Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Alles am rechten Platze.

Es ist länger denn hundert Jahre her!

Hinter dem Walde, am großen Landsee, lag das alte Herrenhaus; rings um dasselbe herum zogen sich tiefe Gräben, in welchen Schilf und Rohrbomben wuchsen. Dicht bei der Brücke am Einfahrtsthore stand ein alter Weidenbaum, der sich über das Schilf neigte.

Vom Hohlwege herauf ertönten Hörnerklang und Pferdegetrappel; deshalb beeilte sich das kleine Mädchen, das die Gänse hütete, diese von der Brücke wegzutreiben, bevor die ganze Jagdgesellschaft herangaloppirt käme; diese kam mit solcher Hast, daß das Mädchen, um nicht überritten zu werden, schnell auf einen der hohen Ecksteine an der Brücke sich stellen mußte. Halb noch ein Kind, war es fein und zart gebaut, hatte dabei einen gar lieben Ausdruck im Gesichte und zwei schöne, klare Augen; allein dafür hatte der gnädige Herr keinen Blick. Indem er an der kleinen Gänsehüterin vorbeisprengte, kehrte er die Peitsche in der Hand um, und in roher Lustigkeit stieß er sie dermaßen mit dem Stiel derselben vor die Brust, daß sie rücklings in den Graben fiel.

»Alles am rechten Platze!« rief er, »in die Pfütze mit Dir!« dabei lachte er laut auf, das sollte nun Witz heißen, und die Anderen stimmten mit ein; die ganze Gesellschaft schrie und lärmte, und die Jagdhunde bellten.

Das arme Mädchen ergriff glücklicherweise im Fallen einen der herabhängenden Zweige eines Weidenbaumes, vermöge dessen es sich über dem Sumpfe erhielt, und sobald die Herrschaft und die Hunde durch das Schloßthor verschwunden waren, versuchte das Mädchen sich empor zu arbeiten, aber der Zweig brach an der Krone ab, und es wäre rücklings in das Schilf gefallen, wenn nicht in demselben Augenblicke eine kräftige Hand es von oben herab ergriffen hätte. Es war die Hand eines Landhausirers; dieser war in einiger Entfernung Zeuge des Geschehenen gewesen, und eilte nun herbei, um Hilfe zu leisten.

Illustration: Hutschenreuter/Petersen

»Alles am rechten Platze,« sagte er, dem gnädigen Herrn nachäffend, und zog das kleine Mädchen auf's Trockene; den abgebrochenen Zweig wollte er an der Stelle wieder anfügen, an welcher derselbe gebrochen war, aber »Alles am rechten Platze« – das geht doch nicht, und deshalb steckte er den Zweig in die weiche Erde. »Wachse und gedeihe, wenn Du es vermagst, und treibe ihnen dort am Herrenhofe eine tüchtige Flöte!« – sagte er, denn er gönnte dem gnädigen Herrn und dessen Sippschaft einen gehörigen Spießruthenmarsch. – Darauf begab er sich in's Schloß, doch nicht in den Ahnensaal, für diesen war er zu gering! – in die Gesindestube trat er ein, und die Knechte und Mägde beschauten seine Waaren und handelten; oben von der herrschaftlichen Tafel schallte es schreiend und lärmend herab, es sollte singen heißen; sie thaten ihr Bestes. Lautes Gelächter und Hundegeheul drang durch die offenen Fenster heraus; dort oben war Schmausen und Schwelgen; Wein und altes starkes Bier schäumten in den Gläsern und Krügen, und die Leibhunde fraßen mit der Herrschaft; dann und wann wurde eine dieser Bestien von den Junkern geküßt, nachdem man ihr mit dem Behänge die Schnauze abgewischt hatte. Den Hausirer ließ man heraufholen, aber nur um Scherz mit ihm zu treiben. Der Wein war in die Köpfe gestiegen, der Verstand herausgeflogen. Sie gossen ihm Bier in einen Strumpf, daß er mittrinken könne, aber schnell! das sollte nun Witz sein und gab Veranlassung zum Gelächter. Ganze Viehtriften, Bauern und Bauerhöfe wurden auf eine Karte gesetzt und verspielt.

