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Die schwarze Uniform der beiden Regimenter ward nicht verändert; nur die mit Büchsen bewaffneten Jäger (rifle company) erhielten grüne Kolletts mit blauem Kragen, die Offiziere der Infanterie silberne, die der Kavallerie goldene Abzeichen. Das Material zu der Bekleidung und neuen Armatur ward von London aus dem Korps gesandt, woher auch die Offiziere ihre Tschakos und Säbel, freilich zu einem hohen Preise, empfingen. Mein Gehalt betrug täglich eine halbe Guinee (ca. 10 Mark 50 Pf.); außerdem wurden uns jährlich noch 20 Pfund sogenannte non effective allowances ausgezahlt. Ich war im 27. Lebensjahre, bekleidete den Grad eines Kapitäns, hatte eine Kompagnie, und meine Zukunft war gleichfalls gesichert.

Ich hätte jetzt mit meinem Lose zufrieden sein können, wenn nicht durch den Gedanken an mein unglückliches Vaterland und an die hilflose Lage der Meinigen im fernen Schlesien die sorgenfreie Gegenwart auf dem schönen Guernsey getrübt wäre. Wenn zuweilen die Musik ein altes, bekanntes Stück aus dem deutschen Vaterlande spielte, überfiel mich eine schmerzliche Sehnsucht nach der Heimat; Erinnerungen an dort so fröhlich verbrachte Stunden tauchten dann in mir auf und bewegten mein Herz.

An öffentlichen Lustbarkeiten, welche in St. Pierre stattfanden, nahm ich wenig teil, denn große Gesellschaften hatten mich nie angezogen. Die Bälle waren dort nichts weniger als unterhaltend, die Musik erbärmlich, nur wenige der Damen anziehend, die Tänzer ließen viel zu wünschen übrig. Dabei war es Sitte, mit derselben Tänzerin zwei Tänze hintereinander zu tanzen. Die englischen Offiziere sprangen und hüpften unbeholfen ihre Touren in einer Art Kontertanz ab. Sie dünkten sich mit den drei langen, schwarzen Bändern, welche über den Kragen auf ihren Rücken herunterhingen und beim Tanze wie Schiffswimpel horizontal in der Luft flatterten, nicht wenig elegant. Das Walzen kannte man damals noch gar nicht. Vieles Interesse gewährte mir meine Aufnahme in den Freimaurerorden, wozu die hier befindliche altschottische Loge Gelegenheit gab. Mein Vater war ein eifriger Maurer gewesen; seine geheimnisvollen und ehrerbietigen Äußerungen über den Orden hatten schon früher das Verlangen in mir rege gemacht, in denselben aufgenommen zu werden. Den Eintritt hielt ich bei der Verbreitung des Ordens über den ganzen Erdball für ein passendes Mittel, mit rechtlichen Männern überall enger bekannt zu werden und in bedenklichen Lagen des Lebens dem Brüder Mithilfe zu leisten. Die Aufnahme erfolgte; ich erhielt in kurzem drei Grade. Mehrere meiner Freunde ließen sich gleichfalls aufnehmen, welche Verbrüderung bald zu einigen engeren, vertrauten Zusammenkünften unter uns Veranlassung gab. Aber hierdurch entstand bei vielen Offizieren der Verdacht, daß wir uns der Maurerei zur Erreichung unserer Zwecke bedienen und förmlich eine Partei dadurch konstituieren wollten, weshalb wir eine Zeitlang viele Anfeindungen zu erdulden hatten. So manche Mißverhältnisse, welche im Februar 1810 in den beiden Regimentern entstanden, machten es wünschenswert, den Herzog zu vermögen, nach Guernsey herüberzukommen, um selbige auszugleichen und eine strengere Ordnung und Disziplin einzuführen. Kapitän von Lüder, ein feingebildeter, angenehmer Mann, ward diesem gemäß nach London gesandt. Sein Bericht über den Zustand des Korps, welchen er dem Herzoge unumwunden abstattete, hatte den besten Erfolg. Schon am 2. März langte der Herzog im Hafen von St. Pierre an. Mit kräftiger Hand griff er sogleich ein, ordnete die dringendsten Angelegenheiten und schlichtete, Eintracht wiederherstellend, die obwaltenden Zwistigkeiten. Sein so sehr Liebe und Zuneigung erweckendes Benehmen beseelte uns alle mit neuem Mute und Vertrauen. Er hielt es für notwendig, mehrere Änderungen in der Besetzung verschiedener Kompagnien vorzunehmen, wodurch auch ich berührt wurde. Die grüne Jägerkompagnie war, wie ich schon oben erwähnt, verwildert, und da, wie wir wußten, ihr früherer Führer, Kapitän von Döbell, an seinen bei Halberstadt erhaltenen Wunden nicht gestorben, sondern geheilt und nach Frankreich gebracht war, so hatte der Herzog ihn mit in die Liste aufgenommen und ihm die Kompagnie belassen, welche inzwischen ein junger Leutnant kommandierte, der jedoch die erforderliche Strenge gegen die Mannschaft nicht zeigte. Der Herzog hielt es daher für angemessen, sie der Führung eines andern zu übergeben, und die Wahl fiel leider auf mich. So ehrend dies Vertrauen immer war, so schmerzte es mich recht, meine bisherige Kompagnie, deren Anhänglichkeit und Zuneigung ich durch eine stets angelegentliche Vorsorge für dieselbe gewonnen hatte, jetzt zu verlieren. Meine Gegenvorstellungen halfen nichts, ich mußte mich fügen und an das schwere Werk gehen, durch Festigkeit, Beharrlichkeit und Strenge die so verwöhnte Mannschaft wieder in Ordnung zu bringen.

