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10. In den Katakomben

Teta hatte standgehalten, trotz des Santo in Padua, der Giottokapelle und der Mantegnakapelle, trotz des Spaziergangs beim Petrarcahaus in den Eugeneischen Hügeln, trotz Bologna, trotz der Uffizien, des Palazzo Pitti, der Boboligärten in Florenz, trotz Fiesoles, San Gimignanos und Sienas. Ihrer vernünftigen Natur gemäß und mit Unterstützung des jungen Kaplans hatte sie eine besondere Technik entwickelt, die es ihr erlaubte, sowohl bei jeder einzelnen Partie mitzuhalten als auch gefährlichen Überanstrengungen aus dem Weg zu gehen. In den Kirchen und Bildergalerien nämlich setzte sie sich sogleich abseits und ließ geschickt die Pilgerkarawane unter Monsignores eifriger Führung an sich vorüberwandern. Oft schlug sich dann Johannes Seydel listig zwinkernd zu ihr, machte seine Scherze oder begann ein Bild zu erklären, nicht in volkstümlicher Ausgabe wie der Prälat, sondern in achtlosem Selbstgespräch, als zweifle er nicht daran, daß eine Frau wie Teta Linek seinen Worten werde folgen können. Und sie folgte ihnen auch mit durstiger Seele. Wenn Seydel an sie herantrat, war's immer zuerst ein Schreck, eine Angst, ein Fluchtgedanke und dann dieses lustvolle Durcheinandergeraten aller Empfindungen. Sie sagte zwar jedesmal und es wurde zu einer ihrer Formeln:

»Der Herr Kaplan sollten nicht bei mir sitzen. Der Herr Kaplan gehören doch zu den Herrschaften. Hochwürden und der Herr Minister haben das sicher nicht gern und werden nach dem Herrn Kaplan fragen.«

Dann brach Seydel jedesmal in spöttisches Gelächter aus.

»Wollen Sie unbedingt, daß ich mich zu Tode langweil', Fräulein Linek? Ich bin doch ein ehrgeiziger und ungeduldiger Mensch und lass' lieber selbst mein Licht leuchten, als daß ich den Belehrungen anderer zuhör'.«

Darauf lachte auch Teta immer wieder ihr tiefes gurrendes Lachen. Weiß Gott, es war nicht auszudenken. Das erträumte Ideal ihres Lebens ging da neben ihr in purster Vollkommenheit und doch in Fleisch und Blut, wenn auch nur für wenige Tage. Wär' der wirkliche Neffe nicht nur der Unwirkliche auf der Fotografie gewesen, sondern ein Erzengel in Person, der Traum hätte sich nicht herrlicher erfüllen können. Ein Mittler war neben ihr und war jung und stark und schön und verstand es auf unbegreifliche Art, wenn er schwierige Worte sprach, sie selbst, den dummen alten Dienstboten, emporzuheben zu seiner eigenen Überlegenheit. Und doch, es war nur ein grausames Gaukelspiel. Am Donnerstag nächster Woche würde es vorüber sein, und sie selbst blieb dann doppelt allein mit dieser greulichen Last der Neffenbriefe in ihrem Täschchen. Das war es auch, was die Ebbe und Flut ihrer Freuden so angstvoll machte und was zwischen ihr und dem Kaplan Johannes dunkel drohend stand.

Eine Pilgerfahrt ist mit außergewöhnlicher religiöser Sorgfalt verbunden. In Bologna hatte Josef Eusebius Kompert verkündet, daß in der Metropolitankirche zu San Petronio mehrere deutsche Beichtiger den Wallfahrern zur Verfügung ständen. Die ganze Schar war auch zur Beichte gegangen, allen voran diesmal die raumverdrängende Familie Fleißig. Nur Teta hatte sich nicht überwinden können, sondern knapp vor San Petronio einen andern Weg eingeschlagen. Wie war ihr das Herz stehengeblieben, als sich Johannes Seydel verwundert umblickte und ihr lange nachschaute, als sie sich kleinlaut davonschlich. Während die anderen ihren frommen Pflichten oblagen, ging sie zu einem Bandagisten – es gab so viele Bandagisten in Bologna – und probierte für ihre wunden Beine Gummistrümpfe an. Obgleich diese Strümpfe ihre Schmerzen zurückdrängten und gleichsam von ihr selbst entfernten, so bedeuteten sie doch ähnlich wie das schwarze Tuchkleid ein unbewußtes Werkzeug der Buße, denn sie verschärften die sommerliche Hitze Italiens bis an die Grenze des Erträglichen. Ja, die Hitze brannte höllisch außen und innen. Und innen wahrhaftig nicht weniger, denn Teta sehnte sich von Tag zu Tag schmachtender, ihr Herz auszuschütten und Absolution zu finden für ihre Mitsünde an der Lumperei des Neffen. Noch aber war sie nicht imstande, ihre Lippen zu öffnen, und trottete neben den anderen wie ein schwarzes Schaf durch die Hitze.

Nirgend aber war es heißer als heut und hier auf dem Platz von Sankt Peter zu Rom. Und es hatte eben erst neun geschlagen an diesem Strahlenmorgen des Pfingstsonntags. Wie ein Geysir schoß der kochende Obelisk in die Höhe. Das doppelte Halbrund der Säulenhallen – diese offenen Arme des Apostels, mit welchem er die ganze Welt an seine Brust zieht – schien sich in der Glut zu krümmen. Diese Riesengestalten auf dem Porticus der Kirche standen schlaff, wankten im flirrenden Licht, wie vom Sonnenstich getroffen. Die Hitze bildete ein weißliches Medium, ein atmosphärisches Spinngewebe, das zwischen Himmel und Erde aufgehängt war, den Blick nach oben verlegte und die Atemzüge der Menschen kürzer und rascher gehen ließ.

Auf dem Platz von Sankt Peter, dieser mittelsten Mitte des katholischen Universums, hatten sich viele Tausende aus der ganzen Welt eingefunden. Pfingsten war vielleicht das freudvollste aller Jubelfeste, denn es verkündete die Allsprache der feurigen Zungen, die Ausgießung des Geistes über die Erde und war nicht gebunden wie Weihnachten und Ostern an die Stationen der menschlichen Natur, an Geburt, Leidensweg und Tod. Wie die Sonne, so trat auch die Kirche in die Jahreszeit ihres höchsten Triumphes, denn heute, da der zeugende Frühling dem gebärenden Sommer entgegendrängte, heute übernahm der Spiritus Sanctus die Königsmacht über den Kosmos. Daß aber – was in der irdischen Ordnung undenkbar schien – Macht und Geist in einen Meridian zusammenfielen, das war der Vorschein des Gottesreichs hienieden, wie immer die Gläubigen es sich ihrer Fassungskraft nach vorstellten, als ruhigen Schlummer jenseits, als behagliches Treiben in der himmlischen Pensionopolis, als Aufgehobenheit des geschaffenen Ichs über alle Begriffe oder auch nur als gerechtere Zukunftsverfassung der menschlichen Welt. Sie waren aus aller Herren Ländern gekommen, um das Triumphfest an Ort und Stelle zu feiern, bei dessen Hochamt der Papst persönlich zugegen sein würde. Es wurden um diese Zeit auch die letzten Pilgerempfänge vor den Ferien abgehalten, denn der schwerkranke Pius wollte in den nächsten Wochen seinen Sommersitz zu Castelgandolfo aufsuchen.

Pilgerzüge, bäurische und bürgerliche, Kongregationen, Seminarien, Vereine sammelten sich unter Bienengesumm und strömten den Pforten Sankt Petri entgegen. Man vernahm alle möglichen Sprachen. Man sah vielfarbige Gewänder. Die feuerroten Soutanen eines bekannten römischen Seminars stachen freudig aus der Menge. Doch nicht nur die Gewänder waren vielfarbig, sondern auch die Gesichter. Dort führte ein Negerbischof seine dunkle Herde, die mit gaumiger Inbrunst ihre Kirchenlieder sang, man erkannte nicht, ob's Lateinisch war, Englisch oder eine Eingeborenensprache. Gruppen von Arabern, Hindus, Chinesen, Japanern standen umher. Johannes Seydel fühlte eine dumpfe Ergriffenheit. Hier war die Einheit unter den Menschen geschaffen. Diese Einheit war wirklich, wenn auch nicht vollständig. Und diese Einheit war universal wie nichts anderes auf Erden, denn sie erstreckte sich quer durch alle Rassen und alle Klassen. Es war auch die einzige Einheit auf Erden, deren Zweck nicht darin bestand, gegen irgend etwas gerichtet zu sein. Seydel dachte an die grauenvollen Irrlehren daheim und überall. Sie vergötzten die Teile, sie beteten das Fleisch an unter beiderlei Gestalt, als Blut und Art oder als Masse und Wirtschaftsform. Sie kannten in ihrem scharfsinnigen Schwachsinn nur einen Feind, und das war der Herr dieses Sonntags, der Liebesgeist. Die Jugend aller Nationen jubelte vor Vergnügen, weil man ihr den Geist aus dem Weg geräumt hatte, weil man sie ohne Unterschied im Animalischen ansiedelte, weil man ihr die Last der Freiheit abnahm, weil man sie zu keinem Gedanken kommen ließ und ihre innere Leere mit der Wollust des Hasses und der Geschwindigkeit anfüllte. Was sollte werden aus dieser Welt, in der kein junges Gesicht mehr vom Spiritus Sanctus ergriffen schien. Und auch die gutwilligen Ärzte wußten nichts Besseres als das schwache Gegengift einer wurzellosen und unbegründeten Moral zu verordnen. War diese ergreifende Einheit vor und in Sankt Peter nur mehr der Nachklang einer schon vergehenden historischen Wirklichkeit oder war sie tatsächlich der Fels, der die Zeiten überdauern würde, und die Pforten der Hölle vermochten nichts gegen sie? Fand man nur mehr in den Augen alter Dienstmägde, in Teta Lineks hellen Augen, jenes sonderbar ruhevolle Glaubenszeichen, das ihn, Johannes Seydel, sogleich in Verwunderung gesetzt hatte? Die anderen, mein Gott, die anderen waren mittelmäßige Spießbürger, Kanonenfutter des Weltgeistes in Soutane oder Bratenrock, all diese Prälaten, Minister, Hofräte und Krämer mit den dazugehörigen Weibern. Sie würden umfallen und weggeweht werden beim ersten Angriff. Denn der Feind besaß die besseren Soldaten.

