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Sechstes Capitel.


Victor's Besuch bei Herrn Wagner hatte ziemlich lange gedauert.

»Ich wollte nur nach der Violine fragen,« sagte er, als er Richard's Blicke verstehend und die erste beste Veranlassung ergreifend, die ihn entfernen konnte, zu Herrn Wagner gelaufen kam.

»Ei, mein Junge,« erwiderte der alte Mann, »haben wir denn nicht mit einander verabredet, daß Du erst morgen wieder zum Unterricht kommen und sie dann mitnehmen solltest?«

»Ja, das wohl, aber ich dachte doch« – stotterte Victor verlegen, sah dann aber auf einmal den alten Mann treuherzig an und sagte ehrlich: »Sie wollten mich zu Hause gern los sein, sie hatten sich so viel zu erzählen, und da dachte ich mir das mit der Violine aus und lief hierher.«

»Schön, mein Kind,« sagte der Alte, »so bleib denn hier, bis Du denkst, daß sie mit ihrem Gespräch fertig sind. Du kannst einstweilen die Noten dort abschreiben, die Zeit, die man zur Arbeit anwendet, ist verloren – für dumme Streiche nämlich. So setz Dich dorthin. Wer ist denn bei Deiner Tante?«

»Ach, Niemand,« erwiderte Victor obenhin, aber gleich einsehend, wie sehr diese Behauptung seinen ersten Worten widersprach, und in einiger Verlegenheit, wie er es anfangen sollte zu antworten, ohne zu lügen und ohne sein Versprechen des Schweigens zu verletzen, nahm er seine Zuflucht wieder zu der Ehrlichkeit und sagte wichtig: »Das ist ein Geheimniß, und ich habe versprochen es nicht zu erzählen. Ich habe gesagt: ein Mann, ein Wort. Nicht wahr, das muß man sagen, wenn man etwas verspricht?«

»Sagen und halten, oder auch nur das letztere,« bekräftigte der Lehrer.

»Haben Sie schon einmal ein Geheimniß gehabt?« fragte Victor, eifrig mit der Feder auf dem Papier umherkritzelnd, »und ist es nicht sehr hübsch, etwas zu wissen, was kein Anderer erfahren darf?«

»Gewiß, man kommt sich so wichtig dabei vor,« bemerkte der Lehrer mit leichter Ironie, für die Victor jedoch noch kein Ohr hatte und bestätigend sagte:

»Es ist auch wichtig!«

»Ja, und das Schweigen ist so schwer,« sagte Herr Wagner.

»Das finde ich nicht,« versicherte Victor mit großem Selbstbewußtsein.

»Ja, Dir vielleicht nicht,« fuhr Herr Wagner fort, »Du bist auch ein sehr zuverlässiger Bursche, Dir kann man sich schon anvertrauen.«

»Das kann man auch,« bekräftigte der Knabe stolz.

»Um so besser für Dich, wenn Du schweigen kannst,« sagte Herr Wagner, »in jedem Fall wird die Bekannte Deiner Tante Dir sehr dankbar dafür sein.«

»Es ist keine Bekannte, ein Bekannter,« berichtigte Victor schnell.

Herr Wagner nahm nicht Notiz von dem Einwand, sprach eine Weile von anderen Dingen, dann sagte er aus einmal:

»Ob wohl der Gast Deiner Tante noch bei ihr ist?«

»Ich glaube wohl,« erwiderte Victor, »sie haben sich so lange nicht gesehen und werden sich wohl viel zu erzählen haben.«

»Wie lange sind sie denn getrennt gewesen?« fuhr Herr Wagner in demselben ruhigen, gleichgültigen Tone zu fragen fort.

»O, sehr lange!« sagte Victor, »ich war fünf Jahre alt damals, aber ich habe ihn gleich erkannt, die Tante nicht, aber ich an den Augen, wissen Sie, und dann dachte ich gleich an das Bild von seinem Vater –« auf einmal hielt der kleine Schwätzer inne, es wurde ihm klar, daß er auf dem besten Wege sei, Alles zu verrathen, er stotterte noch einige Worte; die wieder ablenken sollten, und schwieg dann, in höchster Verlegenheit an der Feder kauend, die er in der Hand hielt. Herr Wagner lachte laut auf.

»Schwer möchte es nun nicht mehr sein, Dein Geheimniß zu errathen, Du schweigsamer kleiner Mensch!« verhöhnte er ihn.

Victor sprang auf. Das Blut war ihm in die Wangen gestiegen und er hatte die hellen Thränen in den Augen, als er mehr zornig als beschämt ausrief:

»Das war aber hinterlistig, Herr Wagner!« Der alte Mann lachte fort.

»Siehst Du, mein Junge,« sagte er dann gutmüthig, »ich wollte Dir nur zeigen, wie schwer es ist, ein Geheimniß zu bewahren, wenn man nicht verschweigen kann, daß man überhaupt eins hat. Neugierige Leute giebt es überall, und so klug Du auch sein magst, auch solche, die Dich überlisten und auf Deine Kosten ihre Neugier befriedigen. Hättest Du ganz einfach gesagt: die Tante hat Besuch und schickt mich fort, so wäre es mir nicht eingefallen, nach dem Gast zu fragen, aber nun mußtest Du, kleiner Schwätzer, Dich erst Deines Geheimnisses und dann Deines guten Gedächtnisses und Deines Scharfblickes rühmen und mich so auf die Spur führen. Ein Geheimniß, merke Dir das, kann nicht das leiseste Flüstern vertragen, aber am wenigsten die schmetternden Trompetenstöße des Selbstruhms dessen, der es verschweigen soll.«

Viktor schüttelte seufzend den Kopf. Er schämte sich und wollte es sich doch nicht gern eingestehen.

»Sie sind auch so klug, Herr Wagner,« sagte er verdrießlich, »ich wollte, ich wäre auch so klug oder noch klüger. Ich mag mich nicht überlisten lassen.«

»Nun, das kannst Du leicht verhüten,« versetzte jener gutmüthig, »mach' Du Dir nur nie selber ein X für ein U, so wird es auch keinem Andern Dir gegenüber leicht gelingen. Wahrheit gegen sich selber ist jederzeit die beste Klugheit. Sie schärft und mildert zugleich den Blick für alles Andere.«

Victor sah den Lehrer ein wenig verdutzt an. Er war wohl noch zu jung, die Meinung desselben zu begreifen, wenn auch vielleicht genug davon in seinem Gedächtniß haften blieb, ein späteres Verständniß zu vermitteln. Herr Wagner mochte ihm das wohl ansehen. Er streichelte ihm die blonden Locken und sagte freundlich:

»Nun, sei unbesorgt, ich werde nicht weiter nach Deinem Geheimniß forschen, werde es nicht ausplaudern, ich wollte Dir nur zeigen, daß Dein Selbstvertrauen noch auf etwas wackeligem Grunde steht.«

Victor war noch nicht ganz einverstanden mit der eben empfangenen Lehre.

»Wenn ich es aber Niemandem sagen darf, daß ich ein Geheimniß habe, erfährt es ja auch Keiner, daß ich schweigen kann,« wandte er ein.

»Nun, mir hast Du's gesagt; meinst Du, daß ich sehr überzeugt von Deiner Schweigsamkeit bin?« fragte Herr Wagner.

Diese Unterhaltung zwischen Lehrer und Schüler mag eine kleine Probe der Lectionen sein, die Victor auch, noch außer dem Musikunterricht von Herrn Wagner empfing, Lectionen, die in spielender Weise gegeben wurden und, weil sie meist an Thatsachen anknüpften, selten die beabsichtigte Wirkung verfehlten. Herr Wagner übte gern sein Lehramt auch außerhalb der Grenzen des musikalischen Unterrichts. Es war eines Bedingung oder Folge der hohen Auffassung, die er von seiner Kunst überhaupt hatte, daß er es nicht vermochte, den Künstler vom Menschen zu trennen. Er meinte, je reiner die Moralität der irdischen Creatur, je harmonischer das Gemüth gestimmt, je mehr Geiste und Herz von kleinlichen Regungen befreit sei, ja, je mehr sich der Mensch darauf verstehe, die äußeren Angelegenheiten des Lebens klug zu ordnen, um so schöner und ungehemmter müsse sich auch das Talent entfalten, mit dem den Himmel ihn in verschwenderischer Gunst begnadigt. Ohne Würde des Charakters, meinte er, gehe auch ein Genie zu Grunde oder verkünde nur in einzelnen stammenden Lichtblitzen seine ursprüngliche Schönheit, seine schöpferische oder vernichtende Gewalt. Ein Genie, das heut in den Abgrund taucht, um morgen von dort aus den Flug in die Höhe zu wagen, behält immer Staub an seinem leuchtenden Fittig. Es vermag vielleicht für den Kampf irdischer Mächte mit überwältigender Wahrheit den Ausdruck zu finden, eine Mahnung an irdisches Leid, irdische Seligkeit in schmelzenden Klängen und erschütterndem Jubelton dem lauschenden Zuhörer in die Seele zu rufen, ihn zu erschrecken, zu fesseln, zu entzücken, aber nur einer mit der Krone reiner Seelenschönheit geschmückten künstlerischen Leistung ist es möglich, Herz und Geist zugleich zu erfassen und in das reine Lichtmeer der Begeisterung zu tauchen.

Uebrigens hielt Herr Wagner nur die Musik für fähig, einen so idealen Erfolg zu erzielen, und für den Musiker hauptsächlich verlangte er diese innere Läuterung, nicht nur als Mensch, sondern auch als Künstler. Den Dichter, den Maler, den Bildhauer verwies er an das Leben als Grundlage ihrer Kunst, die Musik erhob er über dasselbe, und denjenigen, die sich ihr gewidmet, sollte das Leben in anderer Weise ein Studium sein. Sie sollten durch Freimachung von den Kleinlichkeiten desselben es beherrschen lernen, sollten unbekümmert um die Disharmonie irdischer Verhältnisse diese zu ordnen verstehen, um ihre Seele in so reiner Stimmung zu erhalten, wie ihr Instrument.

Vielleicht versprach ihm Keiner so lohnenden Erfolg als Victor. Der Knabe war reich vom Himmel ausgestattet, es galt nur, ihm zu helfen die Schwingen auszubreiten, ihn zu befähigen sie zusammenzufalten, wenn das Leben zu kraftvollem Handeln rief, um in die Schranken zurückgedrängt zu werden, über die der befreite Geist sich dann leichten Fluges erheben konnte.

Auch diese Seite des Unterrichts, diese praktische Unterweisung in der Kunst des Lebens, war für Victor doppelt nöthig, da er sie weder von dem alten Großpapa empfangen, noch von Dorothee jemals empfing. Wer die Kinder anbetet, kann sie nicht erziehen, und auch für das gutartigste Kind ist fortwährendes Lob und fortwährende Bewunderung eben so verderblich als unaufhörlicher Tadel. Zudem war Victor gar nicht abgeneigt, sich für alles das zu halten, was seine Verwandten in blinder Zuneigung bei ihm voraussetzten, da war es ihm denn sehr gut, Jemand zu finden, der ihm das Streben nach Vollkommenheit in jeder Richtung des Lebens allerdings als Ziel gab, aber dies Ziel in eine Ferne rückte, die, wie der Horizont, sich in eben dem Maße erweitert, als wir ihm näher zu kommen glauben. Mancher könnte dies für ein Bild vergeblichen Strebens halten, aber das ist es keineswegs. Es zeigt uns nur, wie weit wir zu gehen haben, wie vielen Irrungen wir auf dem Wege ausgesetzt sind, und wo allein das Ziel uns empfängt.

