Josef Victor Widmann
Maikäfer-Komödie
Josef Victor Widmann

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Dritter Auftritt.

Versammlungsort der Landsgemeinde. Große unterirdische Mulde. Volk, schon im Rund aufgestellt und noch von allen Seiten zuströmend. Freudige Bewegung, wechselseitige Begrüßung von Bekannten.

Reps und Kleps, zwei Gigerln, begegnen sich im Vordergrund.

Reps.
Ich grüße Sie.

Kleps.
»Fröhliches Jenseits« ist die Parole.

Reps.
Wird großartig werden.

Kleps.
Ja! is' diesmal schwer, sich nicht imponieren zu lassen.

Reps (vertraulich).
Et . . . il y aura du sexe!

Kleps.
Das heißt, erst, wenn wir schon ein Weilchen drohen sind.

Reps.
Wirklich seltsame Einrichtung dieses vorerst singuläre Ausschwärmen der Männlichkeit, die Damen erst später. 17

Kleps.
Müssen uns eben erst umsehen, Terrain rekognoszieren, uns auch ein bissel 'rausfüttern. Vive l'amour après le souper!

Hans Engerling und Brüder, Hinterstoißer und Anhang drängen sich an den beiden vorbei.

Reps (zu Kleps).
Kommen Sie, Herr Bruder. Treten wir abseits. Können ungenierter sprechen. Pöbelvolk ist natürlich ganz gerührt und verliert Haltung.

Kleps.
Verliert? Hat nie besessen!

(Verziehen sich in den Hintergrund.)

Ein Herold (im Hintergrund).
Gebt Raum der Majestät!

Volk (in Bewegung).
Der König! der König!

Der König, von seinem Hofstaat umgeben, erscheint mit großem Gefolge.

König (zu seiner Umgebung).
Der Augenblick verlangt an unser Volk
Ein tief eindringlich Wort. Ein solcher Anlaß
Ist da, Religion und Zucht und Sitte
Zu fest'gen neu. 18
    (zum Hofprediger)
                            Sie halten den Sermon
Wohl in Bereitschaft?

Hofprediger.
                                  Majestät zu dienen,
Obwohl . . .

König.
                  Was stocken Sie?

Hofprediger.
                                              Ich meinte nur,
Da Majestät selbst so unendlich reich
Vielseitig vor uns allen sind begabt,
Wie unvergleichlich überwältigend
Der Eindruck wäre, wenn . . . wenn Majestät
Geruhen wollten, durch Höchst Dero Rede
Zu weihen den Moment, in dem sich gipfelt
Das Dasein unsres Volks.

König.
                                        Hm! Meinen Sie?

Hofprediger.
Das ist so mein Gefühl und alle teilen's.

Hofstaat (sich verneigend).
Wir alle, Majestät, wir alle bitten. 19

König.
Wohlan! Uns selbst hat so was vorgeschwebt.
Sei's! Gebt dem Volk das Zeichen, daß Wir sprechen.

Herold.
Es schweige jedermann. Die Majestät
Geruht zum Volk zu sprechen. Hört in Ehrfurcht!

(Bewegung im Volke. Dann feierliche Stille.)

König.
Erlauchte Fürsten in der Runde!
Und ihr dort, meine Völker, Mann für Mann!
Im Uebermaß des Glückes dieser Stunde
Hebt eure Herzen himmelan.
Es ist der Augenblick erschienen,
Der frommes Ahnen herrlich uns erfüllt.
Den Gläub'gen wird, was sie verdienen:
Auf tut sich eine Welt, bisher verhüllt;
Die Welt, von der die alten Seher sangen,
Daß sie von goldnem Lichtglanz überfließt,
Daß dort ein Taggestirn sein Feuerprangen,
Ein blauer Strahlenkelch sich nachts ergießt.