Die Pilgerschar aus Wien stand in guter Ordnung vor den mächtigen Treppenreihen der Basilika. Heute waren alle schwarz gekleidet, Männer und Frauen. Man ertrug die Bergeslast der Hitze und deren atemverschlagenden Dunst, ohne zu murren. Links und rechts strömte es in unaufhörlichen Wirbeln die Treppe empor. Josef Eusebius, der Reisemarschall, lief die Glieder seiner Kompanie keuchend auf und ab, wie er die Eisenbahnzüge auf und ab zu laufen pflegte. Er hatte seine viel zu kleine Melone mit einem ebenso ungenügenden Zylinderhut vertauscht, unter dessen Rand ihm das Wasser in Stirn und Nacken rann. Aufmunternd ließ er seine Stimme erschallen: »Ich bitte Sie, meine Herrschaften – wir müssen Ehre einlegen in Rom.«

Kompert machte den Eindruck eines alten, äußerst beflissenen Reserveoffiziers auf Manöver. Man hätte meinen können, er wolle dem Heiligen Vater eine blitzblank geputzte Seelentruppe vorexerzieren. In seinem naiven Sinn verband sich Pilgerschaft, Pfingstsonntag und Feierfreude mit den vergnügten Erwartungen eines Veteranenfestes. Und da er gewissermaßen als Ortsfremder erst kürzlich zu dem Verein gestoßen war, gab er sich zehnfache Mühe, damit die fromme Parade klappe. Der Orden des Heiligen Grabes schimmerte fern, aber hartnäckig in seinem Bewußtsein, und jeder vergossene Schweißtropfen war ein Verdienst, das ihn näher heranlockte. Teta stand in der hintersten Reihe. Sie stützte sich krampfhaft auf ihren schwarzen Stock und spannte ihren ganzen Willen an, um den berechtigten Forderungen Komperts zu entsprechen. Leichtfüßigen Schrittes erschien jetzt der pyramidenförmige Prälat. Seinen Zylinder schwingend, machte der Reisemarschall Meldung. Daraufhin knickte er zu einer leicht zerknirschten Haltung zusammen, senkte den Kopf und faltete die Hände über dem Zylinder, den er gegen den Bauch gepreßt hielt. Einige ahmten diese vorbildliche Gebärde nach. Monsignore stellte sich an die Spitze der Schar und stimmte mit seiner schönen kühlen Priesterstimme das Credo an. Als erster fiel Josef Eusebius ein. Die anderen Männer folgten, dann auch die Frauen. Langsam setzte sich der Zug in Bewegung.

Und dies war die Weltkirche des ersten Apostels, die Stationskirche des heutigen hohen Tages. Wie unterschied sich doch Sankt Peter von den dämmerigen Kathedralen der Heimat, von Sankt Stephan zu Wien, von Sankt Veit in Prag. Dies war weniger eine Kirche des Gekreuzigten als der stolze Königspalast des herrschenden Gottes, der Ort der allerglänzendsten Hofhaltung diesseits. Es schien, als habe in diesem Thronsaal aller Thronsäle die ganze Menschheit Platz, sich den Stufen des Himmelsmonarchen und seines Vikars zu nahen. Tausende verloren sich hier, und selbst die Flut von Zehntausenden konnte bei weitem nicht alle Seitenschiffe, Nebenkapellen, Nischen und Winkel erreichen. Es herrschte keine Stille hier wie in jenen dämmervollen Tempeln, deren hallendes Echo jeden lauten Ton erschrocken übertrieb. Das römische Volk tat sich keinen Zwang an. Es rief, schwatzte, lachte erregt durcheinander und ließ seine ungezogenen Kinder schreien und greinen. Der Königsraum aber schmolz all dieses irdische Geplärre mit unbewegter Miene zusammen und machte es nichtig. Er wuchs mit seiner Kuppel viel zu hoch empor, als daß grober Menschenlaut ihm auch nur den Saum hätte verletzen können.

Heute war das Innere Sankt Peters, sonst kühl und nüchtern, in Feuerfarbe getaucht. Man hatte all die gewaltigen Fenster, selbst die im Laternenrund der Kuppel, mit Vorhängen aus scharlachrotem Damast verhängt. Alle Baldachine, Verkleidungen, Fahnen waren rot. Kein Tageslicht sollte die Kraft der unzähligen Kerzenflammen herabmindern. Denn diese waren heut nichts anderes als eine Wiedererweckung und Versinnbildlichung der feurigen Pfingstzungen, die ihrerseits nichts andres als eine Wiedererweckung und Versinnbildlichung des brennenden Sinaiberges gewesen sind. So war eines über dem anderen gebaut, in abgründigen Entsprechungen. Erst mußte das Flammenmeer des Gesetzes lodern, in dem der Vater sich offenbarte. Doch nur ein einziges Volk stand zu Füßen des feurigen Sinai. Dann erst durfte der befreite Geist der Liebe seine lodernde Zungengestalt annehmen, damit alles Trennende zwischen den Völkern niedergebrannt und die während des babylonischen Turmbaus zersplitternde Allsprache neu geschaffen werde. Der Sturmwind aber brauste einher, beide Male und allezeit.

Trotz der berückenden Kerzenflut und der Herzfarbe, die in den riesigen Fenstervorhängen wie transparentes Blut aufglühte, fühlte sich Teta unglaublich traurig heut. Trauriger denn je in diesen Tagen. Dies war keiner von den festlich lieben Kirchgängen ihres Lebens, die sie stets mit der hellen Überzeugung erfüllt hatten, es sei mit jedem etwas Förderliches und Bleibendes verrichtet, das der Himmel in Evidenz halte. In dieser göttlichen Hofburg war man eine Null. Man konnt's gar nicht glauben, daß man vom Höchsten auch hier nicht übersehen wurde, wo man so ganz klein dahinwimmelte. Der beständige Kampf der Seele ging doch immer nur um eins: um die Festhaltung der Existenz trotz Tod und Teufel, um die Bewahrung dessen, als welches man geschaffen war, ohne es gewußt und gewollt zu haben. Kam man sich aber so unwesentlich und auslöschenswert vor wie hier, so verloren alle Anstrengungen ihren Sinn, die man um des großes Zieles willen so lange ertragen hatte. Tetas große Traurigkeit war zugleich ein arges Ermatten. Zum erstenmal hier bei Sankt Peter war es ihr fast gleichgültig, daß sie an den Lumpen von Neffen ihre Kräfte und das reiche Gut ihrer Hoffnung verschwendet hatte. Niemand konnte sie lossprechen. Niemand konnte ihr helfen. Auch der Kaplan Johannes nicht, der freundschaftlich neben ihr stand. Zu dieser Stunde waren ihre traurigen Augen in dem abgemagerten Gesicht sehr rund und groß. Sie sah aus wie eine Eule.

Josef Eusebius forderte Teta auf, in die lange Reihe zu treten, die an der schwarzen Holzgestalt des Apostelfürsten vorüberwallte, um seinen abgewetzten Fuß zu küssen. Petrus, der Fischer von Galiläa, war heute in die Papstgewänder gekleidet und trug die Tiara auf seinem dunklen Haupt. Die alte Magd gehorchte, schlich Schritt für Schritt in der endlosen Reihe weiter, bis auch sie flüchtig und scheu den Fuß des Apostels mit ihren Lippen berührt hatte.

