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Der umgewendete Dichter

1

In der Wohnung des Volksdichters Matthias Schwinghammer herrschte jene gedämpfte Stimmung, die man in der Umgebung eines Schwerkranken zu finden pflegt.

Die Frau, die Köchin und das Mädchen unterhielten sich wispernd, seufzten sich Bemerkungen zu und hüteten sich krampfhaft vor lauten Worten und Geräuschen.

Sie gingen auf den Fußspitzen und klinkten jede Türe achtsam ins Schloß.

»Bscht!« mahnte immer wieder die gute Frau Marie Schwinghammer, deren geschwollene Augen und gerötete Nase auf eine tränenreiche Nacht hinwiesen.

»Bscht! Leni, trag'n S' 's Kaffeeg'schirr ganz staad ins Zimmer. Der Herr Dokta werd bald aufsteh' ... Liesi!«

»Ja, gnä Frau ...«

»Bscht! Bscht! Mahlen S' an Kaffee, aba recht staad.«

»I ja ...« sagte die dicke Köchin mit einem Unterton von herzlichem Mitleid, und indes sie sich auf einen Stuhl setzte und die Kaffeemühle auf den Schoß nahm, fragte sie: »Is denn wirkli so arg g'we'n, gnä Frau?«

»Oh ... mei!« antwortete die Dichtersfrau mit einem abgrundtiefen Seufzer. »Es war scho bald mehr wie arg. Die Leut hamm si ja benomma ...«

»Pfiffen?« Liesi fragte es mit einem zwar sehr traurigen, aber doch auch neugierigen Blicke.

Frau Schwinghammer zuckte sichtlich zusammen und nickte bejahend.

»Ja, Liesi ... pfiffen, und wissen S', wie auf Kommando. Ma hat's deutli g'merkt, daß die G'schicht ang'richt war ...« »Is ja net anderst mögli, gnä Frau, denn unser Stück is do so schö ... so schö!«

Liesi sagte es mit ehrlicher Bewunderung und einem wahr empfundenen Aufschlag ihrer nußbraunen Augen.

»Meinen S'?«

Frau Schwinghammer sagte das zaghaft und stieß einen langen Seufzer aus.

Da wurde Liesi von Eifer erfaßt.

»Die gnä Frau wer'n si do net irr macha Iass'n von dem Zeitungsschreiber da? Dös war scho des Allerärgste! Na, dös tat i net, und vo mir aus ko oana sag'n und schreib'n, was er mag, dös Stück is amal schö und so rührend! Mei Martl sagt's aa ...«

»Welcher Martl?«

»Mei G'freiter. Dem hab i unser Stück vorg'lesen, wia ma de gnä Frau 's Büchl geb'n hat. Und der Martl sagt aa, nix Schöners, sagt a, hat er seiner Lebtag net g'hört ...«

»Sagt a?«

»Ja, gnä Frau. Wissen S', de Szene, wo si auf oamal rausstellt, daß da Wilderer Sepp eigentli der Sohn von dem Graf'n is, der wo eahm naufg'schoss'n hat, und wo de verzweifelte Muatta sagt: Du bist da Mörder von dein Kind! Da ist an Martl ganz zwoaraloa worn und, Liesei, hat a g'sagt, jetzt siecht amal der großkopfete Graf, daß ma an Mensch'n net grad a so aufi schiaßt z'weg'n an Rehbock ... g'wiß wahr, gnä Frau, und er hat's kaam dawart'n könna, wia de G'schicht nausgeht ...«

Frau Schwinghammer seufzte wieder und sah verloren vor sich hin.

»Ah, genga S', gnä Frau, so müassen S' net sei. Da derfan S' jetzt koan Zweifi net hamm ...«

»… Ja ... ja ...«

»Sehg'n S', unseroans hat ja net studiert, aba desweg'n hat ma do a G'fühl, net? Und weil's a Volksstück is, net, ko unseroans g'wissermaß'n an Urteil hamm ...«

»Liesi ...« sagte Frau Schwinghammer und dämpfte ihre Stimme noch mehr ... »Sie meinen's g'wiß gut und ehrli ...«

»Wenn i's Eahna sag, gnä Frau ...«

»Ja ... ja ... aba ...« Frau Schwinghammer schaute ängstlich nach der Türe, ... »aba wissen S' ... ma verlangt heut amal, daß ma modern schreibt ...«

»Ah ... gengan S', gnä Frau, schaug'n S' ...«

»Bscht! Nicht so laut, Liesi! ... Es is leider so. Dös ändert si mit der Zeit, und vor etliche Jahr ... oder vor zehn Jahr, da hat ma änderst g'schrieb'n, aba heut hört ma allgemein, daß ma eb'n modern sei muaß ...«

Die Köchin zeigte eine ehrliche Verwunderung.

