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Dreizehnter Abend.
Odysseus als Bettler in seinem Palaste.

Mit der ersten Morgendämmerung schon verließ Telemachos das Lager, band sich die Sohlen unter die Füße und ergriff die Lanze.

»Nun, gehab' dich wohl, Vater«, sprach er zum Eumäos, »ich will jetzt in die Stadt gehen; denn eher hört die Mutter doch nicht auf sich um mich zu härmen, als bis sie mich selbst gesehen hat. Du aber führe deinen Gast auch in mein Haus, er mag da sein Heil mit Betteln versuchen. Die Hilfe wird ihm nicht fehlen. Ich selbst kann mir unmöglich aller Menschen Kummer aufbürden, da mich der meine schon schwer genug drückt.«

»Wohl«, sprach Odysseus, »ich wünsche auch nicht länger hier zu bleiben. In der Stadt, wo der Begüterten viele sind, findet ein Bettler ja eher seinen Unterhalt als auf dem Lande. Zu schwerer Handarbeit bin ich zu alt, sonst nährte ich mich anders. Doch bitte ich dich, Eumäos, jetzt noch ein wenig zu warten, denn noch weht die Morgenluft kalt, und mein Kittel ist dünn und die Stadt soll weit weg liegen; es wird mir wohl thun, mich zuvor hier am Feuer zu erwärmen.«

Jetzt ging Telemachos raschen Schrittes davon. Er kam noch früher in die Stadt, als die Freier sich in seinem Hause eingefunden hatten, stellte nach der Sitte die Lanze außerhalb der Thür an eine Säule und trat in den Saal. Hier hatte so eben die alte Pflegerin Eurykleia gescheuert und aufgeräumt und war jetzt dabei die Sessel wieder mit den ausgestäubten Decken zu belegen. Als sie den Jüngling erblickte, ließ sie alles liegen und eilte weinend auf ihn zu. Selbst die andern Mägde des Hauses hießen ihn fröhlich willkommen und küßten ihm unbefangen und herzlich Gesicht und Schultern. Auch Penelope kam aus ihrem Gemache und umarmte unter Thränen den geliebten Sohn und hielt ihn lange fest umschlungen, indem sie ihn bat zu erzählen, was er auf seiner Reise erfahren habe.

»Mutter«, sprach er, »errege mir jetzt nicht neuen Gram im Herzen, da ich kaum dem Verderben entflohen bin. Gehe vielmehr mit deinen Mägden hinunter und bade dich und lege dir reine Gewänder an. Hernach gehe wieder auf dein Zimmer und gelobe den Göttern Dankopfer, wofern sie unsere Schmach im Hause rächen. Ich gehe jetzt auf den Markt, um einen Fremdling zu mir zu laden, der sich auf der Reise zu mir gesellt hat und der inzwischen von Peiräos beherbergt ist.«

Die Mutter unterließ nicht dem Rate des Sohnes zu folgen und die Opfer zu geloben. Telemachos aber fand die Freier bereits auf dem Markte in voller Versammlung. Sie grüßten ihn freundlich und hatten doch Arges im Herzen. Er kehrte sich nicht an sie, sondern setzte sich zu den wenigen Greisen, die treue Freunde seines Vaters geblieben waren, und beantwortete ihnen ihre neugierigen Fragen. Als er aber des Sehers Theoklymenos gewahr ward, stand er auf, ging ihm entgegen und führte ihn in sein Haus, ehe noch der wilde Schwarm die Ruhe störte und die Plätze besetzte. Mägde und Schaffnerinnen beeiferten sich ihnen Waschwasser zu reichen, Tische vorzusetzen und Speisen aufzutragen. Während sie aßen, kam Penelope mit ihren Frauen herunter, die ihr die Spindel nachtrugen, und setzte sich zu ihnen, begierig das Nähere über die Reise zu erfahren. Indem sie spann, erzählte ihr Telemachos alles, was Nestor und Menelaos gesagt hatten; allein dessen war eben nicht viel. Das Geheimnis von der Ankunft des Vaters durfte er nicht verraten, mithin ward durch alle seine Erzählungen Penelopes Sehnsucht wenig gestillt, bis sie zuletzt durch ein Wort des fremden Sehers getröstet wurde, der ihr nach untrüglichen Zeichen die nahe Heimkehr des teuern Gemahls als ganz sicher und unausbleiblich verkündigte.

