Otto Fürst von Bismarck
Gedanken und Erinnerungen - Zweiter Band
Otto Fürst von Bismarck

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Achtundzwanzigstes Kapitel.

Berliner Congreß.

I.

Im Herbst 1876 erhielt ich in Varzin ein chiffrirtes Telegramm unsres Militärbevollmächtigten, des Generals von Werder, aus Livadia, durch welches er im Auftrage des Kaisers Alexander eine Aeußerung darüber verlangte, ob wir neutral bleiben würden, wenn Rußland mit Oestreich in Krieg geriethe. Bei der Beantwortung desselben hatte ich zu erwägen, daß Werder's Chiffre innerhalb des Kaiserlichen Palais nicht unzugänglich sein werde, hatte ich doch die Erfahrung gemacht, daß selbst in unserm Gesandschaftshause in Petersburg durch keinen künstlichen Verschluß, sondern nur durch häufigen Wechsel der Chiffre das Geheimniß derselben zu bewahren warS. Bd. I S. 258 f.. Ich konnte meiner Ueberzeugung nach nichts nach Livadia telegraphiren, was nicht auch zur Kenntniß des Kaisers kommen würde. Daß eine solche Frage überhaupt auf solchem Wege gestellt werden konnte, hatte schon eine Verschiebung der geschäftlichen Traditionen zur Voraussetzung. Wenn ein Cabinet Fragen der Art an ein andres stellen will, so ist der correcte Weg eine vertrauliche mündliche Sondirung durch den eignen Botschafter oder von Souverän zu Souverän bei persönlicher Begegnung. Daß die Sondirung durch eine Anfrage bei dem Vertreter der zu sondirenden Macht seine Bedenken hat, hatte die russische Diplomatie durch die Vorgänge zwischen dem Kaiser Nicolaus und Seymour erfahren. Die Neigung Gortschakow's, telegraphische Anfragen bei uns nicht durch den russischen Vertreter in Berlin, sondern durch den deutschen in Petersburg zu bewirkenS. o. S. 200., hat mich genöthigt, unsre Missionen in Petersburg häufiger als an andern Höfen darauf aufmerksam zumachen, daß ihre Aufgabe nicht in der Vertretung der Anliegen des russischen Cabinets bei uns, sondern unsrer Wünsche an Rußland liege. Die Versuchung für einen Diplomaten, seine dienstliche und gesellschaftliche Stellung durch Gefälligkeiten für die Regirung, bei der er beglaubigt ist, zu pflegen, ist groß und wird noch gefährlicher, wenn der fremde Minister unsern Agenten für seine Wünsche bearbeiten und gewinnen kann, ehe dieser alle die Gründe kennt, aus denen für seine Regirung die Erfüllung und selbst die Zumuthung inopportun ist.

Außerhalb aller aber, selbst der russischen, Gewohnheiten lag es, wenn der deutsche Militärbevollmächtigte am russischen Hofe uns, und während ich nicht in Berlin war, auf Befehl des russischen Kaisers eine politische Frage von großer Tragweite in dem kategorischen Stile eines Telegramms vorlegte. Ich hatte, so unbequem sie mir auch war, nie eine Aenderung in der alten Gewohnheit erlangen können, daß unsre Militärbevollmächtigten in Petersburg nicht, wie andre, durch das Auswärtige Amt, sondern direct in eigenhändigen Briefen an Se. Majestät berichteten, – einer Gewohnheit, die sich davon herschrieb, daß Friedrich Wilhelm III. dem ersten Militärattaché in Petersburg, dem frühern Commandanten von Kolberg, Loucadou, eine besonders intime Stellung zu dem Kaiser gegeben hatte. Freilich meldete der Militärattaché in solchen Briefen Alles, was der russische Kaiser über Politik in dem gewohnheitsmäßigen vertraulichen Verkehre am Hofe mit ihm gesprochen hatte, und das war nicht selten viel mehr, als Gortschakow mit dem Botschafter sprach; der »Pruski Fligeladjudant«, wie er am Hofe hieß, sah den Kaiser fast täglich, jedenfalls viel öfter als Gortschakow, der Kaiser sprach mit ihm nicht blos über Militärisches, und die Aufträge zu Bestellungen an unsern Herrn beschränkten sich nicht auf Familienangelegenheiten. Die diplomatischen Verhandlungen zwischen beiden Cabineten haben ihren Schwerpunkt, wie zur Zeit Rauch's und Münster's, oft und lange mehr in den Berichten des Militärbevollmächtigten als in denen der amtlich accreditirten Gesandten gefunden. Da indessen Kaiser Wilhelm niemals versäumte, mir seine Correspondenz mit dem Militärbevollmächtigten in Petersburg nachträglich, wenn auch oft zu spät, mitzutheilen, und politische Entschlüsse nie ohne Erwägung an amtlicher Stelle faßte, so beschränkten sich die Nachtheile dieses directen Verkehrs auf Verspätung von Informationen und Anzeigen, die in solchen Immediatberichten enthalten waren. Es lag also außerhalb dieser Gewohnheit im Geschäftsverkehr, daß Kaiser Alexander, ohne Zweifel auf Anregung des Fürsten Gortschakow, Herrn von Werder als Organ benutzte, um uns jene Doctorfrage vorzulegen. Gortschakow war damals bemüht, seinem Kaiser zu beweisen, daß meine Ergebenheit für ihn und meine Sympathie für Rußland unaufrichtig oder doch nur »platonisch« sei, und sein Vertrauen zu mir zu erschüttern, was ihm denn auch später gelungen ist.