(Große Bewegung im Volke. Die Hofherren murmeln: »Wundervoll gesagt! wundervoll'«)

König (fortfahrend).
Und unserm Volk zur Lust ist ausgebreitet
Ein saftgeschwelltes grünes Blättermeer,
In das mit frohen Hymnen schreitet,
Von Mir geführt, Mein wohlgerüstet Heer. 20
Auf hohen Säulen sieht ein Dach man ragen,
Das man den Wald der Sel'gen nennt;
In stolzem Fluge wird dorthin uns tragen
Des Aethers wunderbares Element.

Das Kriechen bleicher Larven ist vorbei.
Fühlt ihr der neuen Glieder nahe Regung?
O! Volk der Kerfe, das sich nach dem Mai,
Dem Wonnemonat nennt, – wenn die Bewegung
Der Flügel, die uns in den Himmel heben,
Zum erstenmal uns trägt in all den Glanz, –
Mein Volk! mein Volk! welch wonnevolles Leben
Beginnt alsdann! welch wundersel'ger Tanz!

(Viele in der Menge weinen vor Erregung.)

König (fortfahrend).
Und mehr noch: wir, ein Volk von Männern nur,
Weil unsre künft'gen Bräute jetzt noch schlafen, . . .

(Kleps und Reps stoßen einander an und zwinkern sich zu.)

König (fortfahrend).
Wir finden bald auf jener grünen Flur
Sie, die wir in der Tiefe nirgends trafen.
Mit einem Male sind die Holden da,
Um sich mit uns in Liebe zu verbinden.
Die süße Wonne wird kein Ende finden.
    (hält, von der Vorstellung selbst übermannt,
    einen Augenblick inne, dann fortfahrend)
Und dieses Glück ist greifbar nah. 21
—   —   —   —   —   —   —   —   —   —
Um aber, würdig solcher Seligkeiten,
Zu treten in das wunderbare Reich,
Stimmt an mit mir das Lied: »Der du vor Zeiten
Die Väter schon beglückt . . .«

Volk (singt den Choral).
        Der du vor Zeiten
Die Väter schon beglückt in deinem Reich,
        Woll' ihnen gleich
Auch uns zu jenen Wonnen sanft geleiten,
    Daß wir genießen dankbar all das Gute,
        Das deinem Volke du gespart
    Und unserm Glaubensmute
Durch frommer Seher Mund geoffenbart.

(Nach Beendigung des Chorals tiefe Stille allgemeiner Rührung.)

Plötzliche Stimme aus dem Hintergrund.
Is' es denn aber auch richtig mit dem Jenseits?

(Einen Augenblick betroffenes Schweigen, dann Wutausbruch des ganzen Volkes.)

König.
Na nu? Was war das?

Hofprediger.
Eine ganz ungeheuerliche Blasphemie! 22

König.
Möcht' ich mir doch genauer besehn.
    (zu seinem Adjutanten)
Von der Kron, den Kerl langen sie mir heraus!

Flügel-Adjutant von der Kron (geht nach dem Hintergrund und kehrt alsbald zurück).
Melde gehorsamst, Majestät, daß Individuum schon gefaßt ist. Bauernfäuste, Majestät. Ja, unser wackeres Volk, das wacht noch über seine höchsten Güter.

(Hans Engerling schleppt das Individuum herbei.)

König.
Wie mager der Kerl ist! Schlechte Rasse, keine Muskeln.

Kleps (zu Reps).
Ramponiertes Exemplar, aber eigentlich vornehm in seiner Kränklichkeit.

Reps.
Distinguiert, zugegeben. Doch bemerken Sie die schlecht frisierten Fühler.

Kleps.
Denkfühler, Herr Kamerad! genial unordentliche Denkfühler! 23

König (zu Hans Engerling).
Zuerst zu dir, mein wackrer Bursch. Dein Name?

Hans Engerling.
Hans Engerling.

König.
                          In Zukunft Hans von Maikerf.
Mit Erblichkeit des Titels. Dies zum Merkmal
Der Stunde, da der Bauer kräftig zugriff
Gleich einem Edelmanne.
    (zum Individuum)
                                          Nun gib du
Bescheid mir, kläglicher Gesell, wer bist du?