Der Herzog ließ während seiner Anwesenheit unser Regiment täglich exerzieren, wobei es denn oft tüchtige Zurechtweisungen gab. Eine Revue vor dem Gouverneur fand gleichfalls in dieser Zeit statt. Freilich erschien das Korps noch nicht völlig equipiert, da mehrere Kompagnien ihre neuen Montierungen sowie alle die neuen Tschakos bis dahin nicht erhalten hatten, doch bildete das Ganze keinen unimposanten Anblick. Die Kavallerie paradierte zu Fuß; die Form der Inspektionsabnahme war uns noch neu. Hinter einer Spitze von drei Dragoner- und drei Generalstabsoffizieren kam nach dem Platze der Gouverneur, von den übrigen Offizieren und einer Eskorte gefolgt, auf einem kleinen, feurigen, mit einem Halfter von breitem weißem Bande geschmückten Andalusier. Mit entblößtem Haupte hielt er vor der Front des Korps, bis der erste Teil des God save the King gespielt war; dann ritt er, nachdem geschultert, kurbettierend und traversierend auf 50 Schritt Entfernung ebenso längs der Linie hinunter und hinter der Front zurück, worauf im langsamen und geschwinden Schritt bei ihm vorbeimarschiert wurde. Als dieses geschehen, ließ er das Korps einen Kreis formieren und hielt eine Rede, die einer seiner Adjutanten, ein Deutscher, verdolmetschte, in welcher er uns einige freilich unverdiente Lobsprüche über die Fortschritte in unserm Exerzitium erteilte. Nachdem er die Leute gefragt, ob jeder seine kleinen Montierungsstücke (necessaries) und sein Traktament richtig erhalten, sich auch einige der ersteren hatte zeigen lassen, war die Revue beendet.

Der Herzog besuchte uns in den Baracken sehr oft, es nicht verschmähend, mit an unserm frugalen Tische zu speisen, und gab selbst häufig Diners, bei welchen unsere Musikbande beliebte Stücke, besonders deutsche, spielen mußte. Die Gespräche des Fürsten bei diesen Gelegenheiten verrieten nur zu deutlich, daß er noch fortwährend hoffte, wieder einmal in Deutschland gegen Frankreich kämpfend aufzutreten. War während der Unterhaltung von einem solchen Kriege die Rede, so verklärte sich augenblicklich sein Antlitz; seine großen Augen glänzten dann hell und feurig, und in seinen Mienen und Worten sprach sich der Eifer, ja die Begeisterung aus, in welche er dadurch sogleich versetzt wurde. Nachdem er beim Korps vier Wochen verweilt hatte, reiste er im Anfange April nach London zurück, uns beim Abschiede auf das angelegentlichste zur Eintracht und zur Applikation für den englischen Dienst ermahnend.