»Dös vasteh i meiner Lebtag net. Wenn amal was schö is, nacha is 's schö ... warum, daß si dös ändern soll? ...«

Die Dichtersfrau nickte trübselig mit dem Kopfe.

»Es is halt amal aso ...«

»Gnä Frau, jetzt muaß i scho dumm frag'n. Was is denn nacha modern?«

»Ja mei, Liesi! G'nau weiß i's selber net. Es is halt an andere Art, verstehst? Im Schreib'n ... verstehst? Es is halt nimmer so wie früher, sondern wie jetzt.«

»Dös vasteh i net, gnä Frau. In unsern Stück kemman do lauter Sach'n vor, de wo's heut no grad so gibt, wia früher. Zun Beispiel, daß de Fischer Nanndl dös Kind hat von dem Graf'n.«

»Vorkommt's scho, Liesi, aba ma schreibt's nimma so ...«

»So! Warum nacha net? Wenn gewisse feine Herrn an arma Madl an Kopf verdrah'n und ihr de Ehr nehman und danach de Betreffende sitz'n lass'n in da Schand und mit'n Kind, warum soll ma dös auf oamal nimma schreib'n derfa?«

»Weil halt 's Publikum was anders will.«

»'s Publikum!« rief Liesi verächtlich. »Dös san wahrscheinli de g'wiss'n nobligen Leut, de wo si ihre Opfer suach'n unterm Volk und d' Wahrheit net vertrag'n! De sell'n kennt ma. An arma Madl an Blimi-Blami vormacha, dös mögen s', aba von de Folg'n, da soll ma net red'n! Is net erst a Basl von mir in d' Hoffnung kemma? Von ihra Herrschaft ihran Herrn Sohn? Und so was muaß vatuscht wer'n, natürli!«

»In g'wisser Beziehung hamm Sie schon recht, Liesi.«

»Überhaupts hab i recht, gnä Frau, und sehg'n S', grad dös g'freut mi vom gnä Herrn, daß er de Spitzbuam richti hi'stellt und solchane Graf'n und Kavaliere amal richti abmalt ...«

»Ja ... ja ... Liesi, aber was hilft dös alles? De Zeitunga wollen's amal, daß ma modern is.«

Die elektrische Klingel schrillte zweimal.

Da fuhr die arme Frau Schwinghammer erschrocken zusammen.

»Jessas!« rief sie, »er is scho wach! O mei! Was werd er heut für an Humor hamm!«

Und sie schlich sich müde aus der Küche.

2

Um die gleiche Zeit saß der ehemalige Bankmetzger und jetzige Privatier Benno Schüechl beim Morgenkaffee, und als Vater der guten Frau Marie Schwinghammer, demnach als Schwiegervater des durchgefallenen Dichters, hatte er Grund zur üblen Laune, die er nicht verbarg.

»No, jetzt host as,« sagte er zu seiner behäbigen Frau, die im Schlafrock ihm gegenübersaß, »dei Herr Schwiegersohn is amal schö auspfiffa wor'n.«

»Der dei aa,« erwiderte Frau Schüechl, ohne aus der Ruhe zu kommen.

»Mhm, der mei aa! Aba da mei waar er net, wenn d' Frauenzimma a Vernunft o'nehmat'n. Wia oft hab i g'sagt, d' Marie soll an Schecker Pauli heirat'n. Da stand s' jetzt frisch und kreuzlusti im schönst'n Metzgalad'n am Markt, und er hacket im Tag a vier, a fünf Kaibi und a drei, a vier Sau aus, und a Leb'n waar's, und koan Verdruß gab's de ganz Zeit net, und da Schecker Pauli werat net auspfiffa.«

»No ja!« sagte Frau Schüechl. – »Was ›no ja‹?«

»Jetzt hat s' halt amal an Schwinghammer g'heiret.«

»Hat s' n? Jawoi, und da hat s' scho was Recht's. Wia oft hab i dös g'sagt, koan Dichta mag i net? Dös san bloß Spassetlmacha, und überhaupts all's, was singt und tanzt und pfeift, is a Bandi. Hab i dös net g'sagt?«