»So, jetzt werde ich wieder gehen,« sagte Victor nach einer Weile sehr fleißigen Abschreibens, »jetzt können sie sich genug erzählt haben. Vielleicht ist auch die Großtante schon wieder allein, und bei uns ist es jetzt gar nicht hübsch, wenn man allein ist.«

»Ich glaube es, mein armer Junge,« stimmte ihm der Lehrer bei, »so geh nur und leiste Deiner alten Tante Gesellschaft und sprich mit ihr vom Großvater, das wird ihr wohlthun. Die Todten, von denen man mit Liebe sprechen kann, sind nicht todt. Die nur sind wirklich für die Welt gestorben, die gar keinen Trauernden zurücklassen.«

Der alte Mann sagte das in so wehmüthigem Tone, als hätte er Niemanden, ihm einst einen Kranz auf das Grab zu legen, wenn es nicht vielleicht irgend ein dankbarer Schüler that. Dann aber lachte er selbst über seine sentimentale Regung, und als wolle er derselben spotten, ging er an seinen Schrank, holte den schwarzen Frack heraus, legte ihn nebst weißer Weste und Cravatte auf einen Stuhl und sagte zu Victor:

»Ich muß mich nachher noch putzen. Ich bin heut Abend noch in Gesellschaft bei Artefelds. Man hat meine Violine eingeladen, und da gehört nun schon der Mann dazu, der es versteht, sie reden zu lassen.«

Victor war roth geworden, sowie Herr Wagner den Namen Artefeld nannte. Er hätte es verbergen können, wenn er rasch gegangen wäre, aber jetzt blieb er zögernd stehen, ein Blick in sein offenes Gesicht zeigte seinem Lehrer, daß er noch eine Frage auf seinem Herzen hatte.

»Nun, was willst Du noch?« fragte jener freundlich.

»Herr Wagner, was ist ein Wunderkind?« platzte Victor heraus.

»Ein Schimpfname,« sagte jener lakonisch.

Der Knabe riß die Augen weit auf.

»Ja, ja,« bestätigte jener, »ein Wunderkind ist ein solches, bei dem man es für ein Wunder halten kann, wenn künftig etwas Gescheidtes aus ihm wird. Hältst Du das für ein Lob? Gewöhnlich werden Wunderkinder später Narren oder Taugenichtse. Ich hätte es als Kind übel genommen, wenn man mich so genannt hätte.«

»So war es aber nicht gemeint,« versicherte Viktor.

»Nein, nein, ich glaube es,« sagte Herr Wagner, »die Leute sagen es gewöhnlich von Kindern, die irgend ein hübsches Talent haben, aus dem durch Mühe und Fleiß, ernstes Studium und innige Liebe zu demselben vielleicht etwas recht Schönes werden könnte, wenn's die klugen Leute nicht für ein Wunder ausschrieen und den Kindern die dummen kleinen Köpfe verdrehten. Es ist gar nicht schwer ein Wunderkind zu sein. Soll ich aus Dir eins machen? Gut, ich werde Dir einige Stücke einlernen, die eigentlich viel zu schwer für Dich sind, die aber sehr viel Lärm machen, die Du selber gar nicht verstehst, aber so lange üben mußt, bis Du sie kannst, und wenn Deine Wangen etwas blaß und Deine Augen etwas matt vor Anstrengung werden, so schadet das nichts, das Genie muß verhungert aussehen, dann hat es noch einmal so viel Erfolg. Dann lasse ich Dir eine bunte Narrenjacke machen, reise mit Dir in irgend eine große Stadt, gebe Dich für viel jünger aus, lasse Dich erst ein paarmal in Gesellschaften, dann in einem Concert auftreten und Deine einstudirten Stückchen produciren. Dann ist das Wunderkind fertig, alle Welt lobt Dich, klatscht Dir Beifall zu, nur wette ich zehn gegen eins, daß, wenn Du erwachsen bist, Du nicht die einfachste Melodie mehr aus der Seele heraus spielen kannst, weil Du Deine Seele längst schon an die alberne Menge für ein paar vorzeitige Bravos verkauft hast. Gefällt Dir das Wunderkind, gelt?«

»Herr Wagner, ich will keins werden!« rief Victor halb lachend, halb erschrocken, nahm seine Violine und fuhr mit einigen so kecken Strichen über die Saiten, daß seinem Lehrer das Herz lachte über diese frische Ursprünglichkeit und er den hoffnungsvollen Schüler mit einem freundlichen Streicheln seines Lockenkopfes entließ.

Mit zwei Sätzen war Victor die Treppe hinunter, und da er, wie die meisten Knaben seines Alters, selten regelmäßigen Schrittes zu gehen pflegte, sondern die Umwege, die er machte, oder sein gelegentliches Stehenbleiben immer durch Springen und Laufen einholte, so war der weite Weg bis zur Wohnung der Tante rasch genug zurückgelegt. In der Hausthür derselben rannte er mit Georg Artefeld zusammen, der, an der Hand seiner Mutter, in demselben Augenblick die Schwelle überschreiten wollte.

»Unsere Mutter, er tritt mich!« rief in weinerlichem Tone Georg, der die komische, vielleicht charakteristische Gewohnheit hatte, Alles, was er liebte, in der Rede als Gemeingut zu bezeichnen, in scharfem Gegensatz zu seiner Mutter, deren Selbstgefühl das Ich und Mein ebenso accentuirte, als Georg verabsäumte es zu betonen.

Ein lautes Auflachen Victor's beantwortete den Klageruf des Kleinen, und ein sehr bestimmt ausgesprochenes: »Du wirst doch nicht weinen, Du bist ja ein Junge,« beugte vielleicht einer solchen Aeußerung des Schmerzes vor. Georg schluckte ein paarmal, sagte dann: »Ich weine nicht, aber hast Du denn einen hölzernen Stiefel, daß Du so hart trittst?« und stimmte zuletzt in Victor's Lachen ein.

»Du bist doch immer wild und ungestüm, Victor!« schalt Frau Artefeld und fragte dann, ob seine Tante zu Hause und allein sei, sie wolle dieselbe besuchen.

»Zu Hause? ja – aber allein?«

Mit Schreck dachte Victor an den Gast seiner Tante, und ohne sich zu besinnen und der gestrengen Dame weiter Rede zu stehen, stürzte er an ihr vorüber, die Treppe hinauf, in der schon erwähnten stürmischen Weise die Unterhaltung der Beiden zu unterbrechen.

Richard erblaßte, als so plötzlich der Name seiner Mutter, ihre Nähe verkündend, in sein Ohr drang, aber er schüttelte ernst und abweisend den Kopf zu der raschen Geberde Dorotheens und ihrem hastig ausgestoßenen Wort:

»Dort hinein, in das Comptoir!«

»Nicht doch, ich verstecke mich nicht vor ihr,« sagte er und stand auf.

Frau Artefeld's Blick streifte ihn nur flüchtig, als sie eintrat. Erst Dorotheens verlegene Miene, die gespannte Erwartung auf Victor's Antlitz veranlaßte sie, den ihr sehr ungelegenen Besucher forschender anzusehen. So sehr man sich nun auch gerade in der Periode des Lebens zu verändern pflegt, die Richard fern von der Heimath verlebt hatte, so sehr namentlich Richard, der eine, früheren Gewohnheiten ganz entgegengesetzte Lebensweise geführt, sich verändert hatte, so erkannte sie ihn doch augenblicklich. Ein rasches, erschrockenes Zurücktreten, ein eben so zärtlicher als ängstlicher Blick auf den kleinen Georg, als sei dieser durch die Ankunft des Bruders bedroht, verrieth ihre Empfindung bei diesem unerwarteten, ungewünschten Wiedersehen, eine Empfindung, die ihren wortlosen aber beredten Ausdruck in der Sprache der Mienen fand, die oft Gedanken verdolmetschen, vor denen die Lippe unwillkürlich verstummt.

Richard hatte den Gedanken gelesen und war bereit ihn auf das Schlimmste zu deuten.

»Ich habe von Dem da nichts gewußt,« sagte er, auf Georg deutend, »sonst wäre ich schwerlich hierher gekommen, um einer verlorenen Sache auch nur ein Wort, einen Blick zu widmen.«

Statt der Antwort forderte Frau Artefeld Victor auf, mit Georg zu spielen, gab ihm einige Anweisungen deshalb, küßte das Kind mit einer Zärtlichkeit, deren Richard sie nie für fähig gehalten haben würde, und sagte dann so ruhig und gleichmüthig, als handle es sich um die gewöhnlichste Angelegenheit des Lebens zu Dorotheen:

»Sie haben wohl noch eine Stube hier nebenan und erlauben es mir, daß ich mit Ihrem Gast dort hineingehe? Was ich mit ihm zu sprechen habe, möchte nicht ganz für die Ohren der Kinder taugen.«

Dorothee, die noch so erschrocken über die unerwartete Begegnung war, daß sie kein Wort über die Lippen brachte, öffnete nur schweigend die Thür zum Nebenzimmer, zündete, da es inzwischen schon dämmerig geworden war, ein Licht an, trug es hinein und zog sich dann eilig in das Wohnzimmer zurück.

Victor bemächtigte sich Georg's und hatte ihn bald in ein so fröhliches Plaudern verwickelt, daß der Kleine oft unaufhaltsam in das wunderliebliche frische Lachen ausbrach, das nur Kindern eigen ist und eine essigsaure Gemüthsart aufheitern könnte, aber in letzter Zeit in diesen der Trauer gewidmeten Räumen so gar nicht erklungen war, daß der Ton desselben der geängstigten und doch zur höchsten Neugier erregten Dorothee fast wie ein Mißton vorkam.

In dem Nebenzimmer waren Mutter und Sohn allein bei einander. Beinahe acht Jahre waren verflossen, seit sie im Groll von einander geschieden; es war eine lange Zeit – sollte sie den Groll nicht ausgelöscht, die verleugnete, geschmähte Liebe nicht angefacht haben? –

»Du hast lange Zeit gebraucht, zur Besinnung zu kommen,« begann endlich Frau Artefeld. die sich in einen Lehnstuhl niedergelassen hatte, die Arme gekreuzt, wie es ihre Gewohnheit war, und mit forschenden Blicken den vor ihr stehenden Sohn betrachtend, »aber es geht doch wohl nicht ohne das Vaterhaus?«

Lag es in dem letzten Worte allein, in der Gedankenkette reicher Erinnerung, die sich um dasselbe und um unser Herz schlingt, die, an ihrem Hauptgliede berührt, den elektrischen Funken weiter trägt, bis die ganze Kraft der Berührung machtvoll die erschütterte Seele durchbebt, oder klang durch den Ton, mit dem Frau Artefeld das Wort aussprach, eine ungewohnte, vielleicht unwillkürliche Weichheit? Genug, so wenig freundlich auch die Frage gewesen war, sie riß doch Richard fort, riß ihn hin zu seiner Mutter Füßen und veranlaßte einen um so heftigeren Thränenausbruch, als der junge Mann schon seit Stunden mit demselben gerungen und ihn nur durch die Erbitterung seiner Gefühle zurückgehalten hatte.

Frau Artefeld liebte solche Gefühlsausbrüche nicht und wußte kein anderes Mittel zu ihrer Abwehr, als eine verdoppelte Ruhe der eigenen Haltung.

