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Neuntes Kapitel

»Du hast nach mir geschickt«, sagte Raderer, eintretend.

»Traurig genug,« sagte Gandolf, »daß man dich erst holen lassen muß, um dich endlich einmal zu sehen!«

»Gott, ich hab so schrecklich viel zu tun!«

»Was du zu tun hast,« sagte der Graf, »darüber will ich eben einmal mit dir sprechen. Es wird gar nicht so schrecklich sein. Wenn man es ausspricht, ist nichts schrecklich. Man muß die Dinge nur beim rechten Namen nennen. Aber dazu fehlt euch die Courage! Wenn ihr etwas nicht aussprecht, meint ihr, es los zu sein. Das ist ein Irrtum! Also setz dich gemütlich, zünd dir eine Zigarre an und höre! Ich will mich aller Kürze befleißigen. Also! Hedwig liebt dich und du liebst sie. Schön! Das kommt immer wieder vor und es ist dagegen auch gar nichts einzuwenden, solang man es nicht tragisch nimmt. Nun redet ihr euch aber ein, einander deshalb heiraten zu müssen. Ich achte die schönen Empfindungen, die diesen Irrtum verschulden, aber ich bin nun einmal ein Mann des Gesetzes, die Ehe ist ein Sakrament, sie kann nicht gelöst werden. Ich werd niemals einwilligen. Ich bin mit den Eigenheiten der menschlichen Natur, auch aus eigener Erfahrung, vertraut genug, um einen Ehebruch zwar nicht zu billigen, aber immerhin menschlich zu verstehen und unter Umständen passieren zu lassen. Unter gar keinen Umständen aber gibt es für mich die Lösung einer Ehe. Ihr Sinn, ihr Segen, ihr Glück wurzelt eben in dieser Unlöslichkeit allein. Ich möchte dich in Kenntnis setzen, daß ich darin unerbittlich bin! Mißversteh mich nicht! Ich gönn jedermann sein Pläsier, ich will auch das eure nicht stören, es steht euch frei, mich zu betrügen. Es wird mir vielleicht nicht sehr angenehm sein, ich könnte von euch wenigstens die Rücksicht verlangen, es mich nicht merken zu lassen, aber ihr seid nun einmal beide so vertrackt, daß man euch schon allerhand nachsehen muß. Also betrügt mich – beinahe hätt ich gesagt: betrügt mich in Gottes Namen! Aber Scheidung – niemals! Und grad von dir wundert's mich eigentlich, daß ich dir das erst sagen muß! Ich bin wahrhaftig niemals ein Pedant gewesen, der überall die sittliche Forderung plakatiert, ich laß da gern mit mir handeln, aber gerade darum muß ich um so mehr auf Haltung der Sitte bestehen! Also, das schlag dir aus dem Kopf! Scheidung? Nein! Niemals! Aber ein Arrangement wird sich finden lassen. Ein Arrangement läßt sich immer finden, mit einigem guten Willen! Unter uns gesagt: was ich gar nicht versteh, das bist du, das ist dein Verhalten bei der ganzen Geschichte. Frauen, das is was anderes, und gar die Gräfin – gerade dieser romantische Hauch, der auf ihrem Wesen liegt, ist doch ihr schönster Reiz! Solche Frauen brauchen einen Roman. Das hab ich immer gewußt, ich war darauf von Anfang an gefaßt, der Gedanke störte mich auch gar nicht, die