Das Individuum.
Der rote Sepp bin ich genannt.

(Murmeln in der Menge: »Der rote Sepp! der rote Sepp!«)

Der rote Sepp (fortfahrend).
Hab' mir die Zunge, scheint's, verbrannt?
Verzeiht, ich kann das Herz im Sack nicht tragen,
Was ich empfinde, muß ich sagen.
Ein langes Leben doch zu kurz mir scheint,
Sich anders je zu geben, als man's meint.

Hofprediger (halblaut zum König).
Gewäsch! Gesinnungsphrasenblech!
Das nennt sich frei und ist nur frech. 24

König.
Du rühmst, daß Wahrheitsdrang dich reden heißt?
Und leugnest, was wir alle doch erleben?
    Sah jemals man den Lügengeist
    Vermessener sein Haupt erheben?

Der rote Sepp.
So strengen Tadel, Herr, verdien' ich nicht.

Stimme aus dem Volk (1. Bürger).
Er ist ein landesfremder, frecher Wicht!

Der rote Sepp (in die Menge hinein).
Ich weiß, was ich der kühlern Heimat danke!
Dies: kühler Ueberlegung nur zu traun.
Der Zweifel ist des Glaubens weise Schranke,
Und was man weiß, darauf nur soll man baun.

Hofprediger
O! Majestät! o! welche frevlen Reden!
Wagt Blasphemie sich bis ans Tor von Eden?

König (zum Hofprediger).
Was hülf's, wenn seinen Kopf wir ließen fliegen?
Ich will ihn philosophisch unterkriegen.
    (zum roten Sepp)
Armsel'ger Zweifler! Du traust nur den Sinnen,
Wie deine Rede zeigt. Doch – hast du nur
Die äußern Sinne? Fühlst du nicht da drinnen
Des neuen Werdeganges Sinnenspur? 25
Und selbst den äußern Sinnen ward ein Zeichen.
Beschämt dich nicht, was dir auch wuchs im Grabe:
Des neuen Lebens Pfand, der Flügel Wundergabe?
Da müssen doch die letzten Zweifel weichen.

Der rote Sepp.
Das Jenseits leugn' ich nicht, und niemals sagt' ich,
Daß wir nicht auf die Oberfläche gehn.
Nur diesen Jubel zu belächeln wagt' ich.
Was wissen wir, was dort uns wird geschehn?
Auch mir ist's unbekannt; doch darf ich schließen,
Es werde schwerlich eitel Wonne sein.
Wenn hier uns tausend Dinge schon verdrießen,
Läuft wohl auch dort nicht alles glatt und rein.

lHier unten – euch ein Beispiel nur zu geben –
Hat ein gefräß'ges schwarzes Werwolftier,
Das nach uns gräbt, verbittert unser Leben;
Der nackten fleisch'gen Hände hat es vier . . .

Dummerchens Stimme aus der Menge.
Hände! Hände!

Der rote Sepp (fortfahrend).
Mit denen wühlt's, baut Gänge zu den Kammern,
In denen unser Volk beschaulich ruht.
Sein Rüssel weckt uns schrecklich, seine Klammern
Ergreifen uns und unsre junge Brut. 26
Nun weist Ihr, Herr, uns freilich auf die Flügel,
Die uns im schönen Jenseits tragen werden.
Doch ist vielleicht geflügelt dann auf Erden
Auch unser Feind, dies Wühltier, dessen Hügel
– Sagt man – weithin den Acker dort bedecken.
Und wenn auch er vielleicht nicht fliegen kann,
So werden andre Flügler Tod und Schrecken
In unsre Reihen tragen wohl alsdann.

Aufs Unbekannte, scheint mir, schließt man klüglich,
Wenn das Bekannte man zu Grunde legt.
War hier das Leben keineswegs vorzüglich,
Ist's wohl auch dort mit Dornen eingehegt.
So würd' ich denn die jubelnden Fanfaren
Und auch den Psalm, den schönen Dankchoral,
An Eurer Statt noch ein'ge Zeit versparen.
Mein Fehler war, daß dies ich laut empfahl.