Bevor ich die Werder'sche Anfrage fachlich beantwortete, versuchte ich es mit dilatorischen Rückäußrungen, bezugnehmend auf die Unmöglichkeit, mich auf eine solche Frage ohne höhere Ermächtigung zu äußern, und empfahl auf wiederholtes Drängen, die Frage auf amtlichem, wenn auch vertraulichem Wege durch den russischen Botschafter in Berlin im Auswärtigen Amte zu stellen. Indessen schnitten wiederholte Interpellationen durch Werder'sche Telegramme diesen ausweichenden Weg ab. Inzwischen hatte ich Se. Majestät gebeten, Herrn von Werder, der in Livadia diplomatisch gemißbraucht werde, ohne sich dessen erwehren zu können, telegraphisch an das kaiserliche Hoflager zu berufen und ihm die Uebernahme von politischen Aufträgen zu untersagen, als eine Leistung, die dem russischen, aber nicht dem deutschen Dienste angehöre. Der Kaiser ging auf meinen Wunsch nicht ein, und da Kaiser Alexander endlich auf Grund unsrer persönlichen Beziehungen die Aussprache meiner eignen Meinung unter Betheiligung der russischen Botschaft in Berlin von mir verlangte, so war es mir nicht länger möglich, der Beantwortung der indiscreten Frage auszuweichen. Ich ersuchte den Botschafter von Schweinitz, der am Ende seines Urlaubs stand, mich vor der Rückkehr nach St. Petersburg in Varzin zu besuchen, um meine Instruction entgegenzunehmen. Vom 11. bis 13. October war Schweinitz mein Gast. Ich beauftragte ihn, sich sobald als möglich über Petersburg an das Hoflager des Kaisers Alexander nach Livadia zu begeben. Der Sinn meiner Instruction für Herrn von Schweinitz war, unser erstes Bedürfniß sei, die Freundschaft zwischen den großen Monarchien zu erhalten, welche der Revolution gegenüber mehr zu verlieren, als im Kampfe unter einander zu gewinnen hätten. Wenn dies zu unserm Schmerze zwischen Rußland und Oestreich nicht möglich sei, so könnten wir zwar ertragen, daß unsre Freunde gegen einander Schlachten verlören oder gewönnen, aber nicht, daß einer von beiden so schwer verwundet und geschädigt werde, daß seine Stellung als unabhängige und in Europa mitredende Großmacht gefährdet würde. Diese unsre Erklärung, welche von uns in zweifelsfreier Deutlichkeit zu erzwingen Gortschakow seinen Herrn bewogen hatte, um ihm den platonischen Charakter unsrer Liebe zu beweisen, hatte zur Folge, daß das russische Gewitter von Ostgalizien sich nach dem Balkan hin verzog, – und daß Rußland anstatt der mit uns abgebrochnen Verhandlungen dergleichen mit Oestreich, so viel ich mich erinnre, zunächst in Pest, im Sinne der Abmachungen von Reichstadt, wo die Kaiser Alexander und Franz Joseph am 8. Juli 1876 zusammengetroffen waren, einleitete unter dem Verlangen, sie vor uns geheim zu halten. Diese Convention, nicht der Berliner Congreß, ist die Grundlage des östreichischen Besitzes an Bosnien und der Herzegowina und hat den Russen während ihres Krieges mit den Türken die Neutralität Oestreichs gesichert.

II.

