Georg Weerth
Skizzen aus dem sozialen und politischen Leben der Briten
Georg Weerth

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XI
Das englische Armenwesen

Mit dem Aufhören der Leibeigenschaft und dem Beginn der sogenannten freien Arbeit entsteht in England jener Teil der Gesellschaft, welchen man heute gewöhnlich die arme Klasse nennt.

Die Entwicklung des Handels und der Industrie hatte eine Menge Arbeiter aus den Ackerbaudistrikten in die immer mehr emporkommenden Städte gelockt, wo sich ihnen neben größerer Unabhängigkeit eine viel günstigere Gelegenheit des Erwerbes zu eröffnen schien. Viele prosperierten natürlich durch dieses Übersiedeln; andere indes, welche sich einer bisher ungewohnten Beschäftigung nicht gleich mit Erfolg hingeben konnten und auch nicht die Mittel besaßen, um unvorhergesehene Ereignisse wie Krankheiten, schlechte Geschäftskonjunkturen und die bald entstehende Konkurrenz unter den Arbeitern selbst siegreich überstehen zu können, gerieten schnell in den Zustand der gräßlichsten Hilflosigkeit.

Bisher hatte der Herr willkürlich über seinen Sklaven verfügt – er hatte ihn dagegen auch unterhalten, wenn er krank und arbeitsunfähig wurde; jetzt, da der Leibeigene selbständig geworden, blieb er seiner eignen Energie und seinem guten Glücke überlassen, und wehe ihm, wenn dann seine Kraft im Kampfe versiegte!

Es zeigte sich, daß dies nur gar zu häufig der Fall war; der Übergang von der Leibeigenschaft zur freien Arbeit, zur freien Konkurrenz forderte bald seine Opfer, und bei den Opfern des Überganges ist es denn auch nicht geblieben.

Das erste eigentliche Ringen der englischen Arbeiterwelt fand ein weniger günstiges Terrain vor als das der Arbeiter in andern Ländern. Heinrich VIII., unter dessen Regierung sich dieser Kampf in England zuerst deutlicher zeigte, konfiszierte nämlich bei Einführung der Reformation sämtliche Klostergüter des Landes, so daß nicht allein etwa 50 000 Mönche, sondern auch noch ganze Scharen von Bettlern, die bisher von den Almosen der Geistlichkeit gelebt hatten, plötzlich in die Welt hinausgejagt wurden und dadurch wenigstens teilweise mit den kaum emanzipierten Arbeitern in Konkurrenz traten, die Arbeitslosen drückten und den Schwächern vor dem Stärkern im Kampfe der Konkurrenz weichen machten. Diese durch die Launen des Schicksals unverschuldet brotlos Gewordenen bildeten hinfort den einen Teil der englischen Armen. Der andere Teil entwickelte sich auf dem Wege, daß eine große Menge jener mit einem Male hinausgestoßenen Menschen entweder aus wirklicher Unfähigkeit oder aus Trägheit gerade das Gegenteil der ersten Hälfte tat, nämlich nichts weniger als Arbeit suchte, sondern ein herumschweifendes, vagabundierendes Leben einer industriellen Beschäftigung vorzog und dadurch in kurzer Zeit zu demselben Elende hinabsank, das bereits das Los der meisten Arbeitsamen geworden war. Genug, die arme Klasse war da. Das Aufhören der Leibeigenschaft, die Entwicklung des Handels und der Industrie, das Aufkommen der Mittelklasse, die Reformation – es folgte mit unwiderstehlicher Gewalt das eine dem andern, und im Taumel der freien Konkurrenz raste eine neue Gesellschaft der Zukunft entgegen, einer Zukunft, in der es bald zur Tagesordnung gehörte, daß Menschen zu Laster und Elend heruntersanken, mochten sie gearbeitet haben oder nicht.

Heinrich VIII., der mit genialer Liederlichkeit alle Springfedern seines Reiches in Bewegung gesetzt hatte, beschäftigte sich auch schon früh damit, dem der freien Konkurrenz und der Einführung der Reformation gefolgten Unheile in kräftiger Weise zu steuern, und verfolgte Bettler und Vagabunden, welche in Haufen von 300 bis 400 Mann plündernd die Ortschaften des Landes durchzogen, mit unerbittlicher Strenge, so daß unter seiner Regierung nicht weniger als 72 000 große und kleine Diebe durch Henkershand ihren Tod fanden.