Mitten in ihrer Freude über die tröstende Weissagung ward die edle Königin durch das Getöse der Freier gestört, die sich draußen vor dem Palaste mit Scheibenwerfen ergötzt hatten und nun in den Saal stürmten, um nach ihrer Gewohnheit zu zechen und zu schmausen. Sie ging sogleich auf ihre Zimmer, und auch der Fremde verließ den Saal. Die Diener schlachteten indessen im Hofe die Rinder, Ziegen, Schafe und Schweine, die für heute von den Hirten geliefert worden waren, und bereiteten den Freiern leckere Braten.

Odysseus hatte sich noch bis Mittag in der Hütte des Sauhirten aufgehalten, ehe beide den Weg antraten. Der Weg war weit; man brauchte mehrere Stunden. Unfern der Stadt führte der verschlungene Bergpfad an einem Brunnen vorüber, aus dem die Jungfrauen Wasser zu holen pflegten. Einer der früheren Könige hatte ihn gebaut und mit einer Mauer umfaßt. Rings umschirmten ihn hohe Pappeln, und an einer Seite begrenzte ihn eine hohe Felsenwand, aus welcher stets klares Wasser hervorquoll. Auch ein Altar war auf der Höhe errichtet, auf dem die vorüberziehenden Wanderer den Nymphen des Quells zu opfern pflegten.

Bei diesem Brunnen stieß der Ziegenhirt Melanthios, der, von einer andern Seite herkommend, Ziegen für die Freier nach der Stadt trieb, auf die beiden Wanderer. Er war der entartete Sohn des treuen Dieners Dolios, ein grober, unverschämter Mensch, seinem Herrn untreu, den trotzigen Gästen für jede Unbill freudig zur Hand, und ein Erbfeind des Sauhirten wie aller ehrlichen Leute. Kaum sah er diesen und dessen zerlumpten Begleiter, so lief er höhnisch mit schnarrender, widriger Stimme:

»Nun, da heißt's wohl mit Recht: ein Lumpenhund führt den andern! Wie doch Gott beständig Gleiche zu Gleichen gesellt! Wo willst du denn mit dem Hungerleider hin, du nichtswürdiger Schweinhirt? Soll er da in seiner scheußlichen Tracht den Gästen zum Ekel an der Thür stehen und sich tagelang an den Pfosten die Schulter reiben und Brocken betteln? Weißt du was? gieb mir den Kerl mit, er kann mir die Ställe ausmisten und den Zicklein Laub unterstreuen, dafür soll er Molken saufen, soviel er haben will, vielleicht kriegt er davon noch Fleisch auf die Lenden. Doch so ein Herumstreicher hat selten Geschick und Lust zur Arbeit; er wird nicht wollen, weil er an ein träges Leben gewöhnt ist und Bettelbrot ihm keine Anstrengung kostet. Aber wahrhaftig, ich sage dir, bring' uns den Kerl nicht ins Haus, sie werfen ihm wahrlich die Knochen und die Schemel an den Kopf. Pfui! solch ein Unflat!«

Er begleitete das pöbelhafte Wort mit einer noch pöbelhafteren That, denn er gab aus bloßem Mutwillen dem Odysseus einen derben Fußtritt in die Hüfte. Der verkappte Bettler besann sich einen Augenblick, ob er den Schurken mit einem Streich zu Boden schmettere – denn das wäre seiner Stärke ein Leichtes gewesen – oder ob er sich schwach und furchtsam stellen solle. Er that das letztere und nahm die Beleidigung schweigend und duldend hin. Eumäos schalt zwar den Ziegenhirten über sein unverschämtes Betragen, erhielt aber dafür nur Grobheiten und neue Beleidigungen zurück.