Daß das russische Cabinet in den Abmachungen von Reichstadt den Oestreichern für ihre Neutralität die Erwerbung Bosniens zugestanden hat, läßt annehmen, daß Herr von Oubril uns nicht die Wahrheit sagte, indem er versicherte, es werde sich in dem Balkankriege nur um eine promenade militaire, um Beschäftigung des trop plein des Heeres und um Roßschweife und Georgenkreuze handeln; dafür wäre Bosnien ein zu hoher Preis gewesen. Wahrscheinlich hatte man in Petersburg darauf gerechnet, daß Bulgarien, wenn von der Türkei losgelöst, dauernd in Abhängigkeit von Rußland bleiben werde. Diese Berechnung würde wahrscheinlich auch dann nicht zugetroffen sein, wenn der Friede von San Stefano ungeschmälert zur Ausführung gekommen wäre. Um nicht vor dem eignen Volke für diesen Irrthum verantwortlich zu sein, hat man sich mit Erfolg bemüht, der deutschen Politik, der »Untreue« des deutschen Freundes die Schuld für den unbefriedigenden Ausgang des Krieges aufzubürden. Es war das eine unehrliche Fiction; wir hatten niemals etwas Andres in Aussicht gestellt als wohlwollende Neutralität, und wie ehrlich wir es damit gemeint haben ergiebt sich schon daraus, daß wir uns durch die von Rußland verlangte Geheimhaltung der Reichstadter Abmachungen vor uns in unserm Vertrauen und Wohlwollen für Rußland nicht irre machen ließen, sondern bereitwillig dem Wunsche, den der Graf Peter Schuwalow mir nach Friedrichsruh überbrachte, entgegen kamen, einen Congreß nach Berlin zu berufen. Der Wunsch der russischen Regirung, vermittelst eines Congresses zu dem Frieden mit der Türkei zu gelangen, bewies, daß sie sich militärisch nicht stark genug fühlte, es auf Krieg mit England und Oestreich ankommen zu lassen, nachdem die rechtzeitige Besetzung von Constantinopel einmal versäumt war. Für die Mißgriffe der russischen Politik theilt Fürst Gortschakow ohne Zweifel mit jüngern und energischern Gesinnungsgenossen die Verantwortlichkeit, aber frei davon ist er nicht. Wie stark seine Stellung, nach den russischen Traditionen gemessen, dem Kaiser gegenüber war, zeigt die Thatsache, daß er gegen den ihm bekannten Wunsch seines Herrn an dem Berliner Congresse als Vertreter Rußlands theilnahm. Indem er, gestützt auf seine Eigenschaft als Reichskanzler und auswärtiger Minister, seinen Sitz einnahm, entstand die eigenthümliche Situation, daß der vorgesetzte Reichskanzler und der seinem Ressort unterstellte Botschafter Schuwalow neben einander figurirten, der Träger der russischen Vollmacht aber nicht der Reichskanzler sondern der Botschafter warS. o. S. 127..

Diese vielleicht actenmäßig nur aus den russischen Archiven und vielleicht auch aus diesen nicht nachweisbare, aber nach meiner Wahrnehmung unzweifelhafte Situation zeigt, daß auch in einer Regirung mit so einheitlicher und absoluter Spitze, wie der russischen, die Einheit der politischen Action nicht gesichert ist. Sie ist es vielleicht in höherm Grade in England, wo der leitende Minister und die Berichte, die er empfängt, der öffentlichen Kritik unterliegen, während in Rußland nur der jedesmalige Kaiser in der Lage ist, je nach seiner Menschenkenntniß und Befähigung zu beurtheilen, welcher von seinen berichtenden und vortragenden Dienern irrt oder ihn belügt, und von welchem er die Wahrheit erfährt. Ich will damit nicht sagen, daß der laufende Dienst des Auswärtigen Amts in London klüger betrieben wird als in Petersburg, aber die englische Regirung geräth seltner als die russische in die Notwendigkeit, Irrthümer ihrer Untergebenen durch Unaufrichtigkeit wieder gut zu machen. Lord Palmerston hat freilich am 4. April 1856 im Unterhause mit einer von der Masse der Mitglieder wahrscheinlich nicht verstandnen Ironie gesagt, die Auswahl der dem Parlamente vorzulegenden Schriftstücke über Kars habe große Sorgfalt und Aufmerksamkeit von Personen, die nicht eine untergeordnete, sondern eine hohe Stellung im Auswärtigen einnähmen, erfordert. Das Blaubuch über Kars, die castrirten Depeschen von Sir Alexander Burnes aus Afghanistan und die Mittheilungen der Minister über die Entstehung der Note, welche die Wiener Conferenz 1854 dem Sultan anstatt der Mentschikow'schen zur Unterzeichnung empfahl, sind Proben von der Leichtigkeit, mit welcher Parlament und Presse in England getäuscht werden können. Daß die Archive des Auswärtigen Amtes in London ängstlicher als irgendwo gehütet werden, läßt vermuthen, daß in ihnen noch manche ähnliche Probe zu entdecken sein würde. Im Ganzen wird man aber doch sagen dürfen, daß der Zar leichter zu belügen ist als das Parlament.

