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Jule erzählt

Seit dem Briefe, der Jule Appis Verzeihung gebracht hatte, und der auch die Versicherung enthielt, daß Appi ihm niemals für immer hätte bös sein können, war Jule wie ausgewechselt. Noch einmal ließ er sich von Pommerle die Versicherung geben, daß sie ganz gewiß nicht daran denke, ihn zu heiraten, dann sagte er zweifelnd:

»Die Sabine wird doch auch kein Verlangen haben, die meine zu werden?«

»Dummer Jule, – Sabine ist älter als du, außerdem ist sie blind –«

»Na ja«, meinte Jule nachdenklich, »da kann sie auch nicht sehen, wie schmuck ich aussehe. Glaube mir, Pommerle, wenn mich die Mädchen in meiner Extrauniform sehen, sitzt ihnen der Kopf auf dem Rücken, wenn ich vorübergehe.«

»Jule, sei nicht so furchtbar eingebildet«, tadelte Pommerle, »im vorigen Jahre hat auch keine den Kopf auf dem Rücken gehabt.«

»Ja«, klang es verächtlich, »im vorigen Jahre hatte ich noch keine Extrauniform, es fehlte auch der silberne Winkel.« Dabei wies der Jule voller Stolz auf das Gefreitenabzeichen, das auf dem Oberärmel eingestickt war. »Was meinst du, wie solch silberner Winkel den Mädchen in die Augen sticht? Meiner Appi ist er sofort aufgefallen.«

»Julchen, da wirst du wohl gänzlich überschnappen, wenn du Unteroffizier werden solltest und die silbernen Tressen an den Kragen bekommst?«

»Unteroffizier werde ich wohl erst nach dem Manöver werden, dann ist meine Dienstzeit zu Ende. Aber nach dem silbernen Winkel drehen sich die Mädchen auch schon um.«

»Na, Jule, jetzt kann ich doch endlich einmal vernünftig mit dir reden. Bisher hast du immer nur von deinem ›Mäuseschwänzchen‹ erzählt. Wir alle möchten doch gerne wissen, was du als Pionier treibst.«

»Oh, da könnte ich jahrelang erzählen!«

»Warum hast du es denn noch nicht getan, Julchen?«

»Wenn das Herz schwer ist, ist auch die Zunge gelähmt.«

»Aber heute nachmittag, wenn wir im Garten beim Kaffeetrinken sitzen, erzählst du uns; dann gehst du zu Meister Reichard und erzählst auch dort, wie es dir geht.«

»Ich habe mich überhaupt bisher noch wenig in Hirschberg gezeigt, das wird nun nachgeholt. Die neue Uniform ist dazu da, daß sie getragen wird. – Und die Mädchen, Pommerle, die Mädchen – –« Jules Gesicht strahlte.

»Kann schon verstehen, daß du dich bewundern lassen willst, Jule; aber zu Meister Reichard gehst du noch heute.«

»Zu schade, daß die Sabine den silbernen Winkel nicht sehen kann.«

»Um so mehr wird sie sich an deinen Erzählungen freuen.« –

Am Nachmittag, als man gemütlich im Garten am Kaffeetisch saß, stieß Pommerle den Freund, der die Extrauniform trug, ziemlich heftig in die Seite: »Ich denke, du wolltest erzählen, Jule?«

»Es wird wirklich Zeit, Jule, daß du uns von deinem Soldatenleben berichtest«, sagte Frau Bender. »Im vorigen Jahre erzähltest du viel von der Dienstzeit, dieses Jahr gar nichts. Es stimmt wohl mit dir beim Heer nicht ganz? Bist du schlecht angeschrieben?«

»W–a–s, – schlecht angeschrieben?« brauste er auf. »Ich werde zum Herbst Unteroffizier, bekomme die silbernen Tressen an den Kragen. Ich bin seit einem halben Jahre Gefreiter! In meiner Kompagnie sind viele, die noch nicht Gefreiter sind. Und Unteroffizier werden auch nur wenige. – Ich, schlecht angeschrieben? – Was? – Wo ich ein so guter Soldat bin, – wo ich so gerne Soldat bin? Wo ich mich freue, ein Soldat zu sein? – Ich, schlecht angeschrieben? – Sie wissen wohl gar nicht – – ach, entschuldigen Sie, Sie können das ja gar nicht wissen. Sie haben ja nie gedient, Frau Bender. Mein Feldwebel ist mein Freund, er klopft mir auf die Schulter. Der ist wohl mit mir zufrieden! – Ich, schlecht angeschrieben? – Gelacht!«

»Ist es sehr schwer bei den Soldaten?« forschte Pommerle.