Vor allen Dingen wollte man die Menschen zur Arbeit zwingen, weil man hierin das einzige Rettungsmittel erblickte. Jeder, der sich zu arbeiten weigerte, sollte mit einem glühenden Eisen das Zeichen ▼ auf die Brust gebrannt erhalten und für zwei Jahre der Leibeigene desjenigen sein, der den Müßiggänger anzeigte. Natürlich halfen solche Maßregeln nur sehr wenig; denn sobald sich durch die zur Arbeit gezwungenen Individuen die Anzahl der armen Vagabunden auf der einen Seite verringerte, so vergrößerte sich auf der andern zur selben Zeit die Zahl jener unglücklichen Arbeiter, welche durch die Konkurrenz eben jener plötzlich in den Markt der Arbeit geworfenen Menschenklasse entweder um die Hälfte oder um den ganzen Betrag des Erwerbes kamen.

Die Armut eines großen Teiles der Bevölkerung blieb daher, auf verschiedene Weise entstanden, ihrer eigentlichen Bedeutung nach stets dieselbe.

Zur Zeit der Königin Elisabeth, wo indes auch fast kein Jahr verging, in dem nicht wenigstens ein paar Hundert Vagabunden an diesem oder jenem Orte am Galgen starben, schien man endlich einzusehen, daß dem wachsenden Unheile auf dem Wege der Gewalt doch wohl nicht allein abzuhelfen sei, und da man einstweilen noch keine bessern Mittel wußte, so entschloß man sich, die einmal existierende, unbeschäftigte, unbemittelte, überflüssige Menschenklasse als solche anzuerkennen und sie auf Kosten der ganzen Gesellschaft zu unterhalten.

Dies geschah durch den 43. Akt der Elisabeth, nach welchem der Gemeindeausschuß die nötige Taxe zur Unterstützung der Armen eines jeden Bezirkes zu erheben hatte, indem man dabei zum Grundsatze machte, daß nur die Arbeitsunfähigen ein direktes Almosen, die Arbeitsfähigen dagegen Beschäftigung erhalten sollten.

Aus den bereits angeführten Gründen konnte diese letzte Klausel indes nie zur eigentlichen Ausführung kommen, und das Resultat dieses Aktes, wie aller spätern Zusätze, kam doch zuletzt wieder darauf hinaus, daß man an die Armen der Gemeinde wöchentlich eine Unterstützung in barem Gelde auszahlte.

Hiermit schien dann endlich alle Not beseitigt zu sein, und heiter sangen die englischen Armen:

»Hang sorrow! and cast away care!
The parish is bound to find us.«Sir Morton Eden »State of the poor« vol. II. fo 448. – [G. W.]

Und redlich hat die liebe Gemeinde denn auch ihre Armen unterhalten müssen, so daß es zuletzt gar Mode wurde, die schlechten Löhne aus der Armenkasse voll zu bezahlen, und daß nach einer im Jahre 1803 angestellten Untersuchung von 8 870 000 Einwohnern in England und Wales nicht weniger als 1 234 000 Personen Gemeindeunterstützung erhielten, also beinahe der siebente Teil von den Almosen der übrigen Bevölkerung mehr oder weniger lebte.

Wenn man indes die Statistik des englischen Armenwesens durchgeht, so findet man, daß die Anzahl der Personen, welche unterstützt wurden, sich in den letzten 140 Jahren vor Abschaffung des alten Armengesetzes im Verhältnisse zu der wachsenden Einwohnerzahl eben nicht vergrößerte und daß ein Verhältnis von 1 zu 9 durchschnittlich das vorherrschende blieb.

Man könnte hiernach denken, daß die Armut im Lande dieselbe geblieben und das ewige Geschrei, als habe das Elend in Großbritannien stets eine riesigere Gestalt angenommen, ein wenig übertrieben sei. Ein Blick auf die Tabelle der jährlich für Armenunterstützung ausgegebenen Summen zeigt aber auf der Stelle, daß letzteres dennoch der Fall war. Denn wie sich bis zum Jahre 1834 in einem gewissen Zeitraume die Summe der Bevölkerung und die Zahl der Personen, welche unterstützt wurden, nur gleichmäßig verdoppelte, so hat sich der Geldbetrag der zur Unterstützung der Armen erhobenen Taxe in derselben Zeit verachtfacht. Es liegt also auf der Hand, daß das Elend in England sich zwar nicht, wenn wir so sagen dürfen, in quantitativer, wohl aber in qualitativer Weise vergrößerte, daß zwar nicht die Zahl der leidenden Personen, wohl aber das Leid der Personen mit jedem Jahre stieg, und daß es stieg in einer Art, daß die nur um das Doppelte größer gewordene Zahl der Notleidenden wie gesagt einen achtmal größern Unterstützungsfonds erforderte.

