasjenige, was der Wirkung vorhergeht sei Ursache. Körper, Seelen, reine Geister vermögen nichts.

Mentes ab autore suo illuminantur et agitantur. Qui creavit coelum et terram, utriusque motus regit. Denique Creator noster nostras voluntates exequitur, semel jussit, semper paret. Imo brachium nostrum movet, ubi etiam illo utimur adversus ipsius mandata, ipse enim per Prophetas queritur, nos illum eo adducere, ut injustis desideriis nostris obtemperet.

Alles was in der Körperwelt geschieht läßt sich auf die Bewegkraft als die Grundursache zurückführen. Alle Veränderungen in den Körpern bestehen in Bewegungen. Die Bewegkraft ist der göttliche Wille. Die zwei Grundsätze, wonach alle auch die wunderbarsten Wirkungen hervorgebracht werden, sind: 1. jede Bewegung ist geradlinigt oder strebt es zu sein, und 2.) bei dem Zusammenstoße der Körper werden die Bewegungen nach der Größe der zusammenstoßenden mitgeteilt, denn da die Körper, welche sich gegenseitig stoßen, in dem Momente der Berührung als ein einziger Körper zu betrachten sind, so wird die Bewegkraft in dem Momente der Trennung nach Proportion der Größe unter sie verteilt.

Was die geistige Sphäre anbelangt, so ist Gott die Ursache unsers Willens, indem er bewirkt, daß wir einen (freien) Willen haben. Der Mensch ist also freie Ursache. Über die Frage, wie es denn komme, daß der Mensch sündigen könne, hilft Malebranche sich wie Cartesius hinaus, indem er sagt Sünde, Irrtum und selbst das Gelüsten sei nichts Reales.

Daß aber mein Wille die wahre Ursache sei von der Bewegung meines Armes, von den Ideen meines Verstandes und von Allem, was meine Willensbestimmungen zu begleiten pflegt, das leugne ich, weil ich kein Verhältnis zwischen so verschiedenen Dingen einsehe. Gott allein kann die Ursache der Verbindung zwischen Geist und Körper, zwischen Wille und Bewegung sein und und in der Art kann unser Wille sogar Gott nach sein(en) eignen Gesetzen zwingen, etwas Böses zu tun. Ich leugne, daß mein Wille meine Ideen hervorbringt, weil ich nicht begreife, wie er sie hervorbringen könne. Denn der Wille kann ohne Erkenntnis nicht wirken, er setzt die Ideen voraus, aber macht sie nicht. Man sage nicht, die Ideen würden durch das Denkvermögen hervorgebracht, welches uns Gott gegeben hat, oder der Arm durch die Verbindung bewegt, welche Gott zwischen Seele und Körper gestiftet hat; denn Vermögen, Verbindung sind unbestimmte, undeutliche Ausdrücke. Denn Alles, was existiert, ist entweder ein Ding oder es sind Bestimmungen desselben. Ein Ding ist was absolut ist, oder an sich ohne Beziehung auf etwas andres, Bestimmungen sind das Relative, was nicht allein und für sich gedacht werden kann. Es gibt zwei Arten von Bestimmungen: die einen bestehen in dem Verhältnis der Teile eines Ganzen zu einem anderen Teile desselben Ganzen; die andern in dem Verhältnisse eines Dinges zu einem andern, welches nicht Teil desselben Ganzen ist. Jedes Wort, welches weder ein Ding noch eine Bestimmung desselben deutlich und bestimmt anzeigt, hat keine deutliche, oder eigentlich gar keine Bedeutung.

Das ganze System des Malebranche läuft eigentlich auf den Pantheismus hinaus, noch einen Schritt und er ist Spinoza, so verschieden auch die Wege sind die beide Denker eingeschlagen. Indem er den Körpern die Bewegkraft und den Geistern eigentlich den Willen nimmt und das Denken zu einem ganz passiven Akt macht, vernichtet er ihre Individualität, sie sind nur Schatten und es bleibt wenig mehr zwischen ihnen und den Akzidenzien des Spinozismus.

Den bedeutendsten Gegner fand Malebranche in Arnaud, mit dem er mehrere Schriften wechselte.

Foucher (critique de la recherche de la vérité), Locke (examen du sentiment du P. Malebranche, qu'on voit toutes les choses en Dieu. auvres diverses de Locke II. B. Amsterdam 1732.) und Leibniz (recueil de diverses pièces sur la philosophie, la religion naturelle, l'histoire e.c.t. par Leibniz, Clarke et autres auteurs celèbres. II. B. Amsterdam 1740) schrieben Kritiken über Malebranche.


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