König.
Bist du zu Ende? – Schön. Doch fehl getroffen
Hat deine spitze Kunst. Und mußt' es auch.
Du sprachst, als trieb uns Furcht empor, statt Hoffen.
Was uns beseelt, das ist der Gottheit Hauch,
Und würde nimmermehr die Brust uns schwellen
Mit Zuversicht nach jenem schönen Land,
Wenn diese Hoffnung müßte jäh zerschellen.
Der Glaube selbst ist unsres Glückes Pfand. 27
Und ruchlos, wer nicht glaubt, wem nicht die Seele
Im sanften Feuer des Vertrauens glüht,
Wie ist voll Danks und Freude mein Gemüt!
Wir folgen einem heiligen Befehle,
Dem Weckeruf, der nach der langen Nacht
Uns die Verheißung gab von lichten Tagen.
Zu Lust sind wir und nicht zu Leid erwacht! –
Und jetzt, du armer Wicht, was kannst du sagen?

Der rote Sepp.
Nur Eines, Herr! Doch scheint es hier zu passen,
Und wenn ich's sage, sag' ich's nicht aus Hohn:
Es hat noch nie sich einer blicken lassen,
Der, wie's auf Erden aussieht, wüßte schon.
Wer sagt, ob alle, die hinaufgelangen,
Nicht elend sterben dort nach kurzer Frist?
Warum kommt denn kein einziger gegangen
Und meldet, wie's so schön dort oben ist?

König.
Da hab' ich dich, du superkluger Tor,
Der nicht begreift, warum nicht wiederkehren,
Die glücklich wohnen dort in höhern Sphären!
Wer einmal drang zum heil'gen Licht empor,
Der wird in Nacht und Graus nicht niedersteigen;
Ihm taugt des Himmels reine Luft allein.
Du konntest durch kein bessres Beispiel zeigen,
Daß dort wir alle werden glücklich sein. 28

Ausbrechender Jubel des Volkes:
Wir werden glücklich, alle glücklich sein!

Flügel-Adjutant von der Kron.
Ein donnerndes dreimaliges Hoch seiner Majestät, unserm allergnädigsten und allerweisesten König!

Alles Volk.
Hoch! hoch! hoch!

Hans von Maikerf (vormals Hans Engerling).
Darf ich was sagen ?

König.
Wenn's zur Sache gehört, warum nicht?

Hans von Maikerf.
Ja schon. Eigentlich müßt' es zwar der Hinterstoißer tun. Das ist nämlich, wenn Majestät zu erlauben geruhen, ein Bauer, mit dem ich auf dem Wege zur Landsgemeinde zusammengetroffen bin.

König.
Kürzer, lieber Mann!

Hans von Maikerf.
Also, kurz: der Hinterstoißer hat so einen, wie's gar nicht gibt.

König.
Was soll das heißen? 29

Hans von Maikerf.
Einen, der schon einmal droben gewesen ist.

König (betroffen).
Und zurückkehrte ? – nicht möglich!

Hans von Maikerf.
Der Hinterstoißer sagt's. Und ich hab' ihn selber gesehn. Hubeland heißt er. Dort hinten steht er neben meinen Brüdern.

König (zu seiner Umgebung).
Höchst seltsam. – Der Mann soll kommen.

Hans von Maikerf.
Ich hol' ihn mit Verlaub. Er hat nicht just das beste Gangwerk.

König (zum Hofprediger).
Was sagen Sie dazu?

Hofprediger.
Es soll doch schon ähnliches vorgekommen sein, Majestät! Speziell bei Individuen, welche droben in der Lichtwelt ehelos geblieben sind, was unter Umständen eine Art Palingenesie zur Folge hatte.

Von der Kron.
Vielleicht daß Herr Medizinalrat v. Zangen hierüber genauere Auskunft geben könnte. 30

König.
Ein andermal. Da ist der Mann.