Um dem Ungezogenen auszuweichen, ließen die beiden Freunde ihn nun mit seinen Ziegen vorangehen und blieben geflissentlich zurück. Als er in den Palast kam, nahm er geradezu seinen Platz mitten unter den Freiern, und zwar dem Eurymachos gegenüber, der sein guter Gönner war und ihn oft zur Ausführung boshafter Streiche gebrauchte. Ihm ward Fleisch und Wein gereicht, wie allen andern, und er blähte sich in seinem Übermute, als ob er ihresgleichen wäre.

Etwas später nahten auch Odysseus und der Sauhirt dem königlichen Hofe. Schon von außen drang der Duft der gebratenen Schweine und Rinder entgegen und das liebliche Saitenspiel, begleitet von der Stimme des Sängers Phemios.

»Ha, man erkennt's!« rief der Bettler mit einer wunderbaren Empfindung im Herzen; »man erkennt's, daß dies die prächtige Wohnung des Odysseus sein muß. Innen Jubel und festliches Gelage, und außen die Zinnen, die unbezwingliche Mauer und die weit sich streckenden Gebäude, in denen Zimmer an Zimmer sich reiht. Vorn das Schloßthor mit zwei Flügeln – wahrlich ein König muß hier hausen, der an Ruhm und Reichtum viele übertrifft!«

»Du hast recht«, erwiderte der Sauhirt, »dies ist der Königssitz. Nun sage mir, willst du zuerst hineingehen oder soll ich es thun? Aber zögere nicht zu lange; hier draußen möchte dich wieder jemand schlagen oder werfen.«

»Gehe nur voran«, sprach der Bettler, »bald komme ich nach.« Indem er das sagte, traten sie in den Vorhof. Siehe da lag in einem Winkel auf dem Kehricht ein alter Hund, mager und abgezehrt und starrend von Ungeziefer, den hatte Odysseus das Jahr vor seiner Abreise groß gezogen und ihn zur Jagd abgerichtet; oft hatte er mit ihm, da er klein war, gespielt; aber seit Odysseus entfernt war, hatte sich niemand seiner angenommen, und nun war er so kraftlos, daß er nicht mehr kriechen konnte. Doch erkannte er noch am Geruche den alten lieben Herrn, so verändert der auch war; mühsam richtete er sich auf und wedelte mit dem Schwanze, als er aber heranspringen wollte, sank er matt in die Kniee. Odysseus erinnerte sich sehr wohl des treuen Tieres; er kehrte sich ab und wischte heimlich eine Thräne vom Auge. Dann wendete er sich scheinbar gleichgültig zu Eumäos und sprach:

»Sieh doch, Eumäos, da liegt ein schöner Hund auf dem Kehricht und kann nicht aufstehn. Was fehlt dem Tiere? Ist es krank?«

»Du lieber Himmel!« antwortete der Sauhirt, »auch der sogar vermißt den lieben Herrn, um den wir alle trauern. Den hättest du sehen sollen vor zwanzig Jahren, ehe Odysseus fortzog. Da war er der Liebling des Herrn; er selber hat ihn zur Jagd abgerichtet; und da war wohl kein Wild so schnell, das dieser Hund nicht einholte, der sich trefflich auf die Fährten verstand. Aber seitdem bekümmert sich niemand um ihn, er muß sich kärglich im Hofe sein elendes Futter suchen, und das Ungeziefer zehrt ihn auf. Du weißt wohl, wie die Diener sind, wenn kein gestrenger Hausherr da ist, der sie zu ihrer Schuldigkeit anhält. Da werden sie saumselig und mögen nicht gern von der Arbeit etwas wissen.«

Mit diesen Worten ging der Sauhirt in das Haus, wo ihn Telemachos freundlich willkommen hieß. Er setzte sich zu diesem, und ihm ward von den Dienern Fleisch und Brot vorgelegt. Odysseus blieb noch eine Weile im Hofe und sah, wie der treue Hund, nach fruchtlosem Streben sich ihm zu nähern, zuletzt zuckend das elende Leben verhauchte, nachdem er noch zum letztenmale den Duft seines lieben Herrn eingesogen hatte.

