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XI.

Am andern Tag erwachte er spät. Als er sich der Eindrücke der jüngsten Vergangenheit erinnerte, fiel ihm vor allem ein, daß er heute Audienz bei Kaiser Franz haben sollte, dann dachte er an den Kriegsminister, den höflichen österreichischen Flügeladjutanten, an Bilibin und an das Gespräch des gestrigen Abends. Nachdem er seine Paradeuniform, die er schon lange nicht getragen, angelegt hatte, trat er frisch, lebhaft und hübsch, den Arm in der Binde, in Bilibins Arbeitszimmer, in welchem er vier Herren des diplomatischen Korps antraf.

»Bolkonskij ist mein Gast,« sagte Bilibin, »und ich möchte ihn mit den Genüssen des hiesigen Lebens bekannt machen. Wenn wir in Wien wären, wäre das eine leichte Sache; aber hier, in diesem garstigen mährischen Nest, ist das schwierig, und ich bitte Sie alle um Hilfe. Wir müssen ihm die Honneurs von Brünn machen. Wir müssen diesen blutdürstigen Krieger zu menschenfreundlicheren Ansichten bekehren.«

»Ich werde mich Ihrer Gastfreundschaft kaum erfreuen dürfen, meine Herren; jetzt ist es jedenfalls Zeit für mich, zu gehen,« erwiderte Bolkonskij mit einem Blick auf die Uhr.

»Wohin?«

»Zum Kaiser.«

»O! O! O!«

»Na, auf Wiedersehen, Bolkonskij. – Auf Wiedersehen, Fürst, kommen Sie zur Zeit zum Diner! – Wir werden uns Ihrer annehmen!« klangen die Stimmen durcheinander.

»Vergessen Sie nicht die Ordnung bei der Lieferung des Proviants und der Marschrouten zu loben, wenn Sie mit dem Kaiser sprechen,« sagte Bilibin, der den Fürsten ins Vorzimmer begleitete.

»Ich täte es gern, aber ich kann es nicht, soviel ich weiß,« erwiderte Bolkonskij lächelnd.

»Sprechen Sie überhaupt recht viel. Die Audienzen sind seine Liebhaberei, aber er selbst spricht weder gern noch gut, wie Sie sehen werden.«


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