(Hinterstoißer und Hans von Maikerf haben den alten Hubeland vor den König gebracht.)

König (den Alten betrachtend, für sich).
Es greift mich seltsam an.
    (zu Hubeland)
                                          Sprich! Ist es Wahrheit,
Mein Vater, daß auf Erden du gelebt,
Daß du geschaut der Himmelslichter Klarheit,
Den Hauch gespürt, der unsre Flügel hebt?

Hubeland (schweigt).

König.
Was spricht er nicht?

Hans von Maikerf.
                                  Er ist halt mit Verlaub
– Der Hinterstoißer sagt's – bedeutend taub.

König (sehr laut).
Ich bin der König. Kannst du mich verstehn?

Hubeland (nickt).

König (ebenso).
Hast du den Himmel wirklich schon gesehn?

Hubeland (nickt). 31

König.
So sprich, wie war es in den lichten Höhn?

Hubeland (mit kindischem Lachen).
Es war – hähä – es war – sehr schön.

König (gewahrend, daß der rote Sepp eine höhnische Grimasse macht, zu ihm).
Du spare deinen Blick, den bösen!
Dies eine Wort schon könnte lösen
Des Zweifels Bann. Wer einmal schon genoß,
Ob auch als schlichter Mann nur so im Troß,
Das Leben jener Welt und schön es fand,
Zeigt, daß uns Wahngebilde nicht betören.
    (zum Alten, sehr laut)
Gut denn, mein wackrer Hubeland!
Besinne dich und laß uns mehr noch hören.
Beschreib' uns, wie es war.

Hubeland.
                                            Hähä! Famos!
Und alleweil was Neues los.

König (nervös).
Zum Beispiel! . . .

Hubeland.
                              Ain ganz exquisites Essen,
Nichts Abgestandnes wie auf Hinterstoißers Tisch. 32
Nain! immer alles grün im Saft und frisch.
Die ganze Welt schön, schön, – hähä – zum fressen.

König (zu seiner Umgebung).
Der Biedergreis scheint mir ein alter Schlauch,
Dem Mästung einz'ges Lebensideal.

Von der Kron.
Gemeines Volk denkt nur an seinen Bauch.

König.
Da bleibt Uns leider keine Wahl,
Als mit bestimmt begrenzten Fragen
Die Wahrheit klug aus ihm herauszuziehn.
    (sehr laut)
Paß auf! Du sollst mir sagen,
Ob dort ein Licht, ein großes, goldnes schien.

Hubeland.
Ain Licht ? Ja wöll! Ain goldnes Licht war da.
Wenn wir uns vollgegessen alle Därme,
Auf Bauch und Rücken goß es holde Wärme,
Gar wonnig uns von ihm geschah.

König (zu seiner Umgebung).
Hört ihr's? Das Taggestirn ist keine Lüge.
    (zu Hubeland)
Gib weiter acht! – Hast du die Abendflüge, 33
Das Schwärmen auch, den Reigen mitgemacht,
Den Schwebetanz, der Schwingen sel'ges Breiten,
Des Wonnemonds verschwiegne Süßigkeiten,
Der Lieder Summen in der lauen Nacht?

Hubeland.
Hähä!

König.
          Er faßt mich nicht. Ich frug zu schwer.
    (sehr laut)
Flogst du auch fleißig in die Kreuz und Quer?

Hubeland.
Ei ja! Wie sollt' ich nicht geflochen sein?
Bin ohnehin am Hinkebain.

König (betroffen).
Fürwahr! Wo hast das sechste du gelassen?

Hubeland.
Am Schnabel kriegt' es in der Luft zu fassen.

Der rote Sepp.
Hem!

König (zornig).
          Ich verbitte mir ein jedes Hem!
    (zu Hubeland)
Wie ging das zu?

Hubeland.
                            He! nu! so ain Geklemm'
Und weg war's, hui! 34

König (zum Hofprediger).
                                  Was sagen Sie dazu?

