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17. Kapitel. Die tote Stadt

Das neue Jahr zog ins Land. Es brachte etwas kältere Tage selbst im warmen Süden. Und eines Tages sahen die Berge rings um Neapel wie mit Zucker bestreut aus – Neuschnee war da oben gefallen. Unten aber blühten noch Blumen.

Onkel Ernst hatte ein Zimmer im oberen Stockwerk der Professorenvilla bezogen. Das war fein! Zu allen Mahlzeiten war der liebe Onkel da, wenn er nicht gerade in den Ruinen von Pompeji herumstreifte. Dort blieb er manchmal tagelang. Und war er dann wieder daheim, durften die Zwillinge nicht lärmen und toben. Denn Onkel Ernst schrieb seine Doktorarbeit und sollte dabei nicht gestört werden.

Suse war ja niemals laut und wild. Aber selbst Herbert dämpfte seine Trompeterstimme, wenn er wußte, daß Onkel Ernst arbeitete. Sie hatten ihn ja lieb, den lustigen Onkel, und waren froh, daß er jetzt bei ihnen in Italien war.

Am glücklichsten aber war die Mutter darüber. Mit dem neuen Jahr hatte Professor Winter öfters mal berufliche Reisen nach Rom zu machen. In der Vatikan-Sternwarte zu Rom gab man viel auf die Ansichten des bekannten deutschen Gelehrten. Ein italienischer Sternforscher hatte ihn dort aufgefordert, gemeinsam mit ihm eine wissenschaftliche Arbeit zu machen. So war die Anwesenheit von Professor Winter in Rom oft wochenlang notwendig. Wie gut, daß seine Frau und die Kinder inzwischen statt seiner den Onkel Ernst im Hause hatten.

Der Onkel, der mit allen seinen Gedanken im Altertum lebte, konnte es nicht verstehen, daß seine Schwester und die Kinder noch gar nicht Pompeji, die vom Vesuv verschüttete Stadt, die man nach fast zweitausend Jahren wieder aus der Erde herausgegraben hatte, besichtigt hatten.

»Was sollen denn die Kinder in Pompeji, Ernst?« gab Frau Professor Winter dagegen zu bedenken. »Sie wissen noch wenig von den alten Römern und würden sich sicher dort langweilen.«

»Man kann nicht früh genug damit anfangen, der Jugend Interesse für die alte griechische und römische Kultur zu erwecken«, beharrte der Onkel.

»Finde ich auch«, fiel Herbert etwas vorlaut ein. »Wir kennen doch die ollen Römer schon ganz genau, die Suse und ich. Die römischen Götter haben wir erst neulich im Gymnasium durchgenommen. Suse habe ich sie auch beigebracht. Jupiter, Mars, Merkur, Venus – geradeso, wie Vaters Sterne, heißen sie. Und Vater hat uns eine schöne Geschichte erzählt, wie Rom entstanden ist. Der kleine Romulus und Remus waren Zwillinge, geradeso wie die Suse und ich. Bloß, daß sie Rom gegründet haben und wir nicht.«

»Hahaha«, lachten Onkel Ernst und Mutti belustigt. »Ist das der einzige Unterschied zwischen den römischen Zwillingen und euch?« Onkel Ernst lachte, daß seine Schultern auf und nieder zuckten.

»Nee. Romulus und Remus sind von einer Wölfin, welche die armen kleinen Kinderchen gefunden hat, aufgezogen worden – und wir von unserer Mutti. Siehste, ich weiß ganz genau Bescheid. Wenn ihr mich auch auslacht. Und da können wir doch auch mit nach Pompeji. Bitte, bitte, Onkel Ernst, nimm uns doch mit!« Selbst auslachen ließ sich Herbert, wenn er nur mitkam.

»Wir werden den Vater fragen, sobald er aus Rom zurückkommt«, entschied die Mutter.

»Och, das ist ja noch so lange hin«, murrte der Sohn.

Aber es half ihm nichts. Er mußte sich gedulden.