»Steh auf, Richard,« sagte sie, »und laß uns vernünftig mit einander sprechen. Weshalb bist Du zurückgekehrt, und wie denkst Du Dich zu dem freiwillig verlassenen Vaterhause künftig zu stellen?«

Richard war noch zu aufgeregt, um an der eisigen Haltung seiner Mutter zu erstarren. Noch auf den Knieen liegen bleibend, sagte er, sich gewaltsam zu größerer Ruhe zwingend:

»Ich hatte eine Schuld an den armen, alten, verstorbenen Mann abzuzahlen, auf dessen Sorgenstuhl Du jetzt sitzest, Mutter. Ich hätte das Geld schicken können, aber es zog mich hierher, heftiger, gewaltsamer noch, als damals, wo ich an Dich schrieb und zurückgewiesen wurde. Es ist mir immer so mit Dir gegangen, Mutter. Ich erinnere mich aus meiner Kindheit unzähliger Regungen schmerzlicher Sehnsucht nach einem Mutterherzen. Ich hatte oft das Gefühl, als müßte ich Dir in die Arme stürzen, aber seltsam! Du hieltest sie meist so wie jetzt ineinander verschränkt, wenn Du mit uns sprachst. So stand auch in der Ferne Dein Bild vor mir, ich trotzte dem Eindruck und schrieb, aber die wenigen Zeilen Deines Briefes zeigten mir, was ich zu erwarten hatte, und ich blieb fort. Noch deutlicher aber, als Dein Brief damals, zeigt mir heute das Kind dort drinnen, Dein Erschrecken bei meinem Erscheinen und der Blick voll zärtlicher Sorge, den Du auf den glücklichen kleinen Buben warfst, daß ich nun erst, nun mehr wie je Deinem Herzen und dem Vaterhause fremd bin. Du hast mir nie ein Recht an Deine Liebe gegeben, Du hattest meinen Vater auch nicht lieb; wollte ich heute das Recht geltend machen, das der Sohn, der erstgeborene Sohn an das Vaterhaus hat, es würde mich noch viel weiter von Dir entfernen, denn in Deinen Augen wäre ich doch nur der Dieb, der Deinen Liebling beraubt.«

»Du irrst,« entgegnete sie mit schneidender Kälte und Schärfe, »Du hast weder ein Recht geltend zu machen, noch besitzt der liebe kleine Knabe eins, dessen Du ihn berauben könntest. Das einzige Recht, von dem hier die Rede sein mag, liegt in meinem Willen, und der ist, wie Du weißt, weder durch Trotz, noch durch hochtönende Reden zu erschüttern, ebenso wie ich mein Herz nur denen gebe, die sich dessen würdig zeigen. Zurückgestoßen habe ich Dich nie, Du fandest nur nicht den Weg zu mir oder wolltest ihn nicht gehen. Dem gehorsamen Kinde hätte ich mich nie entzogen, es war Dir aber bequemer, Dich durch Deines Vaters thörichte Schwäche verziehen zu lassen, als Dich der nothwendigen Zucht zu unterwerfen, ohne die Deine Trägheit nicht zu überwinden war und die ich Dir nicht ersparen konnte. Was Dein anderes, vermeintliches Recht betrifft, das des erstgeborenen Sohnes an sein Vaterhaus, oder, was Du eigentlich sagen willst, an den wohlerworbenen und erhaltenen Reichthum desselben, so, ich wiederhole es, hast Du hierin nur das Recht, das ich Dir zu geben willens bin.«

»Vor dem Richterstuhl des Gesetzes, ja!« rief Richard lebhaft aus, »aber nicht vor dem der Moral, die da zu ergänzen hat, wo das Gesetz, das nicht jedem Verhältniß, jeder Empfindung Rechnung tragen kann, Lücken lassen mußte. Vor dem Richterstuhl der Moral gilt der Geist, aber nicht der Buchstabe.«

»Gut, auch vor dem wird mein Spruch bestehen,« entgegnete die Mutter ruhig, »denn auch vor dem bist Du der Schuldige. Ich habe nicht gesagt: geh, ich enterbe Dich; ich habe im Gegentheil gesagt: bleib, Dein soll Alles sein, was ich habe, aber Du sollst es auch erhalten und mehren, wie ich es that, wie mein Vater vor mir, wie dessen Vorfahren es vor ihm gethan haben. Ich wollte Dir mein Eigenthum nicht entziehen, aber ich habe das Recht geltend gemacht, die Bedingungen an den Besitz desselben zu knüpfen, die zu seiner ferneren Erhaltung nöthig sind.«

»Ach, Mutter!« sagte Richard, jetzt aufstehend und vor ihr stehen bleibend, »dieser Streit um die lästigen Bedingungen, von deren Erfüllung Du meine Sohnesrechte abhängig gemacht, dieser Widerwille vor dem Beruf, den Du mir aufzwingen willst, ist ja nicht der eigentliche Kern der streitigen Frage. Der liegt tiefer, viel tiefer, und wie ich ihn damals als Knabe nur ahnte, so steht er noch heute klar und deutlich vor meinem erwachten Bewußtsein. Es handelt sich um ein viel höheres Recht als das in Rede stehende, es handelt sich um das Recht der Freiheit des Menschen überhaupt. Das Gesetz selbst spricht uns seiner Zeit mündig, und dadurch wird die Unterwerfung unter den Willen der Eltern zur freien Wahl, der Gehorsam, den sie vom Kinde verlangen, zum willig dargebrachten Tribut des seine Manneskraft fühlenden Menschen, des die eigene gewonnene Einsicht erkennenden Geistes. Es kommt eine Zeit, wo Eltern und Kinder sich geistig gleichberechtigt gegenüberstehen, und die Liebe nur beugt den Kindern die Kniee und jagt sie durch's Feuer, einen Wunsch, eine Bitte zu erfüllen, die Liebe läßt sie demüthig vor einem falschen Anspruch verstummen, begeistert sie zu Opfern, die keine andere Macht ihnen abringen würde, aber die Liebe läßt sich nicht befehlen, die will erworben sein!«

»Mein Georg liebt mich, Gott sei Dank!« sagte Frau Artefeld, und ein Gefühl freudigen Stolzes überflog ihre strengen Züge, »aber freilich,« fügte sie bitter hinzu, »ist er noch zu jung, zu dumm vielleicht, um zu unterscheiden, ob seine Mutter Liebe verdient. Nun, wir wollen ihn von der Berührung solcher klugen Leute fern halten, die ihm darüber Aufklärung geben könnten. Noch fühlt er nicht, daß er gleichberechtigt mir gegenübersteht, und soll es nie fühlen! Er soll immer in mir die Mutter erkennen!«

»Ach, dürfte ich es auch, hätte ich es jemals gedurft!« rief Richard in schmerzlichem Tone aus, »hätte ich das Haupt meiner Mutter in der Glorie der Liebe schauen können, wie das meines Vaters, der seiner väterlichen Würde, seinen väterlichen Rechten nichts vergab, als er sich herabließ, der erste, der beste Freund seines Knaben zu sein. Mich hast Du nie so zärtlich umfaßt, so hold angeblickt, wie vorhin meinen glücklichen Bruder. Ich sah nur ein strenges Gesicht, hörte nur scharfe, befehlende Worte. Sie trieben mich in den Trotz hinein, bis das erwachende Bewußtsein mir sagte, wie wenig der Trotz geeignet sei, Liebe zu erringen, wie er nur den Groll wecke und nähre, der Mißstimmung hervorruft und nicht Liebe. Weiß Gott, ich habe mich bemüht, dieser häßlichen Empfindung Herr zu werden, ich habe Deine Wünsche, Deinen Willen studirt und mich bestrebt, ihm jedes mögliche Opfer zu bringen. Ich wagte noch gar nicht auf Liebe zu hoffen in diesem Ringen nach Deinem Beifall, Deine Zufriedenheit schien mir ein Glück verheißendes Ziel! Was errang ich als Lohn meines Strebens? An dem ernstesten, heiligsten Tage meines Lebens, wo mein Herz vor Sehnsucht nach Liebe überfloß, hattest Du nichts für mich als eine Drohung, als ich Dich bat, mir ein Wort der Liebe in das Buch zu schreiben, das an Verheißungen derselben so reich ist. Schlage ich jetzt die Bibel auf, so muß sich die Andacht erst aus dem Grimm emporringen, der mir das Andenken an einen schönen Tag verbittert. Das Wort flammt mir vor den Augen und wandelt Frieden und Frohsinn in Bitterkeit und Schmerz.«

»Schreckt Dich das Wort schon, so hüte Dich, daß es sich nicht erfülle,« bemerkte Frau Artefeld streng.

»Gott hört nicht auf Flüche, selbst da wo sie gerecht sind!« sagte Richard feierlich. »Sein Reich ist das des Segens, seine Würde, seine unantastbare Autorität, seine Macht und Herrlichkeit wurzeln alle in der Liebe, Flüche reichten nicht zu ihm hinauf!«

»Ueber meine Lippen wird sich auch keiner drängen,« unterbrach ihn Frau Artefeld ernst, »eine Mahnung war es und keine Drohung, die ich Dir in das Buch des Lebens schrieb, eine Mahnung, seinen Blättern selbst entnommen. Unwürdig des Menschen überhaupt, undenkbar im Munde einer Mutter ist ein Wort, ein Gedanke, der eine Verwünschung auf das Haupt auch des ungerathensten Kindes herabruft. Du, der Du mit rascher, ungerechter Anklage ein Gefühl in den Staub ziehst, für das Du keinen Maßstab hast, würdest Dir Deine Berufung auf den Himmel haben sparen können, verständest Du es, Empfindungen anders als nach Worten zu beurtheilen. Die Liebe, die Eltern blind macht gegen die Fehler des Kindes, die sie veranlaßt, durch unzeitige Nachgiebigkeit ihre Würde auf's Spiel zu setzen, die sie verhindert, die erziehende Hand in eine züchtigende zu verwandeln, eine solche Liebe verhöhnt die Gewalt, die Gott den Eltern gegeben; sie ist alberne Schwäche, die an hohlen Phrasen und kindischen Liebkosungen ein Genüge findet und die wahre Wohlfahrt der ihnen untergebenen Geschöpfe verabsäumt. So liebe ich allerdings keins meiner Kinder, aber, ich würde auch keinem fluchen, denn das heißt nicht fluchen, wenn man, aufs äußerste beleidigt, stetem Ungehorsam begegnend, das ungerathene Kind der strengeren Zucht des Himmels empfiehlt, wo die eigene nicht ausreichte. Aber dieses Aufgeben ihrer mütterlichen Pflichten, diese anscheinende Härte, zu der eine Mutter sich gezwungen sieht, die Kränkung, die ihr Herz verwundet, das beleidigende Wort, das sie hören muß, und die böse That, die ihr schweres Werk der Erziehung zu Schanden macht, ihr ganzes vergebliches Streben, ihre fruchtlose Mühe, das ist der Fluch, der auf dem Haupt des Kindes ruht, der dem unberechtigten Segen eines thörichten Vaters entgegentritt. Vor dem Fluche habe ich Dich damals gewarnt, und statt die Mahnung zu beachten, setztest Du ihr Erbitterung entgegen; vor dem Fluche warne ich Dich heute wieder und werde Dich warnen fort und fort, bis Dein Trotz an meinem Willen zerbrochen ist.«

Richard war erschüttert, aber nicht bezwungen. Er verkannte die Wahrheit nicht, die in den kräftigen Worten der Mutter lag, aber er sah den trügerischen Schluß, den ihr unnachgiebiger Sinn, ihr starres Festhalten an ihrer Autorität daraus zog. An ihren Willen sollte sein Trotz zerbrechen. Richard fühlte, wie alle seine Willenskraft an ihrem Herzen dahingeschmolzen wäre, hätte sie nur einmal die eiserne Rüstung ihres allmächtigen Willens abgelegt, die den Weg dazu versperrte. – Ein Schritt ihm entgegen – ein auffordernder Blick – eine ausgestreckte Hand – und er wäre auf's Neue ihr zu Füßen gesunken, vielleicht bereit, für einen Herzensbund mit der Mutter all' seine Wünsche abzuschwören, aber sie kam ihm auch nicht mit einer Bewegung, einer Miene entgegen, und so stand er denn nicht als Sohn, sondern nur als Mann ihr gegenüber.