*

Schon oft hatten uns Gerüchte verkündet, daß wir bald Guernsey verlassen würden, als den 21. April plötzlich eine Order erschien, durch welche der Infanterie befohlen ward, sich zur Einschiffung bereitzuhalten. Wohin unsere Fahrt gehen sollte, war nicht gesagt worden. Einige der Kameraden meinten, nach Sizilien, andere, um eine Expedition nach der Ostsee zu unterstützen, noch andere, nach Portugal zu Lord Wellingtons Armee. Die Nachricht weckte zwar in uns Freude, denn sehnlichst wünschten wir in Tätigkeit zu kommen; sie setzte uns zugleich aber in nicht geringe Verlegenheit, da wir, teils durch die Anschaffung der neuen Bekleidung, teils auch durch die dargebotenen wohlfeilen Genüsse verleitet, uns alle in Schulden gesteckt hatten, welche vor dem Abgange bezahlt werden mußten. Und in England bezahlt nicht, wie der deutsche Soldat zu sagen pflegt, der Tambour. Kann der Offizier seine Verpflichtungen nicht erfüllen, so klagt der Gläubiger; das Zivilgericht beauftragt den Konstabler, den Schuldner zu verhaften, und wenn dieser mit seinem Stäbchen in des Königs Namen jemanden, selbst den Offizier im Dienst, berührt, muß er gehorchen und folgen. Das Regiment nimmt von seiner Verhaftung keine Notiz, es führt ihn als absent without leave (ohne Urlaub abwesend) auf; findet er sich aber binnen Jahresfrist nicht wieder ein und rechtfertigt sich nicht, so wird er ohne weiteres; aus den Listen gestrichen und als nicht mehr zum Regimente gehörig angesehen. Das wäre für uns ein übles Schicksal gewesen. Aber wir trösteten uns doch damit, daß bei der Einschiffung nach einer auswärtigen Station den Offizieren ein bedeutendes Einschiffungsgeld (einem Kapitän 42 Pfd. 10 Sh., einem Subalternen 8 Pfd. 10 Sh.), auch wohl der Gehalt für ein paar Monate vorgeschossen wird, welches erstere Geld, wie wir erfahren hatten, für uns angewiesen war und zur Auszahlung bereitlag. Aber wie vom Schrecken waren wir gelähmt, als am 6. Mai eine andere Order erschien, welcher gemäß das Korps nicht getrennt, sondern die Infanterie und Kavallerie nach Irland nur übergeschifft werden sollte, um die letztere alldort beritten zu machen. Diese neue Bestimmung des Gouvernements zerstörte mit einem Male unsere Hoffnungen. Jetzt war, sprichwörtlich zu reden, Holland in großer Not, denn von embarcation-money konnte nicht mehr die Rede sein. In dieser Not gab es nur ein Auskunftsmittel: gemeinschaftlich eine solidarische Anleihe zu dem Betrage von 1600 Pfd. für das Regiment zu kontrahieren. Dies gelang uns glücklicherweise durch Mitwirkung des Herzogs bei dem Bankier Bishop gegen monatliche Rückzahlung von 100 Pfd., wodurch wir denn aus unserer Not befreit waren. In der Nacht vom 26. zum 27. Mai segelten wir ab, das liebliche Guernsey, auf welchem wir fünf Monate verweilt hatten, für immer verlassend.

Das Regiment war auf die Transportschiffe Robert, The Brothers, Titus und Trafalgar verteilt, auf welchen dasselbe hinlänglichen Raum fand. Wir würden die Fahrt schnell beendet haben, wenn nicht eins jener Schiffe ein schlechter Segler gewesen und so zurückgeblieben wäre, daß wir oft die Segel einziehen, abends gar beilegen und auf dasselbe warten mußten. In der Stille der Nacht glitten dann die vier Riesenmassen hinter unserm Commodore, der Brigg Port Mahon, welche mit ausgehangenen Laternen die Bahn vorzeichnete, auf den dunklen Meereswogen langsam dahin. Den 28. fuhren wir in weiter Entfernung den Scillyinseln vorbei. Am Morgen des 30. erblickten wir die Küsten Irlands, und schon nachmittags liefen die Schiffe in den von zwei hohen Bergen eingeschlossenen engen Eingang des Hafens von Cork ein, welcher, von der Natur gebildet, einer der größten und tiefsten ist. Bei dem Flecken Cove Cork gingen wir vor Anker. So vielversprechend die pittoresken, reizenden Aussichten waren, die sich in steter Abwechselung vom Meere dem Auge darboten, so sehr wurden unsere Erwartungen herabgestimmt, als wir das Land betraten und in dem Flecken Cove neben einigen hübschen Häusern in schmutzigen Straßen einen Haufen von Lehmhütten fanden, deren hohläugige, abgerissene Bewohner mit Schweinen und Hühnern gemeinschaftlich in den unreinlichen Stuben lebten, Überraschungen, die schmerzliche Erinnerungen an das eben erst verlassene Guernsey erweckten. Nachdem den 31. morgens die Truppen ausgeschifft waren, traten sie noch an demselben Tage den Marsch nach der 21 englische Meilen entfernten Stadt Fermoy, ihrem Bestimmungsorte, an. Der Weg dahin wurde bald sehr einförmig; eine staubige Chaussee zog sich zwischen kahlen Bergen, langen Torfmooren und öden Steppen hin, in welchen ärmliche, mit Stroh bedeckte Lehmhütten ohne Fenster zerstreut lagen; nur selten erfreute uns der Anblick eines einladenden cottage oder gentleman-house mit seinem Parke. Die Ungewohnheit, der Staub und die Hitze, die Länge des Weges ließen den Marsch nur sehr langsam von statten gehen, so daß das Regiment erst gegen 11 Uhr abends in Fermoy anlangte. Die Stadt liegt in einem anmutigen Tale, an dem ziemlich breiten Flusse Blackwater. Sie besteht eigentlich nur aus einer einzigen gutgebauten Straße, um welche eine Menge Hütten herliegen. Auf dem nördlichen Ufer des Flusses, über den eine schöne, wohl über 100 Schritt lange steinerne Brücke führt, liegen auf einer Höhe die großartigen, dreistöckigen kings-barracks, ein offenes Karree bildend, dessen vierte Seite nach der Stadt zu durch eine Mauer geschlossen ist. Da aber dieselben noch englische Truppen innehatten, so mußten wir uns vorläufig wieder mit temporary barracks, d. h. schlechten und unbequemen Häusern, welche in der Stadt lagen, begnügen. Die Gegend längs dem Flusse ist hübsch und bietet einige romantische Partien und Spaziergänge dar, aber man durfte es nicht wagen, die Nähe der Stadt zu verlassen und weitgelegene Orte zu besuchen, da das Übelwollen der Einwohner Vorsicht erheischte. Selbst in der Stadt konnte man nicht ohne Gefahr die kleinen Straßen im Dunkeln betreten, in denen, wenn man sie am Tage durchschritt, die Bewohner lauernd und drohend aus ihren ärmlichen Hütten hervorglotzten; ward die Post doch beinahe in der Stadt angefallen. Diese so ungünstige Stimmung der Iren gegen das Gouvernement und Militär bewog mich, auch mein Vorhaben, weitere Ausflüge in das Land zu machen, besonders den reizendsten und romantischsten See Großbritanniens, den Cough Killarney, mit seinen vielen kleinen Eilanden zu besuchen, aufzugeben. Eine kleine Reise jedoch machte ich in Begleitung des Oberstleutnants Korfes, um dem Distriktsgeneral Graham zu Cork einen Besuch abzustatten. Cork ist eine ansehnliche, größtenteils schön gebaute Stadt, die zweite im irischen Königreiche, welche an 100 000 Einwohner zählt. Auch hier erregten wir durch unsere Kutkas, Bärte und Roßschweife das Staunen und den Humor von jung und alt; ein Schwarm von gaffendem Bettelvolk und schreienden Gassenjungen wich belästigend nicht von unseren Fersen. General Graham, Oberst Power, Major O'Brien zeigten sich uns äußerst zuvorkommend, ihre Bewirtung war vorzüglich. Ein anderer Ausflug war ein Ritt nach dem ungefähr 20 Meilen entfernten Mallow, woselbst der größere Teil unserer Kavallerie sein Standquartier hatte. Der Ort, welcher am Blackwater liegt, ist ein freundlicher, gutgebauter Flecken, der eine berühmte Heilquelle besitzt, die besuchteste in Irland.

