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Die Jesuitenschüler.

Eine Novelle.

———————

In der kleinen Gasse, die vom Markte zu Coimbra seitwärts abführt und gen Oporto leitet, herrschte eines Abends, statt der gewohnten Stille, eine anhaltende tumultuarische Bewegung. Die Straße war verhaßt und gemieden, weil sich eine bedeutende Anzahl Judenfamilien daselbst niedergelassen hatte, deren ketzerische Gesinnungen und knechtisches Wesen dem stolzen Portugiesen ein Greuel waren. Je duldsamer jedoch jene Verfolgten sich in ihre Lage fügten, desto auffallender mußte es jezt erscheinen, daß sich ganze Haufen, zum Theil zerlumpten Gesindels, zum Theil anständigere Leute dieser Klasse in Aufruhr befanden.

Man sah beim zweifelhaften Lichte des Mondes eine fliehende Gestalt sich die Straße hinab bewegen und endlich an der Bildsäule des Königs Sandch niedersinken. Die Menge drängte sich umher, Laternen, Stöcke, Waffen wurden sichtbar, der Kreis schloß sich immer enger, und endlich wurden die Angriffe auf das unglückliche Opfer auf das Ernstlichste begonnen. Die am Boden liegende Gestalt suchte lange vergeblich, sich aus den Falten ihres langen, schleierartigen Gewandes loszumachen, und als ihr dieses endlich gelang, sah man ein Jünglingsantlitz erscheinen, dessen Züge, trotz der hochaufgetragenen gelben Schminke, von schöner jugendlicher Bildung zeugten.

Es gelang ihm, sich von den ersten Angriffen zu befreien, und indem er die Bewegung machte, als suche er eine Waffe an seiner Seite, richtete er sich stolz in die Höhe und rief den bärtigen Gesichtern mit Zorn und Verachtung zu:

»Beim heiligen Denys, noch nie hat sich ein ehrlicher Franzose in schlechterer Gesellschaft befunden! Bei meiner Ehre, Leute, wenn Ihr nicht sogleich von dem Enkel eines Connetable von Frankreich ablaßt, so soll es Euch übel ergehen!«

Kaum waren diese Worte ausgestoßen, als die versammelten Juden ein wildes Geschrei erhoben. Sie stürmten jezt vereint und hartnäckiger auf den Jüngling ein; dieser wehrte sich verzweifelt, sein gelber Mantel flog in Fetzen zerrissen um sein Haupt, dessen blonde Locken sich im Winde bäumten. Im Handgemenge hörte man die zerschlagenen Laternen klirren, die stampfenden Tritte dröhnten auf dem Pflaster, Flüche, Geheul und Geschrei ertönten, und um die Bildsäule herum, die im blassen Mondglanze sich in die Nacht erhob, bewegte sich der drängende Menschenknäuel.

Da kamen die Gasse herab vier Fackeln, von reichgekleideten Livreedienern getragen; in ihrer Mitte schritt ein junger Nobile, in seinen schwarzen Mantel geschlagen; er blieb stehen und befahl den Dienern, sich nach der Ursache des Kampfes zu erkundigen. Ehe diese seinen Willen vollstrecken konnten, hatte er sich selbst auf den Vorsprung einer Treppe begeben und rief mit lauter Stimme: »Auseinander! beim Gesetze Mosis, auseinander!«

Die Gruppe theilte sich, die Angreifenden wichen auf den Laut dieser Worte, und jezt wurde beim Schein der Fackeln die abenteuerliche Gestalt des Verfolgten ganz sichtbar. Die schlanken, zarten Formen des kaum neunzehnjährigen Jünglings waren durch eine phantastische Maskentracht entstellt: vom Haupt bis zur Sohle war er in rothes, feuerfarbenes Tuch gehüllt, die Füße zeigten hufartige Ballen, ein zottiger Schweif blickte unter dem Mantel hervor und auf einem Brettchen vor der Brust standen die Worte: »Judas, der Erzschelm.«

Der junge Portugiese besah sich die Gestalt seines Geretteten, in stolzer, überlegener Haltung ihm gegenüberstehend. »Was habt Ihr gethan, Don Horatio?« rief er endlich langsam und monoton, »wie kommt Ihr in diese Gegend?« –

»Das fragt dieses sehr ehrwürdige Gesindel,« antwortete der junge Franzose, »ich wahrlich habe sie nicht aufgesucht. Der Teufel spiele ein andermal seine Rolle selber; wahrlich, die Unholde haben meines adligen Bluts nicht geschont, da rinnt es über den Arm in heißen Tropfen, und die verdammte rothe Mummerei verhindert, es zu sehen. Ich danke Euch, Don Sebastian, ohne Euch wäre ich vielleicht verloren gewesen.«

Er wollte mit diesen Worten vor den Portugiesen hintreten, um ihm die Hand zu drücken, doch dieser wich ihm scheu und ängstlich aus.

»Bleibt hinweg, Don Horatio!« rief er; »Euer Athem ist verunreinigt durch die Nähe jener Ketzer; wagt es nicht, mich zu berühren, oder ich gebe meinen Dienern den Befehl, sich zwischen Euch und mich zu stellen.«

Der junge Franzose stand stumm da, sein Haupt und seine Arme, die sich gehoben hatten, den Freund und Retter zu umarmen, senkten sich; er wollte etwas erwidern, wandte sich jedoch schnell und ging; der Portugiese sezte langsam seinen Weg fort.

Die obige Scene findet ihre Erklärung, wenn man erfährt, daß die Jesuitenschüler des Kollegiums zu Coimbra dem Volke eine geistliche Komödie veranstaltet hatten, in welcher der junge Horace Bertier, der Enkel des verstorbenen Connetable von Frankreich, die undankbare Rolle des Judas Ischariot hatte übernehmen müssen, dem zahllose Schmähungen und schwarze Anklagen gegen die Juden in den Mund gelegt worden waren. Diese verhaßte und gemißhandelte Nation, lange schon mit tiefer Erbitterung gegen den Orden erfüllt, hatte jezt Gelegenheit genommen, da ihre Macht nicht so weit reichte, sich nachdrücklichere Rache zu verschaffen, ihre Wuth an dem armen Judas auszulassen, den sie in ihr Bereich zu locken verstanden.

Horace kam in das Jesuitengebäude, ohne daß die Professen und der Rektor früher etwas von seinem Unglück erfuhren, als am nächsten Tage, wo der Aufruhr der Juden bekannt wurde. Die Jesuiten, welche die gebietenden Herrn in der Stadt spielten, heischten Genugthuung, und die armen Judenfamilien mußten abermals sich unter das eiserne Joch beugen; einige wurden mit dem Staupbesen aus den Thoren gejagt, andere mußten sich durch eine schwere Geldbuße von einer noch schimpflichern Züchtigung loskaufen. –

Unter den Leuten, die dem jungen Franzosen ihr Beileid zu bezeugen kamen, erschien auch Don Sebastian. Er war aus einer der ersten Familien, Erbe großer Reichthümer, doch im höchsten Grade stolz, gebieterisch, feig und sinnlich. Die blasse Farbe des sonst schönen Antlitzes zeugte nicht von der Gesundheit und Frische, die im Busen eines zwanzigjährigen Jünglings zu walten pflegt, sein schwarzes Auge leuchtete nicht im Glanze einer reinen, schuldlosen Seele, vielmehr in der dunklen Glut versteckter Leidenschaften. Er liebte, wie ein Gemüth, dem seinigen gleich, zu lieben versteht, den jungen Horace; denn dieser, im Hause seines Oheims mit ihm aufgewachsen, war ihm frühe schon mit der Hingebung eines warmen, aufrichtigen Charakters entgegen gekommen. Horace war überhaupt ganz das Widerspiel von seinem Freunde. Als Franzose leicht, galant, stets fröhlich, verband er mit einem schlanken, biegsamen Wuchse eine Physiognomie voll Adel, Offenheit und glänzender Jugendfrische. Wir erzählen hier einen Vorfall, der die Denkungsart beider Jünglinge eben so scharf auseinander setzen soll, als sie ihre körperliche Bildung von einander unterschied.

Ein aus Frankreich geflüchteter reicher Hugenotte hielt sich in Geheim in Coimbra auf mit einer schönen Tochter und zwei noch jugendlichen Söhnen. Ueber Don Sebastian war unschuldig das Gerücht ergangen, als stände er mit jenem Mädchen in einem beschimpfenden Liebesverhältniß; der Bruder, von diesem Gerede in Kenntniß gesezt, hatte ihn gefordert, Sebastian sich jedoch geweigert, ihm Genugthuung zu geben. Ueber diesen Vorfall entspann sich zwischen den Freunden folgendes Gespräch:

Sebastian. Der heilige Jakob soll mich bewahren, daß ich mit einem Ketzer mein Leben auf das Spiel setze, der nicht werth ist, den Bügel meines Rosses zu halten, wenn ich's besteige.

Horace. Das finde ich unrecht; er ist ein Edelmann, wie Du; seine verschiedene Religionsmeinung kann ihn im Punkte der Ehre nicht herabsetzen, noch den Adel seines Blutes schänden.

Sebastian. Er steht tiefer wie das Vieh! – Ein Geschöpf, das die heilige Inquisition wie ein Bündel faules Stroh verbrennen läßt, hat keine Ehre, keinen Adel des Blutes, und folglich kann es auch nicht beleidigen.

Horace. So mußt Du Dich schlagen, um die Ehre der Dame zu retten, die durch Dich gekränkt worden. Gibt's einen Gegenstand, für den wir unser Blut freudig opfern müssen, so ist's der angefochtene Ruf eines unbescholtenen Mädchens.

Sebastian. Bah! sie ist auch eine Ketzerin!

Horace. Und wäre sie die geringste Magd aus Deines Vaters Hause, sonst aber eine unbescholtene Jungfrau, so darfst Du sie nicht beschimpfen, nicht leiden, daß man sie beschimpfe.

Sebastian. Das sind überspannte Grundsätze!

Horace. Es sind die Grundsätze meines Großvaters, eines Connetables von Frankreich, es sind die meinigen, sowie jedes edlen Franzosen.

Sebastian. Meine Ehre ist unantastbar, nur ein Grande von Portugal kann mich beleidigen. Wagt es jener Unbesonnene noch fürder, Schritte gegen mich zu thun, nun wohlan, so gebiete ich über Hunderte von Knechten, deren derben Fäusten ich meine Antwort übertrage; verliert er bei diesem Strauß das Leben, so lasse ich eine Messe lesen. Zu viel Edelmuth schon gegen einen Ketzer!

Horace wandte sich stillschweigend ab und ging hin, sich an der Stelle seines Freundes für das arme beleidigte Mädchen zu schlagen; er erhielt eine ziemlich tiefe Stichwunde, und Sebastian, der dieses erfuhr, lag auf dem Steinboden der Kirche, Genesung und Vergebung für den Freund zu erflehen.

Wenige Monate hierauf gelang es den vereinten Bemühungen der Väter, den reichen, jungen Portugiesen in ihren Orden zu ziehen, mit dem im Geheim geleisteten Schwur, dereinst die ihm zufallenden Güter der Gesellschaft Jesu zuzuwenden. Die Freunde waren jezt enger aneinander gebunden, obgleich Horace über Sebastian stand; denn jener war schon zum Gelübde eines Professen zugelassen worden.

Zu den Vätern, die den Freunden am nächsten kamen, gehörte der Pater Angelo del' Ortrand Riguez, ein fast vier zigjähriger Mann, mit der Feinheit und hofmännischen Gewandtheit im Betragen, welche damals nur das Leben an großen Höfen gab. Sein Rang eines Professen von vier Gelübden stellte ihn über den Rektor des Kollegiums; als Mitwissender der tiefsten Geheimnisse trat er mit entschiedener Haltung auf, und die geheime Geschichte seines Lebens meldete Siege, die das unerfahrne Ohr eines Neulings mit schamhaftem Staunen füllten. Seine tägliche Toilette war die eines achtzehnjährigen, gefallsüchtigen Mädchens, so gesucht, so mit verfeinerten Mitteln überladen; doch keineswegs hiedurch verweichlicht, war er so klug und im Ernst der Geschäfte so ausdauernd und streng, wie ein finsterer Greis.

Obgleich er den jungen Horace auffallend begünstigte, so war dieser dennoch ihm keineswegs herzlich zugethan.

»Ich weiß,« sagte er eines Tages zu Sebastian, »zu den Eigenschaften, die ein Mitglied unsers Ordens sich erwerben soll, gehört auch feine Klugheit, List, Verstellung, Schmeichelei. Dennoch dürfen diese Unwahrheiten nur bis zu einem gewissen Grade gezeigt und geübt werden, gleichsam wie zum Beweis, daß ein tüchtiger Kämpfer sich auch auf jene versteckten Angriffe verstehen muß. Wehe uns aber, wenn dieses Unkraut auf dem Boden unsers Charakters Wurzel faßt!«

Sebastian dachte über diesen Gegenstand anders. Wenige Wochen, nachdem er nach vollendetem Prüfungsjahr das Gelübde der Armuth, Keuschheit und des Gehorsams abgelegt, fiel folgendes Ereigniß vor.

Es konnte Horacen, der seinem Freunde auch in Verhältnissen des Ordens am nächsten stand, nicht entgehen, daß dieser öfters heimliche Gänge antrat, deren Zweck er ihm hartnäckig verschwieg. Zufällig erfuhr er jedoch, daß er eine junge Jüdin aufsuchte.

Eines Tages, als Sebastian sich bei ihr befand, mußte es ein unglückliches Geschick fügen, daß der Pater Ignaz, der in Geschäften sich in jener Gegend befand, ihn im Hause des Juden antraf. Der Entdeckte erschrack heftig; er wußte nur zu wohl, daß Ignaz, stets von ihm mit verächtlichem Stolze behandelt, die Gelegenheit, sich zu rächen, nicht vorüber lassen werde. Sein Entschluß war demnach sogleich gefaßt; er befahl der Jüdin, die Läden ihres Gemachs fester zu schließen, sich krank zu stellen und so ruhig abzuwarten, was geschehen würde.