»Schön ist es, – sehr schön sogar! Sollst mal sehen, was wir leisten. Ja, die Pioniere, das sind ganz besondere Kerle! Was können die anderen Soldaten machen, wenn sie plötzlich an einen Strom kommen? Da stehen sie still und glotzen. – Wir aber, wir Pioniere, wir bauen rasch eine Brücke. In wenigen Sekunden ist solch eine Brücke von zwanzig bis dreißig Meter Länge fertig.«

»Jule, Jule«, mahnte Professor Bender, »in wenigen Sekunden?«

»Nu, ich meine nur so! Ihr müßtet uns arbeiten sehen! Da laden wir Balken von acht bis zehn Meter Länge auf die Schulter, schleppen sie zum Strom, – 'rin ins Wasser, das geht uns bis an den Hals, trotzdem geht es weiter!«

»Jule, Jule!«

»Ich meine nur so, Herr Professor. Ihr habt ja keine Ahnung, was wir Pioniere für Brücken bauen. – Kaum ist der letzte Mann 'rüber, rietsch – ratsch, reiße ich die Brücke ab, die Balken werden aufgeladen, und alles ist wie zuvor, der Strom fließt ruhig weiter, als wäre nichts geschehen.«

»Unser Jule schneidet noch immer mit dem großen Messer, genau wie damals. – Ich glaube dir aber gern, lieber Jule, daß ihr manche Brücke baut. Die Pioniere sind ja bei der Wehrmacht die Mädchen für alles!«

»Und wenn wir auf dem Motorboot durch den brausenden Strom jagen, weiß der jüngste Rekrut: ›Das sind die Pioniere, die Allesmacher‹ Und immer ist der Jule vornean. Darum hat er auch den silbernen Winkel. Ja, schön ist es bei den Soldaten!«

»Ist es nicht manchmal recht kalt im Wasser?« forschte Pommerle.

»Kalt? – Was fragen wir Pioniere nach Kälte! Wir haben in Glogau die Oder, sie ist für uns eine Badewanne. Sollst uns mal im Sommer und im Winter in der Schwimmanstalt sehen. Kopfüber hinein, einerlei ob das Wasser warm oder ob die Oder zugefroren ist.«

»Aber Jule, jetzt schwindelst du wieder«, lachte Pommerle.

»Na, ich meine ja nur so. – Wir springen zu jeder Zeit ins Wasser, und schwimmen kann ich, genau so gut wie ein Fisch. Unter Wasser, über Wasser – –«

»Jule, über Wasser kann der beste Schwimmer nicht schwimmen!«

»Unterbrich mich nicht immerfort, Pommerle! Erst willst du, daß ich erzählen soll, dann hast du immer etwas zu verbessern. Wenn ich erzähle, rutschen manchmal Worte heraus, die nicht ganz richtig wiedergeben, wie es war. Das macht eben die Begeisterung! – Was weißt denn du vom Dienst! Kannst du Brücken bauen?«

»Ich bin ja auch kein Pionier und habe keinen silbernen Winkel!«

Jule reckte sich noch höher auf. »Kannst du vielleicht wriggeln?«

»Was ist denn das?«

Jule lachte überlaut. »Siehst du, Pommerle, du mit deinem großen Munde weißt nicht mal, was ›wriggeln‹ ist! – Herr Professor, können Sie wriggeln?«

»Ich glaube nicht, Jule.«

»Haben Sie es mal versucht?« fragte er mit spitzbübischem Ausdruck. »Oder wissen Sie auch nicht, was ›wriggeln‹ ist?«