Sie fuhr, wieder zu ihrem gemessenen Tone zurückkehrend, ruhig fort:

»Ich will, obgleich es kaum den Anschein hat, doch annehmen, Reue habe Dich zurückgeführt, und Dir daraufhin so viel Nachsicht beweisen, als ich vor mir selbst zu verantworten vermag. Ich kann natürlich mein früheres Anerbieten, Dich einst an die Spitze des Hauses zu stellen, wenn Du Dich willfährig zeigst, die damit verbundenen Pflichten zu erfüllen, nicht wiederholen. Bist Du deshalb, zurückgekehrt, so thut es, mir leid, Dir sagen zu müssen, daß es, zu spät ist. Ich wünsche auch nicht, daß Georg unter Deinen Augen aufwächst, daß er von Dir lernt, den kindlichen Gehorsam auf das Minimum zu beschränken, dass Deiner Meinung nach den natürlich von menschlichen Unvollkommenheiten nicht ganz freien Eltern allein gebührt und ganz aufhört, sowie sie in ihren Forderungen darüber hinausgehen. Er soll, so lange er in meinem Hause ist, seinen Gehorsam nicht von seinem Urtheil abhängig machen, denn Eltern stehen an Gottes Statt da; ich will mein Kind vor Deiner verdorbenen Moral schützen. Bedarfst Du sonst meiner Hülfe, soll sie Dir nicht entzogen werden, ja, wenn ich hoffen könnte, daß Deine Lebensstellung eine solche ist, die meiner Stellung in der Welt, meinem Namen entspricht, so sollte Dir künftig das Erbtheil nicht entzogen werden, das ich von jeher denen von meinen Kindern bestimmt habe, welchen ich keinen Antheil an der Handlung, der die Hauptmasse des Vermögens bleibt, gewähren kann. Nachfolger in meinem Geschäft, zu dem ich nach Deinem Entweichen meinen Schwiegersohn bestimmt hatte, wird nun natürlich Georg und somit auch Haupterbe werden. Das ist nicht ungerecht, denn als Du freiwillig ging, wußtest Du, was Du im Stiche ließest.«

»Ja wohl wußte ich genau, was ich verlor,« erwiderte er ruhig, obgleich ein flüchtiges, höhnisches Lächeln um seine Lippen zuckte. Da aber Frau Artefeld, der hochmüthige, wegwerfende Manieren schon zur Gewohnheit geworden waren, gesprochen hatte, ohne ihn nur anzusehen, war ihr der Hohn in Richard's Mienen entgangen, und sie glaubte ihn gesammelt genug zu dem, was sie eine vernünftige Auseinandersetzung nannte.

Sie fragte also so ruhig, als handle es sich um die alltäglichsten Dinge:

»Welchen Stand hast Du ergriffen? Dienst Du noch in der Försterei, von der aus Du mir damals schriebst?«

Richard biß sich auf die Lippen aus Kränkung und Verdruß über die hochmüthige Fassung der Frage, nahm sich aber dann zusammen und sagte ruhig:

»Nein, über jene Lehrjahre bin ich hinweg. Ich habe jetzt eine selbstständige Försterstelle. Grüne Buchen umrauschen mein Haus, und ein blauer, tiefer See spiegelt mir den Himmel, unter dessen Obhut ich stehe, wieder. Ich war es noch stiller gewöhnt,« fuhr er fort, da die Mutter ihn mit einer Miene ansah, die deutlich die Erwartung aussprach, noch mehr über seine Verhältnisse zu hören. »Jahrelang war eine Hütte im Walde, ein einsamer Wachtposten unter dunkeln Fichten und Schwarztannen meine Welt, ein Hund mein Kamerad, Hirsche und Rehe meine scheuen Nachbarn und eine sonntägliche Wallfahrt nach einem weit abgelegenen Dorf, ab und zu eine Revision des Oberförsters, ein Ruf zur gemeinschaftlichen Jagd, der Verkehr mit Holzfällern, die ich zu beaufsichtigen hatte, mein Zusammenhang mit den Menschen. Viel anders ist's jetzt auch nicht, aber mag es doch sein! ich schreite wenigstens ohne Fesseln durch meine grüne Einsamkeit.«

»Das mag sehr romantisch sein, interessirt mich aber wenig,« sagte Frau Artefeld, durch die letzten Worte geärgert, in wegwerfendem Tone, »was ich wissen will, schlägt mehr in's praktische Leben. Hast Du eine königliche Stelle, ist sie nur eine erste, niedere Stufe, hast Du Aussicht, in der Knechtschaft um Lohn und Brod, die Du Freiheit nennst, wenigstens mit der Zeit ein Amt zu erreichen, das den Ansprüchen genügt, die ich, als Haupt der Familie, an alle diejenigen zu machen habe, die meinen Namen tragen?«

»Mein Haus mag nicht kleiner sein als das, in dem mein Ur-Urgroßvater Kaffee und Zucker lothweis verkaufte, wird sich aber schwerlich, ja hoffentlich nie in solch' düsteres, steinernes Gebäude verwandeln, wie das ist, in dem seinen Nachkommen der freie Lebensathem in kaum sichtbaren Quantitäten zugemessen wird,« antwortete Richard mit Nachdruck, und fügte dann in leichterem Tone hinzu: »Mein Brodherr ist Grundbesitzer, und wo ich jetzt bin, bleibe ich vielleicht mein Leben lang. Ich habe weder in einer königlichen Akademie mein Fach studiren können, noch Aussicht auf königliche Anstellung.«

Frau Artefeld antwortete nicht gleich, ihre Blicke prüfend auf den Sohn gerichtet, saß sie schweigend da, er hielt die Prüfung ruhig aus. Der kaum sichtbare Anflug eines wohlgefälligen Lächelns umspielte einen Augenblick ihre Züge, als ihr Auge die schlanke, kräftige Gestalt ihres Sohnes, sein von Wind und Wetter gebräuntes, charaktervolles Gesicht mit der offenen, hohen Stirn und den tief dunkeln Augen musterte. Seine Augen verstand sie nicht, sie wandte die ihren rasch ab, und das wohlwollende Lächeln wurde zum herabsetzenden, als sie an dem groben Tuch des einfachen, aber zierlich sitzenden grünen Jagdrockes haften blieben.

»Höre mich jetzt an, Richard,« sagte sie dann, »höre jetzt meinen letzten Vorschlag, die letzte Bedingung einer Versöhnung zwischen uns. Das Glück, das Du achtlos weggeworfen, will und kann ich Dir nicht wieder bieten, ich werde mir in Georg einen gehorsameren Sohn, eine willigere Stütze für mein Alter, einen würdigeren Vertreter der Interessen der Familie erziehen. Aber ich kann es nicht ertragen, einen Artefeld so herabgekommen zu sehen, wie Du es bist, ich will Dich aus niedriger Stellung befreien helfen, wenn Dir überhaupt noch zu helfen ist. Daß ein Zusammenleben für uns Beide, für jetzt wenigstens, noch nicht denkbar, beweist mir Dein heutiges Auftreten, ich verlange also Deine Rückkehr in mein Haus nicht mehr, im Gegentheil, ich will Dir einen Wirkungskreis anweisen, der Dich weit fort von hier, aber in Verhältnisse führt, die Dir ein Emporkommen in der Welt möglich machen.«

Sie hielt einen Augenblick inne, vielleicht um zu sehen, welchen Eindruck ihre Rede auf Richard mache, doch welcher Art dieser auch sein mochte, sein Antlitz zeigte nur den ruhigen, aufmerksamen Zuhörer.

Sie fuhr fort:

»Ich habe Dir schon einmal meinen Wunsch mitgetheilt, Dich mit Deiner Cousine Flora verbunden zu sehen. Sie paßt für Dich, sie ist ein vernünftiges, thätiges, die Häuslichkeit liebendes Wesen, ohne viel Ansprüche, also für ein bescheidenes Loos geschaffen, und was ihrer liebenswürdigen Natur seit einiger Zeit in meinen Augen geschadet, ein Hang zu unberechtigter Selbstständigkeit, ein zu starker Glaube an das eigene Urtheil, wird Dir nur zusagend sein, da es ja ganz Deinen Ansichten von menschlicher Freiheit entspricht. Sie hat noch keinen Heirathsantrag gehabt, sie wird Dir keinen Korb geben. Dem kleinen Vermögen, das jetzt schon ihr selbstständiges Eigenthum ist, da ihr Vater großherzig genug dachte, sein Glück ganz und ungetheilt mir verdanken zu wollen, füge ich die gleiche Summe hinzu. Es ist also beinah so viel, als Elisabeth's Mitgift betragen wird, es ist kein Reichthum, kann aber der Anfang zu einem solchen werden. Der Schwager meines Neffen, Charles Thomson, hatte nicht so viel, als er sich vor zehn Jahren in Newyork etablirte, und steht jetzt an der Spitze eines bedeutenden Handlungshauses. Dorthin werde ich Dich empfehlen, meinetwegen wird er Dir mit Rath und That beistehen. Bist Du intelligent, scheust Du die Arbeit nicht, so kannst Du die Schande, die Du durch Dein unkindliches Betragen, durch Dein schmachvolles Entweichen auf meinen Namen geladen, dort auslöschen, kannst mir für den Kummer, den Du mir gemacht, die einzig mögliche Genugthuung geben. Du bist dort meiner Autorität, der Du Dich ja um jeden Preis entziehen wolltest, fern, kannst dort mein Ansehen zu Deinem Vortheil benutzen. Du hast Dich ja, als Du Dich vom Gehorsam emancipirtest, auf ein Feld des Kampfes mit mir gestellt, ich biete Dir jetzt wenigstens ein ehrenvolleres, als das von Dir gewählte an, eins, auf dem Dein Sieg über mich mich erfreuen würde. In meinem Hause bin ich Herr, von dem Sohne verlange ich Unterwerfung; dem Chef eines aufblühenden, weithin bekannten und geachteten Hauses würde ich die Schuld des Sohnes verzeihen, würde sie der Energie zuschreiben, die nur eine Weile in falsche Bahn gelenkt, in den starren Trotz ausartete, der ihn seine Pflichten gegen mich vergessen ließ.«

Sie schwieg, aber ihre Rede hatte die dunkeln Wolken, die allmählich auf Richard's Stirn emporgezogen waren, nicht verscheucht.

»Immer wieder die alte Fessel, das alte Joch,« murmelte er düster vor sich hin, »immer wieder das goldene Kalb, vor dem ich niederknieen soll und anbeten. Ich kann nicht Kaufmann werden und kann auch Flora nicht heirathen, ich vermag es nicht,« brach er dann plötzlich los. »O Mutter, kannst Du denn nicht vergessen und vergeben ohne Bedingungen?«

»Ich denke, mein Vorschlag war gerecht gegen Alle,« versetzte sie kalt.

»Güte ist so viel schöner als Gerechtigkeit!« sagte er bewegt.

»Nach allem Vorgefallenen ist eigentlich jede Gerechtigkeit, die ich Dir angedeihen lasse, nur Güte,« bemerkte sie in demselben scharfen Tone. »Du verwirfst also meinen Vorschlag?« fragte sie dann.