Jetzt schlich auch er in das Haus und setzte sich still innerhalb des Saales auf die Schwelle nieder. Anfangs beachteten die Schmausenden ihn nicht; nur Telemachos, der ihn sogleich bemerkte, ließ ihm durch den Sauhirten Fleisch und Brot reichen. Er that beides auf seinen schlechten Ranzen, der auf der Erde lag, und aß davon, während der Sänger den Freiern liebliche Lieder zur Phorminx sang.

Als der Sänger verstummte, stand Odysseus auf und bettelte bei den Freiern einzeln herum, damit er sähe, welche von ihnen billig dachten, und welche hartherzig und grausam wären. Jeder steckte ihm aus Mitleid etwas Fleisch in seinen Ranzen, und er bedankte sich viel, nach Bettlerweise. Jetzt fingen sie unter sich zu reden an, wer der Alte wohl sei und woher er kommen möge. »Der Sauhirt hat ihn hergeschleppt«, rief der Ziegenhirt; »wer er übrigens ist, kann ich nicht sagen.«

»Höre Sauhirt«, fing darauf der trotzige Antinoos an, »du könntest etwas Besseres thun, als solch Gelichter ins Haus bringen. Haben wir nicht schon Landstreicher in Masse hier, die uns mit Betteln beschwerlich fallen? Ha und ich meinte doch, es zehrten bereits Männer genug von den Gütern des abwesenden Herrn, daß man keine Bettler herbeizurufen brauchte.«

»Hm!« antwortete der Sauhirt, »so vornehm du bist, so schlecht ist deine Rede. Wer ruft doch wohl Herumziehende in ein Haus, wenn sie nicht von selber kommen; es müßten denn Künstler, Seher, Ärzte oder Baumeister und göttliche Sänger sein. Solche Bedürftige, wie diesen, ladet wohl niemand ein. Aber du bist ja von jeher hart gegen Odysseus' Gesinde und am meisten gegen mich gewesen. Jedoch kann ich das leicht verschmerzen, so lange Penelope und Telemachos leben und meine einzigen Gebieter sind.«

»O still doch, Eumäos!« fiel Telemachos ein; »du weißt ja, Antinoos kann nun einmal nichts sprechen, das nicht grob und beleidigend wäre. Ist das übrigens, Antinoos, dein einziges Bedenken, daß die Gabe, die du den Armen reichst, von meinem Vorrat genommen wird, so scheue dich nicht ihm zu geben. Weder meine Mutter noch ich sehen dazu scheel. Aber das ist ja doch deine wahre Gesinnung nicht, du willst nur lieber alles allein verzehren als andern davon etwas schenken.«

»Ha, du trotziger, schmähsüchtiger Jüngling«, versetzte Antinoos, »wenn ihm jeder der Freier soviel zuwendete als ich, so würde er in drei Monaten das Haus nicht wieder besuchen.« Er begleitete diese Worte mit einem Griffe nach seinem Fußschemel unter dem Tisch und wollte ihn eben dem Bettler an den Kopf werfen, als zum Glück ein Nachbar ihm in den Arm fiel.

Auch Odysseus wollte jetzt den unbändigen Mann noch weiter versuchen. Er trat selbst vor ihn hin und flehte ihn um eine Gabe an, ja er suchte sein Herz zu rühren durch eine Erzählung seiner Wanderungen und Unfälle, wobei denn – versteht sich – Kreta und Ägypten und diesmal auch die Insel Cypern (Kypros) oft genug vorkamen. Aber bei ihm verfehlte er seinen Zweck gänzlich.

»Hat man je einen frecheren, unverschämteren Bettler gesehen!« rief er zornig. »Mach', daß du fortkommst, oder ich werde dir Ägypten und Cypern zeigen! – Verlangt der Gesell, man soll ihn von fremdem Gute füttern!«

»Ei ei!« sagte Odysseus mit Würde, »wahrlich deine Gesinnung ist deiner Gestalt nicht gleich. Du reichest gewiß von dem Deinigen dem dich Ansprechenden nicht ein Körnchen Salz, da du nicht einmal hier, wo du an anderer Tische schwelgst, dich des Dürftigen erbarmst.«

»Unverschämter! Du sollst gewiß nicht heil aus diesem Saale entkommen, da du noch Schmähungen gegen mich redest!« rief Antinoos jetzt im höchsten Zorne, und warf aus aller Kraft dem armen Bettler den hölzernen Schemel an die Schulter. Odysseus aber – trotz des heftigen Schmerzes – zuckte nicht einmal. sondern stand wie ein Fels, ging dann langsam zu seiner Schwelle zurück und setzte sich, den gefüllten Ranzen öffnend.