»O ja, so ordinär hast du scho daherg'redt.«

»Ordinär! Dös mag i! Dös waar ordinär, wenn ma auf sei guat's, bürgerlich's Hauswes'n schaugt! Aba natürli! Der g'schneckelte Dichta mit die Löckerln, der hat's de schwach'n Frauenherz'n o'to! Und gmoant hamm s' scho, was dös is, wenn oana Versl macht und auf an jed'n Tisch an Fisch, oder auf an Karr'n an Schmarr'n z'samma dicht ...«

»Geh, hör amal auf, Beni!«

»Na! Jetzt fang i erst o. Is vielleicht änderst, als wia'r i sag? Hab i net alls'samm vorausg'sagt? So a G'schäft is nix Solid's, hab i g'sagt, dös hat koa Hoamat, dös hat koan B'stand. Aba na! Natürli, der Schecker Pauli is nix g'wen, der war bloß a Metzga wia da Papa, und koane g'schneckelten Haar hot a aa net g'habt!«

»Aba g'schneckelte Füaß,« sagte Frau Schüechl etwas verächtlich.

»Hör ma auf mit de Weibersekt'n! Auf dös schaugt ma net bei an Mannsbild, dös spielt koa Rolle in der Ehe ...«

»Sie hat 'n halt net mög'n.«

»So? Is s' nacha jetzt bessa dro? Von der erst'n Stund o hab i zahl'n müass'n, weil der Fretta net so vui is, daß er sein Haushalt vadeant, und nacha werd sei Stuck im Theater geb'n, de ganz Vawandtschaft is narrisch vo lauta Freud üba de Ehr, neue Kleidl'n müass'n her für d' Frauenzimma, für den groß'n Abend, a Festess'n werd b'stellt im Hotel, Kränz müass'n kafft wer'n, no ja, dös hätt wenigstens a Berechtigung g'habt, weil's a Begräbnis war ...«

»Geh, Beni, laß di no net gar a so aus!«

»Jetzt red amal i, z'erscht habt's ös g'redt! Da Hochmuat is ja dir aa übers Dach außi g'wachs'n. A jed's hat's hör'n müass'n, daß ›unser Schwiegersohn nächstens a Premiär hot‹, daß ›unser Schwiegersohn so ang'strengt is mit die Prob'n!‹ ›Mit was für Prob'n?‹ fragt oana. ›No, wissen S' net, unser Schwiegersohn wird do aufg'führt. Am Samstag is sein großer Tag.‹ Ja, der is na groß worn! Wer koan Hausschlüssel g'habt hat, hot auf die Finga pfiffa. Bei koana Preissuach hab i no a so pfeif'n g'hört, als wia beim groß'n Tag vom Herrn Schwiegersohn ...«

»Geh! Obertreib do net a so! Es san gnua Leut drin g'we'n, de Beifall klatscht hamm.«

»So? Host du oa g'sehg'n?«

»Gnua ...«

»I net. I hab bloß de Herrschaft'n bemerkt, de pfiffa hamm, als wenn s' a Klarinett'nkonzert geb'n möcht'n.«

»So? Hast net g'hört, was da Herr Sekretär Wachinger g'sagt hat? Es is eine Schande, hat a g'sagt, daß ma den heimischen Volksdichta so brutal behandelt. Dös Stück, hat a g'sagt, hat viele Reize und an innerlichen Wert ...«

»Auweh! Der äußerliche waar ma liaba, den siecht ma do. Und überhaupts, Resi, bist du so jung, daß d' dös net kennst? Dös san so Grabred'n, vastehst, für de ma nix kriagt. ›Er war eigentli so übi net‹, hoaßt's, wenn oana ei'grab'n werd, und wenn ma g'wiß woaß, daß a nimma außa kimmt.«

»Da Herr Sekretär is ein gebildeter Mann, der versteht was von da Dichtkunst ...«

»Is scho recht. Und er redt halt, was ma gern hört. Vielleicht, wia's d'n du net g'sehg'n host, hot er aa auf sein Hausschlüssel pfiffa, bis er Frans'n kriagt hot ...«

»I sag da's nomal, Beni, de Übertreiberei hat gar koan Wert. Was hülft denn dös Schimpf'n? Machst höchstens dös arme Madl no ganz unglückli ...«

»Hätt' s' an Schedter Pauli g'heiret!«

»Ja, hätt' s'! Hätt' s'! Jetzt hat' s' 'n halt net g'heiret, und jetzt muaß s' amal den Mann hamm, den wo s' hat ...«

»Den, wo ihr de zärtliche Muatta zuabracht hot!«

»Und wenn! Was ko'st denn du sag'n geg'n eahm? Is er net a brava Mensch ...?«

»Brav! Kinna tuat a nix!«

»Dös muaßt du wiss'n!«

»I scho. Und der da woaß aa ...«

Schüechl schob die Morgenzeitung seiner Frau recht unsanft hinüber.