Das Regiment lag jetzt vollständig in ebenso geräumigen als schönen kings-barracks, in welchen Zwei Subalternoffiziere, ingleichen jeder Kapitän ein großes Zimmer, ein Stabsoffizier deren zwei bewohnten. Das Zusammenliegen daselbst mit englischen Truppen, das tägliche Exerzieren neben denselben veranlaßte den Oberstleutnant Korfes, den Dienst mit vielem Eifer zu betreiben, um nicht zu sehr gegen sie zurückzustehen. Aber man vermißte in der Führung des Kommandos eine hinlängliche Energie und Ausdauer; die Fortschritte, welche wir machten, waren nicht befriedigend, und ungeachtet alles Antreibens des Brigadiers, Generals von Bock, im Üben des Dienstes blieb die Ausbildung des Regiments nur unvollkommen. Die von jenem häufig angeordneten Paraden, Inspektionen und Revuen erwarben sich nicht immer den vollen Beifall des Generals. Leider zeigte sich die Mannschaft, obwohl sie geräumig und gut in den Baracken lag, auch sich ihre Verpflegung wohlfeil beschaffte, dennoch unzufrieden. Viele begingen so grobe Exzesse, daß wir uns endlich nach langem Widerstreben genötigt sahen, zu öffentlichen Stripsparaden unsere Zuflucht zu nehmen. Sogar Desertion fing an sich zu zeigen. Wohin jene Ausreißer in einem vom Meere ganz umgebenen, vom Kontinente damals völlig abgesperrten, ihnen in Sprache und Sitte fremden Lande sich begeben konnten, war beinahe unbegreiflich; wahrscheinlich gingen sie nach den Seehafen, um sich dort auf einem Schmuggelschiffe zu vermieten und von diesem bei günstiger Gelegenheit ihre Rückkehr nach Deutschland zu versuchen. Doch auch die englischen Regimenter litten in Irland viel durch Desertion; der Polizeianzeiger in Dublin (The Public Hugh and Cry) vom 8. September 1810 enthielt die Namen von 157 Soldaten, die vom Monat April bis August jenes Jahres desertiert waren. Und es schien das Leben vieler Offiziere sich wieder so wie auf Wight und Guernsey zu gestalten. Duelle waren an der Tagesordnung; sie hatten jedoch immer nur mehr oder minder schwere Verwundungen zur Folge. Ich wohnte anfangs mit einem Teile dieser meiner Kameraden in einer Baracke; unsere Zimmer lagen längs eines Korridors, nach welchem hin die Türen sich öffneten. Eine sonderbare Unterhaltung dieser Herren war, daß sie zuweilen des Abends bei einem Glase Wein in einem der größten Zimmer mit Pistolen nach einer Scheibe schossen, so daß die Kugeln durch die Tür über den Korridor flogen und man daher nur mit einiger Vorsicht zu seinem Zimmer gelangen konnte. Da ich nicht gern an solchen Vergnügungen teilnehmen mochte, so suchte ich bald eine andere Wohnung und trennte mich von der mir so wilden Welt. Die Nachsicht, welche Korfes zeigte, hatte aber auch auf die übrigen Dienstzweige keinen günstigen Einfluß. In den aufgestellten Listen, Eingaben, Berechnungen herrschte oft Verwirrung. Der Regimentsadjutant barg sein ganzes Bureau in einer alten, hölzernen Kiste ohne Deckel, die er, wenn er ein Papier suchte, umstürzte und unter der Masse von herauspolternden Dienstpapieren, Noten, Blumen, Spielkarten, Privatbriefen herumwühlte und nicht selten vergebens suchte. Einst vermaß er sich, da er glaubte, den Ort zu kennen, wohin die Deserteure ihren Weg nahmen, wenn wieder einer fortginge, ihn gleich zurückzubringen. Als sich dieses bald darauf ereignete, setzte er sich zu Pferde und ritt im Galopp von dannen. Nach einigen Tagen kehrte er erschöpft, ohne den Entflohenen eingeholt zu haben, zurück. Derselbe ward bald nachher eingebracht; bei seinem Verhör sagte er aus, daß er wirklich den Ort erreicht gehabt hätte, welcher von unserm Adjutanten als der Schlupfwinkel der Ausreißer bezeichnet worden war. Ersterer behauptete zwar, daß die Angabe unwahr sei, indem er den Weg dahin genau überwacht habe, auf welche Entgegnung der Deserteur erwiderte, daß es sich dennoch so verhalte, er habe ja vor der Tür des Wirtshauses gesessen, als der Herr Adjutant dort angekommen und abgestiegen sei und ihm sogar das Pferd zum Halten gegeben. Dieses erwies sich auch bald. – Der Zahlmeister Frotté war ein guter Kamerad und angenehmer Gesellschafter, aber höchst unordentlich und seinem allerdings weitläufigen und verwickelten Geschäfte nicht gewachsen. Er sprach das Französische gut, das Englische ziemlich, das Deutsche sehr schlecht. An die Stelle des Quartiermeisters O'Hehier kam ein junger Deutscher, Bayer, von der Insel Rügen gebürtig, welcher indes auch bald von uns schied. Eine niederschlagende Nachricht teilte der Herzog uns von London in dieser Zeit mit: daß das Gouvernement kein Avancement im Korps genehmigen wolle, bevor nicht alle auf half pay gesetzte« überzähligen Offiziere einrangiert seien; wir befanden uns diesem nach in der nicht angenehmen Erwartung, noch einige Kavallerieoffiziere, besonders Kapitäne, in die Infanterie eingeschoben zu erhalten; doch gab das Gouvernement endlich nach, und es avancierten zwei Leutnants zu Kapitänen, unter ihnen mein inniger Freund Wolffradt. Endlich, nach langem Harren, erhielt ich einen Brief von den Meinigen aus Schlesien, der mir eine nicht zu schildernde Freude gewährte. Freilich befanden sie sich noch in sehr bewegten Verhältnissen, aber sie waren doch wohl und hatten meine an sie von Wight und Guernsey abgesendeten Briefe und Spenden erhalten. Mein Bruder drückte den sehnlichsten Wunsch aus, mir nachkommen zu dürfen; gern würde ich ihm hierin gewillfahrtet haben, da sich bei uns genug Aussicht für sein Fortkommen darbot, wenn ich nicht Bedenken getragen hätte, die gute Mutter ganz allein zu lassen.