Er selbst flog nach Hause, öffnete Horacens Thür und trat mit den Zeichen äußerster Bestürzung und Trauer hinein. Den Freund zum Mitwisser seines Geheimnisses machend, brachte er die verstellte Klage vor, wie er eben Botschaft erhalten, daß die Geliebte auf den Tod krank liege; ein Befehl des Rektors, der ihn zu sich rufen lasse, verhindere ihn leider, selbst zur Erkrankten zu eilen, er fordere aber von der Freundschaft Horacens, daß er ihn und das arme Mädchen nicht verlasse. Mit diesen Worten schob er dem Erstaunten ein paar Gläser mit Medikamenten in die Hand, beschrieb ihm Gasse und Haus und drängte ihn fort; er selbst aber begab sich auf's Zimmer, wo er, auf's Lager hingeworfen, sich in seine Decken hüllte, als hätte ein bösartiges Fieber ihn überfallen.

Was er vorausgesehen, geschah; nicht fünf Minuten vergingen, so klopfte das Stäbchen des Unterprokurators an die Thür, die Gegenwart des Rektors meldend. Dieser trat mit Ignaz herein, nicht wenig verwundert, den Angeklagten auf seinem Zimmer, und zwar in einem Zustand zu finden, der es unmöglich zu machen schien, daß er vor wenig Augenblicken in entlegener Straße am entfernten Ort gewesen. Sebastian stellte sich, als begriffe er nicht, was der Rektor wolle, und dieser wandte sich endlich mit unmuthiger Gebehrde zu Ignaz.

»Beim heiligen Jakob!« rief der alte Jesuit, »so wahr ich ein ehrlicher Biscajer bin, ich habe Niemanden als den Bruder Sebastian zu sehen geglaubt; doch möge die Düsternheit des ärmlichen Gemachs, die Unwürdigkeit der Umgebung die Schärfe und Klarheit meines Blicks getrübt haben; darauf aber will ich beim Splitter des heiligen Kreuzes schwören, ich sah einen unseres Ordens im Hause jener Gottlosen; schickt hin, und wenn nicht Alles trügt, so muß sich der Uebertreter noch daselbst finden.«

Sebastian stieß bei diesen Worten einen Schrei der Furcht und Besorgniß aus, der die Aufmerksamkeit des Rektors wieder auf ihn leitete.

»Bei Eurem Gelübde!« rief der ernste Mann, »ich befehle Euch, mir zu sagen, was Euch in dieser Sache bekannt ist.«

Nach einer Pause entgegnete Sebastian mit dumpfer Stimme: »Mein Vater, Ihr fordert die Erfüllung einer harten Pflicht von mir, ich soll gegen meinen Freund und Bruder zeugen.« –

»Gegen Euren eigenen Vater, wenn es der Orden verlangt!« rief der Rektor strenge.

»Wohlan, so sage ich Euch, daß Don Horatio ein Liebesverständniß mit einer Jüdin unterhält. Schickt hin, Ihr werdet ihn finden; ach! ich habe ihn umsonst gewarnt!«

Er sank erschöpft zurück; doch in dem Moment fühlte er die Hand des Rektors segnend auf seinem Haupte.

»Tröstet Euch, mein Bruder!« rief er, »Ihr habt Euren Freund nicht verrathen, gerettet habt Ihr ihn! Der Segen des heiligen Ignaz lege sich auf Euer Herz, wenn es im Dienste des Ordens ob einer strengen Pflicht zu brechen droht!«

Indeß war Horace im Gemach der schönen Esther getroffen und gefangen genommen worden; seine Schwüre, seine Betheuerungen halfen nichts; unerbittlich sind Ignaz und seine Häscher, der Unglückliche wird in das Gefängniß des Kollegiums geführt, wo man ihn allein mit seinem Schmerz läßt, der doppelt groß ist, da er wohl fühlt, von welcher Hand der Streich geführt worden.

Drei fürchterliche Tage sind vergangen. Das Haupt auf den Arm gestüzt, in grübelnden Unmuth versenkt, sizt er da am Abend des vierten Tages; das Lämpchen brennt zu seinen Füßen, die Scheibe des Mondes rollt am vergitterten Fenster, von nacheilenden Wolkenschatten verfolgt, dahin, da öffnet sich die Thüre und Sebastian steht vor ihm. Er sprach in langer Rede seine Verlegenheit, seine innern Vorwürfe aus, indeß des Freundes blaues Auge offen und prüfend auf ihm ruhte

»Ich weiß es,« sagte Horace endlich kurz, »ich bin deinetwegen hier; Du hast mich verläumdet, auf mein Haupt die Strafe gelenkt, welche dem Deinigen zukam; gestehe es offen, ich bin bereit, Dir zu vergeben.«

Sebastian kämpfte mit seinem Stolz, bevor er das Geständniß that, doch sein Herz, noch nicht bis zum Grunde vergiftet, zog ihn dem leidenden schönen Freunde zu. Er warf sich unter einer Flut hervorbrechender Thränen an die breite Brust des Jünglings, der ihn aufnahm und herzlich an sich drückte.

»Sebastian!« rief Horace, »der Himmel gebietet über diese Stunde – Dein Busen ist weich – versprich mir, mich nie wieder zu täuschen! Wenn Du im Mißgeschick bist, biete ich offen meine Brust dir zum Schutz, doch wissen muß ich darum; nicht zum Träger Deiner Sünde biete ich mich an.«

Sebastian schluchzte, ein warmer Händedruck und die Worte: »Beim Kreuze, das ich auf der Brust trage, dieses schwöre ich Dir!« besiegelten auf's Neue den Bund.

Horace ging jezt mit der Heiterkeit einer jugendlichen Begeisterung aus dem Kerker in den Hof, der dazu bestimmt war, straffällige Mitglieder des Ordens der Oeffentlichkeit preiszugeben; doch die Mauer, welche diesen Hof umgab, war so hoch, daß auch hier das Geheimniß bewahrt wurde, in dessen Schleier die Gesellschaft Jesu für gut fand, alle ihre Angelegenheiten zu hüllen. Baarfuß, den Oberleib entblößt, die Arme mit einer gelbseidnen Schnur, dem Zeichen der Rechte seiner edlen Geburt, umschlossen, stand Horace eine Stunde da, wie er hoffte und wünschte, von Niemanden gesehen.

Doch hierin täuschte er sich. An die Mauer des Hofes stieß der Palast der Prinzessin Constanzia della Gloria. Das blühende siebzehnjährige Mädchen ward durch die Politik des Hofes von Lisboa gleichsam wie im Exil zu Coimbra gehalten, und ihre Duenna, eine alte Prinzessin von Geblüt, eine Karrikatur von Stolz, Unwissenheit und Aberglauben, war dem Mädchenfrühling zum Wächter gegeben. Doch ein junges, aufathmendes Leben holt seine duftende Nahrung vom Mond und den Gestirnen; Träume lehren es die Liebe, und der Schatten eines Bildes hat noch Körper genug, um diese Träume wahr zu machen. Die schweren Wellen der dunkelrothen Vorhänge waren niedergelassen, die Prinzessin lag am Fenster, die braune Grimasse einer alten maurischen Amme trug mit geschwinder Zunge ein südliches Mährchen vor, indem sie bei der Schilderung jeder Liebesscene lachend die grellen weißen Zähne enthüllte.

Das fürstliche Mädchen sah gedankenvoll hinaus, da trafen ihre Blicke unten auf den schönen Jüngling im Hof, der, das Haupt gesenkt, in einer schönen träumenden Stellung dastand. Das Mährchen der alten Myrza hatte jezt für die Prinzessin Bedeutsamkeit, sie wußte jezt, wer der schöne maurische Ritter war, der im Thal zu Ronceval den neunarmigen Riesen bekämpfte, sie sah den schlanken Hirten, vor Augen, der dem Zug seiner weißen Lämmer träumend nachschlich auf die Höhe des Berges.

Wenige Wochen nach diesem Ereigniß wurden beide Freunde in's Gemach des Don Riguez beschieden. Mit einnehmender Freundlichkeit trat ihnen der stolze Mann entgegen.

»In Uebereinkunft mit dem Pater Rektor,« hub er an, »ist es mir gelungen, zwei treffliche Aufträge für Sie, meine jungen Freunde, aufzufinden. Wir sind unter uns, Sie sollen sie vernehmen. Neugierig bin ich, wem von Ihnen beiden ich dankbarer seyn werde für die wohlerfüllte Pflicht. Ich habe mich in meiner Wahl von den verschiedenen Charaktervorzügen leiten lassen, die Sie schmücken. Don Ortes Bellador, früher Admiral der Flotte seiner portugiesischen Majestät, befindet sich seit gestern in den Mauern unserer Stadt; es gilt, ihm ein wichtiges Papier abzulocken, das er in Händen hat und das uns von großem Nutzen seyn kann. Die nähern Umstände und Beziehungen finden sich hier auf diesem Blatte. Es gilt nun, meine Freunde, daß Sie durch List oder Ueberredung, durch Frömmigkeit oder Schmeichelei, durch welche Künste Sie immer wollen, das Papier erhalten. Der Admiral ist mit einem alternden, doch, wie man mir sagt, noch immer schönen und galanten Weibe verbunden. Sie wissen nun, was Sie zu thun haben; Ihnen, Don Sebastian, theile ich die Frau zu, Sie, Don Horatio, erhalten den Mann. Zum Vorwand, in's Haus zu kommen, mag dieses Kästchen dienen, das mir ein Vetter des Admirals für ihn hat einhändigen lassen.«

Er machte eine entlassende Verbeugung und beide Freunde gingen, sich zu ihrem Berufswege vorzubereiten.

Mit klopfendem Herzen, die einstudirten Rollen im Kopfe, standen sie am andern Morgen, nach der Messe, vor dem Pallast; ein Mohrenknabe öffnete ihnen den Vorsaal und die zahlreiche Dienerschaft bückte sich, eine Straße bildend, vor den eben so geachteten als gefürchteten Ordensgeistlichen. Der Admiral, ein korpulenter Sechziger, mit einer gesunden Weinlaune im rothen Antlitz, lag am Kamin und wärmte seine podagrischen Beine. Er empfing die beiden jungen Patres mit Höflichkeit und nahm das Kästchen in Empfang.

Als die Etikette es erlaubte, erschien seine Gemahlin; nach einigen Stunden ging man zur Tafel, die reich besezt war und an der vornehme Gäste Theil nahmen. Horace fand Gelegenheit, mit einem jungen Verwandten des Hauses sich über die innern Verhältnisse der Familie zu besprechen und manche interessante und wichtige Notiz zu sammeln, indeß Sebastians Stolz sich herabließ, der Dame Ulrica zu schmeicheln, die ihm ein williges Ohr lieh und nach der Tafel eine Audienz versprach. Als er sich so weit sah, glaubte er durch eine salbungsvolle Rede voll glatter Frömmelei sein Ziel schnell zu erreichen, doch die Dame wich ihm aus und that, als verstände sie nicht, wovon eigentlich die Rede sey. Endlich erhebt sie sich, holt ein zierlich gearbeitetes Kruzifix hervor, schenkt es ihm, bittet sich dabei einen Platz in seinem Gebet aus und empfiehlt sich.

Sebastian geht innerlich ergrimmt und findet auf dem Vorsaal Horacen, der eben nicht glücklicher gewesen war. Durch ein paar Gläser guten Weins heiter und ausgelassen gestimmt, war er mit dem Hausherrn auf allerlei kurzweiliges Gespräch gekommen, und hatte zulezt vergeblich sich bemüht, es zu dem ernsten Geschäft hinzulenken.

»Ich tauge nicht in dem Orden,« murrte er auf dem Heimwege; »eine lustige Gesellschaft, ein Glas Wein machen mich zum Plauderer; statt Geheimnisse zu erforschen, mache ich die meinigen offenbar.« –

Don Riguez, als er den Bericht der Jünglinge vernahm, lächelte und sprach: »Meine Freunde, ich habe mich in der Wahl geirrt; beschäftigen Sie sich mit der Frau, Horatio; Sebastian mag es mit dem Manne zu thun haben.«

Der Abend desselben Tages zeigte, wie richtig der feine Weltmann geurtheilt hatte. Als Horace zu einem Spaziergange das Haus verließ, flog der kleine Mohrenknabe an ihm vorbei und steckte ihm einen Granatapfel in die Hand; die Frucht öffnend, fand er ein Papier, worauf die Worte standen: »Pater Horatio, eine Dame bittet, Ihr möchtet in Eurem Auftrag Euch an sie wenden.« Diese wenigen Worte enthielten einen deutlichen Wink für den Erfahrenen, doch ein unauflösliches Räthsel für den armen Horace. Er entschloß sich, zur bezeichneten Stunde an den vorgeschriebenen Eingang zu gehen.

Es war Abend, und ein großer Theil des vornehmen Adels in Coimbra, auch der Admiral, auf einem Feste außerhalb der Stadt versammelt. Donna Ulrica kam in ihren einsamen Gemächern ihm mit einer bezaubernden Freundlichkeit entgegen; sie sezte sich zu ihm, Horatio mußte erzählen; doch sobald er die ernste Verhandlung berührte, spielte sie in schäkerndem Ton mit ihrem Papagei, lobte seine Farben und nöthigte den jungen Jesuiten, ihn auf die Hand zu nehmen; er that es und kam dann wieder auf das wichtige Papier zurück; da flog die Dame an ihre Harfe, und in orientalisch weicher Stellung auf beide Knie niedergelassen, ließ sie sich in einem rauschenden Capriccio vernehmen; sie blickte mit Lachen zu ihrem Freund hinauf und nöthigte ihn, die ersten Takte eines kleinen spanischen Liedes zu singen, das in den Straßen von Madrid öfters ertönte.

So vergingen ein paar Stunden, die Nacht war eingebrochen, Mondesglanz und farbiger Duft zitterten vor dem offenen Fenster, Früchte standen in silbernen Schaalen auf einem Tisch, doch kein Licht erschien, so wie keine von den vielen Zofen. Nach einer Weile erhob sich die Dame, trat zu einem Kästchen, öffnete es und zog ein Papier heraus.