»Ich kann nicht Kaufmann werden,« versetzte er mit ruhiger Festigkeit; »ich mißachte den Stand nicht, aber daß Du die Principien desselben über jeden andern Lebensanspruch erhebst, hat mir die tiefe Schattenseite enthüllt, die mich abstößt. Ich muß ein anderes Lebensziel haben als Erwerb von Reichthum. Im Besitz desselben würde ich mich bestrebt haben, ihn würdig zu verwenden, ihn mit einer mir widerwilligen Beschäftigung erkaufen mag ich nicht. Eben so wenig will ich aus anderm Antriebe als dem des Herzens heirathen. Die Ehe ist kein Geschäft, kein Abwägen gegenseitiger Vortheile, sie ist ein freies Bündniß, auf Sympathie der Seelen gegründet, ein Band, aus Liebe, Glauben, Hoffnung gewoben, ein Band, fester als eine goldene Kette, unauflöslicher als ein verbriefter und besiegelter Pact. Du hast mir Flora zur Schwester gegeben, Du hast nicht gefragt: willst du sie haben? Es mochte Dein Recht sein, aber Willkür wäre es, nun aus der Schwester mein Weib machen zu wollen. Nein, meine Schwester soll sie bleiben. Ich liebe eine Andere, Mutter!« fuhr er nach kurzem Schweigen und von der ganzen Wichtigkeit dieses Geständnisses ergriffen in einem Tone hinreißender Innigkeit fort, »da siehst Du wohl, daß ich Dir auch hierin nicht gehorchen kann. Mein Herz gehört schon lange einer Andern, gehört dem holdesten, lieblichsten Mädchen, das ich je gesehen. Noch habe ich es ihr nicht gesagt. Ich wagte es nicht, ihr ein Herz zu bieten, das unkindlichem Groll, das feindseligen Gefühlen hingegeben war. Die Sehnsucht, es davon zu befreien, trieb mich gewaltsam zurück, nicht als ein Ausgestoßener wollte ich ihr die Hand bieten, und mußte ich ihr auch eine Heimath fern von der meiner Kindheit geben, so wollte ich mein junges Weib doch unter ein gesegnetes Dach führen dürfen. Ich Thor vergesse es immer wieder, daß in unserm Hause selbst der Segen eine Waare ist, daß man Tauschhandel mit ihm treibt, daß man dies über allen Preis erhabene Gut nicht umsonst, nicht nur für einen Dank, und wäre es einer auf den Knieen, losschlägt. Liebe, Erinnerung, Glück, Alles hat seinen Preis! O, der Gedanke ergriff mich wieder mit seiner alles Heimweh zerstörenden Gewalt, als ich, ein Ausgestoßener, Verbannter, dem väterlichen Hause gegenüber in der fremden Wirthsstube saß, als ich von den neuen Banden hörte, dem neuen Glück, als sich Erinnerung an Erinnerung reihte und mich diese neuen Bande, dieses neue Glück verstehen lehrten, als ich zähneknirschend Vergangenheit und Gegenwart verglich und die sonnenbeleuchteten Fenster des mir verschlossenen Vaterhauses meiner abermals vergeblichen Sehnsucht zu spotten schienen. Ja, abermals vergeblich, denn in der Ahnung dessen, was ein Wiedersehen uns bringen würde, war ich entschlossen, es nicht herbeizuführen.«

»Du verräthst, mit welchem Herzen Du kamst,« unterbrach ihn die Mutter, »in meinen neuen Verhältnissen ist nichts, was Dich mit Recht abstoßen könnte.«

»Doch, Mutter, doch,« fuhr Richard fort, »der goldene Schild, mit dem Du die böse Welt Dir abzuwehren denkst, hat Flecken. Schmutzige Hände wagen es ihn anzutasten und schadenfrohe Gesichter spiegeln sich in ihm.«

»Du faselst,« sagte Frau Artefeld verächtlich.

»Meine Stimmung war zerrissen, schwankend zwischen feindlichem Widerstreben und sehnlichem Wunsch nach Versöhnung,« fuhr Richard, unbehindert durch die Unterbrechung fort, »als Du plötzlich vor mir standest und wie immer das erste Gefühl herausfordertest. Aber es giebt ein Antlitz, an dessen kindliche Unschuld und friedliche Ruhe ich nicht denken kann, ohne daß alle guten Geister in mir auferstehen. Im Namen dieses Antlitzes und der sanften Seele, die es belebt, bitte ich Dich jetzt um Vergessen alles Vergangenen, bitte Dich um ein versöhnliches Herz. Ich will nichts, gar nichts von Dir als einen mütterlichen Segen für meine Anna. Gieb mir ihn mit, und nie wieder soll mein Anblick Dich beleidigen, nie mehr soll ein Verlangen, ein Wunsch, ja auch nur ein Gedanke die Ansprüche Deines Lieblings verkürzen. Ich möchte Frieden mit der Vergangenheit schließen, ehe ich mein Leben für die Zukunft ordne. Ich kann meiner Braut nicht sagen: ich habe eine Mutter, aber sie ist mir feindlich gesinnt, ich habe Geschwister, aber ich muß mich ihnen fern halten. Sie würde solche Verhältnisse nicht verstehen, ich würde davor zurückbeben, sie ihr verständlich zu machen. Das Mädchen verdient jede zarte Rücksicht; sie ist selbst zart wie eine Blume. Wenn ich sie ansehe, fällt mir meine Kindheit ein und meine Freude an den ersten Blüthen des Jahres. Mein Vater hat mir kurz vor seinen letzten langen Leiden, bei unserm letzten Spaziergange einen Strauß Himmelsschlüssel gepflückt, den bewahre ich heute noch, und die holde Blume fiel mir ein, als ich das Mädchen zuerst sah. Gewiß, mein Vater hat sie mir geschickt, denn wie jene Blüthe die Pforten der Welt dem Frühling erschließt, so öffnen sich mir beim Anschauen ihres unschuldigen Gesichts die Tempelhallen eines neuen Daseins!«

Richard hatte wohl ganz vergessen, vor wem er stand, als er so schwärmte. Frau Artefeld machte es ihm schnell genug bemerkbar. Sie affectirte ein Gähnen und sagte dann:

»Du hast mir noch nicht gesagt, wer das Mädchen ist.«

»Sie ist eine Waise,« erwiderte Richard, der, das Gähnen bemerkend, sich bemühte, in ganz ruhigem, erzählendem Tone zu antworten, »ihr Vater war Schullehrer. Nach seinem vor einigen Jahren erfolgten Tode nahm eine fern von ihrer Heimath lebende alte Verwandte sie auf, der sie den spärlichen Schutz und Unterhalt tausendfach mit ihrer Hände Arbeit und ihres Wesens Lieblichkeit vergütet. Ein geringer Dienst von meiner Seite, als ich ihr auf einer verspäteten Wanderung im Walde begegnete, ihr, die sich verirrt hatte, den richtigen Weg wies und ihr das Geleit nach Hause gab, vermittelte unsere Bekanntschaft. Von da an war das bescheidene Haus, in dem sie mit ihrer Tante wohnte, das Ziel meiner sonntäglichen Wanderungen, bis ich vor einem halben Jahre Gelegenheit fand, meine sehr dürftige Stelle gegen eine bessere zu vertauschen, und mich gern in die Trennung fügte, in der Hoffnung, daß sie zu einer dauernden Vereinigung führen würde. Daß ich sie nicht gleich bat, mir in die neue Heimath zu folgen, geschah hauptsächlich aus Achtung vor der reinen Unschuld des Mädchens, vor der tiefen Wahrhaftigkeit ihres Gemüths. Ihr ein ärmliches Loos zu bieten, konnte ich wagen, aber ich stand an, sie in ein unklares zu verwickeln. Ich konnte nicht in einem Athemzuge von Liebe und Groll zu ihr sprechen. Die Hoffnung auf Versöhnung wachte wieder in mir auf; ich hatte das Band, das mich an die Heimath knüpfte, innerlich noch nicht zerrissen, ich wünschte den neuen häuslichen Herd unter dem Segen des Vaterhauses zu errichten. Du hast zu entscheiden, Mutter! Anna kennt mich nur unter fremdem Namen, einem Namen, den ich nicht etwa gestohlen habe, sondern der mir mit allen schriftlichen Beweisen für die Echtheit desselben im Namen eines Todten überwiesen wurde. Ich warf den meinigen damals fort, weil sich tausend bittere Empfindungen an seinen Klang knüpften, weil er mir nirgends ein Recht der Liebe gab, dann, weil ich dem Hause, von dessen Schwelle ungerechte Härte mich verjagt, nun eben so fremd als fern bleiben wollte und thöricht genug war, mir einzubilden, mein an liebevollen und gütigen Worten so reicher Oheim Philipp hätte aus Sorge für mein Wohl meinen Wegen nachforschen können. Deshalb behaftete ich mich mit der Lüge, die jetzt einen Schatten zwischen mich und meine Anna wirft, und die ich gleichwohl entschlossen bin durch den kirchlichen Segen zur Wahrheit werden zu lassen, befreist Du meinen väterlichen Namen nicht von dem Unsegen des Hasses, des Zornes, unter dem meine Seele seufzt. Laß mich wieder Dein Sohn, laß mich ein Artefeld sein, mach' mir den Namen wieder lieb, auf den ich ein eben so gutes, ein älteres Recht habe, als der kleine Knabe da drinnen, der in alle meine anderen Rechte eintritt, dem ich sie alle neidlos überlassen will. Soll meine künftige Braut Theil haben an meiner Vergangenheit, oder muß ich für immer einen Schleier auf dieselbe werfen? Denn wahrlich! behandelst Du mich heute nicht als Sohn, so sind auch für ewig die kindlichen Bande zerrissen, ich mag nicht einmal Deinen Namen mehr, an den sich für mich doch nicht Glück und Segen heftet. Viel lieber gebe ich dem Schatten zwischen meiner Braut und mir dauernd Form und Gestalt, ehe ich dies liebevolle Herz mit der finstern Geschichte von der unnatürlichen Tyrannei einer Mutter belaste!«

Frau Artefeld schüttelte den Kopf zu dem, was sie im Stillen Phantasterei nannte, der in aller Strenge und mit gediegener, gesunder Vernunft zu begegnen sie für das einzige Mittel hielt, noch größere geistige Ausschweifungen zu verhüten. Demgemäß sagte sie:

»Es ist mir lieb, daß Du so viel Rücksicht auf Deine Familie genommen hast, Deinen Namen einstweilen Deinen Verhältnissen gemäß zu ändern. Es steht bei Dir, ihn jederzeit wieder anzunehmen, als Flora's Gattin wirst Du Dir das volle Recht erwerben, ihn zu führen.«

»Mutter!« unterbrach sie Richard heftig.

»Es würde ein Wahnsinn von Dir sein, ein blutarmes Mädchen zu heirathen,« fuhr jene unbehindert fort, »selbst wenn sie so wäre, daß ich sie Schwiegertochter nennen könnte. Nie werde ich zu einer solchen Thorheit die Hand bieten, um so weniger, als mir Dein ganzes Benehmen beweist, wie wenig Du geeignet bist, Dein Wohl selbst zu erkennen, selbst dafür zu sorgen. Ich habe geduldig Deine Rede angehört, mehr als geduldig, denn seit wir hier zusammen sind, mischest Du sinnlose Bitten und beleidigende, herabsetzende Anschuldigungen in einer Weise durcheinander, die mir von der zügellosen Aufregung Deines Geistes eine wahrhaft erschreckende Probe geben. In einem Athemzuge brandmarkst Du die Treue, mit der ich meine Pflichten zu erfüllen bestrebt bin, als Ergebniß kalter, gefühlloser Berechnung, und verlangst dann wieder Concessionen, die nur ein ganz verirrtes, krankhaftes Gefühl sich würde abnöthigen lassen. In gewisser Art ist das Leben aller Romantik zum Trotz doch nur ein Rechenexempel und zwar eins, das unsere ganze Kunst und Einsicht in Anspruch nimmt. Wirf nur alle Zahlen recht bunt durcheinander, und das Facit, das Du aus dem unordentlichen Gemisch ziehen wirst, ist Nichts, dasselbe Nichts, aus dem ein verständiger, nüchterner Kopf mit richtig erkannter und richtig angewendeter Kraft sich ein Etwas zu erschaffen versteht. Dir ist nur das erste gelungen, das zweite hast Du nicht vermocht, und doch willst Du für Dich selbst denken und handeln? Gut, so thu es denn! Der fortgelaufene Sohn, der gesunde junge Mann, der es nach jahrelanger Arbeit noch nicht weiter gebracht hat, als zu einer obscuren Jägerstelle, der müßiges Umherschwärmen im Walde und alberne Schwärmereien einer geregelten Beschäftigung vorzieht, der keine andere Gesellschaft gehabt hat, seine Sitten zu bessern, als bäurischen Umgang, keine andere Unterhaltung, als die Liebelei mit einem ungebildeten Mädchen, ist weder ein passender Gefährte für seine erwachsene Schwester, noch ein gutes Beispiel für seinen jüngeren Bruder, noch eine Persönlichkeit, die ich meinem Gemahl und meinen Gästen als nächsten Verwandten des Hauses vorstellen möchte, ist nicht einmal eine Autorität für meine Diener, denen ich eine feinere Livree gebe, als sein Brodherr sie für ihn angemessen findet.«

Mit einem an Erstarrung grenzenden Erstaunen hatte Richard diese mit kaltem Zorn gesprochenen Worte seiner Mutter angehört.