»Alles am rechten Platze!« sagte der Hausirer, als er endlich wieder wohlbehalten aus Sodom und Gomorrha heraus war, wie er es nannte. »Die offene Landstraße ist mein rechter Platz, dort oben war es mir nicht wohl.« Das kleine Mädchen, das die Gänse hütete, nickte ihm freundlich zu, als er durch's Gehege schritt.

Tage und Wochen verstrichen, und es zeigte sich, daß der abgebrochene Weidenzweig, den der Hausirer am Schloßgraben in die Erde gesteckt, immer frisch und grün blieb, ja sogar junge Zweige trieb; das kleine Gänsemädchen sah, daß der Zweig Wurzel geschlagen habe und freute sich recht herzlich darüber; der Baum, so meinte es, sei nun sein Baum.

Ja mit dem Baume ging es vorwärts, aber mit allem Andern auf dem Hofe ging es durch Gelage und Spiel gar sehr rückwärts; sind diese doch zwei Rollen, auf denen Niemand sicher steht.

Es waren keine sechs Jahre verstrichen, als der gnädige Herr, ein armer Mann am Bettelstabe, von Haus und Hof wanderte, und der Herrensitz von einem reichen Krämer gekauft wurde; und dieser war gerade derselbe, der dort zum Spott und Gelächter gedient, dem man Bier in einen Strumpf eingeschenkt hatte; aber Ehrlichkeit und Betriebsamkeit geben guten Fahrwind, und jetzt war der Krämer Herr des Rittergutes. Von dieser Stunde an wurde aber kein Kartenspiel mehr dort geduldet: »Es ist eine böse Lectüre,« sagte er; »als der Teufel zum ersten Mal die Bibel sah, wollte er derselben ein Zerrbild gegenüber stellen, und erfand das Kartenspiel!«

Der neue Gutsherr nahm sich ein Weib, und wen nahm er? – das kleine Gänsemädchen, das stets gut und fromm geblieben, und in den neuen Kleidern so fein und schön aussah, als wäre es eine vornehme Jungfrau. Und wie geschah das Alles? – Das ist eine zu lange Geschichte in unserer geschäftigen Zeit, aber es geschah in der That, und das Wichtigste kommt erst noch.

Herrlich und gut war es auf dem alten Hofe zu sein; die Mutter selbst stand der inneren Haushaltung, der Vater der äußeren vor; es war, als ströme der Segen herbei! Wo Wohlstand ist, kehrt Wohlstand ein! Der alte Herrensitz wurde abgeputzt und angestrichen, die Gräben wurden gereinigt und Fruchtbäume angepflanzt; Alles war dort freundlich und gut, und die Fußboden sahen blank wie em Spickbrett. In den langen Winterabenden saß die Frau mit ihren Mägden am Spinnrade im großen Saale, jeden Sonntag Abend wurde laut aus der Bibel vorgelesen, und zwar vom Justizrathe selbst; dieser Titel war dem Krämer geworden, wenn auch erst in seinen alten Tagen. Die Kinder wuchsen auf – denn es kamen Kinder – und sie genossen alle den besten Unterricht, aber sie hatten nicht alle gleich gute Köpfe, wie dies denn in allen Familien der Fall ist.

Illustration: Hutschenreuter/Petersen

Unterdessen war der Weidenzweig an der Schloßbrücke zu einem prächtigen Baume herangewachsen, der frei und ungestutzt dastand. »Der ist unser Stammbaum!« sprachen die alten Leute, und diese Weide müsse geachtet und geehrt werden, sagten sie den Kindern, auch denjenigen, die gerade keinen guten Kopf hatten.

Hundert Jahre waren verstrichen.

Es war in unsrer Zeit; der See war in Moorland umgewandelt, und der ganze Herrenhof gleichsam verschwunden; ein Tümpel mit Wasser, an der Seite einige Mauerreste: das waren die Ueberbleibsel der tiefen Gräben, und hier stand noch ein prächtiger alter Baum mit herabhängenden Zweigen, das war der Stammbaum; er stand hier und zeigte, wie schön eine Weide sein kann, wenn man sie sich selbst überläßt. Der Stamm war zwar mittendurch gespalten, von der Wurzel bis zur Krone, der Sturm hatte ihn ein wenig gebeugt, aber er stand immerhin da, und aus jeder Ritze und Spalte, in welche Wind und Wetter Erde getragen, schossen Grashalme und Blumen hervor; namentlich oben, wo die großen Zweige sich theilten, war gleichsam ein ganzer hängender Garten mit Himbeeren und Wegebreit, ja selbst ein kleiner Vogelbeerstrauch hatte hier Wurzeln geschlagen und stand schlank und sein mitten im alten Weidenbaume, der sich in dem dunkeln Wasser abspiegelte, wenn der Wind manchmal die Meerlinsen in einen Winkel des Tümpels trieb. – Ein Feldweg führte dicht an dem Baume vorüber.