Bei den diplomatischen Verhandlungen über Ausführung der Bestimmungen des Berliner Congresses wurde in Petersburg erwartet, daß wir jede russische Auffassung der östreichisch-englischen gegenüber ohne weitres und namentlich ohne vorgängige Verständigung zwischen Berlin und Petersburg unterstützen und durchsetzen würden. Meine angedeutete, endlich ausgesprochne Forderung, die russischen Wünsche uns vertraulich, aber deutlich auszusprechen und darüber zu verhandeln, wurde eludirt, und ich erhielt den Eindruck, daß Fürst Gortschakow von mir, wie eine Dame von ihrem Verehrer, erwartete, daß ich die russischen Wünsche errathen und vertreten würde, ohne daß Rußland selbst sie auszusprechen und dadurch eine Verantwortlichkeit zu übernehmen brauchte. Selbst in Fällen, wo wir annehmen durften, der russischen Interessen und Absichten völlig gewiß zu sein, und glaubten, der russischen Politik einen Beweis unsrer Freundschaft freiwillig geben zu können, ohne eigne Interessen zu schädigen, erfuhren wir statt der erwarteten Anerkennung eine nörgelnde Mißbilligung, weil wir angeblich in Richtung und Maß nicht das von unserm russischen Freunde Erwartete getroffen hatten. Auch wenn letztres unzweifelhaft der Fall war, hatten wir keinen bessern Erfolg. In diesem ganzen Verfahren lag eine berechnete Unehrlichkeit nicht nur uns, sondern auch dem Kaiser Alexander gegenüber, dessen Gemüthe die deutsche Politik als unehrlich und unzuverlässig erscheinen sollte. Votre amitié est trop platonique, hat die Kaiserin Marie einem unsrer Vertreter vorwurfsvoll gesagt. Platonisch bleibt die Freundschaft eines großmächtlichen Cabinets für die andern allerdings immer bis zu einem gewissen Grade; denn keine Großmacht kann sich in den ausschließlichen Dienst einer andern stellen. Sie wird immer ihre, nicht nur gegenwärtigen, sondern auch zukünftigen Beziehungen zu den übrigen im Auge behalten und dauernde, prinzipielle Feindschaft mit jeder von ihnen nach Möglichkeit vermeiden müssen. Für Deutschland mit seiner centralen, nach drei großen Angriffsfronten offnen Lage trifft das besonders zu. Irrthümer in der Cabinetspolitik der großen Mächte strafen sich nicht sofort, weder in Petersburg noch in Berlin, aber unschädlich sind sie nie. Die geschichtliche Logik ist noch genauer in ihren Revisionen als unsre Oberrechenkammer. Bei Ausführung der Congreßbeschlüsse erwartete und verlangte Rußland, daß die deutschen Commissarien bei localen Verhandlungen darüber im Orient, bei Divergenzen zwischen russischen und andern Auffassungen, generell der russischen zustimmen sollten.Vgl. dazu die einer Depesche entnommene Charakteristik der Situation im Bismarck-Jahrbuch I 125 ff. Uns konnte in manchen Fragen allerdings die objective Entscheidung ziemlich gleichgültig sein, es kam für uns nur darauf an, die Stipulationen ehrlich auszulegen und unsre Beziehungen auch zu den übrigen Großmächten nicht durch parteiisches Verhalten zu stören in Localfragen, die ein deutsches Interesse nicht berührten. Die leidenschaftliche Bitterkeit der Sprache aller russischen Organe, die durch die Censur autorisirte Verhetzung der russischen Volksstimmung gegen uns ließ es dann gerathen erscheinen, die Sympathien, die wir bei nichtrussischen Mächten noch haben konnten, uns nicht zu entfremden.

In dieser Situation nun kam ein eigenhändiges Schreiben des Kaisers Alexander, das trotz aller Verehrung für den bejahrten Freund und Oheim an zwei Stellen bestimmte Kriegsdrohungen enthielt in der Form, die völkerrechtlich üblich ist, etwa des Inhalts: wenn die Weigerung, das deutsche Votum dem russischen anzupassen, festgehalten wird, so kann der Friede zwischen uns nicht dauern.Der Correspondent, Herr Oppert aus Blomitz in Böhmen, wird die Verbreitung dieser ihm doch wohl von Gortschakow zugegangnen Nachricht um so bereitwilliger übernommen haben, als er mir von dem Congreß her grollte. Auf den Wunsch Beaconsfield's, der ihn bei guter Laune erhalten wollte, hatte ich ihm die dritte Classe des Kronenordens verschafft. Er war über die nach preußischen Begriffen ungewöhnlich hoch gegriffne Auszeichnung entrüstet, lehnte sie ab und verlangte die zweite Classe. Dieses Thema war in scharfen und unzweideutigen Worten an zwei Stellen variirt. Daß Fürst Gortschakow, der am 6. September 1879 in einem Interview mit dem Korrespondenten des orleanistischen »Soleil«, Louis Peyramont, Frankreich eine sehr auffallende Liebeserklärung machte, auch an jenem Schreiben mitgearbeitet hatte, sah ich dem letztern an; durch zwei spätre Wahrnehmungen wurde meine Vermuthung bestätigt. Im October hörte eine Dame der Berliner Gesellschaft, die in dem Hôtel de l'Europe in Baden-Baden Zimmernachbarin Gortschakow's war, ihn sagen: »j'aurais voulu faire la guerre, mais la France a d'autres intentions.« Und am 1. November war der Pariser Korrespondent der »Times« in der Lage, seinem Blatte zu melden, vor der Zusammenkunft in Alexandrowo habe der Zar an Kaiser Wilhelm geschrieben, sich über die Haltung Deutschlands beschwert und sich der Phrase bedient: »Der Kanzler Ew. Majestät hat die Versprechungen von 1870 vergessen«.Ich habe dieses Schreiben vom 3./15. August 1879 nach dem Original in dem »Wegweiser durch Bismarck's Gedanken und Erinnerungen« S. 168 ff. veröffentlicht.

