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7. Der Herr von Schlagenteuffel.

Von dem seligen alten Herrn von Schlagenteuffel, der früher zu Grabitz gewohnt hatte, ging die Sage, er habe einen ganz eigenen Fund oder Fang getan und sei dadurch plötzlich so steinreich geworden, daß er sich eigne Güter habe kaufen können. Er habe nämlich als Schäferbursche einmal einen kleinen Braunen beim mitternächtlichen Tanz beschlichen in der schönen Johannisnacht, wo die Unterirdischen ihre lustigen Blumentänze zu halten pflegen, deren Spuren man so oft auf den Feldern und Wiesen sieht. Da habe der listige Junge einen beschlichen und ihm das Geheimnis seiner Verwandlung entrissen, und das Stück habe der Kleine mit einem halben Scheffel blanker, goldner Dukaten sich wieder einlösen gemußt. (Genauer und etwas abweichend berichtet darüber S. 102 die Geschichte »Das Silberglöckchen«.)

Mit diesem alten Herrn und überhaupt mit den Geistern und Gespenstern ging der gute Hinrich auf eine ebenso vertraute als unerschrockene Weise um. Ja, der, pflegte Hinrich wohl zu sagen, der ist hier von der Erde noch nicht ganz erlöst, der hat hier in der Welt noch was liegen lassen oder vergessen. Wie oft hab' ich ihn gesehen als ein kleines, krummes, graues Männchen mit einer weißen Schlafmütze auf dem Kopf und einem braunen Dornstock um das Backhaus herumschleichen und so durch den Baumgarten an dem alten Maulbeerbaum hin zu dem großen Teich, wo die Sturmweiden stehen. Ja, er muß was vergessen haben; gewiß hat er hier irgendwo einen Topf oder Kessel mit Geld vergraben, und da muß der arme Mensch, welchen der Schatzteufel plagt, des Nachts rundgehen und Wache halten. Aber was hilft's ihm? Es wird's mit Gottes Hilfe doch einmal ein Mensch finden, dem es beschert ist. Aber suchen darf man solches Gut nicht; sonst hätte ich ihm die Stelle wohl ablauern können. Ja, dieser alte Schlagenteuffel – es muß was Absonderliches mit ihm sein. Er geht nicht bloß als ein altes, graues Männchen mit der Schlafmütze rund, sondern muß auch oft als Vogel herumfliegen. Hier sind viele Eulen in der Scheuer und auf dem Speicher des alten Hauses, aber eine Eule fliegt hier – ich sehe sie unterweilen auch bei Tage hinter meinem Häuschen durch die dunkeln Weiden flattern und sich in einem hohlen Baum verkriechen –, die Eule kann man, wenn man achtgibt, vor allen andern Eulen kennen. Sie ist wohl die kleinste von allen, die ich meine Lebetage gesehen, ein Käuzchen, aber mit einem schneeweißen Ring um den Hals, aber mit einem Geschrei – wer könnte das beschreiben? –, mit einem so ganz eigenen, gellenden und schrillenden Geschrei, als wenn ein wildes Weib schreit, welcher ein anderes den Korb mit Eiern umgestoßen hat. Das geht einem durch Mark und Bein, wenn es um die Mitternacht so aus dem Blumengarten klingt; denn da oder in dem Holunderbusche hinter meinem Häuschen pfeift das Käuzchen gewöhnlich seinen traurigen Gesang ab. Zuerst ward mir oft schwül dabei, wann es seine klagenden Töne herausjammerte; das klingt so traurig durch die düstre und graulichte Nacht als wie ein Leichengesang: aber jetzt fürcht' ich mich nicht mehr vor ihm. Ja, der alte Kamerad ist mir sogar lieb geworden und hat mir und dem Herrn manchen Nutzen gebracht; denn er ist ein Wetterprophet, und man kann sich mit der Arbeit nach ihm richten und schicken. Denn wann es recht böses Wetter werden will mit Sturm und Regen, dann schreit er am hellsten und schrillsten; will's aber sanftes, schönes Wetter werden, dann singt er auch leiser und sanftmütiger.

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