»Nein, Jule, ich habe als Soldat nicht gewriggelt! Ich muß dir ehrlich gestehen, daß ich den Ausdruck nicht kenne.«

Jule wandte sich an Frau Bender. »Sie wissen wohl auch nicht, was ›wriggeln‹ ist?«

»Nein, lieber Jule, aber es wäre sehr nett von dir, wenn du uns für dieses Wort eine Erklärung geben wolltest.«

Der Gefreite erhob sich vom Kaffeetisch, ging auf das Haus zu und holte die Matte, die zum Abtreten der Füße diente. Dann legte er sie im Garten vor dem Kaffeetisch nieder, ging wieder davon, riß eine Stange aus dem Beet und kam damit zurück.

»Nun will ich euch genau beschreiben, was ›wriggeln‹ ist, was jeder Pionier können muß. Wie wollten wir ohne Wriggeln den Strom beherrschen? – Also, gut aufgepaßt, – diese Matte ist das Ruderboot, ein mächtiges, schweres Ruderboot. Nicht immer haben wir Pioniere, wenn wir irgendwo helfend eingreifen müssen, ein Motorboot zur Hand. – Da liegt schnell einmal ein altes, schweres Ruderboot im Wasser. Hinein! Wir müssen stromauf, und nichts ist da als eine einzige Stange. Aber ein Pionier weiß sich immer zu helfen.«

Der Jule stand auf der Matte und begann mit der Stange zu hantieren.

»Kameraden, rasch ins Boot! Hopp – hopp – hopp! Einer nach dem anderen springt wie der Blitz aus heiterem Himmel hinein in das schwere Boot. Der Befehl ertönt: ›Ein Pionier ans Ruder‹ Ja, so ein Pionier, der muß das Wriggeln können! Nun geht es los!«

Der Jule stieß die Stange bald links, bald rechts in den Sand, er arbeitete aus Leibeskräften.

»Die Kameraden sitzen gemütlich im schweren Kahn, aber der eine Pionier wriggelt! Stromauf – das kostet Schweiß! – Das muß gelernt sein! – Aber wir, die wir zentnerweise Balken und Eisenstangen schleppen, die wir in jeder Not Rat wissen, wir können auch wriggeln! – Nun geht es weiter und immer weiter stromauf. – So wird es gemacht!«

»Aha!« sagte Bender. »Lieber Jule, fahre mit der Matte nur nicht durch den ganzen Garten. Du machst die Wege entzwei.«

»So erreichen wir die Stelle, zu der wir müssen. Es war eine schwere Aufgabe, – aber sie wurde geschafft. – Wißt ihr nun alle, was ›wriggeln‹ ist?«

»Ja, Jule, jetzt wissen wir es. Weißt du, ich möchte auch gern mal versuchen zu wriggeln.«

»Ach du, kleines Mädchen«, klang es mitleidig. Jule warf die lange Stange auf den Weg, ließ auch die Matte liegen und kam zurück an den Kaffeetisch.

»Jule, die Stange ist auf mein Beet gefallen. Willst du mir meine lieben Blumen nicht zerbrechen, du Wriggler!« tadelte Pommerle.

»Eines möchte ich noch wissen«, sagte der Professor und lehnte sich im Sessel zurück: »Werfen die Pioniere, wenn sie mit der Arbeit fertig sind, alles hin und lassen es liegen?«

Mit hochrotem Kopf stand Jule auf, stieß die Stange wieder in das Erbsenbeet und legte die Fußmatte vor das Haus. Benders großer Hund, der schwarze Riesenschnauzer, knurrte Jule unfreundlich an. Pommerle lachte fröhlich auf.