Angesichts der Haltung der russischen Presse, der steigenden Erregtheit der großen Massen des Volkes, der Truppenanhäufung unmittelbar längs der preußischen Grenzen wäre es leichtfertig gewesen, den Ernst der Situation und der kaiserlichen Drohung gegen den früher so verehrten Freund zu bezweifeln. Daß Kaiser Wilhelm auf den Rath des Feldmarschalls von Manteuffel am 3. September 1879 nach Alexandrowo ging, um die schriftlichen Drohungen seines Neffen mündlich begütigend zu beantworten, widerstrebte meinem Gefühle und meinem Urtheil über das, was noth thue.

III.

Betrachtungen analog denen, welche den Versuch widerriethen, die complicirten Schwierigkeiten von 1863 auf dem Wege eines russischen Bündnisses zu lösen,S. o. S. 82 ff., Bd. I 303. 341. standen in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre ebenfalls einer stärkern Accentuirung der russischen Freundschaft ohne Oestreich entgegen. Ich weiß nicht, in wie weit Graf Peter Schuwalow vor Beginn des letzten Balkankriegs und während des Congresses ausdrücklich beauftragt war, die Frage eines deutsch-russischen Bündnisses zu besprechen; er war nicht in Berlin beglaubigt, sondern in London, seine persönlichen Beziehungen zu mir gestatteten ihm aber, sowohl bei seinen vorübergehenden Berührungen Berlins auf der Durchreise wie während des Congresses mit mir alle Eventualitäten rückhaltlos zu besprechen.

Anfang Februar 1877 hatte ich von ihm ein längres Schreiben aus London erhalten; meine Antwort und seine Erwiderung darauf lasse ich folgen:Der in der ersten Ausgabe nach dem Concept gedruckte Brief wird hier nach dem im »Wegweiser durch Bismarck's Gedanken und Erinnerungen« veröffentlichten Original wiedergegeben. Er ist die Antwort auf einen Brief Schuwalow's vom 3. Februar 1877, den ich nach dem Original in dem »Wegweiser durch Bismarck's Gedanken und Erinnerungen« S. 171 f. veröffentlicht habe. Die Urschrift des Bismarck'schen Briefes vom 15. Febr. 1877 hat mir Herr Consistorialrath Dalton zur Verfügung gestellt.

Berlin, le 15 février 1877.

Cher Comte,

Je vous remercie des bonnes paroles que vous avez bien voulu m'écrire et je sais gré au Cte Munster d'avoir si bien interprété en cette occasion les sentiments, qui dès notre première connaissance ont formé entre nous un lien qui survivra aux relations politiques, qui aujourd'hui nous mettent en rapport. Parmi les regrets que me laissera la vie officielle, celui qui naîtra du souvenir de mes conversations avec vous, sera des plus vifs.

Quel que soit l'avenir politique de nos deux pays, la part que j'ai prise à l'histoire de leur passé, me laissera la satisfaction, qu'au sujet de leur alliance, j'ai de tout temps été d'accord avec l'homme d'état le plus aimable parmi mes amis politiques. Tant que je resterai en place, je serai fidèle aux traditions qui m'ont guidé depuis 25 ans et qui sont identiques aux idées développées dans votre lettre au sujet des services que la Russie et l'Allemagne peuvent se rendre et se sont rendus mutuellement depuis plus d'un siècle sans que les intérêts particuliers à l'une et à l'autre en aient souffert. Deux voisins en Europe qui, pendant plus d'un siècle, n'ont pas éprouvé la moindre démangeaison d'hostilité, devraient de ce fait seul tirer la conclusion, qu'il n'y a pas d'intérêts divergent entre eux. Voilà la conviction que j'ai suivi en 1848, en 54, en 63 et dans la situation actuelle, et que j'ai fait partager à la grande majorité de mes compatriotes. C'est une œuvre qu'il sera peut-être plus facile de détruire qu'il n'a été de la créer, surtout dans le cas où mes successeurs ne mettraient pas la même constance que moi à cultiver des relations dont l'habitude leur manquera, et pour le maintien desquelles il faut quelquefois faire abnégation d'amour-propre, et subordonner ses susceptibilités aux intérêts de son maître et de son pays. J'en sais quelque chose, mais je ne tiens pas compté des petites niches que me fait mon ancien ami et tuteur de PétersbourgFürst Gortschakow. ni de ses »flirtations« avec Paris ou de celles d'Orlow. Un vieux routier de ma trempe ne se laisse dérouter par de fausses alarmes; mais sera-t-il de même avec les Chanceliers qui me suivront et auxquels je ne puis pas léguer mon sangfroid et mon expérience? Il semble peut-être plus facile d'égarer leur jugement politique par des journaux officieux, par des propos malveillants, par des lettres privées que l'on fait circuler. Un ministre allemand, auquel on fait entrevoir la facilité d'une coalition sur la base de la revanche, effrayé par l'idée de l'isolement, pourra tenter de se prémunir par des engagements maladroits, funestes même, mais difficiles à résoudre après coup. Il y a tant de force et de sécurité dans une alliance des deux empires, que je me fâche à l'idée seule, qu'elle pourrait être compromise un jour sans la moindre raison politique, uniquement par la volonté de quelque homme d'état qui aime à varier ou qui trouve le Français plus aimable que l'Allemand; sur cela je serais parfaitement de son avis, mais sans y subordonner la politique de mon pays. Aussi longtemps que je serai à la tête de nos affaires, vous aurez de la difficulté à vous défaire de notre alliance, mais ce ne sera plus longtemps. Ma santé s'en va rapidement. Je tâcherai de tenir tête à la diète qui s'ouvrira dans quelques jours et qui ne peut durer que quelques semaines. Immédiatement après la clôture je m'en irai aux eaux pour ne plus rentrer aux affaires. Je tiens le certificat de la faculté d'être »untauglich«, terme technique pour l'admission forcée à la retraite, et qui dans cette circonstance ne dit que la triste vérité.

