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18. Kapitel. Die Heimat ruft

Im Norden schmolz der Schnee, und die ersten Schneeglöckchen wagten sich schüchtern aus dem Erdreich. Drunten im Süden aber, wo Professors Zwillinge jetzt zu Hause waren, blühten die Frühlingsblumen schon in üppigster Fülle. Jeder Winkel, jede Mauernische war mit bunten Blüten überwuchert. Der Winter war vorüber, und man hatte in Italien gar nicht gemerkt, daß er überhaupt dagewesen war.

Keine Eisbahn, keine Rodelbahn, kein Skigelände. Nein, es war wirklich nicht viel los in Italien, fand Herbert. Nur die herrlichen Apfelsinen, die man sich von den Bäumen selbst pflücken konnte wie im Herbst die Weintrauben, söhnten die deutschen Kinder für den Verzicht auf die Winterfreuden aus.

In der Schule gehörten sie allmählich zu den besten Schülern – Herbert durch seine Begabung, Suse durch ihren Fleiß und ihre Gewissenhaftigkeit. Sie hatten viele Freunde und Freundinnen. Alle, Lehrer wie Schüler, mochten die netten deutschen Kinder gern. Sie sprachen jetzt vollständig italienisch und machten keine orthographischen Fehler mehr. Französisch sprach die Suse durch die tägliche Übung mit Ritas Mademoiselle beinahe ebenso fließend. Da war es Herbert, der von der Schwester lernte.

Auch im Klavierspiel hatte sie den Bruder überflügelt. Sie spielte bereits aus italienischen Opern, besonders aus dem Troubadour, ganz allerliebst, während Herbert immer noch in seiner Klavierschule herumkrebste.

Zur Belohnung für Suses Eifer gingen Vater und Mutter mit den Kindern in die italienische Oper, zum Troubadour. Herbert mußte natürlich auch mit. Ohne ihren Zwilling hätte die Suse doch gar kein Vergnügen gehabt.

Zum erstenmal waren die Kinder in einem richtigen Theater. Sie hatten zwar schon früher mal in Berlin zu Weihnachten Frau Holle gesehen. Aber das war eine Kinderaufführung gewesen.

Hier saßen lauter große Leute in schönen Kleidern im Zuschauerraum und stolz darunter Professors Zwillinge. Die Musik war herrlich. Herbert und Suse kannten bereits die Hauptmelodien. Wenn nur nicht eine Zigeunerin darin vorgekommen wäre. Vor der hatte Suse wieder mal Angst. Sie hielt sich fest an Muttis Arm, im Fall es der Zigeunerin vielleicht einfallen sollte, auch sie zu rauben. Als aber dann »lodernde Flammen zum Himmel emporschlugen«, hörte man plötzlich mitten in der schönen Arie, der das Publikum in atemloser Stille lauschte, eine weinende Kinderstimme laut rufen: »Nein – nein. Sie sollen sie nicht auf dem Scheiterhaufen verbrennen, wenn sie auch eine Zigeunerin ist! Vatichen, erlaube es doch nicht, daß die arme Zigeunerin verbrannt wird.«

» Silenzio – Ruhe!« rief man von allen Seiten, ärgerlich über die Störung. Nur ein kleiner Teil des Publikums, der Deutsch verstand, meist den Süden besuchende Fremde, lachte über das aufgeregte kleine Mädchen, das die Opernaufführung für Wirklichkeit nahm.

Frau Professor Winter verließ mit dem weinenden Suschen schnell das Theater, damit die Aufführung nicht noch einmal durch ihr Töchterchen gestört würde. Herbert blieb mit dem Vater bis zu Ende – er war ja auch zwei Stunden älter.

Ostern zog ins Land und mit dem Osterfest wieder ein Strom von Reisenden nach Italien. Ein ganzes Jahr war vergangen, seitdem Professors Zwillinge ihren Einzug in Neapel gehalten hatten.

Da rüstete Onkel Ernst, der den Winter bei Professors in Italien zugebracht hatte, zur Heimkehr nach Deutschland. Seine Doktorarbeit über Pompeji war vollendet; nun wollte er daheim in Freiburg das Examen ablegen.

Betrübt half Frau Professor dem Bruder beim Packen seines Koffers.