Hoch am Waldeshügel, mit herrlicher Aussicht, lag der neue Herrenhof, groß und prächtig, mit Glasscheiben, so klar, daß man glauben konnte, es seien gar keine da. Die große Treppe, die zum Eingänge führte, sah aus, als sei sie eine Laube von Rosen und großblätterigen Gewächsen! Der Rasenplatz war so grün, als wenn jeder Halm Morgens und Abends einzeln gesäubert würde. Im Saale drinnen hingen kostbare Gemälde, standen seidene und sammetne Stühle und Sophas, die fast auf ihren eigenen Beinen umhergehen konnten, Tische mit blanken marmornen Platten und Bücher in Saffian und Goldschnitt... ja, hier wohnten freilich reiche Leute, vornehme Leute, hier wohnte der Baron und seine Familie.

Das Eine entsprach daselbst dem Andern. »Alles am rechten Platze!« hieß es auch hier, und deshalb hingen alle die Gemälde, die einst zum Staat und zu Ehren auf dem alten Herrenhofe gewesen, jetzt in dem Gange, der in die Gesindestube führte; altes Gerumpel war es, namentlich zwei alte Portraits, das eine einen Mann in rosenrothem Rock mit Perrücke, das andere eine Dame mit gepudertem und frisirtem Haar und einer Rose in der Hand vorstellend; Beide aber in gleicher Weise von einem großen Kranze von Weidenzweigen umgeben. Diese Beiden hatten gar viele Löcher, und zwar deshalb, weil die kleinen Barone immer die beiden alten Leute als Zielscheibe für ihre Armbrüste benutzten. Sie stellten den Justizrath und die Frau Justizräthin vor, von welchen die ganze Familie abstammte.

»Aber sie gehören nicht recht zu unserer Familie!« sagte einer der kleinen Barone. »Er war Krämer und Sie hütete die Gänse. Sie waren nicht wie Papa und Mama!«

Die Bilder seien altes Gerumpel, und »Alles am rechten Platze!« sagte man, und deshalb kamen auch der Urgroßvater und die Urgroßmutter auf den Gang nach der Gesindestube.

Der Sohn des Ortspredigers war Hauslehrer auf dem Gute. Eines Tages ging er mit den kleinen Baronen und deren ältesten Schwester, die kürzlich eingesegnet worden war, spazieren, und zwar über den Feldweg, der an dem alten Weidenbaume vorüberführte, und während sie alle dahinschritten, band sie einen Strauß von Feldblumen: »Alles am rechten Platze,« und der Strauß war ein schönes Ganzes. Indessen hörte sie doch sehr wohl Alles, was gesprochen wurde, und es erfreute sie gar sehr, den Predigersohn von den Naturkräften, von den großen Männern und Frauen der Geschichte erzählen zu hören; sie war eine gesunde herrliche Natur, geadelt an Seele und Gedanken, und mit einem Herzen, das alles von Gott Geschaffne mit Liebe umfing.

Die Spaziergänger machten Halt an dem alten Weidenbaume, der jüngste der Barone wollte durchaus eine Flöte davon haben, eine solche hatte man ihm früher aus anderen Weiden geschnitten, und der Predigersohn brach einen Zweig von ihm ab.

»O, thun Sie es nicht!« sagte die junge Baronesse; aber es war schon geschehen. »Das ist ja unser alter berühmter Baum! Ich liebe ihn gar sehr! Ich werde deshalb sogar zu Hause ausgelacht, aber das thut nichts: Man erzählt eine Sage von diesem Baume!«

Und nun erzählte sie das, was wir wissen, vom Baume, vom alten Herrenhofe, vom Hausirer und dem Gänsemädchen, die an dem Baume sich zum ersten Male trafen, und die Stammeltern der vornehmen Familie und der jungen Baronesse wurden.