Mit den Offizieren der englischen Truppen und selbst mit den deutschen der hier liegenden Dragonereskadrons der Legion kamen wir, ungeachtet des nahen Zusammenlebens, wenig in Berührung. Von den oft stattfindenden Bällen, die, soviel ich vernahm, sehr langweilig sein sollten, hielt ich mich teils aus Mangel an Neigung dazu, teils wegen der Kosten fern. Im Kreise einiger gleichgesinnter Freunde fühlte ich mich zufrieden.

Unser Husarenregiment erhielt auch in dieser Zeit die ersten Pferde; da es aber immer noch ein Jahr dauern durfte, ehe dasselbe marschfertig sein konnte, und bei der fortdauernden Vereinigung mit selbigem auch uns ein so langer Aufenthalt hier bevorstand, so richtete ich mich recht wohnlich ein, kaufte Bücher und Zeichenmaterialien, studierte Mathematik und neuere Sprachen, um meine Zeit nützlich und angenehm hinzubringen. Aber ich hatte mich getäuscht, denn am 8. August erschien plötzlich der Befehl, daß das Infanterieregiment sich zur sofortigen Einschiffung nach Lissabon bereithalten sollte. Eine allgemeine Freude hierüber verbreitete sich unter uns allen, denn jener so sehnliche Wunsch, in ordentliche Tätigkeit uns wieder versetzt zu sehen, ging endlich, nach langem Hoffen, in Erfüllung. Die Nachricht von der Ankunft der Transportschiffe langte am 2. September an, und den 4. desselben Monats nachts 12 Uhr brachen wir in zwei Kolonnen geteilt nach Cove Cork auf, welches wir um 11 Uhr morgens des folgenden Tages erreichten.

