Sagen aus Franken
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Das Vesperläuten zu Aub

Nahe bei Aub liegt die Ruine der Burg Reichelsberg. Hier hauste in alten Zeiten ein Rittergeschlecht. Noch sieht man verschiedene Gewölbe, den Burghof, die Burgkapelle und andere Reste des Baues.

Einmal, an einem rauhen Winternachmittag, ging ein Burgfräulein von Reichelsberg in den Wald hinunter, um sich mit einem Ritter zu treffen, den sie liebte. Aber sie verfehlte den Weg und fand den Erwarteten nicht. Mittlerweile brach der Abend an, ein dichtes Schneegestöber hüllte Wald und Feld ein, und alle Wege waren im Nu verschneit. Das arme Fräulein fand den Rückweg in die Burg nicht mehr. In ihrer Angst rief sie immer wieder laut um Hilfe. Aber kein Mensch regte sich, kein lebendes Wesen ließ sich blicken, auch die Tiere des Waldes hatten sich in ihre Verstecke zurückgezogen. Fürchterlich heulte der Sturm, eisige Kälte drang dem zitternden Fräulein bis auf die Knochen.

In dieser Not flehte die Arme zum Himmel und bat Gott inständig, sie doch aus ihrer jammervollen Lage zu retten und ihr ein Zeichen zu geben, damit sie einen Ausweg aus dem Elend finde. Während sie noch schluchzend im Schnee kniete, hörte sie von einem nahen Dorf her eine Glocke läuten. Neue Hoffnung zog in das Herz des verzweifelten Fräuleins, freudig ging sie dem Schalle nach und kam auch bald an die Gollach, an der entlang der Weg nach der Burg Reichelsberg führte. Diesen Weg kannte sie; nun war sie gerettet. Voll Dankbarkeit gelobte sie, ein Geläute zu stiften, das in Aub aufgehängt werden sollte.

Und heute noch ertönt der Schall dieses Glöckleins allabends um sieben Uhr von Martini bis zu Petri Stuhlfeier. Der helle Klang hat schon manchem verirrten Wanderer auf den richtigen Weg geholfen.

 


 


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