»Sie wollten sich nicht adeln lassen, die alten, guten Leute!« sagte sie. »Sie hatten das Sprichwort: »Alles am rechten Platze!« und das meinten sie. sei nicht der Fall, wenn sie sich für Geld erheben ließen. Mein Großvater, der Baron wurde, war deren Sohn, er soll ein sehr gelehrter Mann, soll sehr angesehen und beliebt bei Prinzen und Prinzessinnen und bei Hoffesten zugegen gewesen sein. Ihn lieben die Andern zu Hause am meisten, aber, ich weiß nicht, mir scheint es, als sei Etwas an jenem alten Paare, das mein Herz zu ihnen zieht! Wie gemüthlich, wie patriarchalisch muß es auf dem alten Hofe gewesen sein, woselbst die Hausmutter am Spinnrade mit ihren Mägden saß und der alte Herr laut aus der Bibel vorlas!«

»Das sind herrliche, vernünftige Leute gewesen!« sagte der Predigersohn, und mit diesen Worten kam die Rede wie von selbst auf Adelige und Bürgerliche; es war fast, als gehöre der Predigersohn nicht dem Bürgerstande an, in solcher Weise sprach er über die Bedeutung adelig zu sein.

»Es ist ein Glück, einer Familie anzugehören, die sich ausgezeichnet hat, und dadurch gleichsam einen Sporn im Blute zu besitzen, um vorwärts zu schreiten in Allem, was tüchtig ist. Herrlich ist es, einen Familiennamen zu haben, der als Eintrittskarte in die höchsten Kreise gilt. Adel bedeutet edel, es ist die Goldmünze, die das Gepräge Dessen erhalten hat, was sie selbst werth ist. – Es ist der Ton der Zeit, und viele Poeten schlagen natürlicherweise diesen Ton an, daß Alles, was adelig ist, auch schlecht und dumm, daß aber bei den Armen, je niedriger man steige, Alles um so mehr glänze. Allein das ist nicht meine Ansicht, denn sie ist falsch. In den höheren Ständen findet man viele ergreifend schöne Züge; meine Mutter hat mir einen solchen erzählt, und ich könnte mehrere mittheilen. Sie war auf Besuch in einem vornehmen Hause in der Stadt; meine Großmutter, glaube ich, hatte die gnädige Frau als Kind gestillt. Meine Mutter und der hochadelige Herr befanden sich allein im Zimmer; da sieht dieser, daß unten im Hofe eine alte Frau auf Krücken hereinkommt, jeden Sonntag kam sie und holte sich eine Gabe. »Das ist die arme Alte,« sagte der Herr, »es wird ihr das Gehen so sauer« – und ehe noch meine Mutter diese Worte verstand, war er durch die Thür verschwunden und die Treppe hinabgestiegen, um ihr den beschwerlichen Gang nach der Gabe, die sie zu holen kam, zu ersparen. Das ist zwar nur ein kleiner Zug, aber wie die Gabe der armen Witwe in der Bibel hat er einen Klang, der wiederhallt in der Tiefe des Herzens, in der menschlichen Natur; und darauf soll der Dichter zeigen und zielen; in der jetzigen Zeit gerade soll er davon singen: es thut wohl, es mildert und versöhnt! Aber wo ein Stückchen Mensch, weil er von Blute ist und eine Stammtafel besitzt, wie die arabischen Pferde auf den Hinterbeinen steht und wiehert auf der Straße und in der Stube sagt: »Hier sind Leute von der Straße gewesen!« wenn ein Bürgerlicher dort war, – da ist der Adel in der Verwesung begriffen, zur Maske geworden, und zwar der Art, wie Thespis sie schuf, und man belustigt sich, wenn die Person der Satyre anheimfällt!«

Das war die Rede des Predigersohns; dieselbe war ein wenig lang, aber unterdessen war denn auch die Flöte geschnitten.

Auf dem Hofe war große Gesellschaft; viele Gaste aus der Umgegend und der Hauptstadt; viele Damen geschmackvoll und geschmacklos gekleidet; der große Saal war ganz voll von Menschen. Die Prediger aus der Umgegend standen ehrerbietigst aneinander gedrückt in einer Ecke, es sah aus, als sei hier ein Begräbniß, es war aber ein Freudenfest, nur daß die Freude noch nicht im Gange war.