Si Dieu me permet de jouir de quelques années de repos dans la vie privée, je vous demande la permission de continuer les bonnes relations d'amitié avec vous, cher Comte, que la vie officielle m'a permis de nouer, et en attendant je vous prie d'agréer l'expression des sentiments avec lesquels je vous suis sincèrement dévoué.

v. Bismarck.

Je vous demande pardon du retard de ma résponse, j'ai eu pendant une quinzaine de jours bien de la difficulté á écrire de ma main, une espèce de crampe, qui ma gêne encore comme vous le verrez à mon écriture. Je n'ai pas voulu cependant me servir de la main d'un autre pour vous écrire.

 

Londres, le 25 févr. 1877

Mon cher Prince,

J'ai été très profondément touché de votre si bonne lettre – seulement c'est un vrai remords pour moi que de penser à la peine que vous vous êtes donnée de l'écrire et au temps précieux (quand c'est le vôtre) qu'elle vous a coûté!

Cette lettre restera un des meilleurs souvenirs de ma carrière politique et je la léguerai à mon fils.

Eloigné depuis un an de Berlin et de Pétersbourg, le doute s'était emparé de moi.

Je pensais que ce qui avait existé – n'existait peut-être plus. Vous m'en donnez la preuve contraire. Je m'en réjouis en bon Russe et de tout mon cœur.

Si je n'avais pas retrouvé en vous, cher Prince, l'homme qui ne varie jamais ni en politique, ni dans sa bienveillance pour ses amis, – c'est alors pour le coup que j'aurais vendu mes fonds russes comme vous aviez voulu le faire il y a trois ans, parce que vous aviez une trop haute opinion de moi.

J'ai copié quelques passages de votre lettre, et les ai envoyés à mon Empereur. Je sais que cela lui fera plaisir de les lire. Toutes les fois qu'il s'est trouvé en contact direct avec vous, il en écrives à quelqu'un que vous honorez du titre d'ami, c'est pour l'Empereur, comme s'il était en rapports directs.

Inutile d'ajouter que j'ai omis tout ce qui concernait Gortschakow, car j'ai considéré vos allusions à son égard comme une preuve de confiance dans ma discrétion.

Tout mal informé que je suis (et pour cause) de ce que l'on veut à Péterbourg, l'ajournement et le désarmement me paraissent probables.

La paix avec la Serbie et le Monténégro va être conclue, dit-on. Le grand-visir a adressé des lettres à Decazes et Derby pour leur déclarer que le Sultan promet d'accomplir spontanément toutes les réformes demandées par la conférence. L'Europe va nous demander d'accorder du temps à la Turquie. Serait-ce le moment favorable pour nous de déclarer la guerre et de nous aliéner encore davantage les sentiments de l'Europe?

Des affaires particulières me réclament impérieusement en Russie; je compte demander un court congé aussitôt qu'une décision sera prise chez nous dans un sens ou dans l'autre. J'espère, mon cher Prince, que vous me permettrez de vous voir à mon passage par Berlin – j'y tiens énormement

Excusez la longueur de cette lettre pour la raison que vous n'avez pas un seul mot à y répondre.

Recevez encore une fois, cher Prince, mes chaleureux remerciements pour votre kindness et pour votre lettre, à laquelle je ne fais qu'une seule objection, c'est la façon dont vous parlez malheureusement de votre santé. – Dieu la soutiendra, j'en suis sûr, comme Il préserve tout ce qui est utile à des millions d'hommes et à la préservation de grands et de vastes intérêts.