Die Boote warteten bereits auf uns; in einer halben Stunde war das Regiment auf vier Schiffen: Wolga, Francis and Eliza, Ellert und Voyager ziemlich bequem embarkiert. Wir hatten darauf gerechnet, die embarcation-allowances und einen zweimonatlichen Gehalt, wie es gebräuchlich ist, vor der Einschiffung zu empfangen, um von einem Teile dieser Summe einen Stock zum Einkaufe von Lebensmitteln zu bilden. Der Zahlmeister Frotté war deshalb kurz vor unserm Abmarsch aus Fermoy nach Cork zur Empfangnahme dieses Geldes gegangen, hatte aber, um solches zu erhalten, die dazu nötigen Vorschritte zu tun versäumt. Mit einer wahren Sehnsucht harrten wir seiner, als das Regiment in Cove Cork angekommen war. Er ließ sich indes nicht sehen, und erst in dem Augenblick der Abfahrt kehrte er mit der tröstlichen Nachricht zurück, daß wir in Lissabon das Geld noch empfangen würden. Wir konnten daher nur einen äußerst dürftigen Stock anlegen.

Am 7. morgens lichteten unsere Transportschiffe die Anker, von der konvoyierenden Fregatte geführt. Ein frischer Südost begünstigte die Fahrt; schon am 10. abends kündeten die sich hochtürmenden, rollenden Wogen uns an, daß wir die Bai von Biscaya erreicht hatten, die selbst der Kapitän und Steuermann als eine very troublesome sea bezeichneten. Immer mehr nahm jetzt das Schwanken des Schiffes zu, endlich warf es sich fortwährend von einer Seite zur andern, so daß die Segelstangen jedesmal ins Meer tauchten. Diese Bewegung wird rolling genannt, wogegen die, wo Vorderteil und Hinterteil abwechselnd sich hoben und sanken, pitching heißt. Die ganze Nacht wurden wir in unseren Schlafstellen hin- und hergeworfen, und als ich am 11. morgens das Verdeck bestieg, bot sich mir ein grauenvoll-erhabener Anblick dar. Der Himmel war trübe, ein starker Wind heulte aus Westen, hohe Wogen türmten sich um uns her, auf deren schäumenden Flächen die Schiffe gleich Nußschalen tanzten. Alle Segel bis auf zwei waren eingezogen, und dennoch legten wir 9 bis 10 Meilen in der Stunde zurück. Zuweilen überfiel mich ein gewisses Bangen, wenn einer der hohen Wasserberge, die uns überall umgaben, wie eine senkrechte Wand auf das Schiff heranbrauste, dasselbe auf die Seite legte und darüber hinzustürzen drohte, aber im Augenblick der Berührung sich ebnete und das Schiff daran hinaufglitt; wir sahen dann von der schwindelnden Höhe hinab in die Abgründe und glitten auf der anderen Seite wieder in die Tiefe. Endlich am 12. morgens wurden Wind und Wellen schwächer, das Schaukeln geringer, und schon eine mildere Temperatur empfing uns. Den 14. morgens zeigte sich im Osten Land; vor uns lagen die kleinen, felsigen Borlingsinseln, zwischen denen und der Küste unsere Schiffe wegen der eingetretenen Windstille erst gegen Abend zu fahren imstande waren. Den 15. um Mittag hatten wir die Höhe des Kap Roca, eines unweit der Mündung des Tajo liegenden Vorgebirges, erreicht. Bei einem frischen Winde wären wir nun in drei Stunden im Hafen von Lissabon gewesen; aber nicht ein Lüftchen regte sich, das Meer war glatt wie ein Spiegel, das Schiff haftete mit schlaffen Segeln auf einer Stelle, und wir gaben die Hoffnung auf, noch vor Anbruch der Nacht einzulaufen und somit eine der prachtvollsten Ansichten der Welt, welche nach allen Beschreibungen jene Einfahrt in den Hafen der Hauptstadt des portugiesischen Königreichs darbietet, zu genießen. Mißmutig über diese getäuschte Erwartung, ordnete ich eben in der Kajüte meine Effekten zur Ausschiffung, als ich über mir ein Gepolter, Prasseln und Rufen vernahm. Ich eilte schnell aus der Kajüte. Auf dem Verdeck erfuhr ich, daß ein junger Offizier vom Regimente, Leutnant von Unruh, sich soeben von der Galerie, auf welcher er eine geraume Zeit gedankenvoll umhergegangen sei, plötzlich ins Meer gestürzt habe. Einige Matrosen sprangen sogleich dem Unglücklichen nach; ein Boot, in welchem leider ein großer Teil unserer Fayence sich befand, ward schnell herabgelassen. Kaum war aber der Lebensmüde im Wasser untergetaucht, als er wieder emportauchte und mit allen Kräften zu rudern anfing, welches unseren menschenfreundlichen Matrosen bei dem ruhigen Meere sehr zustatten kam. Es gelang ihnen, unseren Kameraden bald zu retten. Hätte er seiner Verzweiflung in der Bai von Biscaya Raum gegeben, so wäre der Vorsatz besser gelungen, denn dort gab es keine Rettung. Indessen hatte der Schrecken und die furchtbare Taufe bei ihm ein Delirium zur Folge, so daß ich ihn sorgfältig bewachen lassen mußte.