Dann aber tauchte ein Zug prächtiger Karabinieri auf, die in keinem Widerspruch standen zu diesem göttlichen Thronsaal. Sie drängten mit sanftem Zuspruch alle Gläubigen zurück, so daß um das Podest des Hochaltars ein freier Riesenkreis gebildet wurde. Teta stand irgendwo im römischen Gedräng, allein, fremd, verloren, eine aus der Ordnung gefallene Seele. Gerade hier bei Sankt Peter erlebte sie die tiefste Gottverlassenheit ihres Lebens. In der Höhe sprühte ein Chor energischer Knabenstimmen auf und verlor sich mit seinem Halleluja im Rund. Der Kardinaldiakon, Erzpriester von Sankt Peter, war eingezogen, eine rot-gold-violett-silbergestickte Schleppe von Erzbischöfen, Bischöfen, Ordensäbten als hohe Assistenz nachziehend. Wenn auch Teta mehrmals mit zusammengebissenen Zähnen versuchte, sich auf die Fußspitzen zu stellen, sie konnte nichts sehen. Da gab sie es auf. Bei Sankt Peter war keine Teilnahme am heiligen Vorgang möglich, nur ein Begaffen des Schaugepränges. Das Menschenmeer ringsum begann auf einmal in ein scharfes Geflüster auszubrechen, das die schallenden Knabenchöre verschlang. Der Zug des Papstes, hieß es, habe die Aula della Benedizione betreten. Zwei Atemzüge lang fiel Totenstille ein. Es war aber nur ein Gerücht, das sich mit Auftauchen, Stillewerden und nachfolgender Enttäuschung noch zweimal wiederholte, ehe auf der Empore die langen silbernen Trompeten sich erhoben. Dies aber war etwas ganz anderes als das scharfe Geschmetter von gelbem Blech. Langgezogene Jubelschreie von Himmelswesen mit feurigem Haar kündeten von der Bergeshöh das Nahen des Herrn. Jetzt aber brüllte die Menge auf, nicht anders als bei einem Fußballmatch oder dem Einzug eines politischen Führers, und entfesselte einen endlos fortknatternden Applaus: »Evviva il Papa re!«

Ein Wall von päpstlichen Gendarmen, Schweizergarden, Hellebardenträgern, Kardinälen, Prälaten, Mönchen, Herren im Frack, pupurrot gekleideten Hofchargen. Mittendrin schwankte die Sedia gestatoria, und neben ihr nickten die beiden Pfauenwedel, Pharaos Kennzeichen einst. Die weiße Erscheinung auf der Sedia, die dann und wann langsam die Hand erhob, um das Segenskreuz über den Köpfen zu zeichnen, war er, Pius, der elfte seines Namens, nun schon im sechzehnten Jahr Stellvertreter Gottes auf dieser kampfdurchtobten Erde. Teta konnte das Gesicht der weißen Erscheinung unter der juwelenbesetzten Tiara nicht sehen, obgleich der Heilige Vater über den Köpfen der Menge gemach einherschwebte. Nur manchmal blitzte das scharfe Augenglas auf. Ihr war so unsagbar bange, als sie auf die Knie sank wie rings die anderen alle. Vom Hochaltar her erschollen in gregorianischer Kadenz die ersten Worte des pfingstlichen Introitus:

»Spiritus domini replevit orbem terrarum, alleluja!«

Die Erscheinung mit der Tiara hatte ihren Thron erreicht und nahm ihn regungslos ein. In Tetas Brust wuchs die Gottverlassenheit und das Bangesein so stark, daß sie Halsschmerzen bekam und nicht schlucken konnte. Es war ihr so feierlich verzweifelt ums Herz, als müsse sie die Arme flehentlich ausstrecken. Doch wer im Himmel und auf Erden und besonders hier bei Sankt Peter würde ihre ausgestreckten Arme bemerken und gar erkennen, warum sie diese ausstreckte? Mühsam versuchte sie, sich aufzurichten. Es gelang ihr nicht gleich. Betäubend brauste die Musik und wollte sie begraben. Da stützte sie jemand unter den Ellbogen hoch, wie er's schon einmal am Trittbrett des Eisenbahnwagens getan hatte. Johannes Seydel hatte sie verloren, gesucht und endlich wiederentdeckt. Er lachte ihr zu wie immer.

 

Die Messe des Pfingstmontags wurde, wie es der Brauch vorschrieb, bei San Pietro in Vincoli gehört. Für den Nachmittag aber war der Besuch der Katakomben von San Stefano vorgesehen. Teta schwankte zwischen der Furcht, sich zu überanstrengen oder allein bleiben zu müssen. Mit Schrecken betrachtete sie ihre blutig offenen Beine. Dann aber erinnerte sie sich wieder an den Ausspruch des Kassenarztes, der ausdrücklich erst das Jahr 1940 als für sie gefährlich bezeichnet hatte. Mit dem guten Leichtsinn eines Menschen, der sein Lebtag nicht krank gewesen, schob sie jeden Zweifel an diesem zweideutigen und mißverstandenen Ausspruch beiseite. Wenn sie sich weiter vorsichtig hielt wie in den letzten Tagen, würde sie ohne großen Schaden heimkehren dürfen. – Katakomben? – Sie wußte nicht recht, was das bedeutete. Es war jedenfalls besser, sie blieb zu Hause, kam doch schon morgen der große Tag, an dem die Pilgerschar durch den Heiligen Vater empfangen werden sollte. Da brauchte man alle Kräfte. Trotz dieser Aussicht aber verschärfte sich Tetas Traurigkeit von Stunde zu Stunde, und sie hatte große Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Gegen zwei Uhr aber, als sie still in ihrer Kammer saß, fest entschlossen daheimzubleiben, klopfte Johannes Seydel an:

»Nun, Fräulein Linek, was ist mit uns? Die Katakomben sollten wir doch nicht schwänzen. Dort haben die ersten Christen gehaust, tief unter der Erde, zur Zeit der Verfolgung durch Nero und die anderen römischen Kaiser. Vielleicht stehen diese Zeichen wieder vor uns, vielleicht wird unsereins demnächst ähnliche Wohnungen beziehen müssen, ich meine natürlich nicht Sie, sondern mich. – Übrigens, wenn Sie nur ein ganz klein bißl müd sind, nehm' ich Sie gar nicht mit in die Katakomben.«

Teta hatte sich ehrfürchtig erhoben, wie immer, wenn der Geweihte mit ihr sprach. Sie lächelte übers ganze Gesicht, als seien die bohrenden Schmerzen, von denen sie übrigens zu niemandem gesprochen hatte bisher, nicht der Rede wert. »Aber was denkt der Herr Kaplan von mir, nein so was ... Mit Erlaubnis bin ich heut nicht ein ganz klein bißl müd.«

Man fuhr in zwei Autobussen auf die Via Appia hinaus. Schwarz stand der Grabturm der Cäcilia Metella gegen den Junihimmel, der aus lauter Fischschuppen schmerzerregenden Lichtes zu bestehen schien. In der Campagna draußen schwebten einzelne Pinien wie erstarrte Fallschirme in der Windstille über der Erde. Die Albanerberge am Horizont waren ein durchscheinender Schlackenhaufen aus lila Glasfluß. Zwei Jagdflugzeuge sangen in der Luft oben, klein wie giftige Moskitos. Dort, wo die Sabinerberge sein mußten, sammelte sich eine Handvoll molkig trägen Gewölkes.

Die Führung durch die Katakomben war einem deutschen Karmelitermönch anvertraut. Er schwäbelte breit, aber man bekam den Argwohn, er tue es nur, um die deutschen Rompilger in eine heilige Stimmung zu versetzen. Sein langer wohlgepflegter Rotbart wehte in zwei Flügeln nach rechts und links. Sie schienen wie Tragflächen seine Bewegungen zu erleichtern. Er verteilte an die Besucher gedrehte Wachslichter, worauf er mit fordernder Miene eine klappernde Sammelbüchse hinhielt. Dann ging's über gefährlich steile Treppen in die Tiefe hinab.

Dies also war der frühe Maulwurfshügel jenes Heiligen Geistes, der im Thronsaal von Sankt Peter und in hunderttausend anderen Kirchen heute pfingstlich triumphiert. Hier hatten die ersten Wühlmäuse Christi geraschelt, geflüstert, sich verborgen und das Sternzeichen des Fisches in die Lehmwände geritzt. Zumeist aber hatten sie einander begraben hier unten, und zwar in übereinander geschichteten Schiebegräbern wie daheim im Gelobten Lande, denn die ersten Wühlmäuse Christi sind zum größten Teile Hebräer gewesen. Sie hatten teilnehmen dürfen an Angst, Verfolgung, Gericht, Martertod, dies war ihr zugewiesen Teil. In den Palast des Sieges wurden sie aber nicht zugelassen. Bis auf Josef Eusebius Kompert natürlich, der die historischen Erklärungen des Mönches den Fernerstehenden in der langen Karawane schneidig vermittelte. Teta Linek besaß nicht den geringsten Sinn für Geschichte. Sie vermochte sich's nicht vorzustellen, daß es einmal eine Welt gegeben hatte, die nicht genau derjenigen glich, in welcher sie schon siebzig Jahre lebte. Auch diese siebzig Jahre waren für sie kein strömendes, sondern ein stehendes Wasser. Im Hang zum Eintönigen liegt gewissermaßen der Sinn für das Ewige begründet. Hier und dort – einst – jetzt – dann: das war alles festgebunden an ihre eigene unveränderliche Person. Wie aber hätte sie gar begreifen sollen, daß die Glaubenswelt, in der sie lebte und webte, die Welt der flammenden Hochaltäre, der Glocken und geweihten Männer, vorzeiten hier unten einen niedrigen, ja schäbigen Anfang genommen hatte?