»Mich treibt es auch in die deutsche Heimat zurück, Ernst. Ich wünschte, wir könnten dich begleiten. So schön es hier in Italien auch ist, wir sind zu tief mit dem Norden verwurzelt. Ich sehne mich hier unter Palmen und Zypressenhainen nach unserm deutschen Frühlingswald.«

»Vielleicht folgt ihr mir bald nach«, tröstete der Bruder.

»Das glaube ich nicht. Mein Mann vollendet ja in diesen Tagen seine Arbeit in Rom. Aber er ist im Begriff, einen neuen Vertrag mit der Vatikan-Sternwarte dort einzugehen, der ihn wieder für ein ganzes Jahr an Rom binden würde. Es ist eine interessante und ehrenvolle Aufgabe. Da müssen natürlich meine persönlichen Wünsche schweigen. Ich lasse meinem Manne gegenüber nichts davon verlauten.«

»Werdet ihr denn in diesem Fall in Neapel wohnen bleiben?«

»Sicherlich nicht. Wir müßten dann auch nach Rom übersiedeln. Es erscheint uns auch nicht wünschenswert, die Kinder, die nun erst seit kurzem festen Boden hier in ihren Schulen gewonnen haben, so schnell wieder herauszureißen. Ja, wenn es nach Deutschland zurückginge. Aber sie in neue italienische Lehranstalten einzuschulen, wo sie wieder ganz fremd sind, halte ich nicht für richtig. Ganz abgesehen davon, daß es im Sommer in Rom unerträglich heiß ist. Es fehlt dort die frische Seeluft wie hier in Neapel.«

»Dafür habt ihr die herrlichen antiken Stätten, durch Geschichte und Kunst geweiht, in unmittelbarer Nähe.«

»Freilich – aber wir würden während des Sommers nicht in Rom bleiben, sondern im Gebirge, wahrscheinlich in Frascati, Sommerwohnung beziehen. Da kann Paul auch nur über den Sonntag zu uns herauskommen.«

»Das wird sich schon alles finden, Fränze. Denn erstens kommt es immer anders und zweitens, als man denkt«, scherzte der Bruder.

Onkel Ernst war abgereist, mit einem Sack voller Grüße an die Großeltern in Freiburg und an die liebe deutsche Heimat. Die Zwillinge hätten sich am liebsten mit in Onkel Ernsts großen Koffer packen lassen. Erst durch des Onkels Abreise wurde es ihnen wieder bewußt, daß sie weit, weit fort von ihrer Heimat waren.

Die Kinder kamen schneller über das Gefühl des Heimwehs hinweg als ihre Mutter. Da gab es allerlei Neues, was sie über die Leere, die nach Onkel Ernsts Abreise eintrat, hinwegbrachte. Wenn der lustige Onkel ihnen auch arg fehlte.

Mija, Suses lustiges Kätzchen, war eine würdige Mama geworden. Sechs allerliebste Katzenkinder lagen eines Tages in einem Körbchen. Sie waren ganz das Ebenbild ihrer lieben Mama.

»Mutti, Muttichen – ich bin Katzengroßmama geworden; Mija hat süße kleine Kätzchen gekriegt, alles Zwillinge wie wir.« Jubelnd lief Suse zur Mutter.

»Sechslinge sind das und keine Zwillinge«, verbesserte sie Herbert sachlich. »Pietro will sie alle sechs ersäufen.«

Suse blickte den Bruder mit so entsetzten Augen an, als ob sie selbst ersäuft werden sollte.

»Nein, nein, Muttichen, liebes Muttichen, erlaube doch nicht, daß Pietro meinen süßen Kätzchen was tut.« Suse schluchzte herzbrechend. Kampfbereit stellte sie sich vor den Katzenkorb, als gelte es, sogleich ihre Lieblinge zu schützen.

Die Mutter beruhigte das aufgeregte Kind und versprach, bei Pietro ein gutes Wort für die jungen Katzen einzulegen. Das war aber gar nicht nötig. Als Pietro erfuhr, wie sehr seine kleine Freundin sich über seine mörderischen Absichten grämte, ließ er selbst davon ab. Denn er hatte Suse, die ihm so schön im Garten bei den Blumenbeeten half, ganz besonders in sein Herz geschlossen. Die Kätzchen wurden nicht ersäuft, sondern verschenkt. Eins bekam Rita von ihrer Freundin Suse verehrt und war selig damit. Mademoiselle und Ritas Tante freuten sich allerdings weniger über den Familienzuwachs.