Der vierzehn Tage später heimkehrende Vater hatte nichts dagegen, wenn seine Zwillinge die einst so herrliche römische Stadt Pompeji, die dem Vesuv zum Opfer gefallen, mit in Augenschein nahmen. Denn Anschauung ist stets ein besserer Lehrmeister als Bücherweisheit.

Suse war von des Vaters Entscheidung gar nicht sehr erbaut. Im stillen hatte sie sogar gehofft, daß Vati es nicht zugeben würde. Denn wenn der Vesuv schon mal Pompeji unter seiner feurigen Asche verschüttet hatte, was hinderte ihn daran, das ein zweites Mal zu tun? Am Ende gerade, wenn sie sich in der ausgegrabenen Stadt befanden.

»Onkel Ernst, glaubst du, daß es gefährlich ist, nach Pompeji zu fahren?« erkundigte sie sich vorsorglich.

»Gefährlich – wieso, Herzchen? Löwen und Tiger gibt es dort nicht.«

»Aber der olle Vesuv kann doch wieder bis dorthin Feuer spucken. Und dann werden wir alle unter dem Aschenregen begraben. Und – und ich habe überhaupt meine französische Übersetzung zu Mittwoch noch nicht fertig.«

Wieder lachte Onkel Ernst dröhnend. Diesmal war es die Suse, die ausgelacht wurde.

»Ja, Suschen, wenn du deine französische Arbeit noch nicht fertig hast, wird der Vesuv sich bestimmt zahm verhalten und nicht Feuer spucken. Darauf nimmt er Rücksicht.«

Suse war empfindlich. Nicht mal der lustige Onkel Ernst durfte sie necken und auslachen. Sie wagte keine Einwendungen mehr, als der nächste Sonntag zum Besuch der Ruinenstadt festgesetzt wurde, um nur nicht wieder ausgelacht zu werden.

»Macht Pompeji auch solchen dollen Radau wie der Vesuv?« erkundigte sie sich zaghaft beim Vater in der Bahn nach Pompeji – trotzdem sie ja ihre Ängstlichkeit durch den Vesuv hatte bekämpfen lernen sollen.

»Nein, Suschen. Pompeji ist eine tote Stadt.«

Eine tote Stadt – vor einer toten Stadt graulte sich Fräulein Angsthäschen noch viel mehr.

»Zuerst wollen wir das Museum besichtigen«, schlug Onkel Ernst vor. »Da bekommt ihr den besten Eindruck von der damaligen, schon so vorgeschrittenen Zeit.«

Das erste, was die Zwillinge im Museum zu Pompeji erblickten, waren steinerne menschliche Figuren, die dort ausgestreckt lagen.

»Sind das Tote?« flüsterte Suse herzklopfend ihrem Zwilling zu. In der toten Stadt mußten doch natürlich auch Tote sein.

»Das werden wohl olle Mumien sein. Du weißt doch, Suse, wie die in Ägypten. Da haben sie doch die ollen Könige einbalsamiert, so wie wir unsere Hunde und Kanarienvögel ausstopfen«, belehrte Herbert die Schwester.

Onkel Ernst, der die Erklärung mit angehört, biß sich auf die Lippen, um nicht zu lachen.

»Es sind in der Tat Verschüttete, die beim Vesuvausbruch vor fast zweitausend Jahren ums Leben gekommen sind. Die Asche hat eine Kruste um ihre Körper gebildet. Diese hat man mit Gips ausgegossen. Ihr seht hier die Gipsabdrücke der damals Verunglückten.«

»Och, nicht mal richtige Mumien«, machte Herbert geringschätzig.

Aber als Onkel Ernst ihnen unter den Gipsabdrücken auch einen kleinen Hund zeigte, der bei der Zerstörung Pompejis mit ums Leben gekommen und alle viere von sich streckte, war er wieder damit ausgesöhnt.

»Hat er nicht Ähnlichkeit mit unserm Bubi, Suse? Das muß bestimmt ein Ur-Ur-Urgroßvater von Bubi gewesen sein«, rief er lebhaft.

Alle Besucher des Museums lachten – nur Suse nicht. Die stand vor dem Gipsabdruck eines kleinen Kindes. Die Tränen liefen ihr über die Wangen.