»Don Horatio,« sprach sie in einem muntern, aber festen Tone, »Eure Jugend erklärt das Mißverständniß, das noch zwischen uns obwaltet. Seht, hier ist das Papier: allerdings kann ich darüber gebieten, denn mein Gemahl ist nur der erste meiner Sklaven. Wohlan! tragt auch Ihr meine Ketten nur kurze Zeit, und die Schrift ist Euer.«

Der junge Franzose fühlte sich von einer Glut überströmt, die mehr von Zorn als von Beschämung ihren Ursprung herleitete; da stand die Versucherin vor ihm, in ihren Händen zitterten die so sehnlich begehrten Blätter; er glaubte darnach haschen zu können, doch Uebereilung und Zürnen überflog ihn, hastig sprang er auf, und die ihm angeborne Artigkeit gegen das schöne Geschlecht konnte nur so viel über ihn gewinnen, daß er die Hand der Dame, die sich auf seine Schulter stüzte, nicht unwillig wegschob. Am andern Morgen war der Admiral mit seiner Gemahlin fortgereist, und das kostbare Papier blieb verloren.

»Warum fügten Sie sich nicht ihrem Willen?« fragte Riguez den Jüngling. Die Röthe des Erstaunens auf den Wangen war dessen ganze Antwort. »Sie scheinen noch immer nicht zu wissen, daß der Orden Ihnen befehlen kann!« rief jener mit einem glatten, vornehmen Lächeln.

»Auch eine Sünde?« stotterte Horace, noch höher erröthend.

»Was nennen Sie Sünde? Kann ein Mittel, das da dient, einen guten Zweck zu erreichen, sündhaft seyn? und wäre es eine Sünde, so fällt sie auf's Haupt derer, die über Sie befehlen; Sie sind, wie jeder Einzelne von uns, nur Werkzeug, um das Wohl des Ganzen zu fördern.«

Die Nacht nach diesem Gespräch vergoß der arme Jüngling heiße Thränen auf seinem einsamen Lager; so grausam, so kalt, so eisern tyrannisch hatte er noch nie die Geißel über seinem Haupte gefühlt; doch sein warmes, reines Herz sollte noch schärfer die verwundende Tigerklaue fühlen. Die Schmerzen dieser Nacht, die empfangene Demüthigung hatten ihn jezt zum ernsten, fast mannhaften Jüngling gemacht; er that sich selber das heilige Gelübde, nie in einem ähnlichen Falle sich der Sünde zu verkaufen, und wenn auch sein Leben in Gefahr stände.

Sebastian hatte unterdeß einen glänzenden Triumph gefeiert; es war ihm, vereint mit Don Riguez, gelungen, die Prinzessin Constanze della Gloria für den Orden zu gewinnen; sie und die Duenna hatten ihren frühern Beichtvater verabschiedet und erklärten sich bereit, einen Schüler der Lehre Loyolas zu nehmen. Das Amt wurde Riguez angetragen, der es freundlich annahm, obgleich die Zeit seiner Abreise von Coimbra sich näherte. Schon hatte er das Register der Sünden der strengen Domina willig in sich aufgenommen und mit sicherer, galanter Zuvorkommenheit die unerquickliche Sünderin getröstet.

Als sich jezt die junge Prinzessin anmelden ließ, rief ihn zu seinem nicht geringen Verdruß ein dringendes Geschäft ab und Horace erhielt den Platz im Beichtstuhl. Er nahm ihn ein, ohne zu wissen, hinter welchen Seelenschleier es ihm vergönnt seyn werde, zu schauen. Finster, verstimmt saß er da in der dämmernden Kirche und schaute die lange Perspektive hinab, an deren Ende die ewige Lampe vor dem Antlitz der heiligen Jungfrau brannte; da rauschte es den Gang herauf, drei Frauengestalten, in Schleier gehüllt, wurden sichtbar, zwei blieben zurück, die dritte aber schwebte mit ungewissem Schritte dem Beichtstuhl zu.

Horace sah eine jugendliche Gestalt vor sich, er sammelte schnell seine Aufmerksamkeit und erwiderte ihren Gruß mit einer ernsten Hauptneigung; jezt sank sie ihm zur Seite auf's Knie, den Mund und die Wangen dem Gitter nähernd, an dem des Jünglings Wange lag. Er fühlte einen warmen Athemzug, hörte die reine, schöne Stimme eines Engels. Sie beichtete Sünden, die vor dem Sinn ihres strengen Richters zu Liebenswürdigkeiten wurden; doch als ihre Lippen mit stockenden Worten jenen schönen Anblick im Hofe und dessen Eindruck beschrieben, wie sie klagte, daß seitdem die Gestalt jenes Jünglings sie in ihrem Gebete störe, und er aus ihrem Munde die genaue Beschreibung seiner selbst vernahm, da erröthete er und eine wunderbare Bewegung bemächtigte sich seiner.

Seit diesem Moment war die Prinzessin della Gloria kein gleichgültiger Gegenstand mehr für ihn. Es wurde ihm nicht schwer, sie zu sehen, und es boten sich öfters Gelegenheiten, die eine Leidenschaft in seinem Busen befestigten, welche sein ganzes Leben anders zu gestalten bestimmt war.

Constanze wußte nicht, welchem Herzen sie die Geständnisse des ihrigen vertraut hatte; das aber wußte sie, daß der schöne feurige Jüngling, der sich ihr jezt näherte, Niemand anders war als der Büßende im Hofe des Kollegiengebäudes. Es galt, in der Nähe der Duenna durch kein Wort, keine Miene das Ansehen eines Mitglieds einer so heiligen Gesellschaft zu stören; doch eine junge Liebe ist schon durch die Seligkeit des Anblicks befriedigt.

Zugleich mit Horace fand sich auch Sebastian öfters in dem Hause ein; auch ihn fesselte das schöne Mädchen, allein gewohnt an List, Verstellung und Schleichwege, umgarnte er mit frommen Reden die Alte, um ihre Wachsamkeit einzuschläfern. Sein Freund durchschaute auch hier seinen Plan und zitterte für die reine Lilie; er nahm sich vor, sie zu beschützen, unbekümmert darum, daß er einen Bund gegen sein eigenes Herz, gegen die ersten Stürme einer erwachten, ungeschwächten Natur machte. Ohne Sebastians Tücke hätte Horace nie den Muth gefunden, so weit zu gehen; doch jezt, indem er die Prinzessin vor seinem Freund warnte, berührte er Gegenstände, mußte Gefühle schildern, welche in seinem und dem Herzen des Mädchens ihre nur zu deutlich erklärenden Bilder fanden. Sie gegen die Angriffe der Leidenschaft warnend, machte er selbst solche Angriffe.

Sebastians erschöpfte Geduld drängte zur Katastrophe, die Wachsamkeit der Duenna war eingeschläfert, jezt galt es zwischen den beiden Freunden, einer den andern zu bewachen. Sebastian zitterte vor der Möglichkeit, daß Horace ihm die Beute entreißen könnte, und dieser wich nicht von des Mädchens Seite, um jenem nicht Zeit zu lassen, seine verderblichen Künste geltend zu machen.

So geschah das Unvermeidliche: Constanze, im Schutze ihres Engels, verlor mit diesem zusammen ihren Himmel, und Sebastian mußte es seyn, der zuerst hinter den Schleier dieses unglücklichen Ereignisses blickte. Er war vernichtet, er schwor Rache, und die Ausführung folgte dem neugebornen Plane auf dem Fuße.

Aus seinem Munde erfuhr der Rektor das Geschehene, Horace ward in Gewahrsam gebracht; er leugnete nicht. Der im Gewittersturm plötzlich aufgebrochene Frühling seines Herzens überwältigte ihn dergestalt, daß der kräftige Jüngling unter Schmerz und Lust fast zu erliegen glaubte. Nicht die Anklage, die der Freund gegen ihn erhoben, nicht die Gefahr, welche ihn selbst bedrohte, bewegte seine Brust; nur ihr Bild stand vor ihm, ihr Bild im entzückenden Ausdruck des Schmerzes und der Liebe.

Die Väter des Ordens ließen den Unglücklichen nicht lange in Zweifel über sein ferneres Schicksal; am Abend des dritten Tages erhielt er ein Billet von Sebastians Hand:

»Don Horatio, Ihr werdet mich anklagen, daß ich meinen Schwur gebrochen, daß ich Unheil auf Euer Haupt gebracht; ich aber sage Euch, Ihr seyd es, der mich schmählich verrathen! Ich leugne nicht, daß ich Euer Verbrechen den Vätern angezeigt; alles, was meine Freundespflicht noch gebietet, ist der Rath, dem Befehle, welchen Don Riguez Euch noch heute Abend kund thun wird, schnelle Folge zu leisten. Dies kann Euch retten, nur dies allein.«

Horace warf das Blatt weg, fest entschlossen, keines Menschen Gnade zu erflehen. Nach einer Stunde trüben Nachsinnens öffnete sich die Thür und Don Riguez trat mit einer Lampe herein. Ehrerbietig erhob sich der Jüngling, die Locken aus dem bleichen Antlitz streichend, schaute er dem ernsten Manne entgegen.

»Nicht, daß Ihr Eurer Leidenschaft gefolgt seyd, mein Freund,« hob dieser an, »nicht das tadle ich; denn wir sind alle Menschen, und dieser schwarze Rock scheidet uns nicht von den Gesetzen, die die Natur uns auflegte. Daß Ihr aber so wenig Klugheit und Vorsicht in Wahl des Gegenstandes und der Mittel zeigt, dieses zieht Euch die Strafe zu, welche von Eurem Haupte abzuwenden, ich nicht mächtig genug bin. Durch Donna Hubertia, der Prinzessin Duenna, ist Euer Verhältniß der ganzen Stadt schon bekannt; es ist keine andere Rettung für Euch und unsern Orden, als Eure schleunige Abreise auf dieser Stadt.« –

»Heiliger Denys!« rief, der durchschauerte Jüngling und stürzte zu den Füßen des Professen; »legt mir, o mein, Vater, die härteste Buße auf, gebietet, daß ich meinen Körper mit Geißelhieben zerfleische, nur fordert nicht, daß ich den Ort verlasse, wo sie athmet!«

Er hatte sein Antlitz an Riguez Knie gepreßt, und dieser fühlte die wilde Glut seiner Thränen. Eine Pause entstand, während welcher man ihn laut schluchzen hörte.

»Unglücklicher!« hub Riguez, endlich an, indem er mit der Lampe die zu seinen Füßen, liegende Gestalt beleuchtete; »was forderst Du? – Meint Dein kindischer Sinn, wir sollen die ergiebigen Vortheile dieses Bodens aufgeben, bloß damit Du Deinen Roman fortspielen könnest? Seit wann ist's Sitte in diesem Orden, daß Leidenschaft über Klugheit triumphirt? – Hört, Don Horatio« sezte er milder hinzu, »Eure Jugend, Eure Offenheit rührt mich; hört, was mein gutes Herz für Euch ausgesonnen hat. Ihr seyd jung, schön, Euer Glück bei Frauen ist mir durch tausend Beispiele, welche Ihr in Eurer Unbefangenheit nicht einmal bemerkt habt, deutlich geworden; wohlan! auch dieses sind Verdienste, und der Orden wird Euch nicht sinken lassen. Gerade jezt zeigt sich eine Gelegenheit, eine Aufgabe zu lösen, an der die ergraute Klugheit mehrerer unserer Brüder gescheitert ist; Eure blonde Jugend kann vielleicht spielend den Sieg davontragen. Gabriele d'Estrées, eine eifrige Anhängerin des Ketzerthums, ist die erklärte Geliebte König Heinrichs von Frankreich geworden; durch sie kann unserm Orden Eingang am Hofe dieses Fürsten verschafft werden, gelingt es, das geistreiche Mädchen in den Schooß der Kirche zurückzuführen. Hier sind Briefe und Vollmachten, eine ritterliche Kleidung, Gold und kostbare Anzüge jeder Art liegen bereit, nehmt sie in Empfang und reiset noch dieser Tage ab; in welcher Maske Ihr Euch der Dame nähern wollt, es sey Eurem Willen ganz überlassen.« –

Riguez schwieg und warf einen fragenden Blick auf den Jüngling, doch dieser fuhr mit der Geberde des Schreckens und der Angst auf:

»Unmöglich,« rief er, »vermag ich Künste der Verführung auszuüben mit einem gebrochenen Herzen! Wie kann ich Verräther an der Liebe werden, jetzt, da sie gerade ihre schönsten Segnungen über mich ausgeschüttet hat?« –

»Verblendeter!« rief Riguez in kaum verhehltem Zorn, »so laßt Ihr Euer Blut mit Euch spielen! Wohlan, ich bin nicht hier, um Euch zum Liebesboten zu dienen; fügt Euch dem Beschluß, welchen meine Milde gefaßt hat, oder seyd augenblicklich bereit, noch in dieser Nacht zur Flotte abzugehen, welche segelfertig nach der neuen Welt im Hafen zu Porto liegt.« –

Der Jüngling wand sich im Krampfe der blutigsten Schmerzen am Boden; endlich rief er laut und schreiend:

»Mutter Gottes! du siehst in mein Herz, es ist frei von Lastern! alles, alles will ich erdulden, nur nicht Verrath an der Liebe!« –

Er sank auf den Steinsitz und bedeckte das Gesicht mit den Händen; als er wieder aufsah, deckte Finsterniß den Raum um ihn, Riguez war verschwunden, sein Schicksal entschieden.