Mit ihrem brennenden Lichtchen zottelte Teta trübsinnig hinter den anderen durch dieses Labyrinth und schenkte den Erklärungen keine Aufmerksamkeit. In der Grabkapelle der heiligen Cäcilia, einem etwas größeren Raum, standen zwei Bänke vor dem Altar. Sie beschloß sofort, hier zu rasten und der weiteren Führung nicht mehr zu folgen. Als die verschiedenen Gruppen diese Nische verlassen hatten, setzte sie sich hin, ächzend vor Erleichterung. Nach einer Weile schlüpfte Seydel zu ihr, wie es schon seine Gewohnheit war:

»Sie haben recht, Fräulein Linek«, sprach er gedämpft und doch nicht ohne Leidenschaft, »alles, was man hier unten sieht, ist gräßlich langweilig, das Große aber hier unten sieht man nicht, die Geduld. – Um Gottes willen, bleiben Sie doch sitzen! – Da haben Hunderte von Menschen, gewöhnliche, einfache Menschen die Geduld gehabt, zu warten, zweihundert, dreihundert Jahre, und zwar in Armut, Dreck und Elend, tief verachtet, immer Gefängnis und Tod vor Augen. Sie sind gestorben, ohne zu wissen, ob sie vergebens gewartet haben, und schon standen andere wieder bereit, um weiter zu warten und in Vergeblichkeit zu sterben, auch sie, und so fort, Generation nach Generation. Es ist das verrückteste Geheimnis der ganzen Weltgeschichte. Es ist die einzige gelungene Revolution der Menschheit, denn sie hat nicht nur die Verhältnisse umgestürzt, sondern die Ursache der Verhältnisse, den Menschen. Und nur durch dieses tolle, dieses gewaltige Wartenkönnen. – Würde unsereins auch nur zwanzig, ja nur zehn Jahre auf das ganz und gar Unmögliche warten können, ohne gebrochen zu werden? Uns zerbricht vielleicht schon ein kurzes Exil. Was sind wir doch für schwächliche Luder gegen diese hier unten! – Oh, Geduld, Geduld, Geduld, wer sie von ihnen doch lernen könnte!«

Teta sah ihn schweigend an. Über sein junges feines Herrengesicht zuckte der Schein des Lichtrestes, den er noch immer in der Hand hielt. Den ihren hatte sie auf dem Pult der Bank befestigt. Was hörte sie da für Worte: Geduld, Geduld lernen? Der Kaplan Johannes gehörte vermutlich zu jener anderen Seite der Menschheit, welche Teta unter dem demütigen Begriff »gnä' Herrschaft« zusammenfaßte. Wahrhaftig, alles, was gnä' Herrschaft war, verstand nichts von Geduld. Hatte man ihr die Küchenuhr nicht vorgerückt, hundertmal, aus purer Ungeduld? Mußte man nicht täglich Gäste bei sich sehen, nur damit die Zeit schneller dahinschwand? Und waren keine Gäste da, ging man in die Oper, ins Theater, ins Kino, ins Restaurant, weil man nicht stillsitzen konnte mit sich selbst. Diese Ungeduld der Gnädigen auf der ganzen Welt kannte sie genau. Aber mußte sie, Teta Linek, erst Geduld lernen, und sei es von denen, die in diesen niedrigen Katakomben hier Jahrhunderte herangeduldet hatten? Nein, nein, Geduld mußte sie von niemandem lernen. Hatte sie nicht voller Geduld bis zu ihrem siebzigsten gewartet, damit das seit dreißig Jahren Geplante sich erfülle? Hatte sie's je auch nur für eine Stunde vergessen und war abgesprungen davon, wie es jede gnä' Herrschaft von ihrem Vorhaben ständig tut? Besser, sie hätt' es in Ungeduld vergessen und wär' abgesprungen davon, als unwiederbringliche Zeit an die Geduld verschwendet zu haben.

Seydel beugte sich zur liegenden Steinfigur Cäcilias, der Schutzheiligen der Musik, und leuchtete sie an:

»Daß Sie Bilder gern haben, das hab' ich letzthin schon erraten«, sagte er nach einer Weile, »aber ich mein' auch, Sie mögen die Musik gern, Fräulein Linek, weil wir gar hier vor der heiligen Cäcilia sind.«

Teta sah noch immer traurig und starr aus wie eine Eule.

»So zwei oder drei Liedln kann ich spielen auf meiner Zither«, antwortete sie wegwerfend schamhaft. Dabei fiel ihr Wolf ein, der »Burschl«, jahrelang ihr musikalischer Vertrauter und Begleiter. Sie empfand eine jähe Sorge, und es vermehrte ihren Gram, weil sich Herr Bichel, der Feind, jetzt an dem alten, blinden Hund rächen würde, wie sie genau wußte. Der Kaplan Seydel lächelte.

»Nächstens müssen Sie mir Ihre Liedln vorspielen, Fräulein Linek.«

»Nächstens«, wiederholte sie mit gesenktem Kopf. »Nächstens, das kann ja gar nicht mehr sein. Donnerstag fahren wir zurück, und dann werd' ich den Herrn Kaplan nicht mehr wiedersehen dürfen.«

Johannes Seydel stutzte und blickte sie erstaunt an.

»Hören Sie einmal, Fräulein Linek! Warum sollen wir uns daheim nicht wiedersehen, nachdem wir als Pilger eine so nette Bekanntschaft geschlossen haben? Ich möchte sogar um ein recht häufiges Wiedersehen gebeten haben.«

Teta schüttelte andauernd den Kopf:

»Der Herr Kaplan werden doch keine Zeit haben«, murmelte sie. »Der Herr Kaplan sind jung und haben Besseres zu tun und werden gebraucht, und ich kann auch nicht gut Zither spielen, sondern nur ganz langsam.«

»Jedenfalls möcht' ich mir aufschreiben, wo Sie wohnen.«

»Ich werd' wieder in Dienst gehen, hoffentlich«, sagte Teta.

Er kam näher an sie heran:

»Wollen Sie das wirklich tun?« sprach er mit einer sehr warmen und besorgten Stimme. »Hat das noch einen Sinn in Ihren Jahren? No, darüber reden wir noch in Wien.«

Tetas Kopf sank immer tiefer.

»Der Herr Kaplan sollen sich nicht um mich kümmern«, brachte sie leise hervor. »Der Herr Kaplan sollen seine freie Zeit lieber bei dem gnä' Fräulein Schwester verbringen.«

»Meine Schwester lebt in Salzburg«, sagte Johannes Seydel.

Die beiden Wachsspiralen waren zu Ende gebrannt und erloschen. Nur mehr das rote Öllämpchen über dem Altar gab eine Spur von krankhaftem Licht. Das Murmeln und Scharren der Karawane draußen war schon seit einigen Minuten verstummt. Sie hatten den Anschluß an die Rückkehr zum Licht versäumt. Jetzt saßen sie allein in diesem komplizierten Dachsbau des Todes, in diesem Gräberwerk, aus dem die Zeit längst alle Knochen und Zähne weggefressen hatte. Dem Kaplan schien dieses Mißgeschick Spaß zu machen, denn er lachte ins Dunkel.

»Fürchten Sie sich etwa, Fräulein Linek? – Hier sind nur gute Geister, glauben Sie mir. Auf jeden Fall haben Sie als Beschützer ein ehemaliges Mitglied des Leichtathletenverbandes Excelsior bei sich. Eine halbe Stunde wird es mindestens dauern, bis uns die nächste Führung wieder hinaufhilft. Der Herr Kompert hat uns nicht vermißt. Sehen Sie, so schnell wird man von den Seinigen vergessen.«

»Ich fürcht' mich gar nicht, mit Erlaubnis«, sagte Teta und stand auf. Der Kaplan streifte ihre Hand und merkte, daß sie eiskalt war und zitterte. Teta hatte aber nicht gelogen, denn dies war kein Zittern der Furcht. Die Katakomben machten nicht den geringsten Eindruck auf sie. Ein Gedanke aber hatte jetzt mit Macht sie ergriffen. Es war an dem. Ein geweihter Raum. Ein geweihter Mann, der unendlich lieb zu ihr war. Dunkelheit, Verborgenheit wie im Beichtstuhl. Hier konnte sie reden, hier konnte sie endlich entsiegeln, was ihr seit der Rückkehr aus Prag die Brust zersprengte, was ihr den Aufenthalt in jeder Kirche vergiftete und sie vom Genuß der Kommunion ausschloß, die ihr so sehr not tat. Es würde eine Beichte sein und doch keine Beichte nach dem Beichtspiegel, sondern ein freies Bekenntnis über den wichtigsten Plan und den schrecklichen Schiffbruch ihres Lebens. Wenn sie jemals die verfluchte Scham überwinden und reden konnte, so jetzt und hier vor dem jungen Geweihten, der wie eine beseligende Luftspiegelung ihres enttäuschten, aber nicht verlorenen Lebenswunsches war.

»Wenn ich bittlich sein darf«, stammelte sie mit harten, abgerissenen Lauten, »ich hätt' dem Herrn Kaplan was zu sagen.«

Seydel spürte sofort, daß es um sehr Ernstes ging. Von allem Anfang an hatte er dieser einsilbigen und doch so sonderbaren Frau angemerkt, daß sie irgendein Leiden mit sich herumschleppte. Er war aber bisher der Meinung gewesen, dieses Leiden sei eine Krankheit oder auch nur die Verbrauchtheit des proletarischen Menschen nach einem Leben voll schwerer Arbeit. Sanft zog er Teta neben sich auf die Bank.