Hofprediger.
Mir scheint, o Majestät, da doch im Nu
Uns selbst das Jenseits sich wird offenbaren,
So ließe besser man den Mann in Ruh',
Von dem wir trübe Spieglung nur erfahren.

König (nachdenklich).
Und dennoch wär's . . .

(ein Geschrei im Hintergrunde unterbricht ihn; er sieht fragend hin.)

Flügel-Adjutant von der Kron.
                                      Botschaft der Pioniere!
Zwei Mann mit einem Offiziere.

Offizier (auf den König zueilend, atemlos).
Heil, Majestät! Der Stollen durchgeschlagen!
Ein Schwall von Luft dringt ein und blauer Glanz.
Zum Himmel ferne Riesenberge ragen,
Und über ihnen kleiner Lichter Tanz.

König.
Gelobt sei Gott! – Nun ist's erreicht! – So freue,
Mein Volk, dich! Jauchze!
    (zum roten Sepp)
                                          Du selbst, Mann der Schuld,
Verschließe jetzt dein Herz nicht edler Reue. –
In dieser Stund' erfüllter Himmelshuld 35
Kann ich dich nicht bestrafen, wie ich sollte.
So mag denn dieses deine Buße sein,
Daß du mit uns erlebst Tag aus Tag ein
Das Glück, das uns dein Mund begeifern wollte.

(Ein schwacher bläulicher Lichtschimmer verbreitet sich über der Versammlung und atmosphärische Luft dringt ein. Mächtige Bewegung des Entzückens geht durch die Massen.)

König.
Unsagbar ist, was wir erleben.

Sylvan, lyrischer Dichter (sich vordrängend, in Ekstase).
Mir ist zu sagen es gegeben.
        (feierlich)
    Gegrüßt, du erstes leises Wehen
            Von Erdenluft!
    Des offnen Himmels sanfte Boten gehen
            Zur Schattengruft!
    Sie sind hereingetreten, ungesehen,
            In unsre Kluft
    Und locken uns zu freud'gem Auferstehen
            Mit süßem Duft.

    Gegrüßt auch, wundersames Blinken,
            Du ferner Schein! . . .

Reps (aus der Mitte der Versammlung).
Assez! Assez! 36

Kleps.
Keine lyrischen Gefühle mehr! Realitäten!

Viele Stimmen.
Ja! ja! hinauf wollen wir! hinauf!

Reps.
La vie sans phrase!

Dichter Sylvan (indigniert).
Profane Plebs! (Verzieht sich.)

(Auf ein Zeichen des Königs hat der Herold Silentium geboten. Die Ruhe wird mit Mühe hergestellt.)

König.
Was soll das heidnisch wilde Toben?
Nur Ordnung führt zum Ziel und führt nach oben.
»Wohlan! Gott will es! Das sei unser Ruf.
Die heil'ge Lebensmacht, die alles schuf,
Schenkt uns der Erde grünes Paradies,
Führt uns ins Licht aus nächtlichem Verlies.
Auf! Folget mir die steile Bahn.
Das neue Leben ist uns aufgetan.

(Gibt das Zeichen zum allgemeinen Aufbruch.)

(Unter Anführung des Königs und seiner Fürsten und mit dem Rufe: »Gott will es!« der sich durch die ganze Versammlung fortpflanzt, setzt sich alles Volk in Bewegung nach oben; der rote Sepp, Hubeland, Hinterstoißer u. s. w. werden von der allgemeinen Bewegung mitgerissen.) 37

Hans von Maikerf (der sich zu seinen Brüdern gefunden hat und darüber ins Hintertreffen gelangt ist, zu Dummerchen).
Ruf' auch: »Gott will es!« kleines Dummerchen.

Dummerchen.
Kann nicht.

Hans von Maikerf.
                    Ei freilich kannst du, mußt es können-
»Gott will es!« Hörst du? Rufe so: »Gott will es!«

Dummerchen (kläglich).
Ach Gott! Gott will es und das Dummerchen muß,

(Alle ab.)


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