Ein großes Concert sollte aufgeführt werden, und deshalb hatte der kleine Baron auch seine Weidenflöte mit hereingebracht, aber er konnte keinen Ton hervorbringen, und Papa auch nicht, und darum taugte die Flöte nichts.

Es gab Musik und Gesang von der Art, welche Diejenigen am meisten erfreut, die sie ausführen; sonst ganz allerliebst!

»Sie sind ein Virtuos?« sagte ein Cavalier, der Sohn seines Vaters; »Sie blasen die Flöte, Sie verfertigen sie selbst; das ist das Genie, das herrscht – dem gebührt der Ehrenplatz!« – »Gott bewahre! Ich schreite immer mit der Zeit fort, das muß man schon!« »Nicht wahr, Sie werden uns Alle durch das kleine Instrument entzücken?« Und mit diesen Worten reichte er dem Predigersohne die Flöte, die aus dem Weidenbaume, der unten an dem Tümpel wuchs, geschnitten war, und verkündete laut, daß der Hauslehrer ein Solo auf dieser Flöte vortragen wolle.

Man wollte ihn zum Besten haben, das war leicht einzusehen, und der Hauslehrer wollte darum auch nicht blasen, obgleich er es wohl konnte; doch man drang in ihn, man bestürmte ihn, und endlich nahm er die Flöte und setzte sie an die Lippen.

Das war eine wunderbare Flöte; ein Ton, so anhaltend, wie er von der Dampflocomotive klingt, ja weit stärker, ertönte und erscholl über Hof, Garten und Wald, meilenweit ins Land hinaus, und gleichzeitig mit dem Tone kam ein Sturmwind heran, der da brauste: »Alles am rechten Platze!« – und dabei flog Papa wie vom Winde getragen aus dem Saale und geraden Wegs in die Behausung des Schäfers, und der Schäfer flog – nicht in den Saal, dorthin konnte er nicht kommen, nein, in das Zimmer der Dienerschaft, unter die feinen Bedienten hinauf, die dort in seidenen Strümpfen umherstolzirten; und die hochmüthigen Diener waren wie von der Gicht gelähmt, daß eine solche Person es wagen dürfe, sich mit ihnen zu Tische zu setzen.

Aber in der Halle flog die junge Baronesse an den Ehrenplatz der Tafel hinauf, dahin, wo zu sitzen sie würdig war, und der Predigersohn erhielt seinen Sitz neben ihr, und dort saßen sie Beide, als seien sie ein Brautpaar. Ein alter Graf aus einer der ältesten Familien des Landes blieb unangetastet auf seinem Ehrenplatze; denn die Flöte war gerecht, und das muß man sein. Der witzige Cavalier, welcher Schuld an dein Flötenspiele und seiner Eltern Kind war, flog kopfüber in den Hühnerstall, aber nicht allein.

Eine ganze Meile ins Land hinaus ertönte die Flöte, und man vernahm große Ereignisse. Eine reiche Banquiersfamilie, die mit Vieren dahinfuhr, wurde aus dem Wagen geblasen und konnte nicht einmal hinten auf demselben Platz finden; zwei reiche Bauern, die in unserer Zeit über ihr eigenes Kornfeld emporgeschossen waren, wurden in den Graben geschleudert; es war eine gefährliche Flöte; glücklicherweise zersprang sie bei dem ersten Tone, und das war gut, denn darauf wurde sie wieder in die Tasche gesteckt: »Alles am rechten Platze!«

Tags darauf sprach man kein Wort Von diesem Ereignisse, – daher die Redensart: »Die Flöte einstecken!« Alles war auch wieder in gewohnter Ordnung, nur daß die beiden alten Bilder, der Krämer und das Gänsemädchen, im Festsaale hingen, dort an die Wand waren sie hinaufgeblasen, und da einer der wirklichen Kunstkenner sagte, sie seien von Meisterhand gemalt, so blieben sie auch hängen und wurden restaurirt. »Alles am rechten Platze!« und dahin wird es auch kommen! Die Ewigkeit ist lang, länger als diese Geschichte!


 << zurück weiter >>