»Wir haben Zeit, Fräulein Linek. Ungestörter als hier werden wir nirgendwo reden können. Wenn ich Ihnen helfen könnt', das wär' für mich eine sehr große Freud.«

»Ich hab' einen Neffen«, begann sie ebenso hart und stoßweise wie vorhin, »einen gewissen Mojmir Linek. – Wie das gnä' Fräulein Schwester einen Herrn Bruder hat, bitte, so hab' ich einen Neffen. Und ich hab' den Neffen nach Olmütz ins Gymnasium geschickt damals für meinen Lohn und nach Prag auf die Universität, damit er das Geistliche studiert und ausgeweiht wird später ...«

Und nun verlor sich die letzte Scham, und klar und folgerichtig kam die ganze Geschichte über ihre Lippen. Sie unterdrückte nichts, nicht den Schwindel mit der Fotografie, die ihr einen jungen Heiligen vorgespiegelt, nicht den Betrug mit der Missionsreise und all die hundert phantastischen Gaunereien sonst, die ihr Jahr für Jahr immer neues Geld aus der Tasche gelockt hatten. Auch die schandvollste aller Blamagen, die von Hustopec, wurde getreulich berichtet. Ihre herzklopfende Vorfreude in dem Lokalzug, der sie einem heiteren Lebensabend im dörflichen Pfarrhaus entgegenführen sollte, und später die niederschmetternde Enttäuschung, da der vermeintliche Mojmir sich als wackerer Janku entpuppte. Zuletzt schilderte sie die grauenvolle Begegnung mit dem Wirklichen und Leibhaftigen nach dreißig Jahren, das Zimmer mit dem Fettgeruch, die Hinkende und vor allem die vor Wahrheit gleißenden Ausreden des Lügners, in die sie sich seitdem verfangen hatte wie in Fußangeln. So knapp, gedrängt und doch vollständig erzählte sie's in ihren harten und ungelenken Worten, daß die dreißigjährige Lumperei keine fünfzehn Minuten brauchte und am Ende der Spezialist für Propaganda und astrologische Beratung in lebendigster Klarheit vor dem Kaplan stand.

»Schlimm, wirklich schlimm«, sagte er nach der Beichte. »Da haben Sie Ihren Lohn an einen ganz schlechten Menschen verloren, das viele schöne Geld Ihrer Arbeit.«

Teta, deren Atem laut ging, stieß scharf hervor:

»Mit Erlaubnis – auf das Geld kommt's nicht an! Ich hab' ja neues verdient und hab' genug.«

Aha, dachte Seydel, immer dieselbe Erfahrung. Diese sogenannten einfältigen Seelen sind verzwickter als die mit allem modernen Komfort ausgestatteten hochbürgerlichen Psychen. Da muß man doppelt vorsichtig sein und sich ja keine Blöße geben. Nach einer Pause erklärte er laut:

»Wir wollen sagen, es kommt bei dieser Ausplünderung nicht nur aufs Geld an, obwohl der Lohn eines ganzen Lebens wahrhaftig keine kleine Sache ist.«

In der fast völligen Finsternis hingen Tetas Augen leidenschaftlich an dem Schein, der von Seydels Gesicht da war.

»Ich möcht' wissen vom Herrn Kaplan, ob es auch mich trifft, die Sündigkeit des Neffen.«

»Das versteh' ich nicht ganz, Fräulein Linek. – Was heißt das, ob es auch Sie trifft?«

»Ich möcht' vom Herrn Kaplan ganz genau wissen, ob ich schuld bin, daß der Neffe so geworden ist und das getan hat.«

Johannes Seydel mußte sehr lange nachdenken. Diese alte Dienstmagd hier ließ sich nicht mit religiösen Halbheiten abspeisen. Mit dem Katechismus der Schulen kam man da nicht aus. Andere hätten geklagt, geschimpft, geflucht und dem Gelde nachgejammert. Sie aber stellte die feinste und verzwickteste aller moralischen Fragen: Inwiefern ist ein Mensch in die Schuld eines anderen mit verwickelt? – Hier, in diesem Stollenwerk eines jungen Heils, das noch nicht an die Erdoberfläche zu tauchen wagte, herrschte eine würgende Schwüle, die den Nacken herabbeugte und in dicken Tropfen den Schweiß aus dem Leibe preßte. Immer wieder blinzelte Seydel zum finsteren Ausgang hin. Wann endlich kam die nächste Führung, um ihn aus dieser Stickluft zu befreien? Und wenn heute keine neue Führung mehr kam, was würde er tun? – Geduld, Geduld! Zwei und drei Jahrhunderte hatten sie gewartet hier unten, und seine Nerven begannen schon in der ersten halben Stunde zu versagen. Von Zeit zu Zeit ging ein dumpfes Grollen durch die nackten Wände, diesen Schlupfwinkel der Urchristenheit. Es war wie ein mystisches Nachbeben der verschollenen Martyrien, die einst von hier aus die Welt um und um gepflügt hatten. Manchmal schillerten aus einem Winkel die juwelenfeurigen Augen eines Nachttiers, das hier unten in den leergebrannten Grüften der Heiligen hauste. Vielleicht aber gehörten diese Augen gar keinem romantischen Nachttier, sondern nur einer von den ordinär gefleckten Katzen, die in der Pförtnerei bei den Karmelitermönchen lebten und sich hier unten zu ihren Liebesstunden einfanden. Der junge Kaplan ergriff abermals Tetas Hand. Sie war noch immer eiskalt.

»Ich hab' jetzt mein eigenes Gewissen erforscht«, fing er an, und es war keine seelsorgerische Finte, sondern die lautere Wahrheit, »ich hab' nachgedacht darüber, ob ich nicht selbst des öfteren in der Gefahr gewesen bin, abtrünnig zu werden, abzufallen wie Ihr Neffe, Fräulein Linek. Und da muß ich Ihnen offen eingestehen, ich war einige Male in schwerer Gefahr, so wie ich bin, zu erliegen und alles hinzuschmeißen. – Wie soll ich's Ihnen nur erklären, damit Sie mich genau begreifen? – Ein junger Mensch, der sehr viel liest, studiert, denkt, der Geist seiner Zeit packt ihn, er will alles untersuchen, alles bewiesen haben, und nichts voraussetzungslos hinnehmen. Dieser Zeitgeist ist ja die Luft, die er atmet, und atmen muß man. – Freilich, es gibt unter meinen Kollegen brave Leute, anständige Handwerker Gottes, die ihre religiösen Verrichtungen treulich erbüffelt haben wie andere die Medizin oder die Schusterei, die über nichts nachdenken müssen und ihren Beruf sonst ganz prächtig ausüben. Aber wer zu diesen Handwerkern – kein Wort gegen sie –, wer zu ihnen nicht gehört, der hat's schwer, der muß äußerst schwüle Zeiten überstehen, es bleibt ihm nicht erspart.«

Teta sah im Dunkel das weiße Taschentuch, mit dem sich der Herr Kaplan immer wieder die Stirn wischte.

»Der Herr Kaplan haben es auch schwer gehabt und doch nicht hingeschmissen«, sagte sie, und ihre Stimme war ganz blaß.

»Es ist nicht mein Verdienst, Fräulein Linek. – Als ich nach den schwülen Zeiten endlich regelrecht zu denken gelernt hatte, da hab' ich erkannt, daß kein Zeitgeist, auch der unsere nicht, in Widerspruch zu stehen braucht zu unserer christlichen Religion. Im Widerspruch zu ihr steht nur eine große Menge von gebildeten und gescheiten Leuten, denen es aber nicht gegeben ist, ganz fein, ganz scharf, ganz innig, ganz hoch zu denken. Entweder schenkt es einem die Gnade von Anfang an wie allen Gläubigen und Frommen, oder man ist ein armer Schlucker und muß nach einer schweren Zeit der Verwirrung mit seinem Verstand und seiner ganzen Willenskraft um diese Gnade kämpfen, denn wenn ihr klopfet, wird euch aufgetan.«

»Und nur deshalb haben es der Herr Kaplan nicht hingeschmissen wie der Neffe?« forschte Teta, als sei's eine wohlerwogene und wichtige Frage innerhalb eines Prozesses. Die Antwort Seydels erfolgte auch ebenso vorsichtig und langsam wie eine Zeugenaussage: »Nein, Fräulein Linek, nicht nur deshalb. – Wissen Sie, die Liebe der Iren, ich will sagen, die Liebe meiner Schwester, ist mir dabei sehr zu Hilfe gekommen.«

»Die Liebe des gnä' Fräulein Schwester«, hauchte Teta, und man konnte es diesen Worten anspüren, daß sie sich getroffen fühlte.

Es war ursprünglich gar nicht die Absicht des Kaplans gewesen, sich selbst als eine Art Gegenbeispiel aufzustellen. Jetzt aber konnte er nicht mehr zurück.

»Wir sollten eigentlich nur von Ihrer Angelegenheit sprechen, Fräulein Linek, es hilft aber nichts, ich muß nun doch ein bißchen auch von mir erzählen.«

Es sei ursprünglich der Wunsch seiner Mutter gewesen, daß aus ihm ein Geistlicher werde, berichtete er knapp. Diesen Wunsch habe dann die Iren als Vermächtnis übernommen. Gräßlich schwer hatte sie's gehabt als älteste. Sie mußte die drei viel jüngeren Geschwister ganz allein durchbringen. Die zwei anderen starben knapp nacheinander vor wenigen Jahren. »Denn unter uns bin ich der einzige Gesunde«, sagte Johannes Seydel wörtlich. »Alle aber hatten sie in ihrer Jugend von dem kleinen Wäscheladen der Schwester gelebt. Am Mönchsberg lag dieser Wäscheladen, leider sehr abseits. Ein ziemlich elendes Geschäft, bis auf den Monat der Festspiele. Der aber genügte nicht. Die Iren muß sich schrecklich plagen und hat doch immer wieder alles herbeigeschafft für uns«, schloß er.

Teta hob stolz den Kopf. Die Plage und Fürsorge des Fräulein Iren für ihre Geschwister rührte sie nicht.

»Ich hab' mich auch geplagt und alles herbeigeschafft«, sagte sie.

Der Kaplan beeilte sich, ihr zuzubilligen, daß sie nichts versäumt habe. Keineswegs wollte er die Schwester vorrücken.

