Richard Zoozmann
Deutsche Minnesänger
Richard Zoozmann

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Herzog Heinrich von Breslau

1266 – 1290

Dir klag ich, Mai, dir klag ich, Sommerwonne,
Dir klag ich, Heide licht und breit,
Dir klag ich, blendendweißer Klee,
Dir klag ich, grüner Wald, dir klag ich, Sonne,
Dir klag ich, Venus, sehnend Leid,
Daß mir die Liebste tut so weh.
Wollt ihr die Sache schlichten,
So glaub ich, müsse sich die Liebe richten
Wohl auf ein Weib, so minniglich;
Nun laßt um Gott euch meinen Kummer melden,
Und steht mir bei und tröstet mich.

»Was tut sie dir? laß hören ihr Verschulden,
Daß ohne Grund ihr nichts gescheh
Von uns; so forderts weiser Sinn.« –
Ich wähne zwar, ich stund bei ihr in Hulden,
Doch wenn ich wünschend weiter geh,
Sagt sie: ich stürbe, eh Gewinn
Von ihr mir würd zuteile!
Das ist ein Tod dem minniglichen Heile!
O weh, daß ich sie je ersah,
Von der mir für herzliebe treue Minne
So bittres Ungemach geschah. –

»So will als Mai den Blumen ich befehlen,
Den Rosen rot, den Lilien weiß,
Daß jede sich vor ihr verschließt.« –
»Und ich als Sommerwonne will ihr hehlen
Der kleinen Vöglein süßen Fleiß,
Daß deren Schweigen sie verdrießt.« –
»Ich Heide will sie fangen,
Wenn sie nach lichten Blumen kommt gegangen,
Und will sie halten fest bei mir.
So sei denn Fehde angesagt der Guten:
Vielleicht wird dann sie gnädig dir.« –

»Ich leuchtender Klee will rächen dich mit Gleißen,
Daß wenn ihr Blick auf mir verweilt,
Vor meinem Glanz sie zwinkern muß.« –
»Ich grüner Wald will alles Laub zerreißen,
Wenn sie in meinen Schatten eilt,
Sie biete dir denn holden Gruß.« –
»Ich Sonne will durchhitzen
Ihr Herz und Sinn; kein Schattenhut soll schützen
Sie mehr vor meinem glühenden Strahl,
Sie wolle denn mit herzenslieber Minne
Dir lindern alle Sehnsuchtsqual!« –

»Ich Venus will ihr alles das verleiden,
Was minniglich geschaffen ist,
Wenn sie an dir nicht Gnade übt.« –
Ach soll sie sich von diesen Wonnen scheiden,
So stürb ich lieber dieser Frist,
Wie bitter sie mich auch betrübt. –
»Willst du dich rächen lassen,
So mach ich, daß zu allen Freudengassen
Sich ihr der Zugang öffne nie.« –
O nein! nicht könnt ihr zarter Leib dies tragen!
Laßt sterben mich, laß leben sie!


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