»Da – les!« sagte er unwirsch. »Da ko'st dir a Bildl macha vo dein Schwiegasohn!«

»Ah! De Zeitungsschreiba!«

»So? Vastenga de auf oamal nix? Früher, wenn er g'lobt wor'n is, da habt's den Schmarrn auswendi g'lernt. Jetzt auf oamal hoaßt's ›Zeitungsschreiba‹!«

»Is ja wahr! So a Mensch erlaubt si an Urteil! Soll er's bessa macha, wenn er's bessa ko!«

»Wenn i was kaaf, und wenn i zahl, derf i schimpfa ...«

»So?«

»Jawoi! Dös is no allawei so g'wen. Und überhaupts, les halt! Du woaßt ja gar net, was er schreibt. Der sagt's eahm schö gnua ...«

»I les net ...«

»Na will da's i sag'n. Modern is er net, dei Schwiegersohn! Vastand'n? Er geht net mit da Zeit, er is z' spat auf d' Welt kemma ...«

»Er dicht' halt, wia's eahm paßt ...«

»Eahm paßt!«

»Oda, wia's er ko.«

»Er ko!«

»No ja, aus seina Haut ko er net naus. Und für dös Moderne werd a halt net g'schaff'n sei.«

»Na soll er si umschaffa lass'n, der Lattierl, der damische!«

»Geh, Beni!«

»Is ja wahr! Z'weg'n was geht er net mit da Zeit? A jeda Mensch muaß mit da Zeit geh', a jeda G'schäftsmo, da groß wia da kloa. Dös is do Nummera oans! Wenn d' Leut G'schwoll'ne mög'n, mach i koane Dickg'selcht'n! I muaß do auf d' Kundschaft aufpass'n! Sunst genga s' halt zu an andern, net? Oda, wenn's a Dichta is, pfeifa s' 'n aus. Net? Derf i zu de Leut sag'n, ös kafft's dös, was i mach, oda hoaßt's, i mach dös, was d' Leut kaffa? Dös möcht' i gern wiss'n?«

Frau Schüechl schwieg. Die Beweisführung leuchtete ihr ein, und sie mußte ehrlicherweise zugeben, daß ihr Mann wieder einmal den Nagel auf den Kopf getroffen habe.

Aber man konnte ihm doch nicht so gänzlich sein Recht lassen, und darum sagte sie: »No ja! Is 's wia's mag, dös werd si no all's richt'n.«

»Bei dem richt si nix, dös sag da'r i! Dös is an ei'bilderischer Mensch, der wo koa Vanunft o'nimmt und glaabt, de ganz Welt muaß si nach eahm richt'n. Sunst waar a schon lang modern wor'n, wenn's amal verlangt werd. Aba na! Erst recht net!«

»Beni, dös san geistige Sach'n, und da wiss'n mir z' weni davo.«

»Ah was! Geisti! Hör ma do auf mit dem Schmarr'n! I lass' ma nix vorschwindeln. Ob ma'r a Stuck a so macht, oder a so, dös werd koa solchana Unterschied net sei. Und jetza muaß a's halt a so macha, wia's d' Leut hamm woll'n. Mit da Zeit muaß a halt geh'. Na is ausg'redt.«

»Vielleicht konn er's net?«

»I lern's eahm scho!«

»Du? Geh, misch di do du net ei in de Sacha! Du woaßt ja do gar nix davo!«

»Net, moanst? I hab mein g'sund'n Hausvastand und vasteh ganz oafach dös, daß i nix mehr zahl. Entweda – oda!«

»Du machst bloß an Vadruß no größa.«

»Jawoi! Dem Mensch'n is 's z' guat ganga. Dös is da Fehla. Les no! Der schreibt's aa. Diesem Dichter, schreibt a, fehlt das große Erlebnis. Also! Jetza ziahg i anderne Soat'n auf. Dös große Erlebnis, dös dalebt er vo mir, da Herr Schwiegersohn ...«

»Geh, Beni!«

»Ausg'redt is, und heut fruah dalebt er's no,« sagte Herr Schüechl mit einer wilden Energie. Da wußte seine Frau, daß er nicht umzustimmen war, und fügte sich seufzend in das Unvermeidliche.