»Aber Suschen, um Himmels willen, was ist denn geschehen?« fragte die Mutter erschrocken.

»Das arme, süße Kindchen! So klein ist es noch und hat schon sterben müssen. Und die Mutti hat nun kein Kind mehr«, schluchzte die Suse.

»Aber Suschen, nach beinahe zweitausend Jahren brauchst du doch das Kind nicht mehr zu beweinen. Die Mutter ist sicher auch mit umgekommen«, tröstete der Vater das weinende Töchterchen.

»Um so schlimmer!« Die weichherzige Suse beweinte jetzt auch noch die Mutter des Kindes.

Sie kamen in einen Saal mit allerlei Tonkrügen und Bronzegefäßen. Die Kinder hatten nicht das Interesse dafür wie die Erwachsenen. Besonders Onkel Ernst konnte über jeden langweiligen Krug eine wissenschaftliche Abhandlung halten.

Die Schädel und Knochenskelette von Menschen und Tieren, die man ausgegraben hatte, interessierten Herbert schon mehr. Suse wich schaudernd davor zurück.

Sie sahen alte Schränke, Türen, Fenster mit Holzläden und andere Dinge, über die Onkel Ernst in Begeisterung geriet.

Herbert zupfte den Onkel. »Du, Onkel Ernst, du machst doch bloß Spaß, nicht wahr?«

»Spaß? Womit, mein Junge?«

»Daß du die ollen kaputten Sachen schön findest. Unsere Fenster, Türen und Vasen zu Hause sind doch viel neuer und schöner.«

»Ja, das Alte – Antike sagt man –, das, was du das Olle und Kaputte nennst, ist ja gerade das Schöne und Wertvolle, was so lange unter der Erde verborgen gewesen ist«, versuchte Onkel Ernst seinem Neffen zu erklären.

»Na, meinetwegen hätte es da auch weiter liegenbleiben können«, meinte Herbert gleichgültig.

Sie traten aus dem Museum hinaus.

»So, jetzt kommen wir in die Stadt«, sagte Onkel Ernst.

»Das soll 'ne Stadt sein?« Wie aus einem Munde riefen es die Zwillinge und sahen sich betroffen um. Man unterschied Straßenzüge. Mauerreste von Häusern ragten aus dem Erdboden heraus.

»Hier seht ihr einen Apollotempel.« Onkel Ernst wies auf einen großen Säulenhof. Steintreppen führten zum Heiligtum hinauf.

»Das ist ein Altar, welcher der Diana geweiht war, Kinder«, wollte der Vater seine Zwillinge aufmerksam machen. Ja, wo waren sie denn?

Zwischen den alten Tempelsäulen spielten sie Versteck und Huckezeck, sprangen die Steinstufen zum Tempel auf einem Bein hinauf und herunter.

»Nein, Kinder, das geht hier aber wirklich nicht«, entsetzte sich der Vater. »Pompeji ist kein Kinderspielplatz. Ihr nehmt ja den übrigen Besuchern die Andacht.«

»Ich war gleich dafür, die Kinder zu Hause zu lassen«, sagte die Mutter. »Jugend will herumtoben. Es fehlt ihnen noch das Verständnis für diese alte Kunst. Sie wissen ja noch nicht mal, wer Diana ist.«

»Bitte sehr, Mutti, das weiß ich ganz genau«, rief Suse beleidigt.

»Na, wer war denn diese Dame?« scherzte Onkel Ernst.

»Diana ist überhaupt keine Dame, sondern der süße, kleine Seidenpinscher von Ritas Tante. Der heißt Diana.«

Ein allgemeines Gelächter war die Antwort. Auch die fremden Besucher, die Suses Erklärung gehört hatten, stimmten mit ein.

»Na, wenn er doch aber so heißt«, kam es jetzt weinerlich von Suses Lippen. »Herbert kennt ihn doch auch.«

»Ja, der heißt eben nach der Göttin Diana, Suse«, ließ sich jetzt Herbert, ärgerlich, daß sein Zwilling noch so dumm war, hören. »Diana ist eine römische Göttin, die Göttin der Jagd. Bei den ollen Griechen hieß sie Artemis. Das haben wir erst neulich gelernt.«

»Na ja, im Gymnasium. In unserem Lyzeum haben wir das noch nicht gehabt«, verteidigte sich Suse gekränkt.

