Sagen aus Hessen
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Jagender Spuk

1651 kam des Rentmeisters von Borken Landknecht: Johann, zubenamet der Rühling, von Kassel zurück, wohin er seinem Herrn etliche Rechnungen getragen. Als er hinter Fritzlar in die Hecke neben der Kalbsburg kommt, hört er jemanden jagen und ins Horn blasen; auch viele Hunde bellen und ihm näher kommen.

Johann, der zu Fritzlar einen guten Rausch getrunken, schreit dem Jäger nach; und alsbald streicht ein gewaltig starker Hirsch mit etlichen Hunden vor ihm her. Darauf kommt ein Mann in ledernem Wams mit einer Axt, den jener für einen Zimmermann aus Borken ansieht. Da er ihn nun aber anredet, hat der doch Johannen keine Rede gestanden, sondern ist eilends vorübergegangen. Da kommt ein Jäger, dem Landknecht unbekannt, auf diesen zu, greift mit einer Hand, so kalt wie Eis, dem Rühling von der Stirn durch den Bart herab, so daß der schwer erschrocken schnellen Ganges nach Borken läuft; wo er sich dann gleich, weil es schon späte Nacht geworden, zu Bett legt.

Am Morgen aber sah jedermann, wie des Jägers Finger übers ganze Gesicht rote Striche gegriffen hatten; und wo die Finger durch den Bart gegangen, war es glatt und nicht ein Härlein zu schauen.

Ist auch keins wieder daselbst gewachsen. Der Rühling war ein recht Weltkind, so nach niemandem fragte; und starb über etliche Jahre hernach.

 


 


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