Nach einer Weile erschien Ignaz mit dem Kerkermeister, zugleich ein Schiffer; seine Bande wurden gelöst, und Ignaz reichte ihm ein Schreiben. Es enthielt die wenigen Worte von Don Riguez Hand:

»Habt Ihr mir Abschiedsworte an gewisse Personen zu vertrauen, so thut es dreist; als portugiesischer Edelmann, mehr noch als rechtgläubiger Christ schwöre ich es auf's Sakrament, ich will sie getreulich abgeben. Dieses Anerbieten wird Euch hoffentlich den Beweis geben, daß Euch der Freund achtet, wenn Euch der Vorgesezte verdammt; reiset glücklich.«

Horace küßte gerührt das Papier, dankbar erkannte er die lezte Gunst seines zürnenden Geschicks, er ließ sich nieder auf seine Knie, und obgleich seine Thränen häufig niedertropften und die Schriftzüge zu verlöschen drohten, so vollendete er doch beim dürftigen Schein der Lampe den Brief an die geliebte Constanze. Er beschwor sie nicht, ihm treu zu bleiben; konnte er von einem jungen, aufblühenden Leben fordern, daß es sich der hoffnungslosen Trauer verbinde? er beschwor sie nur, sein Angedenken in ihrer Seele durch nichts verlöschen zu lassen, so wie man an einen früh verstorbenen Freund denkt, ohne Wunsch, ohne Hoffnung. Diesen Brief nahm Ignaz in Empfang, drückte dann einen brüderlichen Kuß auf Horacens Stirn und leuchtete noch mit dem flackernden Lämpchen nach, als die beiden Männer durch den finstern Thorweg des Kollegiums hinaus in die finstere Nacht zogen.

———————

Wir übergehen einen Zeitraum von zehn Jahren, und finden unsern Freund wieder in einer reizenden Platanenwaldung an den Ufern des Amazonenstroms, wo die Gesellschaft Jesu bedeutende Besitzungen im Schutze der portugiesischen Regierung sich erworben hatte. Der Rosenschimmer der ersten Jugend, der Glanz einer romantischen Zeit war gewichen, bleiche, schmerzliche Erinnerungen wiegten sich auf seiner Stirne und das Bewußtseyn des erwachten Mannesalters, die strengen Pflichten, welche er beschworen, und deren Ausübung seine Kräfte in Anspruch nahmen, verscheuchten jene weichen Träume seiner Jugend.

Nur in den, einsamen Stunden der Nacht, wenn der helle silberne Strahl des Mondlichts in seine Zelle glitt oder seine Gestalt umfloß, wenn er allein am Ufer des majestätischen Flusses durch schweigende Gruppen riesiger Blüthenstauden wandelte, da kamen ihm die Bilder aus dem geliebten Europa; Constanzens Lächeln, ihr erster Kuß, dazwischen Sebastians Verrath, Don Riguez kalter, unbestechlicher Stolz schwebten ihm vor.

Seiner Leitung als der eines Oberprofessen war die Bekehrung einer angesehenen Häuptlingsfamilie übergeben, die an den Ufern des Flusses ihre weitläufigen Wohnungen aufgeschlagen. Ravezuma, ein Greis von achtzig Jahren, herrschte mit der väterlichen Macht eines Patriarchen über seine Untergebenen, er war die Milde, die Güte, die Gerechtigkeit selbst; nur Eines konnte seinen Geist zu mächtigem, ungewohnten Zorn aufreizen: wenn eine fremde Hand an den Altar seiner Götter rührte. Denselben Flammeneifer theilten seine drei Söhne und das Heer seiner Enkel fühlte sich zu seinen Füßen von ähnlichen Gesinnungen durchflammt.

Welch schweres Tagewerk ihm hier anbefohlen worden, fühlte Horace nur zu wohl; doch sein Sinn, selbst edel und voll Liebe, ließ ihn durch die rauhe Hülle jener Söhne der Natur ein edles Herz, ahnen, und er verzweifelte nicht, obgleich Ravezumas Familie sich angelegen seyn ließ, besonders seinem Bekehrungseifer alle nur ersinnlichen Hindernisse in den Weg zu legen. Er empfand dieses um so schmerzlicher, da seine Bemühungen, den ehrwürdigen Heiden die Segnungen des Christenglaubens fühlen zu lassen, wahrhaft Sache seines Herzens waren.

Unwürdig, ja frevelhaft erschien ihm die Bekehrungsart seiner Ordensgenossen, welche, zufrieden, einige öffentliche Gebräuche des christlichen Kultus den Heiden aufzudringen, sich weiter nicht viel um den Zustand ihrer Seelen bekümmerten; öfters hatte er deßwegen Streit mit dem Pater Hugo Lamormain, welcher mit ihm dieselbe Würde und Verpflichtung theilte, jedoch auf gänzlich verschiedenem Wege dem Ziel zustrebte. Zwanzig Jahre älter als Horace, verband er mit dem lauernden Uebermuth eines Machthabers die demüthige Gleisnerei eines durch feige Künste Emporgekommenen; gewohnt, ein willenloses Werkzeug in der Hand seiner Vorgesezten zu seyn, kannte er keine andern Gebote, als am Ruhm und Glanz des Ordens zu arbeiten; was er dabei für Befriedigung seiner eigenen Lüste gewinnen mochte, war seine Sache, geschah es nur mit Klugheit und Vermeidung öffentlichen Aergernisses. Ihm, dem Schmeichler, war es gelungen in die Familie Ravezuma's einzudringen. Ja, er verschmähte es nicht, zur Ehre der gebenedeiten Jungfrau und des heiligen Ignaz, seinen Leib in das Gewand eines heidnischen Priesters zu hüllen, um in scheinbarer Anbetung vor dem Hausgötzen Ravezuma's das Knie zu beugen.

Als der feurige Horace dieses hörte, loderte sein Flammeneifer hoch auf, doch Hugo erwiderte auf seine Vorwürfe mit kaltem Lächeln: »Wo kommt Ihr denn her, mein Bruder, daß Ihr so unbekannt mit den Gesetzen der Welt seyd? Wohlan, zeigt mir denn die Fortschritte, welche Ihr in der Heidenbekehrung gemacht, besonders bei der Familie des stolzen Häuptlings. So viel mir bewußt ist, hat man Euch einmal mit Stockschlägen empfangen, an deren Folgen Ihr drei Wochen das Lager hüten mußtet, als Euer Fuß es wagte, die Schwelle jener Wohnungen zu betreten, indeß mir ein Platz am Mahle gegönnt wird, wo ich freilich mir etwas Gewalt anthun muß, das Fleisch junger Stiere, welche den Wagen des Gottes Mahuin gezogen, roh zu verzehren, so wie es nicht sehr ergötzlich ist, dem Gott Wam zu dienen, indem man sich während eines langen Gebets einige Haare aus dem Vorderhaupte reissen muß. Doch die heilige Jungfrau gestattet es, daß, während ich diese unschuldigen Gebräuche übe, ich mein Versehen durch zwölf Aves und drei Paternoster wieder gut mache, die ich leise vor mich hinmurmle. Auch das vergeben die Stifter unseres Ordens, wenn ich nothgedrungen die Taufe nicht anders verrichten kann, als durch eine scheinbar zufällige Berührung mit einem nassen Tuch, weil dem Körper der eigensinnigen Täuflinge das Besprengen mit kaltem Wasser nun einmal nicht behagen will. Muß sich's doch der allerheiligste Gottessohn gefallen lassen, mit dem Gotte Wam zugleich verehrt zu werden, denn so nur kann er auf dem Altare Platz finden. Habt Ihr übrigens nicht gehört, Bruder, daß ein siegendes Volk nur in dem Fall sich das besiegte ganz unterwirft, wenn es scheinbar auch seinen Göttern Altäre baut? Die Geschichte liefert hiezu tausend Beispiele.« –

»Wie!« rief Horace mit Unwillen, »und da seyd Ihr kühn genug, dem General nach Europa zu berichten, Ihr hättet jene Heiden zu Christen gemacht?« –

»Freilich,« entgegnete Hugo; »seyd Ihr denn so ein Neuling in den Geheimnissen unseres Ordens, daß Ihr nicht wisset, wie dem heiligen Stuhle nur um das gesegnete Land zu thun ist, welches unter den Tritten dieser Ungläubigen seufzt und seine Reichtümer nur unwillig in ihre Hände liefert?«

Horace blickte den Sprechenden mit Zorn und Verachtung an. »Unwürdiger!« rief er, »nennst Du dieses die Geheimnisse unseres Ordens, so zähle mich nicht zu den Wissenden; zittere vor mir, leicht könnte mein Eifer die Stimme unwürdiger Nachsicht unterdrücken und an Dir zum Verräther werden, um den Obern zu zeigen, welch treuloser Miethling im Weinberg des Herrn arbeitet.« Er wandte sich ab und bemerkte nicht, wie Hugo ihm mit einem hämischen, boshaften Lächeln nachsah.

Wenige Monate hierauf, während welcher Zeit Horace vergebliche Anstrengungen aufbot, mit Ravezuma's Familie in freundschaftliche Berührung zu kommen, verkündete ihm Hugo mit schlecht verhehltem Triumph, daß es ihm gelungen sey, Athaliba, den ältesten Sohn Ravezuma's, zu bewegen, den Gott der Christen zu bekennen, doch unter der Bedingung, daß er bei der Verehrung seinem Hausgotte den Vorrang lasse.

Die Kirche des Kollegiums wurde auf's Festlichste geschmückt, und eine große Anzahl Eingeborner strömte hinzu, den Sohn ihres Königs die merkwürdige Ceremonie verrichten zu sehen. Hugo hatte Horacen zu entfernen gewußt, denn er hoffte, an diesem Tag das stolze Gebäude kommender Triumphe zu gründen. Der stolze Häuptling erschien und der demüthige Pater empfing ihn am Eingang seiner Kirche mit knechtischer Verbeugung; auf dem Altare, der auf's Glänzendste geschmückt war, standen, in fließende Goldstoffgewänder gehüllt, die heiligen Personen des Mittlers und der gebenedeiten Mutter, über ihren Häuptern jedoch, dies hatte Athaliba verlangt, erhob sich auf einem Gerüste Mahuins, des zehnköpfigen Gottes, Gebild.

Der Zufall wollte, daß Horace, von seinem Geschäfte früher zurückgekehrt, gerade in dem Moment die Schwelle der Kirche betrat, wo Hugo im Namen der heiligen Jungfrau eine lange, mit Schmeicheleien überhäufte Danksagungsrede an den stolzen Häuptling hielt für die Gnade, welche er durch sein Bekenntniß der christlichen Religion erwiesen; er stürzte bei diesen Worten vor dem Götzenbilde nieder, indem er hiedurch das Zeichen allgemeiner Verehrung gab, dem die ganze Versammlung, die Familie des Häuptlings an der Spitze, folgte.

Dies war für den auf's Aeußerste gebrachten Horace zu viel; mit fliegendem Gewande, gleich dem Vernichtungsengel Gabriel, eilte er die Galerien hinab, schritt die Gerüste hinauf und betrat sie mit eisernem Fußtritt.

»Elender!« schrie er, und riß mit gewaltiger Faust Hugo empor, »was beginnst Du? – kniee vor Gott und nicht vor Teufeln!«

Schreck und Entsetzen füllten in dem Moment den weiten Raum des Tempels, die rohen Schaaren in Athaliba's Gefolge erhoben ein dumpfes, gräßliches Geschrei, das sich vielfach an den hohen Kreuzgewölben brach; Hugo, der hierin einen Schutz seiner Freunde ahnete, erhob sich aus seiner in Schreck und Furcht niedergebeugten Stellung und trat dicht an die Brüstung der Gallerie, um seinen Verfolger anzuklagen; doch in dem Augenblick traf schon den armen Horace ein Pfeil, aus der Tiefe hinausgesendet, dergestalt in die Seite, daß er blutend niederstürzte.

Die Jesuiten verließen in schneller Flucht den Tempel, denn sie erwarteten nichts Geringeres, als einen allgemeinen furchtbaren Aufstand, der sich für sie mit einem Blutbad endigen konnte, ein Ereigniß, das in der Geschichte dieser unglücklichen Missionen eben nichts Seltenes war. Doch Athaliba schien vollkommen durch die augenblickliche Bestrafung des Verräthers besänftigt, besonders deßhalb, weil der tödtliche Pfeil von dem Bogen seines eignen Sohnes, des jungen Montezuma, geflogen war, eines Knaben, schön wie der junge Tag. Er war der Liebling seines Großvaters, so wie des Vaters, der den kühnaufstrebenden schlanken Jüngling seinen vierundzwanzig übrigen Söhnen mit entschiedener Parteilichkeit vorzog.

Hugo erschien bald nach diesem Vorfall in kriechender Demuth vor seinem hohen Täuflinge, und wirklich hatte seine Zuversicht ihn nicht getäuscht, er fand die gütigste Aufnahme. Athaliba erklärte ihn für einen edlen Märtyrer, und selbst Montezuma zeigte durch eine ihm sonst fremde Toleranz, daß auch er für seine Person dem fremden Gotte und seinem Diener eine gewisse Achtung nicht versagen könne; nur sollte sich jener tückische, wahnsinnige Eiferer, wie er Horacen nannte, nie seiner Schwelle nähern dürfen; Hugo stimmte beifällig in diese Ansicht und schied erst nach mehreren Tagen, nachdem er mit Gold, Perlen und Schätzen aller Art beladen worden war. Bald hierauf erlebte das Kollegium den glänzenden Triumph, daß Athaliba seinen Liebling Montezuma den Jesuiten, und vorzüglich dem Pater Hugo, zur Leitung überließ.

Horace erhielt von diesen Begebenheiten die genaueste Nachricht, während er, an seiner Wunde darniederliegend, das Zimmer hüten mußte. Die Kenntniß der Heilkräfte, die er in Coimbra durch anhaltendes Studium sich angeeignet hatte, unterstüzte jezt seine ungeschwächte Natur in ihren Bemühungen, die Krankheit zu besiegen, so kräftig, daß er nach einem Monat wiederum im Stande war, die ihm anvertrauten Geschäfte zu leiten.