3

Matthias Schwinghammer lag im Bette und starrte zur Decke empor. Seine Erinnerungen an den letzten Abend, die ein wohltätiger Schlaf vertrieben hatte, kehrten zurück und wurden mit jeder Minute lebendiger und häßlicher.

Da hatte er nun dem Volke wieder ein taufrisches Stück geschenkt mit Figuren, die es doch früher zu lieben schien, mit Jägern, Wilderern, Sennerinnen, mit armen, aber lustigen Knechten, mit stolzen, eigensinnigen Bauern, und alle sagten sie prächtige Wahrheiten von Herzen weg, deren jedes auf dem rechten Flecke saß.

Es war ein Strauß von echten Waldblumen, die ehedem in jedem Salon mit Zärtlichkeit gehegt wurden, und nun wurden sie auseinandergerissen, weggeworfen, mit den Füßen zertrampelt. Das Publikum, das große Tier mit den vielen hundert Augen, war stumpf im Parkett gesessen, hatte die derbe und gesunde Kost verschmäht, hatte gezischt und gepfiffen.

Noch in der Erinnerung schmerzten ihn die schrillen Töne, und er schloß die Augen.

Warum war denn alles so anders geworden?

Das Publikum, das früher so gerne die herzige Sprache auf der Bühne vernahm, lehnte sich erregt auf gegen die Bilder, die ihm Berg und Wald und See vortäuschten, wollte nichts mehr hören von den Gefühlen, die unser Volk bewegen, die es bald in Lust aufjauchzen, bald in tiefen Schmerz versinken lassen!

Und die Kritiker! – Pah!

Früher, – ja, da war er »unser Schwinghammer«, »unser Volksdichter«, und mehr als einer von diesen kläglichen Geschöpfen hatte sich was darauf zugute getan, wenn er ihm – bildlich gesprochen – in seinen Artikeln vertraulich auf die Schulter klopfte und ihn gar »unsern kernigen Hias« nannte.

Jetzt stürzten sich alle wie Aasraben auf seine Werke und erhoben ein mißtöniges Geschrei.

Eine neue Zeit war angebrochen, und jeder fürchtete, als rückständig zu gelten, wenn er die alte Schönheit der neuen Häßlichkeit vorzog.

Keiner konnte sich genug tun in Bewunderung dieses törichten Gestammels von jungen Burschen, die ihre Unfähigkeit hinter genialischen Gebärden versteckten.

Und er wurde der Mode geopfert, er wurde erbarmungslos niedergetrampelt, niedergepfiffen. Sie schämten sich ihres ehemaligen Beifalls und haßten ihn darum, weil sie ihn einstmals gelobt hatten.

Diese Hohenpriester des Neuen, des Anderen, die sich abhetzen im wütenden Laufe, um als die ersten Versteher des hereinbrechenden Geistes anzukommen und gesehen zu werden; die dem Publikum dienen, diesem Publikum, das sich verdauend in den Lichtspielhallen rekelt und Verbrecherromane mit schmatzendem Behagen genießt, die taufrische Kost aber, die ihnen ein echter Dichter bietet, mit rüpelhaftem Gebaren ablehnt!

Ah! Schwinghammers Lockenhaupt schnellte aus den Kissen empor, ein unsagbar bitteres Empfinden quoll in ihm auf.

Er drückte auf den Knopf der elektrischen Klingel und sank wieder zurück.

Die Türe wurde furchtsam geöffnet, und Frau Marie fragte so weich und leise wie eine Krankenschwester:

»Bist scho wach?«

»Ja ...« war die etwas unwirsche Antwort.

»Willst d' was?«

»Die Zeitung bring mir!«

»Geh, du regst di wieder auf. Les s' lieber net!«

Der Dichter fuhr ungestüm in die Höhe.

»Was hast denn du für ein wehleidiges Getu? Was liegt denn mir dran, was so ein trauriger Reporter, so ein Esel über mich schreibt? Behandel mich gleich gar wie an Geisteskranken! Also bitt schön, die Zeitung! Und etwas rasch!«

Frau Marie ging bekümmert hinaus und kam gleich wieder mit der Zeitung zurück.

Der Dichter griff so hastig nach ihr, daß man nicht wohl an seinen Gleichmut glauben konnte.

Und Marie, die sich an das Fenster stellte und mit umflorten Augen ins Freie schaute, hörte ängstlich, wie die Zeitung unter seinen aufgeregten Händen raschelte, und dann hörte sie, wie der verwundete Poet sie grimmig zusammenballte und auf den Boden warf.