Soyez assuré, cher Prince, que vous trouverez toujour en moi plus même qu'un admirateur, dont le nombre est assez grand sans moi, mais un homme qui vous est sincèrement attaché et dévoué de tout cœur.

Schouvaloff.

Noch vor dem Congreß berührte Graf Schuwalow die Frage eines russisch-deutschen Schutz- und Trutzbündnisses und stellte sie direct. Ich besprach mit ihm offen die Schwierigkeiten und Aussichten, die die Bündnißfrage und zunächst, wenn der Dreibund der Ostmächte nicht haltbar wäre, die Wahl zwischen Oestreich und Rußland für uns habe. Er sagte unter Anderm in der Discussion: »vous avez le cauchemar des coalitions«, worauf ich erwiderte: »nécessairement«. Als das sicherste Mittel dagegen bezeichnete er ein festes, unerschütterliches Bündniß mit Rußland, weil bei Ausschluß der letztern Macht aus dem Kreise unsrer Coalitionsgegner keine für uns lebensgefährliche Combination möglich sei.

Ich gab dies zu, sprach aber meine Befürchtung aus, daß die deutsche Politik, wenn sie ihre Möglichkeiten auf das russische Bündniß einschränkte und allen übrigen Staaten den russischen Wünschen entsprechend absagte, Rußland gegenüber in eine ungleiche Stellung gerathen könne, weil die geographische Lage und die autokratische Verfassung Rußlands diesem für das Aufgeben des Bündnisses stets mehr Leichtigkeit gewähre, als wir haben würden, und weil das Festhalten an der alten Tradition des preußisch-russischen Bundes doch immer nur auf zwei Augen stehe, d. h. von dem Gemüthsleben des jedesmaligen Kaisers von Rußland abhänge. Unsre Beziehungen zu Rußland beruhten wesentlich auf dem persönlichen Verhältniß beider Monarchen zu einander und auf dessen richtiger Pflege durch höfische und diplomatische Geschicklichkeit, respective Gesinnung der beiderseitigen Vertreter. Wir hätten das Beispiel gehabt, daß bei ziemlich hülflosen preußischen Gesandten in Petersburg durch die Geschicklichkeit von Militärbevollmächtigten, wie der Generale von Rauch und Graf Münster, die gegenseitigen Beziehungen intim geblieben wären, trotz mancher berechtigten Empfindlichkeit auf beiden Seiten. Wir hätten ebenso erlebt, daß jähzornige oder reizbare Vertreter Rußlands, wie Budberg und Oubril, durch ihre Haltung in Berlin und durch ihre Berichterstattung, wenn sie persönlich verstimmt waren, Eindrücke erzeugten, welche auf die gegenseitigen Gesammtbeziehungen zweier Völker von einundeinhalb hundert Millionen gefährlich zurückwirken konnten. Ich erinnre mich, daß Fürst Gortschakow mir, als ich in Petersburg Gesandter war und seines unbegrenzten Vertrauns mich erfreute, mitunter, wenn er mich warten ließ, noch unerbrochne Berliner Berichte zu lesen gab, bevor er selbst sie durchgesehn hatte. Ich war zuweilen erstaunt, daraus zu entnehmen, mit welchem Uebelwollen mein früherer Freund Budberg seiner Empfindlichkeit über irgend ein Erlebniß in der Gesellschaft oder auch nur dem Bedürfniß, einen witzigen Sarkasmus über Berliner Verhältnisse am Hofe und in dem Ministerium anzubringen, die Aufgabe der Erhaltung der gegenwärtigen Beziehungen unterordnete. Seine Berichte wurden natürlich dem Kaiser vorgelegt und zwar ohne Commentar und ohne Vortrag, und die kaiserlichen Randbemerkungen, von denen Gortschakow mir in der weitern geschäftlichen Correspondenz mitunter Einsicht gestattete, lieferten mir den zweifellosen Beweis, wie der uns wohlgesinnte Kaiser Alexander II. für die verstimmten Berichte von Budberg und Oubril empfänglich war und daraus nicht auf die falsche Darstellung seiner Vertreter, sondern auf den in Berlin herrschenden Mangel an einsichtiger und wohlwollender Politik schloß. Wenn der Fürst Gortschakow mir derartige Dinge unerbrochen zu lesen gab, um mit seinem Vertrauen zu coquettiren, so pflegte er zu sagen: »Vous oublierez ce que vous ne deviez pas lire,« was ich natürlich, nachdem ich im Nebenzimmer die Depeschen durchgesehn hatte, zusagte und, so lange ich in Petersburg war, auch gehalten habe, da es nicht meine Aufgabe war, die Beziehungen beider Höfe durch Anklagen gegen den Vertreter des russischen in Berlin zu verschlechtern, und da ich ungeschickte Verwerthung meiner Meldungen zu höfischen Intrigen und Verhetzungen befürchtete.