Frau hat ein Recht auf ihren Roman, und die durch und durch loyale Natur der Gräfin bürgt mir dafür, daß sie von diesem Frauenrecht auf einen Herzensroman einen durchaus diskreten Gebrauch machen wird. Das alles wird dir zynisch klingen! Ja, lieber Freund, du bist halt noch sehr jung, viel jünger, als deinen Jahren eigentlich zukommt! Man wird zynisch, sobald man erkennen lernt, wie verlogen, oder, schonender ausgedrückt, wie geheimnisvoll im Grunde jede Form ist: unser heimliches Entsetzen vor der menschlichen Natur steckt ihr in allen Gliedern. Gestehen wir es uns doch ein: wir alle sind, auch die Besten von uns, notdürftig gezähmte Bestien. Wer ein wenig in sich hineinhorcht, hört immer wieder zuweilen die Kette rasseln, an der wir liegen, wir gesitteten Menschen. Diese nicht sehr angenehme Begleitmusik wollen wir durch allerhand Lärm übertönen. Diesen Lärm besorgt die Moral. Ich hab nicht den Eindruck, daß wir durch sie besser werden. Moral ist eigentlich weiter nichts als ein tiefes Kompliment vor der sittlichen Forderung. Wir ziehen den Hut vor ihr und gehen grüßend an ihr vorbei, froh, wenn wir wieder vorbei sind! Aber auf diesem Kompliment müssen wir unerbittlich bestehen, sonst geht die menschliche Gesellschaft, ja das Leben überhaupt aus dem Leim! Es gibt allerdings Wunder, es gibt immer wieder unter uns Heilige, diesen ist die Form nicht bloß ein Umhängetuch, sondern sie verwachsen mit ihr, aber wir haben kein Recht, voneinander zu verlangen, Wunder und Heilige zu sein. Was wir aber voneinander verlangen dürfen, ja verlangen müssen, ist jenes Kompliment vor der Form. Für dein Gefühl, für Hedwigs Gefühl ist das alles freilich bloß Schein, aber auf diesem Schein allein ruht unser menschliches Dasein, ohne diesen Schein kehrt das Chaos wieder! Du wirst also begreifen, daß es eigentlich gar keinen Sinn hat, uns weiter darüber »auszusprechen«, wie du das nanntest. Über sittliche Gebote oder Verbote gibt es keine Betrachtungen und keine Verhandlungen, es gibt nur Gehorsam. Ein Katholik, der geheiratet hat, bleibt verheiratet, auf Schiebungen läßt sich der liebe Gott nicht ein. Du wirst es wieder als zynisch empfinden, wenn ich dich auf den beliebten Ausweg des Ehebruchs vertröste – der Ausdruck ist übrigens ganz falsch, eine Ehe kann gar nicht gebrochen werden, man kann sie nur allenfalls biegen und mir ist eine Reihe von Fällen bekannt, in denen Ehen gerade durch solche wiederholte Biegungen immer elastischer und mit der Zeit schließlich wahre Musterehen wurden. Die Ehe läßt sich dehnen und vielleicht hält nichts so fest als eine dehnbare Spannung. Gerade dadurch beweist sich die Ehe schließlich doch allen Liebesverhältnissen so gewaltig überlegen! In ihrem Wesen liegt eine Gewähr von Dauer. Und schließlich wird der Rang aller menschlichen Beziehungen doch allein durch ihre Kraft zur Dauer bestimmt.«

