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Siebzehntes Kapitel.
Beschluß

Im Sommer, als rings auf den Höhen der Ginster blühte, hielt Rotmar von Mürlenbach seinen Brautlauf mit Hildegard. Bei der feierlichen Einsegnung in der mit einem Notdache gedeckten Abteikirche zu Prüm waltete Farabert zum letzten Male seines Amtes als Abt. Er selbst verkündete den Neuvermählten, den aufhorchenden Hochzeitsgästen und den Brüdern, daß von den Waltboten des Königs Arnulf der königliche Wille überbracht worden sei, der Neroth und Kastellum zwar dem Grafen von Mürlenbach zusprach, das Kloster aber durch Fischereigerechtigkeiten an der Mosel und reiche Weinberge am Rhein entschädigte.

Und diesmal kam kein fremdes Kriegsvolk nach Sarbodesdorf und aß der trefflichen Schaffnerin Falada die Braten weg, die sie eigens für Rotmar so schön braun geröstet hatte.

Farabert, durch die furchtbaren Schicksale des Winters erschüttert, zog sich in das Kloster Sankt Maximin in Trier zurück, um die letzten Tage seines Lebens als einfacher Mönch dem Herrn zu dienen.

Die Brüder erwählten Regino, den Sangeskundigen, zu ihrem Abt, und dieser schor mit eigener Hand dem blinden Hug von Lothringen das gebleichte Haar vom schuldigen Scheitel, als er ihn zum Mönche des Klosters weihte.

Kein Wort vernahm man mehr von dem Blinden, in freiwilliger Stummheit verharrte er bis an seinen frühen Tod.

Die Übungen verrichtete er, wie die Regel des heiligen Benediktus es erforderte, aber kein Mensch hat je erfahren, ob er Reue im Herzen nährte oder mit seinem Gotte haderte.

Das Paar auf Mürlenbach lebte lange und glücklich bis in ein ehrwürdiges Alter. In steter Waffenbereitschaft hielt der Graf Männer und Burgen, und vor allem erzog er die kräftigen Söhne, die Hildegard ihm geschenkt hatte, zu wackeren Rittern; Isenbrandt half ihm dabei.

Aber seitdem zeigte sich kein Normanne mehr in deutschen Landen.

Viele Geschlechter lebten und bauten noch auf der Burg Mürlenbach, später ist sie sogar einmal in den Besitz des Klosters Prüm gefallen, heutigen Tages aber liegt sie längst in Trümmern. Ebenso zerbröckeln die Mauerreste von Neroth und Kastellum auf ihren Höhen in blauer Einsamkeit. Das alte Burghaus in Bettingen ist verschwunden, und die Klostergebäude zu Prüm sind längst durch andere ersetzt und anderer Bestimmung zugeführt. Das kühne Geschlecht der Mürlenbacher ist erloschen, wie das von Vianden und Sarbodesdorf; aber alle die Dörfer stehen noch da wie einst, Mürlenbach und Bettingen, Neroth, Wallersheim und Birresborn und wie sie alle heißen mögen. Da leben und blühen noch wie vor tausend Jahren die alten Namen fort.

Und wenn du an schönem Sommertage hindurchziehst durch all die Eifeldörfer auf fröhlicher Wanderung nach Prüm, der Stadt, und das frische und tätige Treiben auf den Gassen grüßt dich und die Berge stehen daneben noch aufrecht mit ihrem Waldkranz wie vor tausend Jahren, dann winken die alten Zeiten aus der Ferne, und du fühlst, wie der Kreis der Jahrhunderte sich schließt. Die Burgen sind verfallen, die Hütten erstehen immer aufs neue, die Geschlechter der Grafen und Herren sind ausgestorben, die Bauernschaft aber, die uns alle nährt, bleibt immer jung und lebendig.


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