»Ich bin ja auch zwei Stunden älter als du, Suse«, begütigte der Bruder.

Der Vater machte die Kinder auf eine Sonnenuhr aufmerksam, die im Tempelhof angebracht war. »Das ist die älteste und einfachste Uhr, die wir kennen«, erzählte er. »Ein Stab wird in der Mitte eines Kreises, der mit Zahlen versehen ist, in die Erde gesteckt. Der Schatten des Stabes, der sich nach der Stellung der Sonne richtet, bildet den Zeiger und gibt die Zeit an.«

»Famos!« Zum erstenmal war Herbert von irgend etwas aus dem alten Pompeji wirklich begeistert. »Du, Suse, solche Sonnenuhr machen wir uns morgen auch im Garten.«

Die Aussicht auf die Sonnenuhr heiterte auch Suses durch die Göttin Diana etwas niedergedrückte Stimmung wieder auf.

»Jetzt kommen wir zum Forum. Das Forum bildete in allen römischen Städten den Mittelpunkt des öffentlichen Lebens. Dort wurden Reden gehalten und alle wichtigen Staatsgeschäfte abgeschlossen. Seht nur, wie wundervoll die Säulengänge mit Bildwerken erhalten sind. Der herrliche Tempel war dem Jupiter geweiht. Na, Herr Quintaner, wer war Jupiter?«

»Der Anführer von all den Göttern. In Griechenland hieß er Zeus.«

»Richtig, mein Junge. Aber du stellst dir die römischen Götter wie eine Indianerbande vor. Einen Anführer hatten sie nicht, sondern einen höchsten Gott.«

»Ist ja Jacke wie Hose«, beharrte der Junge.

Während die beiden Herren sich in die Inschriften der Altäre und Mauern vertieften, genoß Frau Professor Winter den wundervollen Blick auf den blauen Meeresgolf und die violette Bergkette der Apenninen.

»Seht nur, wie harmlos der Vesuv dasteht, Kinder. Als ob er kein Wässerlein trüben könne. Und dabei hat er doch das ganze Unheil hier angerichtet, das herrliche Pompeji in diese tote Ruinenstadt verwandelt«, sagte die Mutter nachdenklich.

Suse schielte unbehaglich zum Vesuv hinauf, ob es ihm auch nicht einfiele, wieder loszutoben. Herbert aber rief lebhaft: »Ein Glück, daß Pompeji verschüttet worden ist!«

»Wieso denn, Herbert?«

»Na, sonst könnte doch Onkel Ernst nicht Doktor werden. Ich denke, er macht seine Doktorarbeit über die Ausgrabungen in Pompeji.«

»Freilich, das ist ein wichtiger Grund«, lachte der dazutretende Onkel.

Sie besichtigten Tore und viele andere Tempel, große Bäderanlagen in buntem Marmor, welche der Vater »Thermen« nannte. Wie drollig, daß die Römer der damaligen Zeit einen großen Teil des Tages in diesen eleganten Bädern zubrachten.

»Die Häuser haben hier ja gar keine Fenster«, verwunderte sich Herbert, der eine gute Beobachtungsgabe hatte. »Bloß manche haben kleine, vergitterte Öffnungen. Sind das Gefängnisse?«

»Nein, Herbert, das sind Wohnhäuser. Die Häuser des Altertums hatten keine Fenster nach der Straße zu. Diese Bauart ist auch heutzutage noch im Orient üblich. Die alten pompejanischen Häuser hatten eine große Halle, an der alle Wohnräume lagen. Sie bekamen nur durch eine Öffnung in der Decke Licht. Man nannte diese Halle –«

»Atrium«, schrie Herbert dazwischen. »Das hat uns ja neulich unser Lateinlehrer erzählt.«

»Sieh mal einer an, was du schon alles weißt«, schmunzelte Onkel Ernst anerkennend.

