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Albert Samain

Musikbegleitung

Birken und Linden im Silberflimmer ...
In die Flut ergiesst sich der Mondenschimmer ...

Wie langes Haar, gesträhnt vom Abendwind,
Der Duft der Sommernacht den See umspinnt.
Der dunkle See blinkt wie ein Silberschild.

Das Ruder hebt und senkt sich kaum,
Mein Nachen schwebt dahin im Traum.

Mein Nachen schwebt ins Himmelreich
Über den körperlosen Teich.

Die Ruder auf und nieder steigen,
Sie sind die Sehnsucht und das Schweigen.

Im Takt, die Lider zugedrückt,
So tust du, Herz, so selig träge,
Langsame breite Ruderschläge.

Drunten der Mond über den Hügel blickt
Und lauscht, wie lautlos schwebt das Boot.
Von meinem Mantel gleiten drei lichte Lilien tot.

Ist's ihre Seele, Nacht, du wollustvolle, bleiche,
Ist es die meine, die verhaucht?
O Haar der Silbernacht, gesträhnt vom Ried im Teiche ...

Wie in die Flut das Ruder taucht,
Wie sich der Mond in die Wellen ergiesst,
Meine Seele in Tränen zerfliesst.

F. v. O. B.

 

Albert Samain

Attys

Attys streckt sich ins Gras an der lauschigen Quelle
Und folgt müssigen Blicks der leuchtenden Welle,
Die in schimmerndem Morgenrot durch grüne Wiesen rinnt.
Der Wald ist kaum erwacht, übers öde Feld streicht der Wind.
Attys lässt seinem Horn leichtfingernd Töne entschweben,
Die ohne Wahl, wie von selbst, Akkorde geben.
Und so hell und rein quellen sie hervor,
Als blies' ein Engelmund auf himmlischem Rohr.
Am Hügelhang sieht man Rauchwolken steigen,
Der nackte Morgen lacht hinter tauigen Zweigen,
Von einem seltsamen Rausch wird der Hirt übermannt,
Unter seinem Fuss – rätselhaft – zittert das Land.
Er trinkt den Blütenhauch mit Frühlingsgelüsten,
Er trinkt geweihte Milch aus Kybeles Brüsten.
Quellen springen, Bäume blühn, und es raschelt das Laub.
Weltschauer durchrieseln ihn und er sinkt in den Staub,
Im saftstrotzenden Gras birgt er die brennenden Wangen.
Mit stürmendem Herzen möcht er das All umfangen.
Das volle Leben rollt um ihn her. Wild um ihn jagt
Toller Insekten Schaar, denen kein Morgen mehr tagt.
Der Vogel flattert, der Wind weht, die Blüte zittert.
Der Himmel strahlt wie Krystall. Und Attys wittert,
Dass seine Seele, wie Birkenschatten im Sand,
Kernlos und leicht mit dem Wellengemurmel verschwand.

Sigmar Mehring


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