Ein schneeweißes Kätzchen mit rosenrotem Schnäuzchen und grasgrünen Augen, das schönste von allen, aber durfte Suse selbst behalten. Sie gab ihm süße Milch zu trinken und schützte es vor Überfällen des eifersüchtigen Bubis.

Um ihre Puppe, die Schwarzwald-Lotti, kümmerte sich Suse überhaupt nicht mehr, seitdem sie Katzengroßmutter geworden.

»Herbert hat recht, Puppen sind dumm und leblos. Solch ein Kätzchen ist viel drolliger«, sagte sie und hätschelte die Kleine – die » Piccola«. So nannte sie Mijas Kind. Die arme Schwarzwald-Lotti aber lag in ihrer Ecke und hatte viel Zeit, über die Undankbarkeit der Welt nachzusinnen.

In der Schule hatte man jetzt viel zu tun. Das große Jahresexamen nahte und damit die Versetzung in eine höhere Klasse. Alle Kräfte wurden angespannt, um das Ziel zu erreichen.

Es war im Mai und schon recht heiß. Der Professor war aus Rom zurückgekehrt und saß mit seiner Frau auf der Blumenterrasse. Die Luft war voll von süßem Blütenduft.

»In diesen Tagen muß ich mich entscheiden, mein Herz, ob ich die Aufforderung an die Vatikan-Sternwarte in Rom annehme oder nicht«, begann Professor Winter die wichtige Unterhaltung. »Ich habe mir einige Tage Bedenkzeit erbeten, damit wir es gemeinsam überlegen können.«

»Da gibt es doch nichts weiter zu überlegen, Paul. Wenn du glaubst, daß du dort für die Wissenschaft Wichtiges leisten kannst und dadurch befriedigt bist, siedeln wir natürlich nach Rom über«, sagte seine Frau selbstlos.

»Ich weiß, du hast andere Wünsche, mein Herz. Seitdem Ernst abgereist ist, sehnst du dich heim nach Deutschland. Auch ohne daß du es sagst, weiß ich es.«

Seine Frau schwieg. Still blickte sie über den blauen Meeresgolf.

War es nicht lächerlich, daß sie sich nach Deutschland heimbangte, wo es hier in Italien so herrlich war? Und was für wunderbare Kunstgenüsse warteten in Rom auf sie. Sie war wirklich undankbar.

»Unterschreibe den Vertrag nach Rom nur gleich, Paul«, drängte sie, damit ihr Entschluß ihr nur nicht wieder leid werden sollte.

»Das hat ja bis morgen auch noch Zeit, Fränzchen«, lächelte der Professor und stieg aufs Dach, um etwas an seinem Fernrohr in Ordnung zu bringen.

Frau Professor Winter blieb allein auf der Terrasse, umkost von betäubendem Orangenblütenduft. Wieviel zarter und süßer war doch der Lindenblütenduft daheim in Deutschland. Nun, das Jahr würde auch dahingehen.

»Wann habt ihr Schulexamen?« fragte mittags die Mutter ihre Zwillinge.

»Ende Juni, ich graule mich schon mächtig. Rita wird wahrscheinlich vom Examen befreit werden, weil sie die Beste ist«, erzählte Suse, geschickt ihre Spaghetti um die Gabel wickelnd. Sie hatte die schwierige Kunst inzwischen, wie vieles andere, in Italien gelernt.

»Ich werde sicher auch vom Examen befreit«, sagte Herbert selbstbewußt. »Nur wer in einem Fach schwach ist, wird geprüft.«

»Nimm den Mund nicht zu voll, mein Sohn, sowohl mit Worten wie mit Spaghetti«, lachte der Vater. »Also dann können wir ja zum ersten Juli nach Rom übersiedeln.«

Beiden Kindern blieb der Bissen im Munde stecken.

»Was – nach Rom, Vater? Ist das Spaß oder Ernst?« rief Herbert aufgeregt.

»Ernst, mein Junge. Ich will dort eine neue Arbeit beginnen.«

»Famos! Wie wird mich Enrico beneiden. Zeigst du uns die Wölfe auf dem Kapitol, Vater, von denen du uns erzählt hast? Und dürfen wir auch mal in den Vatikan rein, wo der Papst wohnt?« Herberts Fragen überstürzten sich. Er war für alles Neue sofort begeistert.