»No ja!« sagte sie zu sich, »da hamm ma's ja!«

In einer Regung zärtlichen Mitleids wandte sie sich um und sah ihren Mann mit zornrotem Kopfe aufrecht im Bette sitzen.

»Nimm's net so hart, Mathies!« bat sie.

»Net so hart! Herrgott, laß mich doch in Ruh' mit deine Trostsprüch! Man möcht' schon meinen, man wär' abhängig von dem nächstbesten Halunken, der einen Zeitungsartikel schreibt! Was pass' ich auf den auf? Was pass' ich aufs Publikum auf? Ich weiß, wer ich bin, und ich bleib', was ich bin.«

»Dös sag ich ja auch,« erwiderte Frau Marie.

»Sagst du auch? No also! Dann tu net so, als wenn der Wisch da mei Todesurteil wär' ... und jetzt sei so gut und laß mich allein! Ich möcht' aufsteh'n.«

»Der Kaffee is glei fertig ...«

»Schön. Ich komm gleich, und sei so gut und schau a kleins bissel weniger traurig aus!«

Marie ging, und nach kurzer Zeit kam der Dichter zum Frühstück.

Die zerknitterte Zeitung hatte er wieder glattgestrichen. Er legte sie auf den Tisch neben die Tasse und las die Kritik noch einmal von Anfang bis Ende durch. Ab und zu lachte er grimmig auf und nahm heftig einen Schluck Kaffee zu sich.

Die gutmütige Frau sah ihm ängstlich zu und gab auf seinen Gemütszustand acht.

In kurzen Zwischenräumen stieß er zornige Worte hervor.

»Rindvieh! Trottel! Jawohl – Zeitgeist! Moderne! Ah! Wenn ich nur das abgebrauchte, ekelhafte, dumme Wort nicht mehr lesen müßte – –«

»Mathies!«

»Was?«

»Meinst net doch, du sollst modern schreib'n?«

Marie sagte es zart, so zart, wie eine Frau so etwas nur sagen kann, aber die Wirkung war fürchterlich.

Schwinghammer sprang vom Stuhle auf, fuhr sich mit beiden Händen in das Lockengewirr und stieß einen unartikulierten Schrei aus.

»… Also! ... Also! ...«

»So reg di do net glei so auf. I mein's dir gut ...«

»Schluß! Ruhe! Schluß!« schrie Matthias und zerrte an den Locken und fiel gebrochen auf den Stuhl zurück.

Marie stürzte auf ihn zu. Sie wollte dem nach Atem Ringenden helfen, aber er stieß sie zurück, sprang wieder auf und lief im Zimmer herum.

»Du tust ja scho ...« wagte Marie zu sagen.

»Schluß!« brüllte der verwundete Dichter, und nachdem er röchelnd Luft geschöpft hatte, stellte er sich vor seine Frau hin mit zornfunkelnden Augen.

»Was habe ich dir gesagt? Was habe ich dir hundertmal gesagt? Tausendmal? Was habe ich gesagt?«

»Aber Mathies, die Mädeln hör'n di ...«

»Ist mir wurscht, egal, schnuppe, ist mir wurscht, sag ich!« Er stampfte auf den Boden. Und wieder fing er an: »Was habe ich dir gesagt? Du sollst deine scheußliche, ekelhafte, schauderhafte Manier ablegen, mir dreinzureden! Du sollst nicht vergessen, wer du bist. Was du bist! Wo du herkommst!«

Marie fing zu weinen an.

»Wirfst ma's scho wieda vor?«

»Ich werfe nichts vor. Ich konstatiere die Tatsache, ich konstatiere die einfache, klare, unwiderlegliche Tatsache, daß du aus den Kreisen des ehrsamen Metzgerhandwerks stammst, und deswegen und überhaupt und in keiner Beziehung eine Ahnung hast, wer ich bin, was ich leiste, was ich will, was ich erstre–ee–ee–be ... und daß du um Gottes willen endlich die Manier ablegen sollst, von meiner Kunst zu reden als wie vom Wurstmachen. Daß ich mir das verbitte, verbi ... i ... itte!«

»Um Gottes will'n, du schreist di ja um an Verstand!«

»… Aah!« Mit einem Wehelaut ließ sich Schwinghammer auf einen Stuhl niederfallen, preßte das Haupt auf den Tisch und holte schwer Atem.

Dann sprach er leiser und mit dumpfem Keuchen weiter.