»Sie haben gewiß für Ihren Neffen dasselbe getan wie die Iren für mich. In der schlimmsten Zeit ist sie zu mir gefahren und hat gesagt: ›Zwing dich um Gottes willen zu nichts, Hans, du sollst nichts tun, wozu du dich nicht berufen fühlst! Ich werd' immer zu dir stehen, wie du dich auch entscheidest.‹ – Und sehen Sie, Fräulein Linek, gerade diese Worte der Iren haben mich gerettet.«

Ein längeres Schweigen. Dann klang Tetas Stimme noch härter als vorher.

»Ich bin nie zu dem Neffen gefahren«, sagte sie.

»Aber er ist doch zu Ihnen gekommen dafür«, sagte er.

»Der Neffe ist nie zu mir gekommen«, sagte sie.

»Ja, Sie müssen ihn doch in diesen dreißig Jahren dann und wann gesehen haben«, sagte er.

»Ich hab' ihn nie gesehen in diesen dreißig Jahren, bis zuletzt«, sagte sie.

Er versuchte die Ahnung ihres Eulengesichtes im Dunkel zu durchdringen:

»Das müssen Sie mir aber erklären, Fräulein Linek. Warum?«

»Ich weiß nicht, warum.«

Dieses kurze Zwiegespräch war wirklich Schlag auf Schlag erfolgt und doch abgemessen und überlegt wie in einer Gerichtsverhandlung. Der Kaplan ließ eine Zeit vergehen, ehe er seine neue Frage stellte, eine Frage, die ihr zu Hilfe kommen wollte: »Haben Sie vielleicht keine Zeit gehabt, keinen Urlaub vom Dienst, kein Geld?«

Sie habe Zeit gehabt, erwiderte die Geständige, und auch Urlaub, soviel sie wollte, und Geld genug. Seydel spürte, daß er hier an den schmerzhaften Nervenpunkt geraten war. Eine Stimme in ihm mahnte, jetzt nicht weiterzuforschen. Es war vielleicht nicht gut, schon beim erstenmal dieses Gespräch auf die Spitze zu treiben. Dennoch aber konnte er sich nicht überwinden, noch einmal zu fragen:

»Erinnern Sie sich an den Tag, wo Ihr Neffe mit seiner Mutter das erste Mal zu Ihnen gekommen ist?«

»Ich erinner' mich genau«, erwiderte Teta stoßweise und mit großer Bereitwilligkeit, »es war bei der gnä' Herrschaft Hofrat Slabatnigg.«

Der Kaplan meinte, er könnte Teta durch diese Analyse dazu helfen, einen ihr selbst noch unbekannten Grund für ihr Verhalten zu finden.

»Damals muß Ihnen der kleine Junge doch besonders gefallen haben, Sie müssen ihn liebgewonnen haben, nicht wahr, sonst hätten Sie die Bitte der Mutter nicht erfüllt und so viel Lasten auf sich genommen.«

Der Kaplan hörte beinah das angestrengte Nachdenken Tetas in dieser finsteren Nische der Katakomben. Endlich kamen ihre Worte: »Gefallen hat mir's, bitte, wie er damals die Gedichte aufgesagt hat. Aber getan hab' ich's nicht für ihn, sondern für mich.«

Johannes Seydel war aufgestanden und machte ein paar unsichere Schritte in der Enge. Es war also der gewöhnliche Grund. Gar manche Bäuerin oder Kleinbürgerin bringt das Opfer und läßt einen ihr nahestehenden jungen Menschen Theologie studieren. Er selbst ist auf keine andere Weise Priester geworden. Diese Frauen glauben sich damit einen Stein im himmlischen Brett zu verdienen. Es ist sehr rührend und sehr töricht. Warum aber ist diese da gestraft worden? Und so exemplarisch noch dazu? Und wie tief sitzen ihre Skrupel, als wäre die Betrügerei des Neffen nicht nur ein Pech, das sie betroffen, sondern wirklich ihre eigenste Sünde. – Worin liegt diese Sünde? Dem Kaplan ging plötzlich eine Epistelstelle des Apostels Paulus durch den Kopf.

»Mir fällt ein berühmter Ausspruch des heiligen Paulus ein«, sagte er laut, nur weil das Schweigen schon zu lange dauerte. »Er spricht, Sie kennen diese Worte sicher, von Glaube, Liebe, Hoffnung und verkündet, daß die Liebe unter diesen dreien die größte ist.«

Sofort tat es ihm leid, daß er sich hatte zu diesem seelsorgerischen Zitat hinreißen lassen, hinter dem sich ein Vorwurf verbarg, zu dem er sich keineswegs berechtigt fühlte. Um ihn zu verwischen, ging er schnell darüber hinweg und stellte beinah im Plauderton eine neue Frage:

»Und so haben Sie dreißig Jahre lang nur Briefe miteinander gewechselt, Fräulein Linek, Sie und Ihr Neffe?«

Teta hatte längst schon das dicke Briefbündel ihrem Täschchen entnommen und hielt es mit stark zitternder Hand dem Johannes Seydel hin.

»Ich werd' bittlich sein«, sagte sie, »daß der Herr Kaplan die Briefe des Neffen lesen, alle Briefe.«

Kaplan Seydel nahm ziemlich achtlos das Bündel entgegen und steckte es ein. Teta richtete sich auf, weil diese brennende Last von ihr gefallen war. Mit der Übergabe der Briefe an den Seelsorger war merkwürdigerweise wirklich eine »Entlastung« eingetreten. Sie fühlte sich in diesem Augenblick freier als seit Jahren. Der Kaplan dachte wieder eine Weile nach. Diese Einfältige leidet wahrhaftig nicht unter dem verlorenen Geld und dem vergeudeten Opfer, sondern unter der Verantwortung vor dem letzten Gericht. O demokratische Kraft des Glaubens, der die Seele einer Königin oder Köchin, wenn sie ergriffen wird, zur selben Höhe zu heben vermag! Er sagte:

»Liebes Fräulein Linek, wenn es hier eine Schuld geben sollte, so ist es die, daß Sie Ihrem Neffen den Schwindel zu leicht gemacht haben, vielleicht ... Ich sag' nur, ›vielleicht‹, denn darüber muß ich mir erst ein genaues Urteil bilden ...«

Teta seufzte tief auf vor Erleichterung:

»Ich werd' bittlich sein«, wiederholte sie hartnäckig, »daß der Herr Kaplan die Briefe des Neffen liest, alle Briefe, und genau.«

»Noch heut tu' ich's«, versprach der junge Priester, der in der Tiefe der Katakomben ohne Form Tetas Beichte entgegengenommen hatte. Er war ziemlich erregt und machte noch einige Schritte durch die seltsam enge Finsternis. Sein eigenes Herz sehnte sich jetzt danach, zu reden und dieser alten Magd anzuvertrauen, was schwer auf ihm lag. Es war vielleicht unzulässig, daß er es tat. Er beugte sich zu Teta herab:

»Ich werd' jetzt so aufrichtig zu Ihnen sein, Fräulein Linek, wie Sie zu mir waren. Vielleicht hätt' mir auch die ganze Liebe und der gute Zuspruch meiner Schwester Iren nicht geholfen. Vielleicht wär' ich trotz allem in meiner Haltlosigkeit auch nur eine Art Strolch geworden, sehr möglich ist das. – Wissen Sie, was mich gerettet hat? – Nicht die Worte der Iren damals, sondern etwas Hundsgemeines, Schreckliches, Grauenhaftes: Die Iren ist nämlich krank, todkrank, unheilbar, die eine Lunge ist ganz hin, und mit der anderen hat's auch bereits begonnen. Zwei Geschwister von uns sind schon gestorben an demselben. Die Iren hat vielleicht nur mehr ein Jahr zu leben, nachdem sie von ihrem ganzen Dasein nichts gehabt hat, wirklich und wahrhaftig rein nichts. – Sehen Sie, und das hab' ich immer vor mir gehabt und hab's noch immer weiter vor mir, und keine Stunde läßt es mich los. Meine Pflicht wär's, die Iren in ein gutes Sanatorium zu bringen, in die Schweiz, in zweitausend Meter Höhe, oder irgendwohin anders. Aber ich bin ein armer Hund mit meinen Zweihundert monatlich und kann gar nichts tun, kann ihr nicht danken. Viel ärger ist es, einem solchen Menschen nicht danken zu können, als ein Gauner zu sein. – So sieht es in mir aus, Fräulein Linek, voll Schuld fühl' ich mich bis daher. Und nicht einmal der Herrgott kann mich von dieser Schuld lossprechen, zu der ich doch ziemlich unschuldig verurteilt bin. – Sehen Sie, so verteufelt geht es auf der Welt zu mit der Sünde! Wenn ich kein kleiner Kooperator wär', sondern ein Ingenieur, ein Arzt oder ein Geschäftsmann, dann könnt' ich vielleicht für die Iren sorgen und wär' frei von meiner Schuld, von der ich als Priester nie freikommen kann. – Gott weiß, warum ich Ihnen das alles erzähl'. – Haben Sie etwas gesagt?«

Teta hatte nichts gesagt. Es war auch zu spät, etwas zu sagen, denn nach einer vollen Stunde der Pause ergoß sich soeben die neue Karawane in die Katakomben. Als sie mit dieser später zum Licht emporstiegen, verrollte der letzte Donner des Junigewitters am Horizont. Dieses Gewitter war's, was dem Kaplan in der Tiefe wie ein mystisches Erdbeben vorgekommen war. Überall auf den Plätzen und Straßen der Oberwelt spiegelten die Pfützen dieses Wolkenbruchs einen erleichterten Himmel.