Suse schien nicht sehr erbaut davon, daß ihr Zwilling soviel mehr wußte als sie. Wenn er auch zwei Stunden älter war.

Herrlich bunt waren diese alten, zum Teil gut erhaltenen Häuser. Die Wände, meistens leuchtend rot, waren mit Malereien geschmückt.

»Man heißt diese leuchtend rote Farbe ›pompejanisches Rot‹ nach der Stadt«, erzählte der Vater. »Seht nur mal, Kinder, die allerliebsten Malereien hier. Amoretten nennt man diese drolligen kleinen Götter. Hier seht ihr sie beim Kränzeflechten, dort werfen sie nach einer Scheibe. Auf dieser Seite fahren sie in einem Blumenwagen; da sind sie bei der Weinernte.«

»Niedlich!« Das war wieder was für Suse. »Das ist hier gewiß die Kinderstube von den kleinen Pompejikindern gewesen.«

In dem Haus war eine Küche, in der noch die Kochtöpfe auf dem Herd standen.

»Ist noch Essen drin?« erkundigte sich Herbert, dessen Magen zu knurren begann.

»Nun, mein Junge, das Essen wird wohl inzwischen kalt geworden sein«, lachte Onkel Ernst.

Sie nahmen die Theater in Augenschein, wo die römischen Ringkämpfer, die Gladiatoren, ihre Kämpfe vor dem vornehmen Publikum ausgefochten hatten. Sie sahen das Amphitheater an, in dem die Sitze im Kreise rings um einen freien Platz, Arena genannt, emporstiegen.

»Hier haben die zum Tode Verurteilten mit wilden Tieren kämpfen müssen. Konnten sie die Bestien besiegen, so wurden sie begnadigt. Meistens aber wurden sie von ihnen zerrissen«, erzählte der Vater den Kindern.

»Gräßlich!« Suse hielt sich die Augen zu, als ob sich jetzt noch solch ein furchtbares Schauspiel ihren Blicken darböte.

»Ich würde die Löwen oder Tiger ganz einfach totgeschossen haben«, sagte Herbert großspurig.

»So einfach war die Sache nicht, mein Junge«, lachte der Vater. »Weil nämlich das Schießpulver damals noch gar nicht erfunden war.«

Sie sahen eine Bäckerei mit Backofen und Mühlen.

»Diese Kornmühlen wurden von Eseln oder auch von Sklaven getrieben«, berichtete Onkel Ernst.

»Die armen Sklaven!« Suse bedauerte die Ärmsten aus Herzensgrunde.

Herberts Bedauern galt mehr der Tatsache, daß im Backofen kein Brot mehr war. Er hatte jetzt wirklich Hunger.

»Das Brot würde etwas altbacken inzwischen geworden sein«, meinte Mutti lächelnd. »Daran würdest du dir deine Zähne ausbeißen.«

Durch die Gräberstraße gingen sie, in der sich die Grabstätten der vornehmen Pompejaner befanden.

Natürlich, in der toten Stadt mußte auch eine Gräberstraße sein. Suse fand das ganz in der Ordnung.

»Nachher kommen wir zu einem Wirtshaus«, sagte Onkel Ernst zum Vater.

»Fein!« rief Herbert. »Ich habe auch schon mächtigen Hunger.«

»Da wirst du nicht viel zu essen finden, mein Junge. Zwei steinerne Schenktische ist alles, was noch übrig geblieben ist.«

Mutti nahm ihre Zwillinge, die schon von dem vielen Sehen ganz abgespannt waren und immerzu gähnten, und ging mit ihnen durch das Herkulaner Tor dem Ausgang zu.

Die beiden Herren blieben noch in der wieder aus der Erde ausgegrabenen Stadt, da Onkel Ernst noch einige photographische Aufnahmen dort machen wollte.

Draußen gab es ein modernes Gasthaus, in dem man auch was zu essen bekam.

»Hier ist es viel feiner als in der toten Stadt«, sagte Suse, in ihren Kuchen beißend.

Herberts Ansicht aber über die verschüttete Stadt lautete: »In Pompeji ist ja gar nichts los – Berlin ist viel schöner!«


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