»Darf ich,« sagte Raderer nach einer Pause, »darf ich dir darauf antworten, was Gräfin Hedwig antworten würde?«

»Um deine eigene Antwort scheinst du dich drücken zu wollen?«

»Ich drück mich nicht, ich meine nur, daß es doch das Gefühl der Gräfin Hedwig ist, was hier vor allem entscheidet.«

»Da sind wir also schließlich wieder bei eurer Idolatrie des Gefühls!«, sagte der Graf.

»Du kannst es ja der Gräfin Hedwig nicht verdenken, daß sie die Dinge nicht mit den Augen des Juristen sieht! Für dich ist im Grunde die Ehe bloß ein Vertrag.«

»Dieses eine Wörtchen »bloß« ist charakteristisch für dich. Bloß ein Vertrag! Du bist noch sehr jung, aber du wirst mit der Zeit schon auch noch erkennen lernen, daß die Menschheit in den Abgrund der Barbarei stürzt, wenn die Brücke der Verträge bricht! Alle menschliche Gesittung ruht auf Verträgen, sie sind das Einzige, was uns über die Tierwelt erhebt. Und auch das Tier lassen wir zum Verkehr mit uns bloß zu, weil es einen Vertrag mit uns eingeht: der Haushund hält genau die Bedingungen seines Verkehrs mit uns. Ganz wie wir selbst, ist auch er vor Rückfällen in die Barbarei nicht sicher, aber wenn wir ihn darauf ertappen, zieht er beschämt den Schwanz ein und, durch dieses Zeichen der Reue, der Anerkennung des Gesetzes gerührt, verzeihen wir ihm. Dieses Minimum von Verpflichtung, das ich von meinen Hunden verlange, darf ich auch von meiner menschlichen Umgebung, von meinen Freunden und von meiner Frau fordern. Unser ganzes Leben bewegt sich auf dem Grunde von Konventionen. Wir wissen, daß dieser Boden nicht ganz fest ist, Di doman non c'è certezza, hat schon der alte Cosimo gesagt und eben in dieser andauernden Unsicherheit unseres Lebens liegt vielleicht sein schönster Reiz. Wir laufen Schlittschuh, nie ganz gewiß, ob das Eis beim nächsten Schritt noch halten wird. Bei meiner Heirat wog ich die Chancen ab, ich zog auch die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit einer Untreue mit ins Kalkül. Bei dem Unterschied an Jahren waren sie nicht gering. Aber ich sagte mir: Hedwig ist eine durch und durch loyale Natur. Sie wird, auch wenn sie mir untreu wird, sich selber treu bleiben, sie wird die Form wahren. Mehr können wir Menschen eigentlich voneinander nicht verlangen. Ich hab mich in ihr nicht getäuscht, ich bemerkte bloß nicht, daß sie pedantisch ist. Sie nimmt alles schwer, daran erkennt man das bürgerliche Blut. Als du mir schriebst und es mir das Einfachste schien, dich zu uns einzuladen, wollte sie das durchaus nicht, insgeheim irgendwie gewarnt. Mir sind solche Warnungen des Gemüts ganz fremd, ich brauch sie auch nicht, denn ich weiß: ich wurstl mich, wenns schief geht, schon wieder irgendwie heraus. Meine Heirat war ein unverdientes Glück. Ich wunderte mich eigentlich die ganze Zeit über schon. Hedwig bemerkte die Huldigungen gar nicht, an sie kam nichts Unreines heran, selbst die dreistesten Laffen entmutigte sie, mir aber blieb immerfort bewußt: einmal wird schon, früher oder später, der Richtige kommen. Der Gedanke regte mich nicht sehr auf: jedes Glück will früher oder später bar bezahlt sein, es präsentiert eines Tages die Rechnung. Merkwürdig ist nur, daß mir das, als ich dir schrieb und dich zu uns bat, nicht einfiel. Hedwig war ja durchaus dagegen, sie hatte das richtige Vorgefühl. Das wurde mir gleich in den ersten Tagen nach deiner Ankunft klar. Ihr habt beide lange genug gebraucht, es zu merken. Jetzt ist es so weit und jetzt ist es an mir, sie, dich und mich vor einer gräßlichen Dummheit zu bewahren. Ob Hedwig und ich und du glücklich oder unglücklich werden, darum handelt es sich gar nicht. Was wir erleben, kann nur den einen Sinn für uns haben, daß das Schicksal einmal unsere gute Haltung prüfen will. Ich vermute, daß das überhaupt der einzige Sinn aller dieser im Grunde doch eher lächerlichen Begebenheiten ist, die dem Adel jetzt widerfahren. Adel ist im Grunde nichts als gute Haltung, er kann darum auch eigentlich nicht verliehen werden, sondern man hat ihn eben oder man hat ihn nicht, man ist adelig oder bürgerlich, wie man blond oder brünett ist und auch wenn man sich die Haare färbt, innerlich immer blond oder brünett bleibt. Es ist ein dummer Aberglaube der neuen Zeit, irgend ein Mensch könnte nach Belieben sein Wesen wechseln: er hat nur die Wahl zu sein, was er ist, oder sich und den anderen etwas vorzuschwindeln, was übrigens du, gerade du genau so gut