Er wußte wohl, daß sie zu denen gehörte, für die nichts maßgebend ist als die eigene Meinung, wußte, daß Widerspruch sie jederzeit zu den feindseligsten Regungen anspornte, er erinnerte sich ähnlicher Scenen aus seiner Kindheit, in denen ihre in dieser Art gereizte Stimmung sich nicht durch rasch auflodernde Heftigkeit, die wenigstens eine erhitzte Stimmung verräth, Luft gemacht, sondern genau in der schneidend scharfen, kalten Weise, die gleichsam mit stumpfem Messer mordet. Dennoch war er auf diesen maßlosen Hochmuth, diese starre Unnachgiebigkeit, diese Verleugnung alles mütterlichen Gefühls nicht vorbereitet gewesen. Hätte er nur wenigstens ihr Auge blitzen, ihre Gestalt zittern, ihre Wange erhitzt gesehen! Aber ihr Wort schlug ihn zu Boden, ohne daß ihr nur eine Wimper zuckte, ein Nerv vor Aufregung bebte.

Er war wie zerschmettert, aber eben so wenig wie er ihre Selbstbeherrschung begriff, vermochte er es ihr nachzuahmen. Zorn ist selten eine edle Regung, Zorn gegen die eigene Mutter – wahrlich, auch der gerechtfertigtste sollte lieber sein Recht ersticken im lodernden Flammenmeer, als auch nur einen Funken auf das von der Natur geheiligte Haupt schleudern – dennoch war in Richard's Ton und Haltung nichts Unedles, in seinen Worten eben so viel verhaltener Schmerz als zürnende Anklage, als er der Mutter ein Lebewohl für immer zurief.

»Ich komme nie mehr zurück und stürbe ich vor Sehnsucht und Heimweh!« betheuerte er mit gepreßter Stimme, die aber, je mehr er die Bande der Rücksicht von sich warf, lauter und lebhafter wurde, »und wenn ich alle Ehren der Welt erringen könnte, nie würde ich eine über die heimathliche Schwelle tragen. Ich habe Dir keine Schande gemacht, ich habe nichts Unehrenhaftes gethan! Ich bin fortgegangen, weil ich ein Mensch sein wollte, zu dem Gott mich erschaffen hat, und keine Marionette, zu der Du mich herabwürdigtest. Ich habe mit sechszehn Jahren meinen Anspruch auf Selbstständigkeit erprobt, ich habe mich von da an ehrlich und redlich durchgebracht und werde es fernerhin thun. Ich habe nichts von Dir verlangt, als Deine Liebe, Deine Nachsicht, Deine Verzeihung. Diese Seelenschätze hast Du nicht für mich, und so will ich denn auch nichts, gar nichts von Dir und sollte ich auch nie einen andern Rock tragen, als den groben, der Dein Auge beleidigt. Ist eine Schande dabei, daß Deine Diener besser gekleidet sind, gut, so fällt die Schande auf Dich, nicht auf mich! Aber mein heimliches Entweichen ist es nicht und der grobe Rock ist es auch nicht, was Dich zu Deiner heutigen Härte treibt, denn so tief hat Dich meine jugendliche Uebereilung nicht beleidigen können, daß Du nicht im Stande wärst, sie zu verzeihen, und so schroff ist selbst Dein Hochmuth nicht, Schande an eine dienstbare Stellung zu knüpfen; es sind Deine jetzigen Verhältnisse, in die ich Dir nicht hineinpasse. Du willst mich fort haben um jeden Preis und auf Nimmerwiederkehr, aus Sorge, ich möchte dem Herzblatt da, das Du zu Deinen Zwecken abrichtest, Abbruch thun, aus Furcht, die nicht wegzuleugnende Thatsache meines Lebens und meines Rechtes als ältester Sohn des Hauses möchte Dir, wenn auch nur um dem Anstande der Moral nicht zu grob in's Gesicht zu schlagen, die Concessionen abnöthigen, mir einen feineren Rock zu geben als Deinen Dienern, mich nicht darben zu lassen vor den Augen meines jüngeren Bruders. O, ich Thor! daß ich Sehnsucht empfand und an Sympathie Deines Herzens glauben konnte! Wurde doch mein erster Ruf nach der Heimath mit rauhem Befehl erstickt. Damals durfte ich nicht kommen, weil es galt, die Trauerkleider um den besten, liebevollsten, gerechtesten Menschen abzustreifen, damit neue Bande mit einem glattzüngigen Burschen geflochten werden konnten –«

»Richard!« unterbrach ihn die Mutter streng.

»Ja, so war es!« fuhr jener noch lauter fort, »es war dem Onkel nie ernst mit seiner Vermittlerrolle zwischen uns. Glatte Worte hatte er genug, aber zu keinem andern Zweck, als um das Feuer zu schüren, das löschen zu wollen er sich den Anschein gab. Im besten Fall belog er sich selbst, damit er sich in Unschuld freuen konnte, daß der Ungestüm des Knaben, die Härte der Mutter und die Heirathslust der Wittwe ihm so gut in die Hände arbeiteten und ihm die reiche Frau verschafften, auf deren Kosten und hinter deren Rücken er sich wahrscheinlich vortrefflich amüsirt.«

»Richard, Du beschimpfst mich!« rief Frau Artefeld entrüstet. –

In der Nebenstube hatte das Spiel der Kinder schon seit einigen Minuten aufgehört. Als die lauten Worte der beiden Streitenden wiederholt hineinschallten, waren Victor's Bemühungen, Georg zurückzuhalten, ziemlich vergeblich geblieben, ja, das neugierige Interesse, mit dem er, Victor, selbst hinzuhören anfing, und Dorotheens ängstliche Miene hatten nur dazu gedient, Georg's einmal geweckte Aufmerksamkeit zu erhöhen.

»Wer ist der Mann, der bei unserer Mutter ist, will er ihr etwas thun?« fragte er besorgt.

Dorothee suchte nach einer Erklärung, die so confus und unnatürlich war, daß Georg's Verständniß nicht dazu ausreichte, sie zu fassen; Victor fing an, ein schon hundertmal erzähltes Märchen aufs Neue zu erzählen, aber diesmal fand es nicht den gewohnten Beifall. Georg hörte so wenig zu, daß er sogar vergaß, auf die gewohnte Wortfolge zu halten. Das Pfefferkuchenhäuschen mit seinen Fenstern von Bonbons und der bösen Hexe, die die verirrten Kinder in den Bratofen schiebt, dieses Entzücken aller Zuhörer unter und manchmal auch über zehn Jahren, vermochte nicht, Georg's Aufmerksamkeit zu fesseln und dieselbe von den lauten Stimmen im Nebenzimmer abzuziehen.

Eben tönten Frau Artefeld's letzte Worte ganz deutlich hinein. Georg sprang von Victor's Schooß.

»Unsere Mutter sagt, er schimpft, – das darf er nicht, der häßliche Mann, ich will es ihm verbieten,« sagte er und eilte zur Thür. Vergeblich streckte er jedoch die kleinen Händchen nach der Klinke aus, sie war zu hoch, er konnte sie nicht erreichen.

»Lieber Victor,« sagte der Kleine, sagte es in so hinreißend bittendem Tone, daß nicht nur Victor, daß auch Dorothee hinzueilte, die Thür zu öffnen und den kleinen Helden zum Schutz seiner Mutter in's Zimmer zu lassen. Zögernd blieb Georg auf der Schwelle stehen. Er erschrak vor dem aufgeregten Gesicht Richard's, vor der strengen Miene seiner Mutter, auch fiel ihm plötzlich das Verbot der Letzteren ein, ihr nicht zu folgen. »Liebe Mama!« sagte er wieder mit derselben unwiderstehlich süßen Kinderstimme und heftete die großen dunkeln Augen halb ängstlich, halb bittend auf die beiden einander so feindlich Gegenüberstehenden.

Seine plötzliche Erscheinung, der liebkosende Ausruf, der nach den eben gesprochenen bitterm Worten wie ein Friedensgruß klang, wirkte wie ein Zauber auf Richard. Ein Blick in dies unschuldige Kinderantlitz, und sein Zorn war dahin, war der glühenden Sehnsucht, allen Groll und Hader angesichts dieses kleinen himmlischen Friedensboten abzuschwören, gewichen. Er stürzte auf das Kind zu; seine leidenschaftliche Bewegung galt der Mutter, an deren Ohr seine letzte Beleidigung noch nicht verhallt war, für Feindseligkeit. Mit einem Ausruf des Schreckens entriß sie das Kind Richard's umschlingenden Armen, und es fest an sich drückend und weit in das Zimmer zurücktretend, sagte sie, zum ersten Male ihre kalte Ruhe verleugnend, laut und heftig:

»Rühr' ihn nicht an, er ist mein Sohn, mein einziger, lieber Sohn!«

»Der Mann will mir nichts thun, er weint,« versicherte Georg seiner Mutter, und rief dann Richard so freundlich und zutraulich, als wollte er ihn beruhigen, zu: »Komm doch und sage es unserer Mutter, was Dir fehlt!«

»Unserer Mutter? ich habe keine!« stöhnte Richard, und die Hände vor die Augen drückend, brach er in ein kurzes, krampfhaftes Schluchzen aus und stürzte dann, an der erschrockenen Dorothee vorüber, zur Thür hinaus und die Treppe hinunter, ehe nur Einer Miene machen konnte, ihn aufzuhalten. Eine kurze Pause fast ängstlichen Stillschweigens trat ein, zuerst durch Georg unterbrochen.

»Wer ist der Mann, liebe Mama, warum war er böse auf Dich und warum wollte er mich küssen?«

»Er hat Dich nicht küssen wollen,« sagte sie streng, »Du mußt mich nicht weiter nach ihm fragen, er geht Dich und mich nichts an. Er ist einmal ein böses, unartiges Kind gewesen, hatte seine Mutter nicht lieb und that nicht, was sie wollte, darum ist er nun unglücklich und arm, und Niemand will etwas von ihm wissen.«

»Ich will Dir gehorchen, liebe Mama,« versicherte Georg, »aber ist denn der Mann noch böse?« fuhr er zu fragen fort, »und soll er denn noch thun, was seine Mutter will? Er ist doch schon so groß!«

Frau Artefeld nahm sich im Augenblick nicht die Zeit, des Kleinen mangelhafte Begriffe über die Dauer kindlichen Gehorsams in ihrer Weise zu berichtigen. Mit einer Ruhe, als sei sie bei der eben geschilderten widerlichen Scene kaum Zuschauer, geschweige denn Hauptperson gewesen, sagte sie mit jener herablassenden Freundlichkeit, die sie gegen Untergebene meist so lange annahm, bis sie ihr widersprachen:

»Es thut mir leid, daß der unangenehme Auftritt sich gerade jetzt hier ereignete und Räume entweihte, die durch den Tod geheiligt sind. Es ist nicht meine Schuld, ich konnte nicht ahnen,« fuhr sie mit leichtem Tadel fort, »gerade hier Personen zu finden, die mir feindlich gesinnt gegegenüberstehen. Doch sprechen wir nicht mehr davon. Ich kam hierher, Ihnen mein Beileid über den Tod Ihres Bruders, meines ehemaligen treuen Dieners auszusprechen. Nur einmal während der ganzen Dauer seiner Dienstzeit gab er mir Veranlassung zur Unzufriedenheit, die zugleich die zu unserer Trennung wurde. Dies eine Mal will ich ihm gern vergessen.«

»Ach, an dem einen Mal ist er gestorben!« flüsterte Dorothee.