 

Auch Teta war verwandelt, als sie wieder im Zimmerchen ihrer Herberge saß. Freilich, das Gewitter ihrer Seele hatte sich noch nicht verzogen. Der Sturm arbeitete rastlos aus den verschiedensten Windrichtungen des Gefühls. Da war vorerst die Befreiung und große Entlastung durch ihre Beichte. Mit der Übergabe der Briefe an den Kaplan hatte sie gewissermaßen die ganze Verstörung ihres Lebens auf einen Dritten abgewälzt. Er mochte nun ihre Mit-Sünde genau erforschen und abwägen, das hatte er gelernt, dazu war er bestellt. Sie hatte durch ihr Geständnis alles Böse von sich abgetan und gleichsam in Arbeit gegeben wie ein schadhaftes Gewand. Es war nunmehr die Sache des Priesters, herauszufinden, wie der Schaden gutgemacht werden könne. Teta hatte Seydels Anspielung auf das Apostelwort über die Liebe genau verstanden. Sie machte sich auch nichts vor und bekannte es ohne weiteres, daß der Wirkliche nur als Werkzeug ihrer Absicht gedacht war und daß ihr der stupsnäsige Rotzbub mit den verschwollenen Schlitzaugen, dieser Sproß eines verlotterten Bruders und einer widerwärtigen Fremden, schon beim ersten Anblick durchaus nicht liebenswert erschienen war. In dem Jungen steckte sichtbar schon damals der künftige Lügner und Herausfopper. Gut, sie wußte nun, daß ihre Hauptsünde hierbei in der Lieblosigkeit bestand. Zur Liebe aber gehörten zwei, sagte man, und niemand kann zur Liebe gezwungen werden. Der Herr Kaplan wird mit dieser Frage schon fertig werden. Für jede Sünde gibt es eine Buße, das steht fest. Für ihre höchst läßlichen Sünden hatte sie bisher nach der Beichte stets nur leichte Bußen aufgebrummt erhalten, zum Beispiel fünfzig Ave Maria und ähnliches. Diesmal war sie mit Freude bereit, den entsprechenden Bußbefehl aus dem Munde des Herrn Kaplan entgegenzunehmen, je schwerer, desto besser. Vielleicht würde der Herr Kaplan gerechtermaßen in Erwägung ziehen, daß es seine Schwester Iren nicht schwer gehabt hatte, ihn zu lieben, den Schönen, Lustigen, Guten. Wäre der Neffe statt eines Mojmirs ein Johannes gewesen, oh, wie hätte ihn Teta geliebt! –

Hätte? – Hier aber entsprang der zweite Strom ihres aufgewühlten Gefühls, ein wahrer Golfstrom übrigens, heiß und widerspruchsvoll durcheinanderstrudelnd. Die alte Magd wußte selbst nicht, was es war, daß sie an jenem Abend in Venedig zu dem krampfhaften und gänzlich tollen Ausruf übermocht hatte: »Tät' er nur mir gehören!« – Es war seitdem nicht besser geworden. Dieser täglich sich erneuernde Schreck, den Herrn Kaplan zu sehen, diese ängstliche Erwartung, diese freudige Scheu, wenn er mit ihr sprach, wenn er sich zu ihr setzte, wenn er sich nicht genierte, einer solchen Alten den Arm zu reichen oder gar das Gepäck nachzutragen! Er schien ja gar nicht daran zu denken, daß er sich damit vor den anderen lächerlich machte. Sehr lauernd, sehr verschlagen hatte sie heute in den Katakomben folgende Worte gewagt:

»Donnerstag fahren wir heim, und dann werd' ich ja den Herrn Kaplan nicht mehr wiedersehen dürfen.«

Äußerst schmerzhafte Worte. Sie ätzten die Kehle, hatten aber jene herrliche Entgegnung hervorgelockt, die Teta in ihrem Gedächtnis selig aufbewahrte: »Ich möcht' sogar um ein recht häufiges Wiedersehen gebeten haben.«

Hatte das der Herr Kaplan ernst gemeint? – Wie kann man so dumm fragen? Wenn der Herr Kaplan auch sehr lustig ist, er meint alles ernst, was er sagt, das ist es ja gerade. Er wird sie nicht vergessen. Sie werden einander daheim wiedersehen, vielleicht noch in dieser Woche. Warum nicht?

Es muß also ohne weitere Bedenken und längere Umschweife eingestanden werden: Teta liebte den Kaplan Johannes. Welche Art von Liebe freilich das war, das ist eine sehr heikle Frage. Wahrscheinlich eine Mischung von jeder Art: die Liebe einer Dienerin, einer Mutter, einer Schwester, einer reifen Frau, eines gläubigen Beichtkindes und nicht zuletzt die Liebe eines Backfischs mit lächerlich unverbrauchtem Herzen. Am allerwenigsten aber war ihr die von Seydel zitierte Liebe des Apostels Paulus zugemischt, von der es im Korintherbrief wörtlich heißt, »daß sie nicht eifert und daß sie nichts für sich will«. Teta, die Demütige und Bescheidene, wollte gar manches für sich, und sie bekam wildes Herzklopfen, wenn sie an die Möglichkeiten der Zukunft dachte. Die Stürme des Gefühls hatten ihren klaren Planungssinn nicht verdunkelt. Wahrhaftig, wenn man diese Möglichkeiten der Zukunft berechnend abtastete, stockte einem der Atem. Gott hatte seine Magd doch nicht verworfen und ihre Mühen schmählich ausgelöscht, wie sie es in den Wochen ihrer tiefsten Zerrüttung hatte annehmen müssen. Etwas ganz und gar Wundersames war ihr von oben zugemessen worden. Nach der durch sie selbst mutig unternommenen Entlarvung dieses Teufels von Mojmir hatte ihr der Himmel diesen Engel von Johannes gnadenvoll an die Seite gestellt, damit der Lohn ihres Daseins nicht verloren sei. Welch ein Ersatz, welche bestürzende Verkettung, natürlich und übernatürlich zugleich! Und es war noch nicht zu spät. Und sie fühlte sich noch ziemlich frisch bei Kräften. Und die dumme Geschichte mit ihren Beinen mußte sofort nach ihrer Rückkehr in Ordnung gebracht werden. Es galt nun mit höchster Klugheit, Umsicht, Zurückhaltung den neuen Lebensplan aufzubauen, der den ersten, verfehlten an Wert tausendfach übertraf, daran zweifelte sie nicht.

Der Himmel wirkte sichtlich zu Tetas Gunsten. Da war das arme Fräulein Iren, des Herrn Kaplan gnä' Schwester. Fünfundvierzig Jahre, das ist das rechte Todesalter für alle Tuberkulösen, die es zu dieser Jahreszahl überhaupt gebracht haben, davon hatte man schon oft gehört. Fräulein Iren mußte vermutlich schon kommenden Winter ihr kleines Wäschegeschäft und die große Welt verlassen, spätestens aber irgendwann im Lauf des nächsten Jahres. Dann stand der Herr Kaplan allein.

Es kam Teta gar nicht in den Sinn, daß sie durch solche Spekulationen das arme Fräulein Iren übervorteile und sich keck selbst an die Stelle der Schwindsüchtigen setzte. – Warum auch nicht? War die gnä' Schwester des Herrn Kaplan im großen und ganzen nicht beneidenswert? Sie hatte sich nicht volle fünfundvierzig, sondern nur fünfundzwanzig Jahre abrackern müssen und währenddessen ihren heiligen Lebensplan rein, restlos und ohne höllische Störung verwirklichen dürfen, anders als Teta. Der göttliche Ratschluß zog Fräulein Iren ihr zweifellos vor, wenn er's jetzt genug sein ließ und die Kranke abberief, damit sie hier unten nicht mehr fiebern, spucken und die Nächte durchhusten mußte. Der Herr Bruder war ein Geweihter der herrlichsten Art. Der Herr Bruder hatte heut in der unterirdischen Kapelle der Heiligen selbst gesagt, daß er lieber ein Gauner geworden wäre, als zur Undankbarkeit verdammt zu sein. Was wollte das gnä' Fräulein Schwester noch? Der Herr Kaplan wird nicht zur Undankbarkeit verdammt sein, Teta weiß es genau, und sie weiß auch warum. Der Herr Kaplan wird am Sterbebett des gnä' Fräulein Schwester sitzen. Seine unerschöpfliche Dankbarkeit wird sich in unzähligen Gebeten und hl. Seelenmessen zu ihrem Gedächtnis folgenreich auswirken. Nach alldem, einem vorbildlichen Erdenwandel unter beständig glühender priesterlicher Fürbitte, sichert der Himmel ohne Zweifel dem Fräulein Iren einen Wohnplatz, der an Glanz und vornehmer Lage den von Teta erhofften weit übertrifft. Und das ist ganz in Ordnung so. Der Herr Kaplan und sein gnä' Fräulein Schwester gehören ja einem unabschätzbar höheren Rang an. Teta hat's auf Erden nicht hochherrschaftlich gehabt und verlangt auch im Jenseits nicht den Aufstieg in eine höhere Klasse, die ihr keineswegs gebührt. In all ihren kühnen, das Jenseits umspielenden Träumen ist ihr niemals der Gedanke gekommen, das dortige Leben könne auf einer Gleichheit aller Seelen begründet sein. Sie möcht' es gar nicht haben so. Zu ihrem Ich, dessen Fortbestand sie unverändert wünscht, gehört einmal die »Niedrigkeit«. Keine Idee ist Teta fremder als die des Fortschritts oder des Aufstiegs. Angesichts der Ewigkeit gibt es keine Verbesserung, die ja nur dort einen Sinn hat, wo die Zeit abläuft. Es kommt mit einem Wort nicht aufs Wohnen an, sondern aufs Leben. Wie aber dem auch immer sei, das gnä' Fräulein Schwester muß nächstens sterben, gleichgültig, ob sie, Teta, es bedauert oder heimlich wünscht. Sie kann es nicht ändern. Warum aber sollte sie nicht mit leidenschaftlichem Eifer vorsorgen, daß sie selbst nach Fräulein Irens seligem Hinscheiden die Erwählte ist, die sich des Herrn Kaplans frei werdende Dankbarkeit durch Dienst und neues Opfer erwirkt, solang ihr noch Zeit bleibt. Sie wußte bereits, auf welche Weise sie das anzustellen habe.