weißt wie ich, du brauchst dazu wahrhaftig nicht erst meine Belehrung. Hedwig aber pocht auf das Recht des Herzens, sie hält sich an ihr Gefühl, während du dir das ja bloß einreden willst, weil und solang du verliebt in sie bist! Dich betäubt jetzt dein sinnliches Verlangen, aber das Erwachen aus dem Taumel wär furchtbar, denn du bist ein ganz richtiger Mensch und richtige Menschen erkennen, wenn es ihnen auch nicht immer bewußt bleibt, im Gesetz die höchste Lebensmacht. Hedwig aber hat, so rein sie stets das Beste will, einen geheimen romantischen Bodensatz im Gemüt und alle Romantik, so fromm sie sich gebärden mag, ist im Grunde doch immer nur Aufruhr gegen das Gesetz, gegen die Bestimmung des Menschen, gegen das Schicksal. Sie stammt von dem kläglichen Rousseau, mit ihm beginnt der Versuch der Menschheit, aus der Haut zu fahren. An ihm ist das begreiflich, es war wirklich keine gute Haut, in der er stak. Und seither meinen nun die Menschen, wenn ihnen in ihrer Haut nicht wohl ist, sie wechseln zu können wie ein schmutziges Hemd! Ich bin gar kein Moralist. Ich hab bald nach deiner Ankunft bemerkt, was kommen wird, ich hab fast sozusagen den Kuppler zwischen euch gemacht, ich hab jedenfalls nicht versucht, euch in euren aufkeimenden Gefühlen zu stören, ich bin ein Optimist, ich dachte: vielleicht merken sie's gar nicht! Mit der Zeit habt ihr es aber schließlich doch bemerkt! Für sein Gefühl kann man am Ende nichts. Man hat nur die Pflicht, sich gegen ein unerlaubtes Gefühl nach Kräften zu wehren und wenn diese Kräfte zur Überwindung unerlaubter Gefühle nicht ausreichen, sich wenigstens nichts vorzulügen, sondern ehrlich einzugestehen, daß man Unrecht tut. Wer Unrecht tut in der klaren Erkenntnis seines Unrechts, aber zu schwach, die Verlockung zu überwinden, steht immerhin sittlich noch weitaus höher, als wer sich von der Lust am Unrecht so verblenden läßt, daß er sich schließlich noch einredet, ein Recht auf das Unrecht zu haben, ja vielleicht gar eine Art Pflicht dazu. Ich kann es euch verzeihen, was ihr an mir, oder eigentlich gar nicht so sehr an mir persönlich, sondern an der Heiligkeit der Ehe, wenn auch zunächst nur in Gedanken, sündigt, ich persönlich kann es euch verzeihen, ich habe sehr wenig Talent und gar keinen Beruf zum Sittenrichter, aber die Sache selbst, an der ihr euch versündigt, die Heiligkeit der Ehe, kann es euch nicht verzeihen! Hedwig empfindet umgekehrt, ihr gilt das lebendige Gefühl eines einzelnen Menschen mehr als die Heiligkeit einer göttlichen Institution. Ich gönn euch euer Liebesglück, es fällt mir nicht ein, es zu stören, aber wenn ihr nun von mir noch überdies verlangt, ein Unrecht zu legitimieren, ja zu heiligen, dagegen werdet ihr mich unerbittlich finden: sie ist mir gesetzlich angetraut und Gesetz bleibt in Kraft! Sei so gut und sag ihr das! Auf mich wird sie ja nicht hören wollen. Sie soll aber wissen, daß ich, stets gern bereit, ihr jede Liebeslaune, mit wem immer, von Herzen zu gönnen, unerbittlich in der Wahrung unserer Ehe bin! Ich hab gewiß ein volles Verständnis für den Ehebruch als unentbehrliches Ventil der Ehe. Auch der besten kann's nicht schaden, wenn wieder einmal ordentlich gelüftet wird. Ja das klingt zynisch! Aber wie der Mensch schon einmal ist, brauchen die Räder seines Lebens immer wieder gelegentlich ein paar Tropfen Öl von Zynismus. Und ganz tief in dir, wenn du dir's auch jetzt nicht eingestehen willst, weißt du ganz gut, daß ich recht hab, dein Gewissen stimmt mir zu. Das Glück des Einzelnen oder was wir so nennen, ist nicht sehr wichtig. Haben wir's, so schätzen wir es kaum. Fehlt es uns, so gewahren wir bald, daß es entbehrlich ist, und staunen, wie glücklich der Mensch auch ohne das sogenannte Glück sein kann, wie wenig es eigentlich an unserem Leben ändert. Wir sind auf der Welt, um dafür zu sorgen, daß Ordnung, Gesetz und Sitte das menschliche Leben beherrschen und sich so doch ein kleiner Unterschied zwischen uns und den Affen ergibt. Wenn es dir gelingt, das Augenmerk der Gräfin Hedwig darauf zu lenken, so bleibt ihr und dir und schließlich auch mir allerhand unnötiger Verdruß erspart, ohne daß sich tatsächlich auch nur das Geringste ändern muß; und als Draufgab kriegt ihr auch noch ein gutes Gewissen dazu. Scheidung aber, das muß ich dir noch einmal mit allem Nachdruck wiederholen, Scheidung ist ein Wort, das in meinem ehelichen Wörterbuch nicht vorkommt.«