Es ist hier nicht der Ort, allen Ursachen dieses wachsenden Jammers nachzuspüren; vielleicht ist auch hin und wieder nur eine übertriebene Mildtätigkeit des unterstützenden Gemeindeausschusses oder die Kostspieligkeit eines häufigen Experimentierens mit dem System der Unterstützung oder der Fluch eines langen Krieges schuld an der stets größer werdenden Taxe gewesen. Unwillkürlich springt aber jedem in die Augen, daß der gewiß einzige Hauptgrund jener Erscheinung wiederum nur in der Entwicklung der Industrie zu suchen ist. Wie die Entwicklung der Industrie den ersten Anstoß zum Entstehen der »armen Klasse« gab, so ist sie auch die Ursache gewesen, daß sich das Elend dieser Klasse stets entschiedener und schärfer gestaltete.

Rasch nacheinander folgten in den Jahren von 1764 bis 1784 jene großen Erfindungen eines James Watt, eines Hargreaves, eines Arkwright, eines Cartwright und eines Crompton; alle Ecken und Winkel des Königreiches füllten sich mit Werkstätten und Fabriken; die Bevölkerung der Städte reichte bald nicht mehr hin, um das Schafott der Industrie mit Opfern zu versehen; die Ackerbaudistrikte lieferten aufs neue ihre Menschen, und wie der Fabrikant sich der Aussicht auf unendlichen Gewinn hingab und mit jedem Tage seine Etablissements vergrößerte, so überließ sich auch der Arbeiter der süßen Hoffnung, daß er stets Brot für eine junge Familie finden werde, und trug das Seinige zur Vergrößerung der immer mehr wachsenden Population bei. Beide konnten dies noch in gutem Vertrauen tun, da ja noch die ganze Welt als Markt vor ihnen lag, auf dem niemand mit der Energie und dem Talente der englischen Industriellen zu konkurrieren vermochte.

Doch wie die Produktion, bis zum Kolossalsten gesteigert, endlich alle Magazine daheim und da draußen mit Waren aller Art gefüllt hatte, für die der Absatz plötzlich stockte, als es so weit gekommen war, daß die Produktion den Verbrauch im eigentlichsten Sinne des Wortes überflügelte, als die Fabriken zum Stillstand kamen und nicht allein dadurch die Arbeiter außer Beschäftigung und Brot geworfen wurden, sondern auch auf der einmal betretenen Bahn der Erfindungen immer neue Maschinen die Arbeit vereinfachten und die Hände der Menschen immer unnötiger machten, da brach das Elend wilder als je vorher über die Hütten der arbeitenden Klasse herein, und Tausende von Unglücklichen, durch übertriebene Arbeit an Geist und Körper entnervt und zerrüttet, waren gezwungen, die Hände in den Schoß zu legen, preisgegeben dem Elende, dem Hunger, der Verzweiflung.

Es ist daher nicht zu verwundern, daß die mit dem Armenwesen beauftragten Gemeindevorstände nach und nach eine stets größere Armentaxe ausheben mußten, wenn man nicht fürchten wollte, das Eigentum der Besitzenden in offene Gefahr zu bringen.

Die folgende Tabelle zeigt, in welcher Weise dies geschah, und da es jedenfalls interessant ist, sich davon zu überzeugen, daß diese Taxe in demselben Maße hinaufgeschraubt werden mußte, je mehr sich die englische Industrie entwickelte, so haben wir neben der Summe der englischen Armentaxe die stets wachsende Einfuhr der rohen Baumwolle angeführt, weil dieser Artikel vor allen andern eine Rolle in England spielt und am besten zeigt, welchen Aufschwung die Industrie in den verschiedenen Jahren nahm. Wegen der Richtigkeit unsrer Zahlenangaben verweisen wir auf Porters »Progress of the Nation«, Capt. VII, fo 356, »Poor Rates« und »Statistical Account of the British Empire – Export and Import of Cotton« von J. R. McCulloch.