An dem Tage seiner Verwundung in der Kirche hatte, da seine Ordensbrüder ihn verließen, ein junger Eingeborner sich seiner angenommen und ihn auf seinen Schultern aus dem Tumult getragen; auch später an seinem Krankenbette hatte Zirja Mittel gefunden, dem Unglücklichen nahe bleiben zu dürfen, um ihn zu pflegen. Horace erkannte seine Bestrebungen mit Dank, und im Gespräch, welches er in einsamen Nächten mit ihm führte, gewahrte er bald, daß ein Funke göttlicher Begeisterung in die empfängliche Seele des jungen Heiden fiel. Diesen zur Flamme anzuschüren, war dem edeln, von seinem Glauben selber tief Ergriffenen nicht schwer; doch er wußte aus der Geschichte seines eigenen Lebens, daß das Feuer schöner Begeisterung, wenn es auch noch so glühend emporstrebt, doch eines festen, unverfälschten Stoffes bedarf, an dem es zehrt, wenn es nicht bei den Stürmen des Lebens augenblicklich wieder verlöschen soll; er legte daher schwere Pflichten, schmerzliche Aufopferungen, gründliches Nachdenken und ernste Ueberzeugung zum Grunde, und bemerkte mit Freuden, daß seines jungen Lieblings Gemüth vor diesen Prüfungen nicht zurückbebte, daß er den Glauben zwar langsam, aber desto sicherer in sich aufnahm. Auch deutet und erklärt ja eine Liebe die andere, und so gestaltete sich in Zirjas Busen die Freundesliebe zur geläuterten Gottesliebe. Ehe ein halbes Jahr verging, konnte der Heide mit Ueberzeugung zum Bunde der Christen übergehen, und erhielt, am Tage des heiligen Stephan getauft, den Namen dieses Märtyrers.

Hugo's beleidigter Stolz brütete indessen über Racheplänen; er sah mit hämischem Auge die Bekehrung des jungen Heiden und berechnete, welche Vortheile hieraus Horacen erwachsen könnten; denn Zirja war der Häuptlingsfamilie verwandt, aus einem angesehenen Stamme entsprossen. Ueberdies war ihm die Nähe eines Mannes, dessen strenge Grundsätze, dessen unbeugsamen Charakter er fürchten mußte, in seinem Wirkungskreise zu gefährlich, als daß er nicht seine Entfernung sehnlich hätte herbeiwünschen sollen. Noch fand er Trost in der bestehenden Feindschaft Ravezuma's, seiner Söhne und Enkel gegen Horace; doch jezt trat ein Umstand ein, der diese Feindschaft in das aufrichtigste und wärmste Wohlwollen verwandelte. Montezuma ward im Bade von einer giftigen Schlange am Arm verwundet; durch ein auf unrechte Weise angewandtes Heilmittel war der Schaden noch vergrößert und der Jüngling an den Rand des Grabes gebracht worden.

Jammernd stürzte sich der unglückliche Vater vor den Altären seiner Götter nieder, himmlische und menschliche Hülfe anrufend, bewegte er durch seine Klagen jede auch noch so verhärtete Brust; auch zu Horacens Ohr drangen sie; er erschien am Lager des Halbbewußtlosen. Genau die Umstände bei der Verwundung, so wie die Natur des Giftes untersuchend, fand er endlich ein Mittel aus, welches Rettung versprach. Drei fürchterliche Tage vergingen, wo der Kranke einem völlig Todten gleich dalag, am Morgen des vierten öffnete er aber von Neuem die Augen dem Lichte, mit der Klarheit und Sicherheit eines Genesenen. Er richtete sich auf und begrüßte seinen Vater, der zu Häupten des Lagers kniete; Athaliba's Entzücken kannte keine Grenzen, er forschte nach dem Retter seines Lieblings, und an Zirja's Hand trat Horace in's Gemach. Bei seinem Anblick verhüllte der stolze Häuptling sein Antlitz.

»Wehe mir!« rief er mit durchdringendem Schmerzenslaut, »ich habe dieses Mannes Blut vergossen! der Gott meiner Väter hat aber nicht gewollt, daß er Gleiches mit Gleichem vergelte. O führe ihn zu mir, Zirja, daß sich Ravezuma's Sohn und Eridura's Enkel vor der weißen Stirn eines Christen demüthige; denn bei dem Haupte meines Vaters, er hat am edelsten gehandelt von Allen, die die salzige Straße des Meeres hieher gezogen sind, um in dem silbernen Schild unsers großen Flusses sich zu spiegeln. Führe ihn her zu mir!«

Horace stand mit der Unbefangenheit eines siegenden Bewußtseins vor dem stolzen Fürsten, der ihm vergeblich die reichsten Schatze anbot.

»Ich habe gehandelt, wie ich sollte und mußte,« erwiderte er ruhig; »uns Christen ist es Pflicht, unsern Feinden Gutes zu thun! glaube nicht, Athaliba, daß ich den Knaben rettete, weil er Dein Sohn war, ich hätte ebenso Deinen niedrigsten Sklaven gerettet.« –

»Du verschmähst meinen Dank,« nahm der Häuptling das Wort, »so verschmähe wenigstens nicht, einige Tage mein Gast zu seyn, damit sich an unserem Heerde der Schatten eines Mannes an die Wand male, welcher es verdiente, der Freund der Fürsten des großen Flusses zu seyn.«

Diese Einladung konnte Horace nicht ablehnen, er folgte, von Montezuma und Zirja begleitet, dem beglückten Vater in dessen Wohnung. Hier fand er nun die vom Himmel so oft erflehte Gelegenheit, Gutes zu wirken in reichem Maaße; die Herzen waren ihm und seinem Worte geöffnet, Milde, Güte, Gerechtigkeit und Liebe erblühten unter seinen Händen, und ehe das Jahr noch seinen Kreislauf vollendet, genoß er des Entzückens, durch die Taufe das schöne Werk der Bekehrung an der ganzen Familie zu krönen. Doch wie bitter war die Belohnung für sein Wirken.

Hugo's Bemühungen war es endlich gelungen, seinen Mitprofessen bei den Obern verdächtig zu machen, als einen gefährlichen Neuerer, dessen schwärmendes Haupt nicht eher ruhen werde, als bis die trefflichsten, seit lange bestehenden und mit Mühe befestigten Ordnungen umgestürzt seyen. Hierauf langte ein Befehl des Ordensgenerals aus Rom an, der Horacen zurück nach Europa beschied. Diesem Briefe lag ein Schreiben von Don Riguez bei, dessen Inhalt schmerzlich verwundend war.

»Sie kommen, Don Horatio, in unsern Kreis zurück, doch die Hoffnungen, welche der Orden auf Sie gründete, sind abermals getäuscht worden. Mit Mühe gelang es mir, den Zorn unseres Generals, in dessen Nähe ich jezt in Rom wohne, von Ihrem Haupte abzulenken. Unglücklicher, wie lange werden Sie in der Irre gehen, wie lange wird das Leben und Ihre Bestimmung Ihnen ein Räthsel bleiben? Der Befehl der Obern sendet Sie für's erste nach Marseille; doch ich hoffe, Sie vielleicht bald in Rom zu begrüßen.«

Sebastian schrieb die wenigen Worte: »Wir haben Euch nicht aus unserem Andenken gelöscht, Don Horatio, in Marseille wird man Euch in meinem Namen empfangen; die heilige Jungfrau und der Apostel Johannes mögen Eure Person schützend begleiten bei den Gefahren einer so langen Seereise.«

Horace fühlte nur zu deutlich, von welcher Hand dieser Streich gefühlt worden; sein Schmerz, sich verkannt zu sehen, wurde jedoch durch das Bewußtseyn, jene Vorwürfe nicht zu verdienen, gemildert; auch freute es ihn im Stillen, daß sich nun das theure Land seiner Jugend ihm wieder öffne, ewig geliebte Bilder füllten den Busen, doch ach! unter diesen fehlte das geliebteste – Constanzens Bild. Warum ward ihrer mit keiner Sylbe erwähnt? hatte sie im Arm eines Gemahls des Freundes vergessen, oder war sie, einem Engel gleich, frühe dem finstern Treiben der Sterblichen entrückt worden? Quälende Besorgnisse füllten das Auge ihres Freundes mit Thränen.

Als die Familie Ravezuma's, die baldige Abreise ihres geliebten Gastes erfuhr, äußerte sie Sorge und Betrübniß; Montezuma wollte seinen Lehrer begleiten, und Zirja war durch keine Bitte oder Vorstellung von dem Entschluß abzubringen, die Reise nach Europa mitzumachen.

»Nimm Deinen Freund als den geringsten Deiner Knechte mit, laß mich zugleich mit Dir den Strahl des Lichtes saugen, welchen Dein klares Auge trinkt; viel eher kannst Du's Deinem Körper verbieten, den Schatten in seinem Gefolge zu haben, als es Dir gelingen wird, Zirja's Bewunderung von der Schönheit Deiner Seele zu trennen.«

Als die Abschiedsstunde schlug, hatte Athaliba dem edlen Christen den größten Beweis seiner Zuneigung zugedacht; er führte ihn in die innere Abtheilung seiner Wohnung, wo die Frauen königlicher Abkunft sich versammelt hielten. Hier nahm er ihn bei der Hand, und indem er ein junges, blühendes Mädchen zu sich winkte, sagte er mit feierlicher Stimme:

»Großmüthiger Mann, Spiegel des wahren Glaubens, den auch der Sohn Ravezuma's verehrt, nimm hier die Tochter Geoma's, des Kindes Ravezuma's, zu Deiner Gattin, nimm das Kind der Palmen mit in Dein Vaterland und laß ihre Stimme Dir seyn gleich dem Vogel der Erinnerung, der auf dem dürren Aste der Gegenwart seine goldenen Lieder singt. Ich habe Dein Blut vergossen und Du thatst mir Gutes; jezt nimm das Gute, welches meinem Sinn Dir zu erweisen gelüstet.« –

Horace sah das zitternde Geschöpf zu seinen Füßen sinken; er hob es auf, und indem er durch eine ehrfurchtsvolle Beugung den stolzen Häuptling begrüßte, lehnte er mit freundlicher Würde das schöne Geschenk ab.

»Du weißt, Fürst,« sprach er, »daß ein Gelübde uns verbietet, der Liebe eines Weibes theilhaftig zu werden; sichere mir auch in der Ferne Deine Achtung und Liebe, Athaliba, und Du hast mich reichlich und auf alle Zeiten beschenkt. Bleibe dem Glauben treu, den Du in meine Hände geschworen, und sey versichert, daß wir uns dereinst wiedersehen.«

Noch denselben Abend ging das Schiff, welches unsern Freund entführte, unter Segel; Zirja befand sich auch auf demselben, und Hugo gab unter geheuchelten Freundschaftsversicherungen den Abziehenden das Geleit.

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In einer der Hauptstraßen der reichen Handelsstadt Marseille war vor einem ansehnlichen Palaste, den die Wittwe Antonia Berosi bewohnte, ein so starkes Gedränge, daß es zwei Reitern in ziemlich einfacher Tracht und auf schlechten Rossen äußerst schwer wurde, den Weg zu der Treppe des Palastes sich zu bahnen. Don Alphonso, der Vicekönig von Neapel, war zu Gast bei der reichen Wittwe, und die grenzenlose Pracht und Fülle der köstlichen Bewirthung hatte einen großen Theil der Stadt in Bewegung gesezt. Der ältere der beiden Fremden hatte jezt den Eingang erreicht, schwang sich ermüdet vom Pferde und stieg, seinen Gefährten bei den beiden Thieren zurücklassend, die Treppe hinauf. Als die Wache am Eingange ihn befragte, wies er ein Schreiben vor, das an den Provinzialen der Jesuiten zu Marseille gerichtet war; sogleich eilte ein Page hinaus und kam bald mit einem ältlichen Mann in der, Tracht des Ordens zurück, der nach dem Begehren des Fremden fragte.

»Kann ich den Pater Provinzialen nicht unter vier Augen sprechen?« –

»Er verrichtet eben seine Andacht,« war die Antwort, »doch bleibet hier im Vorgemach, ich will Euch melden.«

Der Fremde wandte sich, und indeß jener davon eilte, sah er sich in dem köstlichen Gemache, dessen Wände die schönsten Gemälde zierten, näher um; plötzlich rauschte die Thüre auf, ein langer starker Mann mit gebieterischen Zügen trat herein und fixirte den Fremden; dieser schaute lange in die strengen Augen, dann rief er: »Sebastian!,« und stürzte an die Brust des Freundes.

Der Provinziale schloß den Wiedergefundenen in seine Arme; eine Pause entstand, während welcher sich beide Männer aufmerksam und nicht ohne Spuren tiefer Rührung betrachteten. Sebastian stand fast als Greis vor dem noch immer blühenden Genossen; er schien diese Bemerkung in Horacens Blicken zu lesen, seine Rechte fuhr über die hohe, gewölbte Stirne, und er murmelte vor sich hin:

»Ihr findet mich verändert, Horatio? Sorgen, unermeßliche Thätigkeit für den Orden haben die Fülle von meinem Gebein gezehrt. Dich, Dich aber hat die Luft, welche kühlend die Häupter der Palmen schüttelt, mit dem frischen Hauch ewiger Jugend angeweht. Wird denn dieser kräftige Bau, diese französische Lebendigkeit, dieses Feuer Deiner Augen nie gedämpft, nie gelöscht werden? Willst Du nimmer sterben?« –

»Im Dienst des Ordens bist Du gealtert?« rief Horace; »füge nur hinzu, auch im Dienst schöner Beichtkinder!« –

»Welche Sprache!« erwiderte Sebastian, »ich kenne Dich nicht wieder; solche Behauptungen gehen über Deine Lippen?« –

»Ich kenne die Welt!« rief Horace, »der Knabensinn, der alle Gegenstände entweder schwarz oder weiß malte, ist verschwunden; ich weiß, was und wie viel ich von dem Menschen zu fordern habe.« –