»Siehst du, Julchen, unser Lumpazi ist an Ordnung gewöhnt. Er kann es nicht leiden, wenn einer unordentlich ist.«

»Ist gar kein schöner Hund! Ich kenne ganz andere Hunde. Hunde mit Menschenverstand!«

»Hat unser Lumpazi auch.«

»Solltest mal unsere Hunde sehen! Ich sage dir, denen brauchst du nur ein Wort zu sagen, und schon wird es gemacht. Das ist aber auch eine besondere Sorte. Pommerle, du hättest dir einen Schäferhund anschaffen sollen.«

»Auf meinen lieben Lumpazi darfst du nichts Schlechtes sagen. Komm her, mein Freund, du bist ein sehr kluges Tierchen!«

»Und nun erzähle weiter aus deinem Soldatenleben.«

»Ich möchte jetzt eigentlich spazierengehen. Zu Meister Reichard muß ich auch noch. Beim Abendbrot kann ich weitererzählen.«

»Gut so, Jule, ich merke schon, dein silberner Winkel zieht dich auf die Straße. Aber zu Meister Reichard und Sabine gehst du, sie warten schon auf dich.«

»Fall' nicht in den Bober«, rief Pommerle dem Freunde nach, als der den Kopf gar zu hoch trug. Der Jule wollte, daß seine stattliche Gestalt noch ein wenig größer sei. »Gucke auch ein wenig auf die Erde, Julchen«, neckte der Backfisch, »sonst stolperst du. Dann würden die Mädchen, die die Köpfe nach dir umdrehen, lachen.«

Aber Jule schritt stolz aus dem Garten und ins Haus hinein, um sich zum Ausgehen bereitzumachen.

Jule ging nicht auf kürzestem Wege zu Meister Reichard, im Gegenteil! Langsam durchschritt er die Hauptstraßen Hirschbergs, spähte nach rechts und links und freute sich, wenn die Blicke der Vorübergehenden an ihm haftenblieben. Mitunter wurde er angehalten, denn Jule Kretschmar war in Hirschberg eine bekannte Persönlichkeit.

»Sind Sie es wirklich, Jule? Schmuck sehen Sie aus!«

»Ich bin Gefreiter und werde im Herbst Unteroffizier. Ich stehe in Glogau bei den Pionieren!«

Auch einige junge Mädchen begrüßten ihn. Ihre bewundernden Blicke taten ihm gar wohl.

»Jule«, sagte die eine, »du hast mir zwar schon als Tischler gut gefallen, aber als Soldat siehst du geradezu vornehm aus, mit dir möchte ich einmal ausgehen!«

»Bin leider zu jeder Stunde besetzt, – aber – will mal sehen!« Jule zog umständlich sein Taschenbuch hervor, blätterte ein Weilchen darin herum und sagte: »Bedaure, Gretchen, es geht wirklich nicht, ich habe schon zu viele Verabredungen. Aber im Herbst, wenn ich frei bin ...«

»Schade, Jule, den Mädchen in Glogau wirst du sehr gefallen.«

»Gewiß, gewiß«, sagte er leichthin. Daß ihm an einem Zusammensein mit der kleinen, molligen Grete wenig lag, brauchte er nicht zu verraten. Er wollte sich lieber mit Pommerle zeigen, dem hübschen blondzopfigen Mädel, der Tochter des bekannten Professors Bender.

Es war auch ratsamer, in Hirschberg keine Bekanntschaften aufzufrischen, damit sein geliebtes »Mäuseschwänzchen« nicht eifersüchtig wurde. War er doch so glücklich, daß alles wieder zum guten Ende gekommen war! Schließlich heiratete er doch einmal seine Appi; wozu also Zusammenkünfte mit anderen Mädchen wie der Berta, der Grete, der Leoni und der Käte! Es genügte ihm, wenn ihm die Mädchen bewundernde Blicke zuwarfen.

Endlich war es Zeit, Meister Reichard und Sabine zu besuchen. Dort war der große Hof mit den aufgestapelten Brettern, dort drüben die Werkstatt, in der er drei volle Jahre gelernt hatte. Alles war wie einst, nichts, gar nichts hatte sich seit seinem Fortgehen verändert.

Majestätisch schritt er über den Hof; er sah den Meister in der Werkstatt stehen, neben ihm arbeitete ein junger Mensch, anscheinend ein Lehrling. Jule fühlte hellste Schadenfreude. Der Bengel mußte erst lernen, er war längst fertig, er hatte auch seiner Militärzeit fast genügt und wurde nun bald Unteroffizier.