Zu unserer Freude fingen nachmittags plötzlich die Wellen sich zu kräuseln an, ein frischer Nordwest schwellte die Segel, pfeilschnell umschifften wir jetzt den hart am Gestade liegenden Flecken Cascaes und liefen zwischen den beiden Forts Bugio und dem S. Julião in den von unzähligen Schiffen bedeckten Tajo ein, im Hintergrunde das amphitheatralisch gebaute Lissabon, von seinem Kastell überragt, erblickend. Ein tausendfacher Donner folgte den Salutschüssen unserer Fregatte und der Forts. Der deutsche Zuruf: »Willkommen, Braunschweiger!« erscholl von den Wällen S. Juliãos, dessen Kommandant ein Deutscher mit Namen Cleves war, und durchzuckte elektrisch unsere Brust. Das Gestade zeigte sich dem Auge in unendlicher Mannigfaltigkeit. Felsen und lange Küstenbatterien wechselten mit Weingärten, Lorbeeren-, Kastanien-, Myrten- und Orangengebüschen ab; Quintas (Villen), Gärten, Dörfer und Flecken, von dem magischen Lichte einer südlichen Sonne bestrahlt, belebten den wunderbaren Anblick. Um fünf Uhr warfen wir dicht unter dem Kastell Anker; eine Unzahl von Booten, in denen die schönsten Trauben, Melonen, Feigen, Pfirsiche aufgehäuft lagen, umschwärmten unsere Schiffe. Für einen Schilling erhielten wir eine große Menge dieser labenden Früchte. Sehnsüchtig eilte ich mit Kapitän von Hertell und Leutnant von Eschwege, welcher letztere seinen Bruder, den bekannten Geologen, aufsuchte, in die Stadt, von welcher wir wegen der schon eingebrochenen Dunkelheit zwar wenig sahen, doch durch die Geruchsnerven genug empfanden. Mit Mühe erfragten wir die Prada de S. Paulo und das in derselben gelegene Hotel Casa Allemanja, an welches von Eschwege adressiert war. Obgleich ich schon in Irland mich mit der spanischen und portugiesischen Sprache zu beschäftigen angefangen hatte, so wollte meine so schön auswendig gelernten Phrasen doch niemand verstehen. Auf alle Fragen erhielten wir nur das »No entiendo« zur Antwort. Ärgerlich hierüber beratschlagten wir in deutscher Sprache, was zu tun sei, als ein kleiner, neben uns stehender Junge rief: »Wenn Sie, meine Herren, Deutsch können, so sprechen Sie doch Deutsch; hier im Hause sind lauter Deutsche!« In demselben Augenblick trat der Wirt zu uns und präsentierte sich als Herr Lohmeyer aus Böhmen; seine Frau war gleichfalls eine Deutsche. Zur Rückkehr nach den Schiffen war es schon zu spät und finster geworden, wir beschlossen daher, bei unserm deutschen Gastwirt die Nacht zu bleiben. Nach einem reichlichen, schmackhaften Mahle glaubten wir in den guten Betten eine langentbehrte, sanfte Ruhe zu finden, aber das ungewohnte Geräusch auf dem Platze, die rasselnden Wagen, das Geklapper der Kavalleriepatrouillen, noch mehr aber die Blutgier einer Legion brauner, sechsfüßiger Springer ließ uns Müden keinen Frieden. Wir brachten die Nacht meist schlaflos zu.