»Nicht doch,« erwiderte Frau Artefeld, halb erschreckt, halb geschmeichelt durch eine solche Wirkung ihrer Ungnade, »er ist an seinen siebzig Jahren, nicht an meinem Unwillen gestorben, obgleich es allerdings die traurige Folge für ihn hatte, ihn von meiner Person, die er hatte aufwachsen sehen und die er verehrte, zu entfernen. Es ist aber verziehen und Gott habe ihn selig. Doch jetzt zu dem, was noth thut. Sein Tod soll keinen andern Kummer veranlassen als den, der sich unmittelbar an den Gedanken seines Verlustes knüpft. Sie dürfen nicht darben, Victor muß in bisheriger Weise erzogen werden. Es bleibt Alles beim Alten. Die Pension, die Ihr Bruder bezog, erlischt nicht. Für Victor werde ich weiter sorgen, wenn er sich fortgesetzt dessen würdig zeigt. Es ist heute der Geburtstag meines Kleinen, für mich ein Tag der Freude, der Hoffnung, die hell über so mancher andern zerstörten emporgeblüht. Seine Geburt war ein ersehntes, kaum erwartetes Glück, ich will, daß sie Vielen eine Veranlassung zur Freude sei, daß Viele den Himmel bitten, das kleine Leben um meinetwillen zu schützen. Er ist's, in dessen Namen ich Ihnen die Pension gebe. Ihr Alter soll Erquickung schöpfen aus seiner Jugend, er soll Victor's Herz in Dankbarkeit an das seine fesseln.«

Frau Artefeld hatte das Alles zwar in ihrer ruhigen, gemessenen Weise gesprochen, aber daß sie das Anerbieten einer Unterstützung für jetzt und künftige Tage in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Leben, der Wohlfahrt ihres Kindes brachte, war doch wohl ein Ergebniß der letzten Stunde.

So gern und viel sie auch Wohlthaten spendete, so wenig verstand sie es im Allgemeinen, die Gaben annehmbar zu machen. Sie kannte den schönen Spruch des Dichters nicht: »Du sollst den Tauben das Futter nicht nur hinstreuen, Du sollst es ihnen in die Sonne streuen.« Diesmal half ihr Mutterliebe und Mutterangst den Hochmuth bannen, der eine Wohlthat oft ihres besten Werthes entkleidet.

Ihre Worte lenkten Dorotheens Gedanken ab von der Kränkung, die des Verstorbenen letzte Jahre verbittert; von seinem Grabe schweifte ihr Blick fort und blieb an dem lieblichen guten Antlitz des kleinen Knaben haften, in dessen Namen ihr Alter von Sorgen befreit werden sollte. Von den verschiedenartigsten Gefühlen bestürmt, fand sie kein anderes Wort der Erwiderung als ein leises: »Gott segne ihn!« das sie mit bebenden Lippen aussprach, während sie die Hand auf Georg's dunkeln Lockenkopf legte. Es war das Siegel auf dem Pact, den die Kaufmannsfrau mit dem Himmel für das Wohl ihres Kindes zu schließen sich unterfing.

Dann schied sie mit dem freiwillig gegebenen Versprechen, einmal zu gelegenerer Zeit wieder zu kommen, um mehr von den letzten Tagen ihres alten geschätzten Dieners zu hören.

Als sie fort war, fragte Victor:

»Kann man gut und schlecht zugleich sein, Tante?«

»Ich glaube ja,« war die Antwort, »aber Du mußt nicht so fragen; wenn Du groß bist, wirst Du das Alles erfahren.«

Damit wies sie gewöhnlich Victor's Fragen ab, wenn sie eben nichts zu antworten wußte, oder sie verwies ihn auf Herrn Wagner, der ein besseres Verständniß für die oft tief gehenden Fragen des Knaben hatte. Diesmal sagte Viktor schon von selbst:

»Ich werde Herrn Wagner fragen; bis ich groß bin, dauert's mir noch zu lange. Frau Artefeld war vorhin, glaub' ich, schlecht,« setzte er nach einer Weile gedankenvoll hinzu.

»Schlecht ist sie nicht,« sagte Dorothee bestimmt, »aber hochmüthig wie ein Pfau und eigensinnig wie ein Kutschpferd.«

Victor lachte laut auf.

»Gegen uns ist sie aber gut,« bemerkte er nach einer Weile.

»Ja, und ich will ihr auch danken,« versicherte Dorothee.

»Willst Du ihr etwas schenken?« fragte Viktor eifrig.

»Ja, ich will ihr Wahrheit schenken,« versetzte Dorothee feierlich, »vielleicht hilft ihr die zur Gerechtigkeit, vielleicht, wenn sie sieht, wer eigentlich der Taugenichts ist, sucht sie ihn dann nicht mehr in dem Unschuldigen.«

»Ich verstehe Dich nicht,« sagte Victor ungeduldig.

»Du brauchst es auch nicht,« erwiderte sie, holte von dem Schreibtisch ihres Bruders Papier, Tinte und Feder, setzte sich zum größten Erstaunen Victor's, der sie nie bei dieser Beschäftigung gesehen hatte, zum Schreiben hin und malte so langsam, mit so vieler Umständlichkeit, mit so steifer Feder und so vielen Seufzern die Worte auf's Papier, daß der lebhafte, übermüthige Knabe Mühe hatte, das Lachen zu verbergen. –

 

Schweigend und so rasch als es Georg's kleine Beinchen gestatteten, legte Frau Artefeld den Weg nach ihrem Hause zurück. Oben in dem Corridor begegnete sie ihrem Gemahl schon in voller Gesellschaftstoilette.

»Jetzt kommst Du erst nach Hause?« sagte er erstaunt, »unsere Gäste können jeden Augenblick da sein, es ist schon spät.«

»Es ist noch nicht spät,« erwiderte sie abweisend und ging an ihrem Manne vorüber mit Georg in die neben ihren Zimmern gelegene Kinderstube und schickte sich in aller Ruhe an, ihn zu Bett zu bringen.

Es war das erste ihrer Kinder, dem sie eine derartige mütterliche Sorgfalt bewies, das erste, bei dem mütterliche Liebe die Form der Zärtlichkeit annahm. Elisabeth war sehr geneigt zu glauben, es sei das erste Mal, daß sie diese Zärtlichkeit empfand. Gewiß ist, Frau Artefeld war fast eifersüchtig auf die Zuneigung ihres Knaben und bewachte ihn förmlich vor den Beweisen von Liebe, die ihm von den Schwestern sowohl, wie von allen Hausgenossen zu Theil wurden. Dienstbar wollte sie ihm Alle sehen, aber neben ihm Keinen, und sie nannte ihn so ausschließend: Mein Kind, mein Liebling, mein Herz, als dürfe kein Anderer auch nur das geringste Eigenthumsrecht an ihm geltend machen. Sie bemerkte jeden kleinen Vorzug, den Georg einmal einem Andern gab, und wußte diesen immer wieder auf sich zurückzulenken. Sie war die Erste, die seinen Morgengruß in Empfang nahm, war die Letzte an seinem Bett, als wollte sie sich seiner für Tag und Nacht versichern.

In ihrem Manne hatte sie keinen Nebenbuhler, ihm war der Knabe noch zu klein, um sich mit ihm zu beschäftigen. Er zog seine hübsche Stieftochter dem plappernden kleinen Burschen bei Weitem vor und empfing für sein Bemühen, ihr manches kleine Vergnügen zu schaffen, für seine warme Herzlichkeit so viel Dank, als das scheue, stille Mädchen nur auszusprechen im Stande war. Elisabeth liebte ihn und Flora viel mehr als ihre eigene Mutter, ja selbst als Georg, von dem sie sich fern hielt, da sie seiner nie habhaft werden konnte, ohne daß die Mutter dabei war, in deren Gegenwart sie sich einmal nie frei und natürlich zu bewegen vermochte.

Die gefährlichste Nebenbuhlerin in der Gunst des Kleinen hatte Frau Artefeld in Flora, die sich an den Despotismus, mit dem die Mutter Beschlag auf das Herz ihres Kindes gelegt hatte, nicht kehrte; sie ärgerte sich zwar, daß von dem reichen Quell der Liebe, der in dem jungen Herzen floß, die strenge Hüterin desselben nur tropfenweis Labsal und Erquickung ausgetheilt wissen wollte, hatte jedoch die Kinder wie Georg insbesondere viel zu lieb, um aus Desperation, wie vielleicht Elisabeth es that, diesem tropfenweis gestatteten Labsal seiner kindlichen Gunst zu entsagen: im Gegentheil beutete sie dieselbe aus, wo sie nur konnte. Sie war die bevorzugte Märchenerzählerin. Die moralischen Geschichten von den artigen und unartigen Kindern, die ihrer Mutter gehorchen oder nicht und Lohn und Strafe dafür empfangen, die einzigen, die Frau Artefeld's trockenes, mit Zahlen angefülltes Gehirn aufbrachte, hatten nun einmal nicht den süßen Reiz der Zauberwelt, die Flora vor der Phantasie des Kindes ausbreitete. Georg ließ sich auch selten willig finden, zu Bett zu gehen ohne das Märchen, das ihn in den Schlaf sprechen sollte.

Auch an dem genannten Abend verlangte er nach Schwester Flora, den poetischen Abendtrunk zu empfangen, und machte ein ganz betrübtes Gesicht, als ihm die Mutter

»Flora kommt heute nicht, sie amüsirt sich heute besser, als hier zu sitzen und Geschichten zu erzählen. Wenn Gesellschaft hier ist, kommt Niemand zu Dir als ich. Ich habe Dich lieber als alle Gesellschaft. Soll ich Dir etwas erzählen?«

»Ja,« bat der Kleine, »erzähl' mir von dem Manne, der erst böse war und mich dann küssen wollte.«

»Nicht doch,« sagte die Mutter abweisend, »von dem ist nichts Hübsches zu erzählen.«

»Wer ist es denn?« forschte Georg, der wie alle Kinder ein lebendiges Fragezeichen repräsentiren konnte.

»Ein Bettler,« war die Antwort, »ein übermüthiger dazu. Was ich ihm geben wollte, war ihm nicht genug.«

»Woher weißt Du denn aber, daß er seiner Mutter nicht gehorcht hat?«

»Das weiß ich ja nicht,« sagte sie zerstreut.

»Doch, Du hast es mir selbst gesagt,« behauptete Georg und sah sie mit seinen großen dunkeln Augen herausfordernd, fast strafend an. Die Aehnlichkeit zwischen Richard und Georg fiel ihr auf einmal auf; ein beängstigendes Gefühl ergriff sie, eine ahnungsvolle Furcht, als könnte sie auch diese Augen einst so feindlich auf sich gerichtet sehen, wie die des älteren Bruders ihr noch vor Kurzem entgegengeblitzt hatten. Inzwischen war noch immer der fragende, forschende Blick auf sie geheftet, sie eilte, denselben zu beantworten.

»Ich habe es gesagt, weil ich es geglaubt habe,« entgegnete sie. »Der Mann war heftig, unverschämt und trotzig, und sprach sehr böse Worte. Da dachte ich natürlich, daß er auch ein böses Kind gewesen sein müsse, das seiner Mutter nicht gehorcht und das der liebe Gott deshalb gestraft hat.«

Georg schien mit der Auskunft zufrieden, er ließ es sich gefallen, daß die Mutter ihm die Kissen zurechtlegte, ihn, wie sie es alle Abende that, noch herzlich auf die Stirn küßte, aber als sie dann gehen wollte, hielt er sie fest. Das interessante Thema seiner Unterhaltung war immer noch nicht erschöpft, auch besann er sich gewöhnlich gern auf einige Fragen, wenn er merkte, daß die Mutter gehen wollte.

