Sagen aus Franken
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Dr. Schildkrot und das Zwölfbrüderhaus

Neben dem Lauferschlagturm stand ein großes breites Haus mit vielen Sälen und Zimmern. Bis 1945 war es ein Schulhaus. Vor 400 Jahren aber ist es gebaut worden als fromme Stiftung von Männern, die mehr gekonnt hatten als Brot essen.

Der eine hat Erasmus Schildkrot geheißen. Er soll aus England gewesen sein und die Kunst verstanden haben, wie man Gold macht. Er war aber kein Zauberer wie manche, die mit Teufelskünsten so was zustande bringen, sondern ein frommer Mann, der Kirchendienste tat in der Frauenkirche und bei St. Egidien. Er hatte ein Gelübde getan, daß er, wenn seine Kunst gut fortgehe, von seinem Gewinn Almosen an die Armen verteilen und eine Klosterzelle bauen wolle. Er wartete aber mit seiner Stiftung nicht bis zu seinem Tod, sondern nahm schon, solang er lebte, zwölf alte arme Männer an, denen er täglich Geld und gutes Essen ins Haus schickte. Dafür sollten die Alten der Reihe nach alle Gottesdienste in der Stadt besuchen und für den Wohltäter beten. Wenn sie krank waren, wurden sie auf Schildkrots Kosten sorgfältig und gut gepflegt und mit allem versorgt, was ihnen ihre Krankheit bessern und erleichtern konnte. Schildkrot wurde immer reicher und hinterließ, als er starb, ein großes Vermögen von Geld und Gold.

In seinem Testament hatte er bestimmt, daß man den zwölf alten Männern zur Heimstätte eine Zelle bauen solle. Deshalb kaufte Matthias Landauer, ein Freund des Engländers, ein Stück von dem alten Stadtgraben zwischen dem Lauferschlagturm und dem Schwabenberg, auf dem die ›sieben Zeilen‹ stehen. Er lies den Graben ausfüllen und dann auf den gewonnenen Platz das ›Zwölfbrüderhaus‹ stellen, mit einer Kapelle. Matthias Landauer, der Testamentsvollstrecker von Dr. Schildkrot, hat wohl von ihm, der in seinem Haus seine Versuche gemacht hatte, manches gelernt. Auch er wurde reich, und viele Stiftungen haben seinen Namen nicht vergessen lassen.

 


 


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