Jahre Summe der
Armentaxe
Pfund Sterling
Jahre Summe der Einfuhr
von Baumwolle
Pfund
    1697 1 976 359    
1776 1 694 458   1784 11 482 083    
1784 2 1671 48   1793 19 040 929    
1803 5 302 070   1800 56 010 732    
1812 8 865 838   1810 132 488 935    
1821 8 334 813   1820 151 672 655    
1831 8 339 087   1830 263 961 452    
1834 8 289 348   1834 326 875 425    

Die Verminderung der Taxe von 1812 bis 1821 usw. ist nur scheinbar, wenn man in Anschlag bringt, daß seit 1816 die Friedenszeit eintrat.

Diese über acht Millionen Pfund Sterling große jährliche Armentaxe erschreckte die besitzenden Klassen in England zuletzt aufs heftigste; man fragte sich allgemein, was daraus werden solle, und kam endlich zu dem Entschlusse, die Sache auf irgendeine Weise zu ändern, damit man nicht auf die Dauer im eigentlichsten Sinne des Wortes von den Armen aufgefressen werde. Im Jahre 1834 brachte man daher den Poor-Law-Amendment-Act in das Haus der Commons, dessen Hauptpunkte die sind, daß in Zukunft keine Unterstützung in barem Gelde an die Armen verabreicht werden dürfe, sondern daß dies in Naturalien geschehen solle, und daß zweitens, solange es die dazu getroffenen Einrichtungen erlauben, sich die der Unterstützung Bedürftigen in Arbeitshäuser zu begeben haben, wo sie unter gewissen Regeln und Gesetzen eine gewisse Zeit verweilen und auf Kosten der übrigen Gesellschaft leben dürfen.

Diese Bill passierte am 1. Juli 1834 mit 187 gegen 52 Stimmen, und es ist seitdem wohl mehr dafür und dagegen geschrieben und gesprochen worden als für oder gegen irgendein anderes Gesetz – die Corn Laws ausgenommen.

Was man dem neuen Gesetze namentlich vorwirft, ist, daß es aus der Mildtätigkeit eine Strafe macht, indem die Einrichtung der Arbeitshäuser der Art ist, daß jeder Unglückliche durch dieselbe abgeschreckt wird, die Schwelle jener Häuser überhaupt zu betreten. Vollständiges Gefangensein, Trennung von Weib und Kind, Beschäftigung durch die Tretmühle, schmale und oft sehr schlechte Kost usw., alles dies ist keineswegs lockend; und wenn man bedenkt, daß die meisten der englischen Armen unglückliche Arbeiter sind, die sich vielleicht ihr ganzes Leben hindurch vom Morgen bis zum Abend redlich plagten und etwa nur durch schlechte Geschäftszeiten, durch ein Stillstehen der Fabriken außer Arbeit und Brot kamen, so muß man gestehen, daß eine große Lieblosigkeit dazu gehört, wenn dann eines solchen Unglücklichen durch Arbeitshäuser beschriebener Art gespottet wird.

Aber darum handelte es sich ja auch bei der Durchsetzung der Amendment Bill nicht; die Hauptsache war, daß die Armentaxe in Zukunft kleiner werde, und dies gelang auch gleich von vornherein; denn wenn man die »Poor Rates« von 1834 mit denen von 1837 vergleicht, so stellt sich heraus, daß sich in diesen drei Jahren die Abgabe zugunsten der Taxenzahler um 26¾ Prozent besserte, ein Resultat, was sich indes seitdem wieder etwas verschlechtert hat.

Das Streben gegen das Gesetz hat indes seitdem nicht nachgelassen, und mit unerbittlicher Strenge wird bis auf den heutigen Tag jede Tatsache ans Licht gebracht, welche die Urheber der Amendment Bill von der Grausamkeit der neuen Einrichtung überzeugen kann.

Es ist zu weitläuftig, um hier auf diesen ganzen Kampf einzugehen; vor allem hat sich die Londoner Zeitung, die »Times«, darin ausgezeichnet, welche seit einer Reihe von Jahren keinen Augenblick vorübergehen läßt, um eine Änderung des ganzen jetzigen Armenwesens in Vorschlag zu bringen, und welche namentlich in den Ereignissen im Andover Armenhause aufs neue eine Gelegenheit fand, das jetzige System von Grund aus zu verdammen.