In militärischem Ton rief der Jule den Meister an.

»Endlich, lieber Jule! Seit drei Tagen erwarten wir dich! Es ist brav von dir, daß du zu uns kommst. Bist ja ein schneidiger Soldat geworden! Schau, schau, was der Drill aus einem jungen Mann macht! Sogar solch schlappen Bengel, wie dich, haben sie geradegezogen.«

Jule fühlte sich vor dem Lehrling in seiner Ehre gekränkt. »Ich möchte die Meisterin und Fräulein Sabine auch begrüßen. – Hier hat sich ja nichts verändert, Meister Reichard, immer noch derselbe Kram.«

»Ja, Jule, mein Geschäft geht nach wie vor gut!«

»Ich hatte in den letzten Monaten häufig Gelegenheit, eine Tischlerei in Glogau zu besichtigen. Na, das ist 'ne Sache! In so einem Unternehmen zu arbeiten, macht Freude. Ich werde bei Meister Rispe in Glogau nach beendeter Militärzeit eintreten.«

»Meister Rispe? Ich kenne ihn aus der Innungsversammlung!«

»Das ist 'ne Werkstatt, Meister Reichard! Sie würden mit Staunen nicht fertig werden. Da gehen täglich Dutzende – – nein, Hunderte von Möbelstücken hinaus. Gar nicht schaffen kann er es!«

»So, so, Jule! Wieviel Leute beschäftigt denn Meister Rispe?«

Jule überhörte die Frage absichtlich. Er erkannte, daß er eben wieder den Mund viel zu voll genommen hatte. »Jedenfalls ist das 'ne bombige Sache, Meister. Aber natürlich, Glogau ist auch 'ne ganz andere Stadt, 'ne Großstadt. Hirschberg ist dagegen ein Nest.«

»Jule, ich glaube, Hirschberg ist größer als Glogau.«

»Gelacht, Meister! Man kann drei Hirschberg in ein Glogau stellen. Die paar Soldaten, die hier sind! – Aber in Glogau! – – Na, überhaupt, Glogau ist eine der größten Städte Schlesiens – –«

»Und so was redet mir ein Pionier vor? Weißt du noch immer nicht, Jule, daß Hirschberg größer ist als Glogau?«

Der Jule ließ ein Lachen hören. »Meister, Sie kennen Glogau nicht. Auf jeden Fall hat Meister Rispe, bei dem ich im Oktober eintreten werde, ein fabelhaftes Unternehmen – –«

»Und eine hübsche Tochter, Jule! Wenn ich Meister Rispe nun sage, daß du mir soviel von seinem Betriebe vormogelst, wird das der hübschen Tochter nicht gefallen.«

»Ich meine ja nur so«, fuhr Jule auf, »ich habe nur gesagt, daß Meister Rispe ein schönes Unternehmen hat, mit viel Arbeit. – Natürlich beschäftigt er zwei Gesellen und zwei Lehrlinge. Das ist doch 'ne bedeutende Sache.«

»Schon gut, lieber Jule! Nun wollen wir zur Meisterin und zu Sabine gehen, sie freuen sich sicherlich, dich zu sehen.«

Auch dort wurde der Gefreite herzlich begrüßt. Die blinde Sabine half trotz ihres Leidens der Mutter fleißig im Haushalt. Mitunter vergaß man, daß ihr das Augenlicht fehlte. Herzlich bat sie Jule, er möge bald wiederkommen, da er für heute nur knappe Zeit habe.

»Du machst mir eine besondere Freude, lieber Jule!«

Der versprach es hoch und heilig, denn Jule besaß ein viel zu weiches Herz, er wußte, daß Sabine manches entbehren mußte; so sollte sie die Freude haben, von ihm unterhalten zu werden. Dann drängte er zum Heimgehen. Gegen sieben Uhr wurden die Geschäfte geschlossen, da waren die Hirschberger Straßen besonders belebt, und möglichst viele sollten den Gefreiten mit dem silbernen Winkel dann sehen.


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