»Hat er seinem Papa auch nicht gehorcht, oder braucht man dem Papa nicht zu gehorchen?« lautete die nächste Frage, die eigentlich die Mutter hätte beschämen müssen.

Sie lächelte jedoch nur darüber.

»Natürlich gehorcht man dem Papa auch,« sagte sie, »aber um kleine Kinder bekümmert sich der selten. Hat Dein Papa viel mit Dir zu thun? Ich ziehe Dich an und aus, ich gehe mit Dir spazieren, ich habe Dich bei mir, wenn ich arbeite, ich erzähle Dir Geschichten, wenn ich Zeit habe. Der Papa spielt wohl einmal mit Dir, wenn er Lust hat, sonst amüsirt er sich, wie Flora, lieber mit Anderen. So lieb wie ich, hat Dich Keiner. Siehst Du, so ist es bei anderen Kindern auch. Die Mutter hat die Kinder immer am liebsten, bekümmert sich am meisten um sie, weiß am besten, was sie thun oder lassen sollen. Der Mutter müssen sie dafür am meisten danken; ihr noch mehr gehorchen wie dem Vater, sonst ist der liebe Gott böse.«

Georg hatte schon etwas schlaftrunken dieser langen Auseinandersetzung zugehört. Bei Kindern ist das Einschlafen ein kurzer Proceß, sie bedürfen nicht des allmählichen Ueberganges vom traumhaften Schlummer bis zu tiefem, festem Schlaf. Jetzt noch mit wachen Augen um sich schauen, dann sie schließen und nichts mehr von sich wissen, ist ausschließliches Privilegium ihres glücklichen Alters. Georg hielt seine Augen nur noch mit Gewalt offen, weil sein Frageregister noch nicht erschöpft war, aber die wohlthätige Vorempfindung baldiger süßer Ruhe mischte sich unwillkürlich in seinen Gedankengang, als er fragte:

»Sage, liebe Mama, hat der Mann auch solch' weiches Bettchen wie ich?« und als sie den Kopf schüttelte, fügte er fast flehend hinzu: »Ach bitte, schenke ihm etwas, daß er sich eins kaufen kann, dann wird er nicht mehr böse sein und nicht mehr weinen.«

Der Kleine hatte sich aufgerichtet und schlang seine Arme um den Hals seiner Mutter, während er so bat. In der anschmiegenden Stellung, in dem weichen, stehenden Tone lag der ganze unwiderstehliche Zauber, der es so schwer macht, Kindern etwas abzuschlagen, selbst wenn sie um unvernünftige Dinge bitten.

»Willst Du es thun, willst Du ihm etwas schenken?« fuhr der kleine Bittsteller dringend fort, ahnungslos für wen er bat.

Frau Artefeld fühlte sich wider Willen hingerissen.

»Ich will es thun, schlaf nur, mein Engel,« sagte sie.

»Aber auch gewiß, auch gleich?« ereiferte sich Georg.

»Gleich, sowie Du eingeschlafen bist,« versicherte sie.

»O, ich schlafe schon!« rief Georg, und kniff die Augen fest zu.

Sie küßte ihn auf dieselben.

» Du bist mein Sohn,« sagte sie und verließ das Zimmer, um sich nach ihrem eigenen zu begeben. In dem Augenblick klopfte auch ihr Mann an die Thür desselben und trat auf ihren Ruf ein.

»Ich wollte Dich hinüberführen!« sagte er erstaunt, »aber Du scheinst noch nicht bereit, mein Engel – wer soll denn die Gäste empfangen?«

»Du,« sagte sie gleichgültig. »Du hast ja nichts zu thun, Du bist wie geschaffen zum maître de plaisir. Ich kann mich nicht jederzeit dem Amusement hingeben. Ich habe erst mein Kind zu Bett gebracht, und jetzt wartet meiner noch eine Sache von Wichtigkeit, die ich erst erledigen muß.«

»Kann ich es nicht für Dich thun?« fragte er gefällig.

»Lieber Mann, es handelt sich nicht um die Bestellung einer Schildkrötensuppe oder eines Ragout fin oder um das Arrangement eines Concerts und dergleichen Dinge, zu denen ich Dir ein überwiegendes Talent nicht abspreche,« entgegnete sie.

»Nun gut, es muß auch solche Käuze geben!« unterbrach er ihren bittern Ausfall scherzend.

»Ja, und mein Loos scheint es, immer mit solchen Käuzen zusammenzukommen,« entgegnete sie in der Absicht, auf den Scherz einzugehen. Ihr Humor hatte jedoch immer einen etwas herben Beigeschmack.

»Nun, Du bist wenigstens ein umgänglicher, heiterer Mensch, nicht ein solcher Träumer wie Dein Bruder, wenn Du auch in letzter Zeit Dich mehr und mehr von der Arbeit zurückgezogen hast, der ich allerdings jederzeit den Vorrang zu geben gewöhnt bin. In dieser Beziehung hast Du mich getäuscht, da hatte ich mehr von Dir erwartet. Weiß Gott, woran es liegen mag!«

Er antwortete nicht gleich, aber er wußte recht gut, woran es lag. Es lag daran, daß er sich weder ärgern, noch mit ihr streiten wollte, daß es ihm nicht darum zu thun war, seine Behaglichkeit zum Opfer zu bringen, um den Gang der Geschäfte zu ertrotzen, den er und mit Recht für den besten und vortheilhaftesten hielt, daß er zu klug war, um unnützen Widerspruch zu versuchen, sich aber lieber amüsirte, als die ihm zugedachte Nebenrolle zu spielen, die jeder der anderen Herren aus dem Comptoir eben so gut ausfüllen konnte. Sobald er sah, daß eine andere Gemeinschaftlichkeit des Handelns mit ihr nicht zu erzielen war, als solche, die ihn zum gehorsamen Diener machte, zog er sich mehr und mehr zurück.

Es war nicht gerade sein Ehrgeiz gewesen, Kaufmann zu werden, aber er würde es sehr gut verstanden haben, diesem Beruf zu folgen und doch seinen Antheil Lebensgenuß in Empfang zu nehmen; von dem ersteren zurückgedrängt, wurde das letzte vollständig Zweck seines Daseins.

»Woran es liegen mag?« sagte er endlich, »bah, ich glaube an Deine Ueberlegenheit – neben Dir ist man doch nichts!«

Eine ganz leichte Gereiztheit lag in seinem Tone, sie merkte sie aber nicht.

»Ja, Du bist herrschsüchtig, das habe ich schon gemerkt,« warf sie hin, »Du weißt gern Alles am besten, darum überlasse ich Dir ja auch das Arrangement meiner Gesellschaften, denn damit weißt Du wirklich Bescheid, und es ist nirgends so comme il faut wie bei uns.«

»Heut wird es nicht so sein, denn die Gäste werden kommen und das Beste, die Wirthin, wird fehlen,« bemerkte er galant.

Dafür war sie nicht unempfindlich. Schmeichelei war eine der Spinneweben, mit denen er einst sie zu umspinnen beabsichtigt hatte, aber so derbe Fäden gab das Gespinnst nicht aus, einen so herrschsüchtigen Charakter just überall hinzuführen. Wenigstens reichte Philipp's Geduld nicht aus, namentlich nicht in letzter Zeit, wo mitunter eine nervöse Reizbarkeit an ihm bemerkbar wurde, die er mit aller Gewalt im Zaum halten mußte, um seinem Princip, sich nicht zu ärgern und keine Scenen zu machen, getreu zu bleiben.

Das Geräusch eines vor die Thür rollenden Wagens unterbrach die Unterhaltung der Eheleute.

»Ich bitte, lieber Mann, geh und empfange meine Gäste. Entschuldige mich, wenn es nöthig ist – sobald ich Toilette gemacht, komme ich nach. Vorher aber schicke mir Herrn Richter, ich muß ihn durchaus gleich sprechen.«

Herr Artefeld eilte fort, den Auftrag auszuführen.

»Geschwind hinein, zu meiner Czarin,« rief er Herrn Richter zu, gegen den, wie gegen noch manche Andere, er zuweilen einen kleinen Spott über seine Gattin losließ. »Was geschehen ist oder geschehen soll, weiß ich nicht, aber es leidet keinen Aufschub. Wahrscheinlich irgend ein überraschender Handelscoup, wie kein Anderer als sie ihn ausführen kann. Vielleicht sollen die Neger weiß gewaschen werden und es lassen sich Millionen in Seife gewinnen – etwas Abnormes als Project wird's wohl sein, wenn auch nur eine Seifenblase in der Ausführung. Bah, die Schwarzen! Ich weiß einen, der wird unter dem Scepter meiner Kaiserin nur immer schwärzer, und die schärfste Lange wird ihn nicht weiß waschen!«

Herr Richter hörte diesen Ausfall und das leichtfertige Lachen, das ihm folgte, verwundert an, nahm aber gleich seinen Hut, sich zu seiner Prinzipalin zu begeben, denn obgleich er es nicht nöthig hatte, erst über die Straße zu gehen, um zu ihr zu gelangen, war es doch eine von ihr eingeführte Etiquette, daß die Herren aus dem Geschäft, vom Buchhalter an bis zum jüngsten Commis, nie anders in ihrem Zimmer erschienen.

»Gehen Sie, gehen Sie schnell,« sagte Herr Artefeld, die Thür schon in der Hand, »und sehen Sie zu, daß Sie die Gnädige für die nächsten Tage in guter Laune erhalten! Gott erbarm' sich, ich brauche ihre gute Laune,« setzte er leise hinzu, »ich muß irgend etwas thun, aus der Unordnung herauszukommen, die Fortuna hat mich zu arg im Stich gelassen!«

 

Die kurze Zeit, bis Herr Richter dem ihm gewordenen Ruf folgen konnte, hatte Frau Artefeld benutzt, rasch ein paar Kassenanweisungen von nicht unbeträchtlichem Werth in ein Couvert zu legen und auf ein beigefügtes Blatt folgend Worte zu schreiben:

»Eines unschuldigen Engels Fürbitte, der ahnungslos das Wort im Herzen trägt: Thut wohl denen, die Euch hassen, erflehte für Dich diese Gabe. Möchte dieser Beweis eines unverdorbenen kindlichen Gemüths den Empfänger zur Besinnung und zur Reue bringen, dann sollte die heutige Sendung nicht die letzte sein.

W. A.«

Sie siegelte das Billet und gab es dem eintretenden Buchhalter mit dem Auftrag, sich in dem gegenüberliegenden Wirthshaus nach einem jungen, dort eingekehrten Fremden zu erkundigen, dessen Signalement sie ihm rasch gab, und ihm das Billet zu eigenen Händen zu überliefern.

»Fragen Sie ihn vorher, ob er heute Nachmittag bei Dorothee König gewesen und mit wem er dort zusammengetroffen sei. Nennt er meinen Namen, so ist es der, den ich meine. Ich weiß den seinigen nicht, es ist auch nicht nöthig, daß Sie nach demselben fragen. Ich wünsche eben so wenig, daß irgend Jemand etwas von der Angelegenheit erfährt. Sie haben ihm nur den Brief abzugeben, weiter nichts. Heute Abend ist Gesellschaft bei mir, Sie werden an derselben Theil nehmen und mir leise Bescheid bringen, ob und wie Sie Ihren Auftrag ausgerichtet haben. Vor Allem beeilen Sie sich und schweigen Sie.«

Mit einer Miene einfältigen Erstaunens auf seinem ehrlichen Gesicht nahm Herr Richter das Billet und kam dem Befehl auf das prompteste nach, indem er ohne ein Wort der Erwiderung und so rasch es ihm seine kurzen Beine gestatteten, zum Zimmer hinauseilte.


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