Die Dialektik aller Liebe ist trüb, obwohl der Völkerapostel in seinem wundervollen Hymnus behauptet, »die Liebe eifere nicht«. Teta rechnete in ihren durcheinanderflutenden und doch so zielstrebigen Gedanken kaltsinnig wie ein Kind mit Irenens baldigem Tode. Sie machte ihn, berauscht von köstlichen Vorahnungen, zum Eckstein ihres neuen Gebäudes. Mit ihrem eigenen Tode hingegen rechnete sie nicht. Dieses ansehnliche Kalkül fehlte in der Dialektik ihrer Liebe, die ja eine erste Liebe war, ausgestattet mit allen raschen Wallungen und verwegenen Schwärmereien eines mädchenhaften Gefühls. Das mahnende Gebrechen des Körpers war vergessen, oder, richtiger, es sollte unterdrückt und niedergekämpft werden.

Sie saß und starrte vor sich hin und ging nicht zum Abendessen und machte kein Licht. Die langatmige Dämmerung des Juni lag noch im Raum, als ihr Blick auf einen uneröffneten Brief fiel. Man hatte ihn während ihrer Abwesenheit auf den Tisch gelegt. Die Stellenvermittlung schrieb:

»Werte Frau Linek, erhalten soeben durch Empfehlung des Herrn von Argan eine Anfrage der Frau Baronin Perera, ob Sie bereit wären, ab ersten Juli dieses in der Villa Gössl am Grundlsee als Aushilfsköchin einzutreten. Wenn Ihre Dienstleistung der Frau Baronin konveniert, ist Ihr ferneres Verbleiben auch in der Stadt nicht ausgeschlossen. Umgehende Antwort und frdl. Angabe Ihrer Lohnforderung anher bestens erbeten.«

Ein wahrer Triumph! Von Gott zur rechten Zeit gesandt, in diesem feierlichen Augenblick des Neubeginns und der Wiederaufrichtung. Der Brief entfiel ihrer vor Freude schwachen Hand. Sie war noch immer etwas wert, die werte Frau Teta Linek, und die hohe Welt wußte es. Wer kannte nicht den Namen Baronin Perera, eine erstklassige gnä' Herrschaft, ein hochvornehmes Haus mit Kammerdienern, Zofen und zwei Küchenmädchen mindestens? Von der Villa in Gössl am Grundlsee hatte Teta sehr oft reden hören, es war eigentlich ein Schloß mit vierzig Zimmern. Dort bedeutete eine Köchin ihrer Art die höchste Standesperson gleich nach der Herrschaft. Sie wurde nicht überanstrengt und mit sorgfältiger Schonung behandelt wie eine Kostbarkeit. Teta wird wie ein richtiger Chef in der Küche thronen und den Untergebenen ihre Weisungen erteilen und ein prächtiges Zimmerchen besitzen und Arbeit und Muße haben, gerade richtig verteilt. Der Grundlsee, sie kannte ihn gut, lag in der Nachbarschaft von Grafenegg, am südlichen Absturz des Toten Gebirgs. Sie konnte daher dann und wann nach Grafenegg hinüberfahren und sich um Burschl kümmern. Vor allem aber wird nun die liebe alte Leier wieder beginnen, nach der ihr schon so bang gewesen ist, ein unberührter Hunderter legt sich auf den anderen, bis dann endlich nach dem seligen Absterben in Gott der Fräulein Iren der große Tag der Erfüllung anbricht.

Teta sprang jugendlich von ihrem Stuhl auf. Zu gewaltig war das Frohlocken in ihrem Herzen, als daß sie hätte länger sitzen bleiben können. Sie versuchte, ihren neuen Arbeitsraum sich vorzustellen. Hier die Anricht, dort der Herd. Lachend tanzte sie zwischen diesen erträumten Punkten hin und her. Aber was war das? Sie spürte ja nicht den leisesten Schmerz in den Beinen. Wie wird sie erst tanzen können, wenn sie nach der Verödung aus dem Krankenhaus kommt! Ende der nächsten Woche schon. Hin und her und hin und her. Sie schleudert ihren schwarzen Stock krachend in einen Winkel. Die Freud riß sie immer wilder fort. Sie konnte sich nicht halten. Und jetzt tanzte sie wirklich im Dreivierteltakt einen Walzer. Wann war's das letzte Mal gewesen, daß sie getanzt hatte? Vor fünfundfünfzig Jahren. Auf dem Tanzboden von Hustopec beim Fiedelfest. Doch nicht daran dachte sie. Sie dachte daran, wie Gott sie vor der Kirchentür hingeworfen hatte, wie sie dagelegen und in ihrer Verzweiflung die schmutzige Erde berührt hatte wie ein Tier. Jetzt aber tanzte sie nicht nur, sondern summte auch den Walzer dazu.

Es war schon ganz finster. Teta hatte in ihrer Siegestrunkenheit das Klopfen überhört. Sie tanzte noch immer, als der Kaplan schon die Tür geöffnet hatte, durch die jetzt ein breiter Lichtbalken fiel. Er sah, wie die alte Magd sich im Dunkel mit ausgebreiteten Armen feierlich im Sechsschritt drehte und vor einer Zimmerseite zur andern wankte. – Das ist wahrhaftig keine schlechte Reisebekanntschaft, die ich da gemacht hab', dachte Johannes Seydel. Dann schaltete er das Deckenlicht auf. »Ich stör Sie, Fräulein Linek«, entschuldigte er sich. »Aber ich muß Sie stören. – Ich hab' nämlich schon zwei Drittel der Briefe gelesen.«

Teta keuchte, rang nach Atem und schob mit geradezu leidenschaftlicher Gebärde dem Kaplan einen Sessel hin.

»Der Herr Kaplan haben wirklich gelesen?« stammelte sie.

Seydel setzte sich nicht, sondern stützte nur die Hände auf die Stuhllehne:

»Das ist ja abscheulich, empörend, ungeheuerlich«, rief er aus, »ein solches Gaunerspiel zu treiben mit Ihnen und mit Ihrer guten Absicht, und immer wieder und immer wieder anders! Ein amüsanter Satan dabei. Das grenzt ja schon an Defraudation des Seelenheils. Und diese Einfälle, mit denen er seinem lieben Tantchen immer neue Löcher in die Tasche bohrt! Und dieser Stil, Herrgott noch einmal, dieser talentierte Stil, geschraubt und verschlagen, teils aus einem Erbauungsbuch, teils aus irgendwelchen Feuilletons! Ich habe viel für möglich gehalten, das aber nicht. – Nein, hören Sie, Fräulein Linek, ich nehm' alles zurück. In den Katakomben war ich fast überzeugt, daß Sie es dem Burschen gegenüber an Liebe und Teilnahme haben fehlen lassen. Jetzt aber dank' ich Gott, daß Sie diesem Beutelschneider der Seele gegenüber nur eine einzige Schuld gehabt haben, die Furcht vor der Wahrheit. – Ein ganz großes Unglück wär's gewesen, wenn Sie ihn wirklich gern gehabt hätten ...«

Teta unterbrach ihn und hob die Hand wie eine Schülerin.

»Wenn ich bittlich sein darf, ist das eine sehr schwere Sünde, die Furcht vor der Wahrheit?«

Seydels knabenhaftes Gesicht lächelte sie voll an.

»Das ist keine Sünde, Fräulein Linek, sondern nur eine Schwäche. Eine sehr menschliche Schwäche übrigens. Von ihr kann man oft nicht einmal die Kirche freisprechen. – So, und nun machen Sie sich keine Skrupel mehr. Sie stehen rein und schuldlos da, wenn auch Ihre gute Absicht schiefgegangen ist.«

Teta schwieg lange, wog ihre Worte und brachte sie schließlich abgehackt vor wie immer in großen Augenblicken:

»Würden der Herr Kaplan nach einer heiligen Beicht dasselbe gesagt haben zu mir?«

Er berührte mit beiden Händen leicht ihre Arme:

»Es ist eine Beicht«, sagte er, »und ich hab' mir nachher genau überlegt, daß es eine volle Beicht war, und jetzt muß ich zu Ihnen nicht einmal sprechen: Absolvo te ...«

Teta stand eine Weile mit gesenktem Kopf und geschlossenen Augen ganz still. Dann aber warf sie sich vor Seydel auf die Knie, riß seine beiden Hände an ihren Mund und bedeckte sie mit Küssen und Tränen.


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