»Das zerrt an einem, das ist eine Qual! Nirgends Erholung, Erquickung, Erfrischung. Eine Nüchternheit um mich herum! Oh! Oh! Oh! Sie fragt mich, wie viele Verse ich mache, ob es leicht geht oder hart, wie viele Seiten ich geschrieben habe, so wie ihre Mutter vermutlich gefragt hat, wie viele Weißwürste der Gatte abgebrüht hat ... oh! oh! oh! ...«

»Weißt, Mathies, all's laß i mir auch net g'fall'n, und wenn i von dir gar nix hab, als Spott und Hohn und schlechte Red'n über meine braven Eltern, nacha ... nacha ...« – Marie brach in lautes Weinen aus – »nacha geh i halt wieda hoam, wo i net veracht' wer ...«

»Oh! Oh! Oh!« stöhnte der Dichter.

»Wie's d' mi damals g'fragt hast, ob i di heirat'n will, da hab i dir glei g'sagt, i pass' vielleicht net zu dir, und daß i vielleicht net gnua Phantasie hab für an Dichta ... daß i ... dein Flug net mitmacha ko ...«

»Oh! Oh! Oh!« ertönte es vom Tische her.

»Und du hast g'sagt, du willst überhaupts koa Frau net, de vielleicht glaubt, si ko dei Flug mitmacha ...«

»Oh! Oh! Oh! ...«

»Jawohl, so hast d' g'sagt, und dir is a häusliche Frau viel liaba, hast g'sagt ...«

»Jawohl!« brüllte Matthias, »eine Frau, die Knödel kocht, Strümpfe stopft und mich nicht fragt, und mich nicht fragt und mich mit ihren dreimalhunderttausendmal verdammten Fragen in Ruhe läßt ...«

»No, ma derf do no Anteil nehma!«

»Nei–ein! Man darf nicht Anteil nehmen! Man darf nicht fragen, ob die Verse hart oder weich geworden sind! Die Verse sind keine Würste! Die Verse werden nie ... nie ... nie ... in dreitausend Teufels Namen nie Würste sein!«

»Also schön! Wenn dös a Beleidigung is, na frag i überhaupts nix mehr, na kümmere i mi nimma so runta, vo mir aus geht's dir, wie's mag ... und wenn i dir z' dumm bin und z' ungebildet ... und z' weni« – Marie weinte herzbrechend – »na brauchst ... es ... bloß ... sag'n ... na geh i z'ruck ... zu meine bescheidna ... lieb'n ... Eltern, wo ma ... mi net so mißhandelt ... und an ... brüllt ...«

Es läutete, lange und energisch.

Marie trocknete sich hastig die Augen, und da hörte man schon Stimmen außen, und es waren die Stimmen des Herrn Benno und der Frau Theres Schüechl.

»Jessas! Da Vata ...« rief Marie und war eifrig bemüht, nur rasch die Spuren ihrer Tränen wegzubringen.

»Das hat noch gefehlt!« stöhnte Schwinghammer.

Er stand aber doch auf und versuchte, seine Locken zu ordnen.

Und dann klopfte es, und die Türe wurde geöffnet, und die bescheidenen Eltern traten ein, keineswegs verschüchtert, sondern im sichtlichen Bewußtsein eines Rechtes.

Frau Schüechl, der Liesi etwas zugeraunt hatte, schickte sehr strenge Blicke herum, und Herr Schüechl war überhaupt mit Energien geladen.

4

»Ihr unterhalt's euch ja sehr lebhaft,« sagte Frau Schüechl mit Betonung. »Und, scheint's, auch recht freundlich,« fügte sie hinzu, mit einem Blicke auf die verschwollenen Augen der Tochter.

»No ja,« sagte Marie, die ihrem Manne ehrlich beistehen wollte, »dös laßt sich denk'n, daß ma net gar so fidel is, wenn ma solchane Gemeinheiten lesen muaß.«

Sie deutete auf die Zeitung, aber ihre Mutter ließ sich nicht irremachen.

»Fidel oder net,« sagte sie, »aba de g'wisse Manier, daß der Ehemann sein Vadruß an der Frau auslaßt, de do meiner Lebtag nix dafür ko, de Manier find i fei net schö ...«

»'s Grobsei is halt leichta, als wia 's Dicht'n,« sagte der Vater Schüechl mit einem grimmigen Blick auf seinen Schwiegersohn.