»Hort ein Wort von mir an, ihr Freier der weitgepriesenen Fürstin«, sprach er jetzt. »Wenn jemand im gerechten Kampfe für Freiheit oder Eigentum Wunden empfängt, das schmerzt nicht sehr. Aber daß mich jetzt dieser Mann da um eines Brosamens willen mißhandelt hat, das thut mir sehr wehe. Wenn es noch Rachegöttinnen giebt, so müsse ihn das Todesverhängnis ereilen, noch ehe er den Tag der Vermählung sieht.«

»Noch nicht ruhig?« erwiderte Antinoos. »Ich rate dir, schweig und iß, oder ich zerfleische dich mit den Jünglingen hier im Saale.« Alle andern aber hörten die harte Rede unwillig an und mißbilligten laut den Wurf mit dem Fußschemel. Telemachos hielt sich mit Mühe zurück, und selbst Penelope, die durch die offene Thür alles in ihrem Gemache hören konnte, hatte herzliches Mitleid mit dem Fremden, obgleich sie ihn noch nicht gesehen hatte.

Eumäos, der treffliche Sauhirt, ging zu ihr und erzählte ihr von dem Manne, lobte seinen Verstand und seine Denkart, und machte ihr Hoffnung von ihm etwas Näheres über ihren Gemahl zu erfahren; denn der Fremde rühme sich, einst dessen Waffengefährte vor Troja gewesen zu sein, und versichere, seine Güter nicht fern von hier bei den Thesprotern gesehen zu haben.

»O daß er käme, mein edler Gemahl!« rief Penelope. »Daß er schon hier wäre, um dem Elende ein Ende zu machen, das mein unglückliches Haus nun schon so lange drückt! Ha, erscheint er nur erst, gewiß, er wird mit dem wackern Sohne den Freiern die Frevel vergelten, wie sie's verdienen!«

In dem Augenblicke nieste Telemachos unten so laut und deutlich, daß man's im obern Gemache vernahm. Da freute sich die Königin und rief: »Hört ihr, es wird mir doch endlich noch alles nach Wunsch erfüllt, eben jetzt hat mein Sohn meine Worte benieset.« Hier bekräftigt das Niesen alle Worte der Penelope, weil es dieselben nicht unterbrach, sondern gleich darauf folgte. Den jetzt noch üblichen Wunsch beim Niesen hatten auch Griechen und Römer schon.

»Aber rufe mir doch, lieber Eumäos, den fremden Mann herauf«, fuhr Penelope fort, »daß ich ihn selbst ausforsche. Gern will ich ihn zum Danke kleiden mit Mantel und Rock, wenn er mich von der quälenden Ungewißheit befreien kann, in der ich nun so lange schon seufze.«

Der Sauhirt ging in den Saal und verkündete dem Bettler, der indessen an den geschenkten Knochen nagte, Penelopes Wunsch. Aber der kluge Mann fand für gut die Erfüllung desselben auf den Abend zu verschieben, wenn die lästigen Gaste, die alles beachteten, sich entfernt haben würden. Die Königin billigte die weise Vorsicht des Mannes und geduldete sich gern.

Gegen Abend machte sich der Sauhirt wieder auf den Weg nach seinen Ställen. Telemachos bat ihn morgen wieder zu kommen, und er versprach es. Odysseus blieb bescheiden auf seiner Schwelle sitzen, während seine Gäste, deren keiner den Wirt in ihm ahnete, sich nach vollendetem Schmause mit Liedern und Tänzen erlustigten, deren Anblick ihm weit weniger Freude machte, als er sich merken ließ. Sehnlich wünschte er, daß sie nach Hause gingen, damit er endlich sein liebes Weib sehen könne. Aber ehe es dahin kam, sollte er noch ein seltsames Abenteuer bestehen.


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