Eduard v. Bauernfeld
Die Republik der Thiere
Eduard v. Bauernfeld

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Erste Scene.

(Salon im Rococo-Styl.)

Panther. Tiger. Junger Leopard. Hyäne und andere vom hohen Adel im Gespräche.

Panther. Ich sag' Euch, man glaubt nicht mehr an uns. Wenn ich aufrichtig reden soll – mir ist nicht ganz wohl in meiner adeligen Haut.

Tiger. Schäme Dich! Du sprichst wie ein Hasenfuß. Wenn wir zusammen halten, wer soll uns etwas anhaben?

Panther. Wer? Das Volk.

Tiger. Die Schafe, die Schöpfe, die Käfer, die Ameisen?

Panther. Es sind ihrer Viele, und Denker darunter.

Tiger. Ich verachte sie aus Herzensgrund.

Junger Leopard (naiv). Mein Gott! Das thun wir Alle, wenn wir unter uns sind.

Panther. Leider sind wir so weit herunter gekommen, daß wir vor der Welt liberal thun müssen.

Tiger. Ich nicht. Meine Unterthanen fürchten mich wie den Teufel. Und ich liebe sie – zum Fressen.

Hyäne (grinsend). Zum Fressen – ich auch.

Panther. Sprecht nicht so frivol und hört mich an. Der König wird nachgerade alt und schwach.

Tiger. Man merkt's! Er regiert so gut wie gar nicht.

Panther. Der Fuchs bewacht die Schwelle Sr. Majestät.

Tiger. Ich kann den Kerl nicht ausstehen – er schnappt uns immer die besten Bissen weg.

Hyäne (sperrt den Rachen auf). Es wäre ein gutes Werk, ihn zu verschlingen. Ich verspüre ohnehin einen riesenmäßigen Appetit.

Panther. Kommt Zeit, kommt Rath! Ich wittere was von einem Volksaufstande. Möge unser Todfeind das Bad ausgießen! Wenn Ihr mir folgen wollt, so ziehen wir uns einstweilen auf unsere Schlösser zurück.

Tiger. Meinetwegen! Ich bin's zufrieden.

Panther. So kommt Alle, kommt!

Hyäne (brummend). Wenn ich nur erst mein zweites Frühstück im Leibe hätte! (Alle ab.)


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