Richard Zoozmann
Deutsche Minnesänger
Richard Zoozmann

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Gottfried von Straßburg

1204 – 1215

Ihr reichen Himmel neigt euch dar
Und nehmt des holden Lobes wahr,
Daß jetzt sich klar
Ihr heilig Bild enthülle.
Die sich uns vorgebildet hat
In reiner Zucht auf keuschem Pfad,
Auf deren Rat
Das Herz fühlt Trostesfülle:
O sieh mit Gnaden nun darein,
Wenn ich ein Loblied singe,
O Herr, der lieben Mutter dein,
Daß sie gesegnet möge sein;
Sie ist allein
Ein Schatz voll guter Dinge.

Dir klinge Lob und labe dich
Wie Blatt und Blüten freuen sich,
Wenn sänftiglich
Der Regen sie besprühte.
Es mach uns Herz und Sinne kühn,
Als ließe Tau der Himmel sprühn
Aufs frische Grün,
Sodaß uns im Gemüte
Glanzfreudig wie das Morgenrot
Erstrahlt das Licht der Sonnen,
Daß es uns giebt lebendig Brot,
Zu steuern unsrer Seele Tod
In wahrer Not:
Das hilf, lebendiger Bronnen!

Du Rosental, du Veilchenfeld,
Das unser Herz mit Freuden schwellt,
Du Blumenzelt
In lichter Himmelszone;
Du glanzerfülltes Morgenrot,
Du treuste Freundin aller Not,
Lebendig Brot
Gebarst du, uns zum Lohne,
Das manches Herz, sonst tot und kalt,
Erweckt zu hellem Brande
Mit süßer Minne mannigfalt,
Denn stark ist seine Allgewalt,
Darum erschallt
Dein Lob von Land zu Lande.

Du Rosenblüte, Lilienblatt,
Du Königin in Gottes Staat,
Den nie betrat
Ein Weib gleich dir, du Hehre.
Du Herzenstrost für alles Leid,
Du Süßigkeit in Bitterkeit,
Dir sei geweiht
In Wort und Sang die Ehre.
Des ewigen Gottes Zelle war
Dein Leib einst, Hort der Wonne,
Gleichwie durch Glas die Sonne klar
Hindurchflammt, bot sich süß dir dar
Und gern fürwahr
Christus, die höchste Sonne.

Du minniglicher Blumenglanz,
Du aller Jungfraun Tugendkranz,
Wie bist du ganz
Von Himmelsruhm umfangen.
Du bist das blühende Himmelsreis,
Du blühst und leuchtest jederweis,
Denn Gottes Fleiß
Ist in dir aufgegangen.
Drum wird dir hoher Lobgesang
Aus liebster Brust gesungen.
Und manche Seele heiß durchdrang
Zu deinem Preise süßer Klang,
Der ihm entsprang;
So ganz hast dus bezwungen.

Du Blumenschein im grünen Klee,
Du blühend Holz der Aloë,
Du Gnadensee,
Der wonnig zu befahren.
Du glückumhegend Freudendach,
Das nie durchbricht ein Regenbach,
Du Lustgemach,
Stets gastlich zu gewahren.
Du, hilfbereiter Kraft ein Turm,
Du wirst vorm Feind zum Schilde,
An dir zerbricht sich jeder Sturm,
Ob ihn berennt der Hölle Wurm
In Saus und Surm
Und andrer Drachen Gilde.

Du aller Süße süßer Schein,
Du süßer als der reinste Wein,
Die Süße dein
Sei mir zum Heil verliehen.
Du bist der selige Minnetrank,
Den Gottes Liebe selbst durchdrang;
Sirenensang
Ist süßer nie gediehen.
Du gehst durch Ohr und Auge ein
In Herzen und in Sinne,
Dort zeugst du Wonnen hehr und rein,
Vertreibst der Seele Not und Pein
Und führst hinein
Die wahre Gottesminne.


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