Ein Artikel in der »Times« vom 6. März 1846 gab eine kurze Schilderung dieser Ereignisse und zeigt zu gleicher Zeit, in welcher Weise die Gegner der Amendment Bill ihre Sache zu führen wissen. Wir geben ihn hier übersetzt:

»In der Mitte großer, allgemeiner Prosperität, gerade in einem Augenblick, wo zufälligerweise alle Parteien zufrieden sind und wo das Land von Reichtum und Unternehmungsgeist übersprudelt, enthüllt sich uns plötzlich eine Szene des Schreckens ohnegleichen in unserm wie in allen andern Ländern, und hinreichend, um einen Schatten über alles zu werfen, was wir genießen, und noch mehr über alles, was wir hoffen.

Ein Arbeitshaus wird entdeckt, dessen Bewohner, während sie die mühsamsten aller Arbeiten verrichten müssen, so spärlich und jämmerlich gefüttert werden, daß viele unter ihnen es sich zur täglichen Gewohnheit gemacht haben, das faule Mark aus den Knochen zu saugen, die man ihnen zum Zermahlen gab, und gierig die schwarzen eiternden Fasern abzunagen. Ein peinigender, unnatürlicher Hunger macht Halbverfaultes schmackhaft und läßt die armen Kreaturen sich schlagen und bestehlen um eine abscheuliche Speise, welche selbst Hunde nicht anrühren würden, nein, und welche Hunde wirklich bereits liegen ließen. Fuder von Pferdeknochen aus den benachbarten Schindergruben, welche die Hunde bereits abgenagt hatten, bis sie nicht länger nagen wollten, die dann monatelang aufgehäuft lagen, bis sie eine Masse der Verwesung waren, diese wurden in das Vereins-Arbeitshaus transportiert, die Luft mit Gestank erfüllend, so daß, wie uns versichert wird, die an der Straßenseite wohnenden Leute ihre Türen verschließen mußten, wenn der scheußliche Transport vorüberkam. Diese Pferdeknochen wurden dann mit ganzen Ladungen menschlicher Gebeine aus dem nahen Kirchhof zusammengeworfen, dessen enge und gedrängte Stätte noch mehr zusammengeschoben werden mußte, um den Grund zu einer neuen Kirche legen zu können.

Die Unglücklichen, welche eine solche schauderhafte Masse, die Reste der Beinhäuser und Schindergruben, bearbeiten sollen, sind so vom Hunger gepeinigt, so von ihrer Lage verwildert, daß sie, anstatt bei dem Material ihrer Arbeit krank zu werden, darüber herfallen, um sich daran zu sättigen, daß sie die Knochen aussuchen, wählerisch und kundig darin werden, einen Knochen mit viel von dem, was früher Mark war, unterscheiden, ihn ergreifen, sich darum prügeln, ihn verbergen, heimlich genießen und kaum zu dem allgemeinen Haufen zurückbringen. Und dies sind keine Verbrecher, nicht einmal eines Verbrechens Verdächtige; es sind bloß Unglückliche. Es sind Leute, welche bessere Tage gesehen haben, von denen manche einst begütert waren. Das Haus, worin diese Dinge vor sich gehen, ist ein neuerbautes, errichtet unter einem neuen Gesetze, unter einem energischen, schwungkräftigen Systeme. Die Hauptvorsteher desselben sind Beamte, in naher Verbindung mit den Räten der Königin und namentlich mit dem Minister des Innern. Die mehr unmittelbaren Verwalter bestehen aus einem Verwaltungsrate von Gentlemen, von Geistlichen und reichen Pächtern. Auch ist dies nicht die einzige ans Licht gekommene Scheußlichkeit jenes Arbeitshauses; die von der öffentlichen Mildtätigkeit Begünstigten sind zu gleicher Zeit ausgehungert und verderbt, und wenn man nur den zehnten Teil von der Zeugenaussage glauben will, so hält der Verwalter des Arbeitshauses abwechselnd die Lebensmittel zurück, um einen eignen guten Gewinn zu machen, und verschwendet sie wiederum an die Bewohner des Armenhauses, um einer niedrigen Lust zu frönen usw.«

Wir brechen ab; wir glauben, daß die Probe aus einem der ersten Blätter der Welt, aus der »Times«, hinreichen wird, um eine Illustration der englischen Arbeitshäuser zu geben und den Zorn zu rechtfertigen, mit dem der Arbeiter auf die Workhouses sieht, auf die von ihm sogenannten »Armen-Bastillen« und auf die Leiter des Systems, »die drei Teufelskönige von Somersethouse«.


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