Ganz still saß die Suse vor ihrem Teller. Ihre Tränen rieselten auf die Spaghetti.

»Nun, Suschen, freust du dich gar nicht, bist du traurig darüber?« fragte der Vater erstaunt.

»Ich will nicht fort von Rita und von Pietro und Teresina und von Mija und den Ziegen und von all meinen lieben Blumen im Garten«, schluchzte die Kleine.

»In Rom findet ihr neue Freunde«, tröstete die Mutter. Suse war ein anhängliches Kind. Es ging dem Töchterchen wie ihr selbst. Es trennte sich schwer von dem, was es einmal liebgewonnen.

»Dann wollen wir lieber wieder zurück nach Deutschland.« Das Kind sprach das aus, was die Mutter nur dachte und im geheimen wünschte. Angstsuschen war bange vor der fremden, großen Stadt und vor einer neuen Schule.

»Zum ersten Juli werde ich mich dann nach Rom melden«, sagte der Vater. »Bis dahin seid ihr dann hoffentlich in die höhere Klasse versetzt und braucht dann nicht erst noch einmal ein Aufnahmeexamen an der Schule in Rom zu machen.«

Das war immerhin ein Trost für Suse.

»Der Briefträger – der Briefträger!« rief Herbert und lief dem stets freudig begrüßten Postboten entgegen. Brachte er doch meist Grüße aus der Heimat.

Auch heute waren Karten von Onkel Ernst aus Freiburg dabei und eine, an Herbert und Suse Winter adressiert, von der kleinen Omama aus Berlin.

Die kleine Omama fragte an, ob denn ihre Kinderchen gar nichts mehr von ihr wissen wollten und das Heimkommen nach Deutschland in Italien ganz vergessen hätten.

Inzwischen hatte der Vater mehrere berufliche Briefe geöffnet und durchgesehen.

Jetzt hielt er ein Schreiben in der Hand und sah nachdenklich darauf nieder. Er vergaß ganz, daß noch uneröffnete Briefe auf dem Tisch lagen.

»Hast du irgendeine unangenehme Nachricht bekommen, Paul?« fragte seine Frau besorgt.

Der Professor fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Freudig leuchtete es in seinen Augen, die so blau waren wie die seines Sohnes, auf.

»Wir werden am ersten Juli nicht nach Rom übersiedeln«, sagte er bedeutsam.

»Nanu?« Wie aus einem Munde riefen es die andern.

»Was ist geschehen, Paul – was hast du für Nachricht bekommen?« Erschreckt legte Frau Professor Winter die Hand auf den Arm ihres Mannes. Sie hatte ja mit gleicher Post Karten aus Berlin und Freiburg erhalten, daß ihre Lieben gesund waren. Trotzdem schlug ihr das Herz.

»Die Heimat ruft!« sagte der Professor, das Schreiben seiner Frau hinreichend

Es kam aus Jena. Aufgeregt überflog es die Mutter, während die Kinder nicht weniger erregt an ihren Mienen hingen.

Man forderte Professor Winter auf, die Leitung des neuen Planetariums in Jena zu übernehmen, und bot ihm die Direktorstelle dort an.

Frau Professor Winter wurde blaß. Und dann schoß ihr das Blut ins Gesicht zurück.

»Was wirst du tun, Paul?« Kaum wagte sie die inhaltsschwere Frage zu stellen. Ihr Herz pochte ihr vor Erwartung bis in den Hals hinein.

»Wenn die Heimat ruft, folge ich natürlich. Unser deutsches Land hat das erste Anrecht auf meine Arbeit. Ich bin glücklich und stolz, daß sich mir in der Heimat ein neuer, segensreicher Wirkungskreis eröffnet«, sagte der Professor warm und reichte seiner Frau die Hand hinüber. »Ich weiß, daß du mir gern das Opfer gebracht hättest, Fränzchen, noch länger im fremden Lande mit mir zu bleiben. Um so glücklicher bin ich, daß wir jetzt schon heimkehren können.«

Heim – heim nach Deutschland? Zur Omama und zu Frau Annchen und zu ihrer lieben Waldschule? Jetzt erst hatte Suse es begriffen. Jubelnd sprang sie empor und der Mutter an den Hals. Sogar Rita, Pietro und Teresina mußten zurückstehen, wenn es wieder heimging.

Einer aber saß da mit langem Gesicht.