Nach einer Weile sagte Raderer: »Du wirst mir zugeben, daß dies alles, angenommen selbst, daß es mich überzeugt und ich auf mein Glück verzichten will, uns nichts hilft, denn du kennst die Gräfin Hedwig gut genug, um zu wissen, daß sie stets nur auf ihr Gefühl hört!«

Achselzuckend sagte der Graf: »Und du kennst mich gut genug, um zu wissen, daß ich nur auf das Gesetz höre. Die Heiligkeit der Ehe ruht auf ihrer Unauflöslichkeit. Mann und Frau werden eins; der Tod allein kann sie scheiden. Ich werde niemals in einen Selbstmord meiner Ehe willigen. Ich verkenn dabei deine heikle Lage keineswegs. Du stimmst mir innerlich durchaus zu, kannst dir das aber nicht eingestehen, weil es dir ein Verrat an Hedwig scheint. Du hast die Wahl, sie zu verraten oder das Gesetz. In deinen Jahren glaubt man noch, der Mensch sei wichtiger als das Gesetz. Es kommen immer wieder Zeiten, die das glauben; sie müssen es büßen, der Wahn verrauscht und die Menschheit erkennt wieder, daß der Sinn jedes einzelnen Lebens doch eben darin allein besteht, dem Gesetz zu dienen. Alles andere zergeht in leeren Dunst. Ich will nicht verdunsten, ich will mir dereinst, hoffentlich dauert es noch einige Zeit bis dahin, aber ich will mir, wenns dann so weit sein wird, sterbend ruhig sagen können, daß ich ein schwacher, nicht immer sehr eifriger, aber doch im Herzen williger Diener des Gesetzes war, ich will, wenn mir dann die Rechnung präsentiert wird, bar bezahlen können. Um dich ist mir eigentlich nicht bang, du bist noch jung, du wirst dich schließlich schon durchwursteln. Mit Hedwig steht's gefährlicher, sie hat den moralischen Größenwahn, auf ihre eigene Fasson selig werden zu wollen. Das ist, wenn's gelingt, wunderschön, aber meistens bricht man sich vorher den Hals dabei. Jetzt weißt du meine Meinung. Folgt ihr mir und begnügt euch damit, mich einfach nach gutem altem Brauch zu »betrügen«, so wird das auch nicht sehr schön für euch sein, unerlaubtes Liebesglück ist niemals sehr schön, gerade das scheint aber ja sein Reiz; es wird für uns alle drei manchmal recht ungemütlich sein, aber wir werden es hoffentlich ohne zu starke Läsion überstehen, ich kenn Beispiele klaffender Ehen, die dann wieder so gut geleimt wurden, daß sie schließlich fester hielten als einst in ihrer schönsten Maienblüte. Das ist ja das tiefe Geheimnis des Sakraments der Ehe, daß es in Gefahren erst alle Wunder seiner heiligenden Kraft zeigt. Und nun tut, was ihr nicht lassen könnt, aber merkt euch, daß ich unter gar keinen Umständen jemals in eine Scheidung willige! Bitte sag das auch Hedwig! Ich gelobe, so stockblind, stockdumm und stocktaub zu sein, als es sich für einen idealen Gatten ziemt, aber dieser ideale Gatte zu bleiben lasse ich mir nun einmal nicht nehmen!«


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