Sagen aus Hessen
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Die Weiße Frau

Die Stadt Homberg wurde einst hart belagert und unter den Bürgern fanden sich sogar etliche, die hielten es mit dem Feind. Auch der Türmer auf dem Schloßberg gehörte zu den Verrätern. Er konnte von seiner Wohnung aus die Bewegungen der Belagerer am ehesten beobachten und sein Amt erforderte es, daß er zu jeder Zeit der Stadt von einer drohenden Gefahr Kunde gab. In der Nacht aber, wo verabredetermaßen ein Sturm auf die Mauern von Homberg geschehen sollte, auch alles dazu vorbereitet war, unterließ der bestochene Türmer das Blasen mit dem Horn und die Stadt wäre verloren gewesen, wenn nicht die Magd des Türmers durch ihren angstvollen Ruf die Bürger aus dem Schlummer geweckt hätte. Sie konnte zwar nur auf der einen Seite des Schloßturms das Wächterhorn erschallen lassen, da die andern drei Seiten vom Türmer verschlossen waren. Dieser stürzte die Magd, weil sie seine böse Absicht vereitelt, in den vierundzwanzig Klafter tiefen Schloßbrunnen, aber die Feinde mußten unverrichteter Dinge abziehen. Seit dieser Zeit erscheint alle sieben Jahre auf dem Schloß eine weiße Frau und der Türmer darf bis heute nur auf drei Seiten die Stunde abrufen. Sollte er es wagen, auch auf der vierten Seite zu blasen, dann würde ihm die weiße Frau den Hals umdrehen.

 


 


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