Mit Hilfe einer großen Anzahl von Booten der englischen Kriegsschiffe, welche im Tajo lagen, geschah die Ausschiffung des Regiments am Nachmittage des folgenden Tages an der Praça do Comercio binnen einer Zeit von kaum zwölf Minuten. Nachdem das Regiment sich formiert hatte, trat dasselbe bei der brennendsten Sonnenhitze den Marsch nach dem Kastell langsamen Schrittes an. Der Weg führte zuerst durch die schöngebaute, lange und gerade Rua aurea; unsere Uniform erregte viel Aufsehen; alle Balkons, deren entweder jede Etage einen fortlaufenden oder jedes Fenster seinen eigenen hat, waren mit Damen, welche bunte Sonnenschirme trugen, angefüllt. Ich durfte es aber nicht wagen, in die Höhe zu sehen, um ihre Reize zu bewundern, da ich die Augen zu sehr auf den Boden zu richten genötigt war, denn die unzähligen Kothaufen, die auf dem Wege lagen, mußten mit Anstand überschritten werden. Nachdem wir über die Rua aurea marschiert waren, ging es durch ein Labyrinth von engen, krummen, unebenen Gassen, in welchen uns die pestilenzialischen Gerüche in mannigfachen Abwechselungen aus allen Ecken entgegenströmten. Endlich erreichten wir das Kastell, welchen Namen jedoch dasselbe nicht mehr verdient, indem es durchaus weder Wälle noch Mauern hat, auch auf der einen Seite mit Häusern und Straßen dicht zusammenhängt und nur aus einem großen, alten, verfallenen Gebäude – wie es mir schien, einem königlichen Schlosse – und einigen hölzernen Schuppen besteht. Es liegt aber in einer bedeutenden, nach der Stadt hin beinahe senkrechten Höhe und gewährt eine entzückende Aussicht auf Stadt und Hafen und die ganze Umgegend, welche das gegenüberliegende Ufer und der Ozean umsäumen. An Wasser litt dasselbe sehr, daher eine Menge Gefangener, deren zwölf immer an eine lange Kette paarweise geschlossen waren, mit kleinen Tonnen auf den Schultern vom Morgen bis zum Abend solches hinaufschleppte. Unserer Mannschaft wurden in dem alten Gebäude lange Räume, welche weder mit Tischen noch Bänken oder anderen Gerätschaften versehen waren, angewiesen; eine jede Kompagnie erhielt vierzehn Decken, welche in Vereinigung mit Tornister und Mantel zur Lagerstätte dienten. Die Offiziere erhielten Quartierbilletts. Auf dem meinigen fand ich die brillanten Namen: Senhor Estaniello Francesco de Silva, Rua nova de Santa Manuele, Nro. 9. Mit Mühe kundschaftete ich die Straße aus. Es war ein kleines, schmutziges Gäßchen, aber alle Häuser in demselben trugen die Nummer 9. von einem ward ich zum andern gewiesen, nach langem Fragen fand ich das rechte. Mein Wirt, ein alter, gutmütiger Herr, wies mir ein freundliches Zimmer mit einem Bette an, und seine Töchter, deren er fünf hatte, bemühten sich, mir den Aufenthalt in ihrem Hause so angenehm als möglich zu machen. Mit Hilfe der Pantomimik und mehrerer spanischer, portugiesischer und lateinischer Brocken verständigten wir uns ziemlich miteinander. Die Verpflegung unserer Mannschaft mit Fleisch, Brot und Wein kam erst nach großen Weitläufigkeiten zustande und geschah oft höchst unregelmäßig. Der Hauptmangel in dem Regimente aber war das Geld, der pay-master general verweigerte die Zahlung, weil wir schon in England alles empfangen haben sollten, und wir mußten uns einstweilen mit kleinen Vorschüssen behelfen, die nicht hinreichten, unsere Feldequipage gehörig zu vervollständigen. Unser Zahlmeister Frotté hatte den Fehler begangen, in Irland einen Wechsel von 8000 Pfd., den ihm der Agent zur Zahlung der Feldzulagen und eines zweimonatlichen Gehalts für das Regiment gegeben, in dem Glauben zurückzuschicken, daß er auch hier das Geld werde empfangen können. Der Generalzahlmeister weigerte sich aber, ohne Vollmacht des Kommandanten irgendeine Zahlung zu leisten, und da letzterer die Zahlrollen zu fidemieren gleichfalls Anstand nahm, so mußte nach langen Diskussionen erst an Lord Wellington berichtet und um dessen Genehmigung zu der Auszahlung der Gelder nachgesucht werden. Diese Zögerung vermehrte den Mißmut der Mannschaft sehr, wozu noch das Liegen derselben auf dem bloßen Fußboden und das Aufrollen ihrer Mäntel an jedem Abend kam, welches schon Murren genug erzeugt hatte. Die Offiziere befanden sich in noch fast üblerer Lage, da sie, entblößt von allen Geldmitteln, es nicht vermochten, sich für das Feld einzurichten und Lasttiere anzuschaffen. Laut gaben sie ihr Mißvergnügen oft gegen Korfes und Frotté zu erkennen, und viele wollten letzteren hängen, köpfen, spießen und braten. Frotté blieb aber bei allen Vorwürfen in philosophischer Ruhe, jedem antwortend: »Ich wünschte, Sie wären Pechmeister!« (pay-master.) – Indes gelang es ihm zuletzt, eine Anleihe zu machen und uns einige Vorschüsse zu geben. Ich kaufte mir sofort einen vortrefflichen Esel für meine Bagage und einen behenden Pony für meinen Gebrauch.

Endlich erschien die Order zum Aufbruch. Nachdem das Regiment am 5. Oktober noch eine Parade auf dem Inquisitionsplatze gehabt hatte, marschierte dasselbe von dort sogleich nach der Praça do Comercio, an deren Kai die Boote der englischen Schiffe bereitlagen, um uns auf dem Tajo nach Villafranca zu bringen. Am 10. wurden wir bei Sirol der leichten Brigade der vierten englischen Division, welche erstere General Packenham, letztere General Cole kommandierte, zugeteilt. Und jetzt beginnt mein Feldleben im englischen Kriegsdienst; ich scheide hier von dem freundlichen Leser.


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