»Glück zu!« frohlockte der Provinzial, »so bist Du jezt also doppelt der Meine.«

Er zog ihn in ein anderes Gemach. »Komm, Freund meiner Jugend, Dir öffnet sich dieses streng verschlossene Herz! – Ja, auch ich kenne diese Welt, kannte sie schon damals, als Du noch träumtest. O Horace, ein Thor ist, der schönen Luftgebilden nachjagt! Ein dumpfes Bewußtseyn leitete mich frühe zu diesem Orden, dessen innerste Organisation meinem Charakter wie ein bequemes glänzendes Kleid anpaßt. Die Väter dieses Bundes haben gezeigt, daß sie den alten Adam, den Menschen, wie er von Anbeginn der Zeiten war und wie er seyn wird, kannten, diesen Menschen mit seinem angelogenen Streben nach Licht, mit seinem Durst nach Unerreichbarem und mit allen seinen liebgewordenen, angeerbten Sünden. Die große Aufgabe war, der Welt die sogenannten Laster als Tugenden zu verkaufen, den Menschen an sein ursprüngliches Element, die Sinnlichkeit, festzuknüpfen und den großen Haufen durch den Schein zu regieren. Bin ich unter Raubthieren selber ein Raubthier geboren, so will ich rauben, und nichts als rauben; doch mein Fell soll das glatteste, mein Schmeicheln das anlockendste, mein Sprung, mit dem ich die Beute erhasche, soll der zierlichste, aber zugleich der mordendste seyn. Wie? soll ich den Unverstand so weit treiben, mich für ein Lamm auszugeben, bloß um Andern die Lust zu erhöhen, mich zu würgen? Sieh, Geliebter, so dachten die Väter dieses Ordens, so wandelten sie umher und mischten sich in die bunten Gruppen des Lebens; das rohe Geräusch des Unverstandes, die laute Klage der Andacht, das Gepränge der Herrschsucht, sowie die stille Thräne im Gemache der Sorge machten sie nicht mehr irre; einmal das Bild des Menschen im Herzen, konnte kein äußerer Zufall ihnen das kalte, immer gleiche Aeußere ihrer bleichen Züge rauben. Weltliche Ehre, prangende Kleider, schimmernde Kronen und Bischofsstäbe, sowie gelehrte, hochmüthige Talare wiesen sie hartnäckig von sich, denn sie saßen an der Quelle, vor deren Fülle ihnen jene Flitter nur armselig erschienen. Waren sie es doch, die die Hand lenkten, welche den schweren Scepter, den gewichtigen Hirtenstab führte. Und haben wir endlich das, was wir sind, nicht durch blutige Opfer erkauft? Der Eigensinn und die Thorheit der Menschen raubt uns goldene Genüsse; gelingt es uns auch, feiner als unsere Betrüger, diese wieder zu betrügen, so feiert doch dadurch, daß ein tausendjähriger Irrthum sie scheinbar zu unsern Richtern eingesezt, ihre plumpe Dummheit täglich und stündlich neue, rohe Triumphe über unsere Klugheit, Triumphe, die zwar das Gebäude unserer Uebermacht nicht zu erschüttern vermögen, dennoch dem Einzelnen immerdar empfindlich bleiben. Wir dürfen das Glück der Vaterschaft nicht kennen; unser Haar erbleicht nicht unter der liebenden Hand eines Weibes, am Gelage, an dem Jugend und Lebenslust köstliche Stunden verbrausen, geht unser Fuß kalt vorüber; stets muß ein Panzer unsere Brust verschließen, und nur im Geheim dürfen wir uns als Menschen menschlich zeigen. Doch die Thoren! sie wissen nicht, daß die Rache für jede unter diesen Martern hingebrachte Stunde schrecklich auf ihr Haupt zurückfällt, daß, wo wir nicht öffentlich uns sättigen können, wir im Geheim morden!« –

»Halt ein!« rief Horace; »zu welch einer fürchterlichen Consequenz hat sich Dein geheimnißvoller, finsterer Sinn ausgebildet! Halt ein! Deine Ansicht ist nicht die meine, wird nie die meine seyn! –

»Unglücklicher!« entgegnete Sebastian, »und sagtest Du nicht eben, daß Du jenen Schwärmereien der Jugend mit Beschämung entsagt?«

Horace hatte sein Antlitz verhüllt, er stand an die Säule des Eingangs gelehnt. »O meine Jugend, meine Liebe!« flüsterte er, »wohin sind sie!« Er warf sich an die Brust des Freundes: »Fühle an diesem heißen Busen, an diesem vielleicht nur zu ungestüm klopfenden Herzen, daß es eine Tugend gibt, daß Horace für sie glüht. Ach, kenntest Du die Wärme dieses Herzens, das Du so oft beleidigtest und das dennoch mit schwärmerischer Liebe an Dir hängt! Sebastian, Sebastian, warum mußtest Du so verloren gehen!«

Der Portugiese hatte sich weggewendet, er schien gerührt und verharrte in einem Moment des Nachdenkens, dann nahm er das Wort und sagte: »Wie sind wir auf derlei Gespräche gekommen? ist es nicht viel wichtiger, jezt nach Eurer Reise sich zu erkundigen? Don Riguez wird sich freuen, Euch wieder unter seiner Umgebung zu sehen.« –

»Don Riguez?« rief Horace, sich sammelnd, »wie geht es ihm, welches Geschäft betreibt er?« –

»Gegenwärtig befindet er sich in Rom; man versichert mich, daß sein Ansehen dort täglich wachse, der heilige Vater behandelt ihn vorzugsweise mit Güte und Aufmerksamkeit. Ja, es ist sogar erzählt worden, er könne leicht unser General werden, denn Gomez ist alt und sehr kränklich.« –

»Gott gebe ihm seinen Segen!« rief Horace; »doch wie ist es Dir ergangen? ich sehe Dich als Provinzialen wieder, eine Auszeichnung, die Du nach Deinen Jahren noch nicht erwarten konntest.« –

»Sie haben mir gegeben, was sie vermögend waren,« entgegnete der Pater; »doch habe ich auch für die Schwachköpfe mich abgearbeitet und das Roth von meinen Wangen gestohlen.« –

»Dieses Roth,« bemerkte Horace lächelnd, »stahl schon die schöne Judith von Deinen Wangen, während wir im finstern Saale des Kollegiums, an die Schulbank geschmiedet, die Oden des Pindar lasen.« –

»Jugendthorheiten!« spottete der Jesuit; »wer sagt mir, wie Ihr Euer Leben in der neuen Welt genossen?« –

»Und welches ist mein Geschäft hier?« fragte der Franzose; »seine Befehle hat diesmal der alte Brunold so dunkel ausgesprochen –«

– »Der Eingeweihte wird sie verstanden haben. Die Stadt wimmelt hier von versteckten Hugenotten. Du trittst als Coadjutor in das neu errichtete Profeßhaus hier.« –

»Als Coadjutor?« rief Horace, »das erlaubt mein Rang nicht, ich bin Professe von drei Gelübden und kann auf die Rektorstelle Anspruch machen.« –

»Das könnt Ihr, und wir wollen sehen, was sich machen läßt. Was mich betrifft, so behandelt mich öffentlich mit der Achtung, die sich ziemt, für meinen Stand sowohl als für die Rolle, die ich hier bei einer vornehmen Dame spiele.« –

»Und diese ist?« fragte Horace mit fast spitzigem Tone.

»Eine sehr ehrwürdige,« war die Antwort; »ich bin ihr Beichtvater und sie ist im Begriff, große Reichthümer unserm Orden zu schenken. Erklärte Hugenottin vor dem Volk, ist sie längst im Stillen eine der Unsrigen. Das bevorstehende Frohnleichnamsfest ist bestimmt zum Zeitpunkt ihres Uebertritts zu der alleinseligmachenden Kirche.«

Ein paar Diener traten herein, ihnen folgte ein Page, dessen ungewöhnliche Schönheit Horacen auffiel; er näherte sich Sebastian, indem er rief: »Der Graf von Orviedo will Eurer Würden die Hand küssen.« –

»Ich grüße ihn im Namen unserer Brüderschaft, er komme. Pater Horatio, folgt diesem Diener in die für Euch bestimmten Gemächer, welche Ihr bewohnen mögt, bis Eure Aufnahme in dem Profeßhause erfolgt.«

Horace ging, nachdem er sich mit Anstand vor seinem Obern verbeugt hatte; der Knabe, der ihm folgte, blieb an der Schwelle stehen und betrachtete mit besonderer Theilnahme die Gestalt des Fremden.

Jene Wohnung machte einen Theil des weitläuftigen Gebäudes aus, das die reiche Wittwe bewohnte. Sie selbst war eine hohe üppige Gestalt in der vollen Sommerreife des Lebens, mit Zeichen ehemaliger hoher Schönheit. Verschlossener Stolz und leidenschaftliche Bestimmtheit lagen auf ihren Zügen; sie erschien öfters an der Seite Sebastians, der hinter der Maske anspruchloser Demuth den Triumph nicht verbergen konnte, den ihm seine Begleiterin über sich gegönnt hatte.

Die Menge der Feste, die jezt unausgesezt einander folgten, machte, daß Horace, trotz seinen Bemühungen, nicht in den Kreis der ihm bestimmten Thätigkeit eindringen konnte. George Boniface, ein junger Mann von dreißig Jahren, ein naher Verwandter der Frau Antonia, bekleidete das Amt des Rektors auf widerrechtliche Weise; unter seiner Leitung waren fünfzig Jünglinge und Knaben verwildert, und die wenigen Männer von Ansehen und edlem Willen fanden in den niedrigsten Kabalen stets unwürdige und empörende Fesseln. Unzählige Klagen über begangene Ausschweifungen und das zügellose Leben des Kollegiums drangen zu Sebastians Ohr; doch taub für die augenblicklichen Bedürfnisse, versprach er Aenderung, wenn es ihm gelungen seyn würde, das Hauptziel zu erreichen.

Als die heilige Zeit nahte, wurden die Feste eingestellt und der Tag erschien, den die Wittwe zur feierlichen Handlung bestimmt hatte; einige Wochen vorher war sie fast täglich mit Sebastian in ihren Gemächern eingeschlossen, ging sie jedoch hervor, so flossen schwarze schleppende Gewänder um die hohe prächtige Gestalt, die ganze weibliche Dienerschaft war schwarz gekleidet und selbst die Bekleidung der Wände war von derselben Farbe.

Am Vorabend des heiligen Tages wandelte Horace einsam auf der Rhede hin. Seine Seele war in Träume gewiegt, jene Gefühle, die ihm vorgeschwebt hatten, als er zum ersten Male wieder Europens Küste betrat, gingen jezt durch den bewegten Busen: Constanzens Gestalt stand vor ihm, er hatte mit Sebastian nicht von ihr sprechen mögen, und die Forschungen, welche er in der Stille angestellt, waren ohne Erfolg gewesen; nur Don Riguez konnte von ihr wissen, und den hielt die Ferne gefangen.

Der eintretende Abend umschleiert den ungeheuren Mastenwald der vor Anker liegenden Schiffe, das Getümmel legte sich zur Ruhe und einsam brannten die hohen Pechpfannen, am Geländer hin vertheilt, ihre schwarzen Rauchmassen majestätisch in die ruhigen Lüfte wälzend. Umschauend hatte Horace schon lange bemerkt, daß Jemand in einen Mantel geschlagen ihm folgte. Er beschloß, eine Gondel zu besteigen und auf das ruhige Meer hinausfahrend, den Aufgang des Mondes zu erwarten.

Als er die kleine Treppe hinabstieg und eben den Fuß in das Fahrzeug setzen wollte, machte ihn der wankende Schein der Fackeln irre, er verfehlte das dünne Brett, das Boot schwankte, raubte ihm das Gleichgewicht, und in dem Moment schlugen die finstern Wellen über ihm zusammen. Ein kurzer Schrei wurde hörbar, doch wenig Augenblicke darauf fühlte sich der Sinkende von zwei Armen umfaßt, die ihn in die Höhe ziehen wollten, aber vergeblich gegen den Andrang der Wogen kämpften. Das Gedränge der Böte und Menschen, das Geschrei, das sich erhob, dazu die Schrecken des Elements schienen dem hülfreichen Retter mit dem Gegenstand seiner Bemühungen zugleich die Besinnung zu rauben.

Als zwei handfeste Matrosen beide den Fluten entrissen, erkannte Horace in seinem edelmüthigen Leidensgenossen den jungen Pagen im Dienste Sebastians; er war erstaunt und erfreut über diese Entdeckung. Auf seine Veranstaltung wurde der Besinnungslose in ein nahestehendes Wachhaus gebracht und hier mit ihm allein gelassen. Kaum öffnete er die Augen, als er sie furchtsam nach allen Richtungen wendete und endlich auf des Paters Zügen weilen ließ; er erhob sich, schlug die Arme mit Heftigkeit um den Nacken des Erstaunten und feuchtete seine Wangen mit heißen Thränen.

»Was ist Dir, mein Sohn?« rief Horace; »Du wolltest mich retten, dankbar erkenne ich Deine edle That; doch sprich, kann ich Dir vielleicht einen ähnlichen, wenn auch nicht so großen Dienst erwiesen? Du scheinst mir unglücklich.« –

»Ich bin es!« rief der Page; »doch ein Wort von Dir, und ich bin es nicht mehr; ja, Du bist edel, Du gehörst nicht zu den schwarzen, tückischen, schleichenden Bösewichtern. Rette, rette mich – rette mich aus den Händen jenes Elenden!« –

»Von wem sprichst Du, Knabe? vom Pater Provinzialen?« –

»Von ihm; er hat meine Jugend gemordet, mich dem Hause meiner Eltern entführt; er hat –«

Ein neuer Thränenstrom erstickte die Worte, in Horacens ahnendem Gemüth ging die Lösung des Räthsels auf; er hob den reizenden Knaben aus seiner gebückten Stellung auf, liebkosend drängte er den blonden Lockenkopf in die Höhe und sagte sanft ausforschend: »Du bist nicht, was Du scheinst; vertraue mir.«

Eine heftige Röthe flog über die blühenden Züge. »Eure Ahnung hat Euch nicht getäuscht, frommer Vater,« lispelte das verkleidete Mädchen; ich heiße Clara Louisson. Ihr wißt jezt mein Schicksal, könnt Ihr mich nicht retten, nicht heute noch mich retten, wohlan, so habe ich es meiner Schutzheiligen zugeschworen, morgen, wenn der Zug in die Kathedrale geht, werfe ich mich der Frau Antonia zu Füßen, und erfahren soll sie es, welche Schlange sie in ihrem Busen groß gezogen; beim Himmel, das thue ich!«

Sie rang von Neuem die Hände, und indeß Horace sich tröstend über sie beugte, ging die Thür des Gemaches auf und eine Anzahl Matrosen drang herein, an ihrer Spitze George Boniface. Das Mädchen hatte sich schnell abgewendet, doch nicht schnell genug, daß nicht dem jungen Jesuiten ein rascher Blick die Kenntniß ihres wahren Geschlechts gegeben hätte; er ließ sich aber nichts merken. Bald darauf erschien Sebastian selbst, und Zirja, der das Unglück seines väterlichen Freundes vernommen, floh wie ein erschrecktes Kind weinend zu seinen Füßen. Der Page war in der Menge verschwunden.

