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siehe Bildunterschrift

Fürstin Gallitzin.
Nach einer Zeichnung von F. Hemsterhuis, gestochen von Winckeles

Vorwort.

Den aus mancherlei Widersprüchen zusammengesetzten Charakter der Fürstin Amalie Gallitzin, einer der eigenartigsten und bedeutendsten Frauen aller Zeiten, zu verstehen und zu erklären, ist keine ganz leichte Aufgabe. Waren doch selbst ihre Freunde, trotz innigen, persönlichen Verkehrs, nicht immer einig in ihrem Urteil über diese merkwürdige Frau; um wieviel schwerer muß es somit der Nachwelt fallen, sich ein richtiges Bild von ihrer Persönlichkeit, ihrem Denken und Empfinden zu schaffen!

Ich habe es versucht, die Fürstin so zu zeichnen, wie sie mir aus den Schilderungen ihrer Zeitgenossen, aus ihren Briefen und aus ihren Tagebüchern entgegentritt: zuerst als vornehme Weltdame, die sich in dem oberflächlichen gesellschaftlichen Treiben ihrer Zeit vergebens zurecht zu finden trachtet, dann als eifrig studierende Einsiedlerin, als Freundin und Beraterin bedeutender Männer, als liebevoll sorgende Mutter und Erzieherin, als Trösterin der Armen und Kranken, als demütige Dulderin – immer und überall aber als Suchende und unermüdlich Ringende, die sich stets weitere Ziele steckt, sich mit dem Erreichten nicht zufrieden gibt, sondern nach immer höherer Vollkommenheit strebt. Diesem rastlosen Suchen und Ringen entspringt alles Edle und Große, das sie gewirkt, aber auch jeder ihrer Fehler und Mißgriffe; denn wer sucht, der irrt auch zuweilen, und wer von sich und andern allzu viel fordert, der bleibt auch hie und da hinter dem Geforderten zurück, sieht sich in seinen Erwartungen getäuscht und wird dann verzagt und ungerecht. Aber er rafft sich immer wieder auf, bereut den Rückschritt und eilt um so unaufhaltsamer vorwärts. Gerade hierin liegt das Tröstliche, Nacheiferung Weckende, das wir dem Lebens- und Werdegang der Fürstin entnehmen dürfen; auch sie irrte und strauchelte, doch sie ermüdete nicht in ihrem Streben, sie gab die Hoffnung auf Sieg nicht auf. Und daß ihr schließlich die schönste Erfüllung dieser Hoffnung beschieden war, das möge allen, die das vorliegende Büchlein zur Hand nehmen, ein Ansporn sein, gleich ihr nicht nachzulassen im Suchen und Ringen!

Wien, Oktober 1909.

Hanny Brentano.

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