Es wäre überhaupt zu wünschen, daß wir an jedem befreundeten Hofe durch Diplomaten vertreten wären, die ohne der Gesammtpolitik des eignen Vaterlands vorzugreifen, doch nach Möglichkeit die Beziehungen beider betheiligten Staaten dadurch pflegten, daß sie Verstimmungen und Klatsch nach Möglichkeit verschwiegen, ihr Bedürfniß, witzig zu sein, zügelten und eher die förderliche Seite der Sache hervorhöben. Ich habe die Berichte unsrer Vertreter an deutschen Höfen höhern Orts oft nicht vorgelegt, weil sie mehr die Tendenz hatten, pikant zu sein oder verstimmende Aeußrungen oder Erscheinungen mit Vorliebe zu melden und zu würdigen, als die Beziehungen zwischen beiden Höfen zu bessern und zu pflegen, so lange letztres, wie in Deutschland stets der Fall ist, die Aufgabe unsrer Politik war. Ich habe mich für berechtigt gehalten, aus Petersburg und Paris Dinge, die zu Hause nur zwecklos verstimmen konnten oder sich lediglich zu satirischen Darstellungen eigneten, zu verschweigen, und als ich Minister war, dergleichen allerhöchsten Orts nicht vorzulegen. In der Stellung eines Botschafters am Hofe einer Großmacht findet die Verpflichtung zur mechanischen Berichterstattung über alle am Domicil des Botschafters vorkommenden thörichten Reden und Bosheiten nicht Anwendung. Ein Botschafter nicht nur, sondern auch jeder deutsche Diplomat an einem deutschen Hofe, sollte nicht Berichte schreiben, wie sie Budberg, Oubril aus Berlin, Valabin aus Wien nach Hause sandten in der Berechnung, daß sie als witzig mit Interesse und mit selbstgefälliger Heiterkeit gelesen würden, sondern er sollte sich, so lange die Verhältnisse freundlich sind und bleiben sollen, des Hetzens und Klatschens enthalten. Wer nur das Förmliche des Geschäftsganges im Auge hat, wird es allerdings für das Richtigste halten, daß der Gesandte rückhaltlos meldet, was er hört, und es dem Minister überläßt, über was er hinwegsehn und was er betonen will. Ob das aber sachlich zweckmäßig ist, hängt von der Persönlichkeit des Ministers ab. Da ich mich für ebenso einsichtig hielt wie Herrn von Schleinitz und einen tiefern und gewissenhaftern Antheil an dem Schicksal unsres Landes nahm als er, so habe ich mich für berechtigt und verpflichtet gehalten, manches nicht zu seiner Kenntniß zu bringen, was in seinen Händen Verhetzungen und Intrigen am Hofe im Sinne einer Politik dienen konnte, die nicht die des Königs war.

Ich kehre von dieser Abschweifung zu den Besprechungen zurück, die ich zur Zeit des Balkankriegs mit dem Grafen Peter Schuwalow gehabt habe. Ich sagte ihm, daß wir, wenn wir der Festigkeit eines Bündnisses mit Rußland die Beziehungen zu allen andern Mächten zum Opfer brächten, uns bei acuten Vorkommnissen von französischer und östreichischer Revanchelust bei unsrer exponirten geographischen Lage in einer gefährlichen Abhängigkeit von Rußland befinden würden. Die Verträglichkeit Rußlands mit Mächten, die nicht auch ohne sein Wohlwollen bestehn könnten, hätte ihre Grenzen, namentlich bei einer Politik wie die des Fürsten Gortschakow, die mich mitunter an asiatische Auffassungen erinnerte. Er habe oft jeden politischen Einwand einfach mit dem Argumente niedergeschlagen: »l'empereur est fort irrité«, worauf ich ironisch zu antworten pflegte: »Eh, le mien donc!« Schuwalow bemerkte dazu: »Gortschakoff est un animal«, was in dem Petersburger Jargon nicht so grob gemeint ist, wie es klingt, »il n'a aucune influence«; er verdanke es überhaupt nur der Achtung des Kaisers vor dem Alter und dem frühern Verdienste, daß er formell noch die Geschäfte führe. Worüber könnten Rußland und Preußen ernsthaft jemals in Streit gerathen? Es gebe garkeine Frage zwischen ihnen, die wichtig genug dazu wäre. Das letztre gab ich zu, erinnerte aber an Olmütz und den siebenjährigen Krieg, man gerathe auch aus unwichtigen Ursachen in Händel, sogar aus Formfragen; es würde manchen Russen auch ohne Gortschakow schwer, einen Freund als gleichberechtigt zu betrachten und zu behandeln, ich wäre in dem Punkte der Form persönlich nicht empfindlich – aber das jetzige Rußland habe bis auf Weitres nicht blos die Formen, sondern auch die Ansprüche Gortschakow's.

Ich lehnte die »Option« zwischen Oestreich und Rußland auch damals ab und empfahl den Bund der drei Kaiser oder doch die Pflege des Friedens zwischen ihnen.


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