Das Geheimniß, das sein Ohr vernommen, mehr aber noch die Drohung, die das unglückliche Mädchen hinzugefügt, ängstigten das Gemüth Horacens; er erhob sich in der Stunde der Nacht und forderte Gehör bei Sebastian. Dieser saß noch an seinem Schreibtisch und blickte mit Verwunderung auf den eintretenden Freund; er schob ihm einen Stuhl hin und vernahm den Bericht, den jener mit beklemmter Stimme vorbrachte, ohne eine Miene zu verziehen.

»Gut!« entgegnete er, als der Freund geendet; »nun sprich mir von dem Geschäft, dessen Wichtigkeit Dich bewog, mich um diese Stunde aufzusuchen.«

Jener sah ihm erstaunt in's Antlitz; »Du scherzest!« rief er; »ein Geschöpf, das Du unglücklich gemacht, droht Dir, durch eine furchtbare Anklage bei der Wittwe, die Früchte Deiner Bemühungen zu rauben, und Du kannst noch nach einem wichtigern Grund meines Erscheinens fragen? Sebastian, wenn Dein Gewissen Dich hier nicht mahnt, sollte es doch wenigstens Deine Klugheit thun.« –

»Geisterseher!« rief höhnend Sebastian, »hat sich das Mädchen Dir entdeckt, so, weißt Du, was Du zu thun hast; für mich ist nichts zu besorgen. Die Undankbare soll meinen Zorn fühlen; ich entzog sie der Armuth, den drückendsten Verhältnissen.« –

»Um sie zur feilen Dirne herabzustoßen!« rief Horace; »o Fluch über dieses Mitleiden, diesen Edelmuth!« –

»Freund,« entgegnete Sebastian trocken, »die Nacht ist kurz, der morgende wichtige Tag wirft schwere Lasten auf mich, verschone meine verdüsterte Seele mit kindischen Historien und Befürchtungen.«

Horace verließ mit Bitterkeit die Stube; als er den Gang hinab schritt, schlich ihm das verkleidete Mädchen nach, sie stürzte vor ihm auf die Knie.

»Du bittest vergebens!« rief er, »doch bleibe ruhig, ich will für Dich sorgen.« –

»Ruhig?« rief sie, »ich will nicht mehr ruhig seyn! O meine Mutter, meine sterbende Mutter! ihr Fluch ruht auf mir, sie zeigt mir jezt den Weg zur Rache.«

Die Gestalt verschwand in die Schatten des Ganges und Horace brachte eine kummervolle Nacht ohne Schlaf zu.

Das festliche Gepränge des heiligen Zuges bewegte sich eben durch die von Volk wimmelnden Gassen, unzählige Reiter, Sänften und Wagen schlossen sich an und Alles nahm die Richtung zur Kathedrale, von deren Thürmen die durcheinander klingenden Töne der festlichen Glocken wie Musik niederschallten. Antonia, an der Spitze ihrer Frauen, kam wie eine Königin, in ihre kostbarsten Gewänder gehüllt, das Zeichen des siegenden Glaubens, ein Kruzifix, in der Hand, ihr zur Seite Sebastian; der Chor der Jesuiten, die Mönche und Priester, zahllose Frauen und Jungfrauen bewegten sich hinterher durch die Reihen der königlichen Trabanten.

Jezt, da eben der Fuß der Wittwe die Eingangsstufen der Kathedrale betreten wollte, flutete der ambrosianische Lobgesang wie mit Engelsfittigen ihr voll und blühend entgegen; die durstige Seele sog ihn ein, und Stirn und Auge der edlen Frau verklärten sich wie im Lichte; unwillig sieht sie sich um, da der Zug stockt, ein heller, durchdringender Schrei erhebt sich, und ehe die Wachen es wehren können, stürzt Sebastians Page hervor und wirft sich zu den Füßen der Dame; das Kleid aufreissend, umschlingt er ihre Knie und ruft laut:

»Sieh her, glaube ihm nicht, er hat Dich betrogen, hohe Frau, wie er mich betrogen! glaube ihm nicht, schändliche Künste der Verführung haben meine Jugend gemordet!«

Auf diese Worte, von welchen die Luft erbebte, folgte tiefe Stille der Ueberraschung; Antonia sah auf die Unglückliche nieder und richtete dann mit allen Andern zusammen den Blick auf Sebastian; doch dessen stets bleiches Antlitz zeigte auch jezt keine Spur von Farbenwechsel; einen Moment stand er stille, dann wich er scheu zurück und rief mit unterdrückter Stimme:

»Was will die Wahnsinnige? entfernt sie, Leute, damit nicht der heilige Zug gestört werde.« –

»Wahnsinnig!« rief das Mädchen, »wahnsinnig soll ich seyn! Gott im Himmel ist mein Zeuge, daß ich die Wahrheit rede; dort steht der, der es mir beweisen wird.«

Sie zeigte auf Horatio und diesen durchfuhr ihr flammender Blick gleich einem Dolchstoß; ihm ahnete, was kommen werde.

»Wie!« rief Sebastian, sich langsam umwendend; »Pater Coadjutor, Ihr kennt das Mädchen? So mögt Ihr mir nachher über diesen Vorfall Auskunft geben. Jezt, Soldaten, ergreift die Arme, entfernt sie, es soll an meiner Fürbitte zu Gunsten der Verwirrten nicht fehlen.«

Das Mädchen wurde trotz ihrer Weigerungen fortgeführt, noch lange hörte man ihre Stimme, endlich verlor sie sich. Tiefe Erschütterung lag auf Antonia's Antlitz; nur zu gewiß war ihr die Lösung des furchtbaren Räthsels; der Freund, dem sie vertraut, der eifrige Seelsorger, an dem sie ihre feste Stütze gefunden zu haben glaubte, er stand als entlarvter Heuchler, als tiefgesunkener Sünder vor ihr; ihre Hand zuckte heftig, als er darnach griff, sie wandte ihr Antlitz weg und konnte nur, indem eine Leichenblässe ihre Züge überflog, die Worte lispeln:

»So ist es Euch denn gelungen, mich auf das Tiefste zu verwunden; mein Herz, das schon die Süßigkeit dieser Stunde zu kosten begann, ist auf das Fürchterlichste zerrissen; o hätte ich Euch nie gesehen!«

Sie kniete vor den Altar nieder, und das Erste, was sie that, war, daß sie ihren Schmerz in das vorgehaltene Tuch in bittern Thränen ergoß. Sebastian stand unter den zur Erde hingeworfenen Gestalten allein aufrecht da, den Blick mit ungeheurer Kälte vor sich hin richtend; die Lobgesänge folterten sein Ohr, aber er triumphirte, daß es ihm gelungen war, vor der Menge allen Verdacht von sich abzuwerfen. Horatio war dem Gotteshaus entflohen, denn mit einem Herzen voll Bitterkeit glaubte er nicht bestehen zu können vor der ewigen Erbarmung.

Wenige Tage darauf kam es, wie er gefürchtet hatte; die abscheuliche Anklage wurde erhoben. Georg Boniface trat auf; die Matrosen, welche den Jesuiten mit dem Mädchen gesehen, zeugten, und nur Sebastian zögerte noch, das schuldig auszusprechen. Eine Woche später erhielt Horace ein Schreiben, in welchem ihm anbefohlen wurde, nach Rom zu kommen, um sich zu verantworten; er sah nur zu deutlich, wie man auch von Marseille ihn zu entfernen trachte. Georg Boniface wurde als Rektor bestätigt und Sebastian mit Lob überhäuft; das Kollegium triumphirte.

Als der Verwiesene der lezten Sitzung der versammelten Brüder beiwohnte, fand Sebastian für gut, mit Thränen im Auge ihm zuzurufen: »Unglücklicher Bruder! die Liebe meines Herzens, dieses Brunnens, der nie aufhören wird, Dich mit Segen zu überschütten, sey auch jezt wieder Dein Begleiter; ziehe glücklich! Was der Mensch verbrochen, was der Genosse des Ordens gefehlt, ich habe es mit blutendem Herzen gerügt; doch der Freund hat dem Freunde nichts zu vergeben; komm und fühle, vielleicht zum lezten Male, meine brüderliche Umarmung.«

Er öffnete seine Arme; als aber Horace einen schnellen unheimlichen Schritt that, sich ihm nähernd, trat der hohe Mann, seltsam zusammenschaudernd, zurück und wandte sich weg, unvermögend, in die Augen zu schauen, die ihn anblickten.

Wenige Tage vor Horacens Abreise stürzte Zirja in sein Zimmer. »Ewiger Gott!« rief er, »was muß ich erleben hier im Lande der Christen! Sieh, Freund, geliebter Bruder, sieh dieses Mädchen! möchte wohl ein Engel, eine Heilige schöner seyn? sie fand ich im Gebüsch nicht fern von der Stadt unter den Händen zweier feilen Mörder, die eben das kalte Eisen ihr in den Busen stoßen wollten; ich habe sie gerettet.« –

Clara hatte ihre Pagenkleider abgelegt und hing an Zirja's Halse; auf ihre rührenden Bitten gestattete der Jesuit den Liebenden, die schon lange eine zärtliche Neigung für einander gehegt, ihn nach Rom zu begleiten. An Sebastian schickte er folgende Zeilen:

»Unser Bund ist zerrissen – auf ewig! Bedachtest Du in jenem fürchterlichen Moment, in dem Du die Anklage auf mein Haupt wälztest, was Du mir schworst im Kerker zu Coimbra? Nicht mehr wolltest Du mich zum Träger Deiner Sünde machen, nicht mehr mich tückisch verrathen! Gott richtet zwischen uns! ich habe keinen Freund mehr!«

Als die Thürme von Marseille seinen Blicken entschwanden, drückte er sein Antlitz in seine Hände, und eine Wehmuth, wie er sie noch nie empfunden, nahm seine Seele ein. Wieder eine Stufe niedriger herabgestiegen zum Grabe, vielleicht die lezte! Es war ihm, als tönten noch die Glocken von der hohen Kathedrale zu ihm herüber aus der Ferne, gleichsam ihn mahnend, daß seine Männerbrust nicht erschlaffe, sondern sich tüchtig halte für die rauhen Pflichten seines Daseyns.

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Wir übergehen jezt einen Zeitraum von zwanzig Jahren; der Schauplatz unserer Geschichte ist Rom. Don Riguez, zum General des Ordens ernannt, hatte nur kurze Zeit regiert, doch seltene Talente entwickelt; ihm folgte Sebastian. Mit fester Hand ergriff er den geistlichen Herrscherstab, dessen Glanz ihm schon beim Beginn seiner Laufbahn vorgeschwebt, und wirklich hätte man keinen der Stelle Würdigern wählen können; der Mann von edlem, warmen Herzen, voll reiner Menschenliebe wäre wenig tauglich gewesen, der kühne, ehrgeizige, weltkluge, versteckte Höfling war jedoch völlig an seinem Platze.

Anders hatte sich Horacens Schicksal gestaltet; nicht der Glanz, den die Hofhaltung des Statthalters Petri verbreitete, nicht die Hoffnung auf Erhebung und Beförderung war der Grund seines steten Aufenthalts in Rom gewesen, vielmehr hatte ihn die Pflicht eines Jugenderziehers gefesselt. Als Professe von vier Gelübden stand er einem großen Kollegium vor, in dem eine Anzahl Jünglinge aus den ersten Familien sich befand; diesen war er väterlicher Rathgeber und Freund. Die Fehler des raschen Jünglings, die Mißgriffe des das Gute wollenden, doch die Welt verkennenden Mannes waren von ihm gewichen; das wilde, verzehrende Feuer hatte einer edlen Wärme, die schnelle That der klugen, reifen Ueberlegung, der durch Mißgeschick erschütterte Glaube der festen, klaren Ueberzeugung des frommen Greises Platz gemacht; die Ordensbrüder, Sebastian an ihrer Spitze, erkannten ihn für vollkommen würdig der Verpflichtung, die er übernommen.

Unter seinen Schülern waren besonders zwei, an denen er mit besonderer Zuneigung hing; es war ihm, als blühe seine eigene Jugend in den Anlagen und Eigenschaften dieser Knaben wieder auf. In Andreas, eines jungen Deutschen, blauem, offnen Auge sprach ihn die eigene frische Lebenslust und Weltfreudigkeit an, indeß das nachdenkliche, ernste, fast mädchenhaft sinnige Wesen Giulios, eines Italieners, ihn an die frühe Reife seines eigenen Herzens und Geistes wohlthuend mahnte. Ein Ereigniß, welches den raschen Andreas sogleich zur That reizte, brachte in Giulios Innerem erst jenes heilsame Nachdenken hervor, welches die Trägerin der Weisheit wird. Beide Jünglinge liebten sich, und beide zusammen gaben gleichsam ein vollständiges Charakterbild. Noch hatte Horace über die tiefer eingreifenden Grundsätze des Ordens nicht mit ihnen gesprochen, ihre jugendlichen Seelen waren nicht reif dazu. Das heitere Reich des Wissens machte er ihnen zugänglich, die Bedeutsamkeit der alten klassischen Schätze deckte er ihren Blicken auf; doch zitterte er vor dem Momente, wo er ihrem Auge nicht allein den Kelch der schönen Blume, sondern auch die im Finstern sich verbergende, an die niedere Scholle sich klammernde Wurzel zeigen sollte; die eigene Thräne, die er damals vergossen, als ein schöner Schleier nach dem andern vor ihm zerriß, brannte wieder auf seiner Wange, doch war er fest entschlossen, ihnen nichts weichlich zu verbergen, was sie als kräftige, zum Kampf gerüstete Männer wissen mußten.