»Du kannst gar nicht nach Jena, Vater. Du hast ja schon gesagt, daß wir nach Rom ziehen. Das gilt nicht. Wenn man etwas verspricht, muß man es auch halten.« Der große Junge kämpfte mit Tränen der Enttäuschung.

Der Vater lachte. »Zum Glück habe ich den Vertrag nach Rom noch nicht unterschrieben.« Er war ja selbst so glücklich, daß er mit gutem Gewissen heim konnte.

»Und die Wölfe auf dem Kapitol? Und der Vatikan mit dem Papst? Und in das Kolosseum wolltest du auch mit uns gehen, Vater; das muß ich mir überhaupt ansehen, weil wir's in der Schule durchgenommen haben«, rief Herbert grenzenlos enttäuscht.

»Wir werden auf der Rückreise einige Tage in Rom bleiben; dann kannst du dir alles, was dein Herz begehrt, ansehen. Ich muß mich ja dort auch noch von meinen Kollegen persönlich verabschieden. So, und nun werde ich gleich nach Jena schreiben und zum ersten Juli die Leitung des dortigen Planetariums annehmen.« Der Professor erhob sich, seine Frau mit freudestrahlenden Augen zurücklassend. Auch der Herr Sohn schien jetzt mit den neuen Plänen ausgesöhnt.

Aber so schnell kam der Vater noch nicht fort. Herbert hängte sich an seinen Arm.

»Vater, was ist ein Planetarium eigentlich?« Das mußte er doch unbedingt wissen, wenn sein Vater dort Direktor werden sollte.

»Na, überlege mal, woher das Wort abzuleiten ist.«

»Von Planeten natürlich.«

»Freilich, es ist ein Institut mit einer großen Kuppel wie die Himmelskuppel, an der die Sterne, vor allem die Planeten, eingefügt sind. Die Sterne werden elektrisch beleuchtet, so daß man den Gang der Planeten genau daran zeigen kann. Man muß es freudig begrüßen, daß unserm Volk und vor allem unserer Jugend die Sternkunde dadurch nähergebracht und vertrauter gemacht wird. Das Interesse für die Sternenwelt wird durch Vorträge mit Erläuterungen an der Sternenkuppel im Planetarium allgemein im Volk geweckt werden. Ich bin stolz darauf, an diesem schönen Werk mithelfen zu können.« So sprach der Vater, und die Kinder, so jung sie auch noch waren, verstanden ihn.

Suse schleppte den großen Atlas herbei.

»Willst du sehen, wo Jena liegt, Suse? In Thüringen, bei Weimar und Eisenach«, belehrte sie der Bruder.

»Das weiß ich auch schon. Ich will bloß mal sehen, wie weit das von Berlin ist, weil unsere kleine Omama sich doch so nach uns bangt.«

»Die Omama laden wir uns nach Jena ein – ach, Kinder, wie ich mich freue, daß es wieder heimgeht!« rief die Mutter.

»Und Frau Annchen laden wir auch ein – – –.«

»Und vor allem meinen Laubfrosch. Der italienische fängt lange nicht so schön Fliegen.«

Pietro und Teresina wollten es gar nicht glauben, daß ihre Engelchen schon so rasch fortfahren wollten.

Rita aber hatte Tränen in den schwarzen Samtaugen, als sie hörte, daß ihre kleine deutsche Freundin sie so bald verlassen mußte. Nur die Aussicht, sie mal in Deutschland zu besuchen, vermochte sie zu trösten.

Immer näher rückte der Tag der Abreise und mit ihm das Schulexamen. Da gab's eine große Überraschung. Suse, die sich schon heimlich vor der Jahresprüfung gebangt hatte, wurde wegen ihres Fleißes ohne Examen in die vierte Klasse übernommen, während Herbert in mehreren Fächern geprüft wurde. Dann aber wurde auch er in die Quarta versetzt.

Eine Woche später verließ die deutsche Professorenfamilie nach herzlichem Abschied von Pietro und Teresina, von Mija und den Vesuvkindern das schöne Napoli. Der rauchende Vesuv sandte ihnen den letzten Gruß herüber.

Mit dem freudig bellenden Bubi und dem betrübt mauzenden Kätzchen Piccola, so ging es wieder gen Norden in die deutsche Heimat.

 

Illustrationen aus Urheberrechtsgründen nicht aufgenommen. Re.


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