Sagen aus Hessen
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Das Irrkraut

Es gibt ein Kräutchen, das sieht der nicht, der drauf tappt, man heißt's das Irrkraut. Sobald es der Fuß berührt, verliert man alle Richtung des Weges und geht blindlings fort, ohne jemand zu kennen, wie wenn man im Traum wandelte. So kam einmal ein Rixfelder Mann in der Schalksbach zu seinem Bruder. Er war in Lauterbach gewesen, sein Bruder kam aus dem Dorf. Also sagte er: »Guter Freund, könnt Ihr mir nicht den Weg nach Rixfeld zeigen? Ich gehe und gehe und kann's nicht finden.« – »Ei, Jobik«, sprach der andere, »ei, kennst du denn deinen leiblichen Bruder nicht mehr? Und siehst du nicht, daß das die Krautgärten von Rixfeld sind?« Da sperrte jener die Augen weit auf, starrte eine Zeitlang verwundert um sich und hörte auf »sinnverlissig« zu sein. Das war einer, der hatte auf das Irrkraut getappt.

Ähnlich erging es einem Mann aus Freienseen. Der verirrte sich im Wald und lief und lief und kam nimmer zurecht. Also setzte er sich auf den Boden, zog die Schuhe aus und fuhr mit dem rechten Fuß in den linken hinein. Wie er das tat, hörte die Macht des Irrkrauts auf, er kannte die Gegend wieder und wurde gewahr, daß er gerade vor dem Oberseenerhof stand.

 


 


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