Dieser gefürchtete Augenblick nahte heran. Andreas und Giulio sollten an Einem Tage ihr Gelübde ablegen. In der Stille seiner Zelle mit ihnen eingeschlossen, bestand Horace darauf, daß sein Blick frei in ihre Seele dringe, und auch hier zeigte sich ihr verschiedener Charakter.

»Mein Vater!« rief Andreas lebhaft, indem eine Thräne über seine Wange lief und sein Auge blizte, »Du hast mir gesagt, daß unser Orden da ist, um Gutes zu wirken, das Glück der Menschen zu befördern und unsere heilige Religion zu schützen und zu befestigen. Wohlan, was brauche ich mehr zu hören, um mich auf ewig einer so segensreichen Gesellschaft zuzueignen? Kann eine Vereinigung edler Menschen, aus der Könige und Fürsten ihre Rathgeber und Freunde wählen, die das Licht der Wissenschaft und Kunst freundlich anstecken, in der Priester dienen, welchen der heilige Loyola selbst den Hirtenstab in die Hand gegeben, und endlich, zu der Du Dich zählst, mein Vater, kann eine solche Vereinigung wohl jemals ehrwürdiger, trefflicher gedacht werden! Laß mich auch in diese fromme Schaar eintreten.«

Während Andreas Rede hatte Giulio mit leuchtendem Auge ihn angeschaut; jezt, da jener schwieg, senkte er es zu Boden und vermochte nicht, Horacens Blick zu ertragen, der prüfend auf ihm ruhte.

»Nun!« rief dieser, »geliebter Sohn, Du zögerst, Du findest Bedenklichkeiten?« –

»Ich finde keine!« rief der Jüngling, »ich will in den Orden treten, weil Du Dich in demselben befindest.« –

»Dies ist kein Grund,« bemerkte der Greis mit bewegter Stimme; »kannst Du wissen, welche Umstände mich hieher geführt? Rede frei, meinst Du, es sey Deine Bestimmung, einer der Unsern werden?«

Der Jüngling brach auf's Neue in Thränen aus. »Laß mich bei Dir bleiben!« rief er, »ich grüble nicht, ich will nicht deuten und fragen; Du bist im Orden, so nimm auch mich auf!«

Horacens Herz bestand einen schweren Kampf, er glaubte zögern zu müssen, und verschob darum den festlichen Tag; doch als auch diese Frist vergangen und beide Jünglinge fest bei ihrem Willen blieben, vollzog er selbst die heilige Handlung der Weihe und nahm die Gelübde der jungen Herzen im Namen der Kirche an. Als er die welke Hand auf ihre blühenden Lockenhäupter legte, als Giulios Antlitz, von Thränen befeuchtet, zu ihm aufblickte, da glaubte er Constanzens Züge zu sehen, und der Engel einer schönen, sonnenhellen Zeit flog mit rauschendem Flügelschlag an ihm vorüber.

In der Nacht nach jenem Tage senkte sich ein bedeutungsvolles Traumbild auf ihn nieder; sein Blick war in eine ferne Zukunft gerichtet, ein fürchterliches Bild stand vor seinen Augen. In den Gemächern des Vatikans lag ein Pabst sterbend auf seinem Lager: die goldene Krone war von seinem Haupte gefallen, Wahnsinn starrte in seinen Blicken, Todesschweiß perlte an seiner Stirne und scheußliche Pesstwunden klafften auf dem im Todeskampfe sich windenden Körper. Eine laute Stimme rief durch die Stille des Gemachs nach dem Mörder, und siehe, auf den Ruf trat eine Gestalt herein, deren Gewand Horace mit Grausen für die Kleidung seines Ordens erkannte.

»Unter allen, die da gesündigt, wer hat ein größeres Verbrechen begangen?« rief die Stimme; »das Oberhaupt der Kirche, der Stellvertreter des Apostels, das Herz der Christenheit, gemordet durch einen seiner Söhne! Oeffnet euch, ihr Thore! gebt sie herauf die Zahl der Sünder! wer wird Gnade finden, wessen Gewand wird bleichen vor dem Blicke dieses Sterbenden?«

Die Gestalt des Jesuiten erbebte, in dem Moment traten die Mauern des Sterbegemachs auseinander, und herein drang eine ungezählte Schaar, die Schüler Loyolas, von seinem nächsten Nachfolger bis auf die spätesten Zeiten herab. Horacens Auge konnte sie nicht überschauen, die schwarzen Gewänder verfinsterten den Himmel, da erhob sich der sterbende Blick des Pabstes; von einem zum andern schweifend, überzählte er Alle, doch so finster ihre Hüllen waren, sie wurden noch finsterer, als der brechende Todesblick auf ihnen weilte.

»Es ist Keiner unter ihnen,« rief die Stimme drohend, »Keiner, der gerecht befunden wird!«

Horace erbebte, jezt traf auch ihn der Blick und, o Himmel! die finstern Schatten seines Gewandes wichen; ein freudiges Entzücken übermannte ihn, mit einem Dankgebet erwachte er. Sein Ahnen, der Geist sagte ihm, daß dieses die Vorbedeutung seines nahen Todes sey. Doch ehe er sein Ziel erreichte, waren ihm noch bittere Erfahrungen aufgespart; die herbste mußte er an seinem Zögling Giulio machen.

Des Jünglings Trübsinn wuchs von Tag zu Tage, sein Ernst verwandelte sich in tiefes, finsteres Schweigen, er mied den Blick seines väterlichen Freundes; diesen bekümmerte es tief. Einst sagte er zu ihm:

»Mein Sohn, lastet Dein Gelübde so schwer auf dir?« –

»Ja, mein Vater, ich bin nahe daran, zu bereuen, es geleistet zu haben.« –

»Dann wehe Dir!« –

»Die Heiligen mögen mich schützen!« –

»Sie schützen den nicht, Sohn, der sich selber aufgibt.« –

»So schütze, rette Du mich!«

Horace schloß ihn in seine Arme, er suchte seine Thränen zu trocknen, doch seiner Mühe spottend, flossen sie nur um so zahlreicher.

»Vertraue mir gänzlich!« rief der sanfte Greis, »nur dann kann es mir gelingen, Dir helfend beizustehen.«

Diese Worte lösten jedes Siegel von des Jünglings Lippen. »Erinnere Dich, mein Vater,« hob er stotternd an, »wie Du mit uns vor drei Jahren an den Kaiserhof nach Deutschland reistest; es erfreute Dich mein Entzücken, mit dem ich alles Neue und Schöne erfaßte, der rege Sinn, mit dem ich die Fremde in mir aufnahm; und in der That, deutsches Leben, deutsche Wissenschaft und Kunst, die Heiterkeit und Freiheit, die dort glückliche Menschen athmen, sie blieben nicht ohne tiefen Eindruck auf mein Herz. Ach, diese Reise ist ein Born meines Unglücks geworden, dahin, in die lichten deutschen Auen zieht mich die Sehnsucht; Regensburg, Augsburg in seiner Herrlichkeit, Goslar, der alte Kaisersitz, und endlich Nürnberg, wo kostbare Kunstschätze versammelt liegen, alle diese Orte schweben mir deutlich vor, mit ihnen verbindet sich der glühende Wunsch, mich dem offenen, biedern, deutschen Sinn zu verbrüdern. Was ich mir nur denken mag von Menschenglück und Frieden, auf dem Antlitz deutscher Männer scheint es zu wohnen, in den blauen Augen deutscher Frauen zu lächeln! Wahrlich, nur mit getheiltem Herzen kann ich hier einer düstern Pflicht dienen, die die schönsten Blüthen aus unserem Daseyn grausam hinwegstiehlt. O, mein Vater, rette, rette mich!«

Die Stirn des Greises furchte sich: »Du hast es ja gewollt!« rief er ernst; »Dein Wunsch kommt jetzt zu spät; hättest Du damals diese Worte gesprochen!« Die tiefe Bewegung erlaubte dem Jüngling nicht, zu sprechen. »Mein Sohn,« fuhr Horace fort, »Du entdeckst mir nicht Alles; die Sehnsucht nach dem fernen deutschen Leben ist's nicht allein, die Dich zieht; laß mich nicht fürchten, daß eine unglückliche Neigung –«

– »Du siehst in mein Herz,« unterbrach ihn Giulio händeringend. »In Regensburg war es, wo wir im Hause eines vornehmen adligen Herrn, eines Verwandten von unserem Andreas, gastfrei aufgenommen, länger als zwei Monate blieben. Du erkranktest, mein Vater, die Besorgniß für Dich theilte ich mit der ganzen ehrwürdigen Familie, an Deinem Lager zeigte sich öfters eine Erscheinung des Himmels, Cäcilie; sie war es, die mit weiblich-zarter Sorgfalt die Pflege mir abnahm, wenn ich ermüdete; Du genasest – ich aber erkrankte unheilbar. Jezt weißt Du, mein Vater, die Quelle meines Elends – nimmer, nimmer kann ich Cäcilien vergessen.« –

»Unglücklicher!« rief Horace, »und warum erst jezt dies Geständniß, jezt, da Dein ausgesprochenes Gelübde mir Deine Rettung unmöglich macht?« Giulio senkte seinen Blick zu Boden: »Ich hoffte mich selbst zu bekämpfen, aber ich fühle, der Stachel unbefriedigter Sehnsucht wird und muß mein ganzes Daseyn vergiften.«

Diese Worte trafen Horacens Herz; sein früheres Leben ging an ihm vorüber, und er konnte kein hartes Wort gegen den Armen über seine Lippen bringen. Als er allein war, flossen seine Thränen; er machte sich bittere Vorwürfe, jene Reise unternommen zu haben; doch wie er auch seinen Scharfsinn anstrengte, er konnte kein Mittel entdecken, seinen Schüler zu retten.

Indessen hatte das Schicksal ihn auserlesen, Sebastian noch den lezten Freundesdienst zu leisten. Hugo war nach Rom gekommen; sein tückischer, ehrgeiziger Charakter, mehr aber noch einige hitzige Zwiste mit Sebastian, in Folge deren dieser ihn hart bestrafen mußte, trieben seine finstere Seele an, auf Rache zu sinnen; mit ihm verband sich George Boniface, der sich vom Ordensgeneral übergangen glaubte; Beide sannen den Plan einer Vergiftung aus. Das entsetzliche Verbrechen war eben seiner Ausführung nahe, als Horace, dessen Verdacht rege geworden, durch die Treue seiner Späher davon Kunde erhielt und mit eigener Hand Sebastian den vergifteten Trank bei der Tafel vom Munde riß. Der Gerettete blickte schaudernd in den dicht vor ihm geöffneten Abgrund; doch so innig er seinem edelmüthigen Retter dankte, so konnte er doch nicht umhin, diesen zu tadeln, daß er so öffentlich gehandelt.

»Du hast meine Feinde zu den Deinigen gemacht,« rief er, von den finstersten Ahnungen ergriffen; »jezt sieh Dich vor!« –

Horace verachtete die Warnung. »Wer wird die Silberlocke auf einem Scheitel, so nahe dem Grabe, noch berühren?«

Doch seine edle Zuversicht betrog ihn; Hugo und Boniface wurden zwar in strengen Gewahrsam gebracht, doch einer ihrer Verbündeten fand Mittel und Wege, dem unglücklichen Greis den Todestrank in die Hand zu spielen. So war die lezte That seines Lebens ein Opfer für den Freund, der ihn so oft verrathen.

Als Andreas und Giulio den unabwendbaren Verlust, der ihnen bevorstand, erfuhren, stürzten sie, die Hände des Greises fassend, Beide vor seinem Lager nieder; der Arzt suchte sie zu entfernen, weil er für den Kranken fürchtete.

»Laßt ihn,« rief Horace, Giulio's Rechte in die seinige fassend, »es ist mein Sohn!« –

»Das ist er,« flüsterte ihm eine Stimme, nur ihm hörbar, in's Ohr, und Horace erkannte den treuen Zirja, »laßt mich einen Augenblick mit Euch allein,« rief dieser, ich will Euch eine freudige Botschaft bringen.«

Der Sterbende richtete sich auf. Als Andreas und der Arzt das Gemach verlassen, führte Zirja eine von der treuen Clara geleitete Dame in Pilgertracht herein; es war Constanze. Sie beugte sich ohne Worte über Horacens Antlitz, ihre Thränen befeuchteten seine Wange, Giulio kniete am Lager.

»Meine Constanze!« stammelte der freudig Erstaunte, »mein Sohn! Ach! was kann ich ihm geben!« –

»Die Freiheit!« rief Giulio und lehnte die heiße Wange an die kalte Hand.

»Löse seine Ketten!« bat Constanze, »denke an die schweren Bande, unter denen unsere Herzen bluteten!«

Ein Diener meldete, daß der Ordensgeneral Einlaß begehre.

»Wohlan!« rief der Sterbende, »die Augenblicke sind kostbar, der Himmel öffne mir jezt das Herz, das so oft für mich verschlossen war.«

Der Eintretende erblickte mit Befremden die Gruppe am Sterbelager, fragend richtete er den Blick auf die knienden Gestalten und ein dunkles, Ungewisses Erinnern stieg in ihm auf.

»Sebastian!« rief Horace, »hier kniet Constanze della Gloria, einst Deine Liebe, wie es die meinige war. Dieser Jüngling ist mein Sohn! Die trostlose Mutter kam zu spät, ihn zu retten, er hat sein Gelübde schon abgelegt, auf ewig ist er unglücklich, denn auch ihn fesselt eine geheime Neigung. Nur Du kannst ihn retten! – Sebastian, wenn ich Dir jemals Freund war, so vergiß, was Dir die Mutter einst gewesen – rette, rette den Sohn!«

Sebastian schwieg eine kurze Pause, dann stürzten die Thränen aus seinen Augen; er reichte dem Sterbenden die Hand.

»Du stirbst für mich!« rief er, »der Augenblick der Vergeltung naht mir! kann ich wohl für so viele Opfer, die Deine treue Seele mir brachte, weniger thun? Dein Sohn ist frei! und sollte ich selbst auf meinen Knien die Dispensation vom heiligen Vater erbetteln.« –

»Frei!« rief Giulio, und sank in die Arme seiner Mutter. Ein dankender Blick nach oben verklärte die lezten Momente des Sterbenden.

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