Matthias war aber nicht in der Laune, diese Vorwürfe geduldig hinzunehmen, und er fragte, ohne sich im geringsten zur Höflichkeit zu zwingen:

»Was wollt denn ihr eigentlich?«

»Eigentli?« gab Schüechl zurück. »Was mir eigentli woll'n, dös werd si bald rausstell'n, z'erscht sag i aba an Herrn Schwiegersohn – vastand'n –, was mir net woll'n.«

»Ich bin gar nicht aufgelegt ...«

»Aufg'legt bin i aa net, und guat scho gar net, aba dös will i z' allererscht amal sag'n, für solchane Roheiten is unsa Kind z'guat ...«

»Geh, Vata!« bat Marie ängstlich.

»Nix da! Jetzt hat de Nachgeberei und de Rücksichtnehmerei an End. Was ko denn unsa Kind dafür, wenn du mit da Dichterei nix z'weg'n bringst? Dös mag i. Z'erscht auspfiffa wer'n, de ganz Vawandtschaft blamiern und nacha dahoam an Krach macha.« – »Vata! ...«

»Is vielleicht net wahr? Bis auf d' Straß'n obi hört ma den zärtlich'n Ehemann brüll'n, im Haus laffa d' Leut z'samm, de Deanstbot'n glaab'n, daß 's Mord und Totschlag gibt ...«

Es war Marie gelungen, ihre Mutter durch flehende Blicke umzustimmen, und Frau Schüechl leistete ihre Hilfe rasch und so bestimmt, wie man es von ihr erwarten durfte.

»Laß guat sei, Alter,« sagt sie, »a wengl a Streiterei kimmt überall vor, und wenn si de junga Leut wieda vertrag'n, ... müass'n mir net von vorn o'fanga.«

Der Herr Metzgermeister sah ein, daß er keine Hilfstruppen mehr zur Seite habe, und brach diesen Kampf ab.

»Vo mir aus, wenn's enk ös alles g'fall'n laßt's. I hab mei Sach g'sagt.«

Er schaute sich finster um nach seinem Schwiegersohn, der in einem Lehnstuhl vergraben lag und mit gefurchter Stirne über ihn wegblickte in weite Fernen, wohin ihm diese furchtbaren Spießbürger nicht zu folgen vermochten.

»Vo mir aus,« knurrte Schüechl noch einmal, »aba jetzt kumm i erst auf 's Eigentliche, und da derf i vielleicht an Herrn Schwiegersohn um die geneigte Aufmerksamkeit bitten.«

»Wie?« fragte Matthias aus fernen Welten her.

»Um d' Aufmerksamkeit tat i schönstens bitt'n,« sagte Schüechl mit Schärfe.

»Ich höre ja alles.«

»So? Dös werd guat sei. Also ...«

»Beni!« rief die Mutter, der Marie aufgeregt einige Worte zugeflüstert hatte.

»Nix Beni! I laß ma nix mehr drei'red'n. Also de G'schicht von gestern, net wahr, de werd dir so guat als wia uns alle mitananda zoagt hamm, daß 's aso net weita geht ...«

»Was weitergeht?« fragte Matthias und schüttelte seine Müdigkeit ab.

»De Dichterei, wia ma 's bis jetza trieb'n hamm,« antwortete Schüechl, auch sehr streitbar.

»So? Vielleicht gibst du mir gütigst Auskunft, wie ich künftig dichten soll?«

»Anderst.«

Schwinghammer lachte höhnisch auf.

»Ja, da werd nix g'lacht, vastand'n?«

»Soll ich vielleicht ernst bleiben, wenn du mir das sagst?«

»Ja. I tat an deina Stell ernst bleib'n. Denn dös, was i sag, hat an Grund und an Hintagrund.«

Herr Schüechl bückte seinen Schwiegersohn durchbohrend an und rieb den Daumen der rechten Hand am Zeigefinger.

»Da hört sich doch alles auf!« rief Matthias und sprang zornig in die Höhe. »Muß ich mir von ... von ...«

»Sag's no: von an Metzgamoasta ...«

»Von dir sagen lassen, wie ich meinen dichterischen Beruf erfüllen soll.«

»Braucht's net,« antwortete Schüechl mit unheimlicher Ruhe, »aba wer von mir koan Rat nimmt, werd vo mir koa Geld kriag'n. Bist du so stolz und so selbständi, brav! sag i, dös g'fallt ma und paßt ma recht guat. Na brauch i do net alle Monat vierhundert Markln zuaspitz'n ...«

Hier griff Marie ein.

Sie umarmte ihren Mann und rief flehend:

»Mathies, schau! Da Vata meint's net so bös!«

Und wiederum wandte sie sich an ihren Erzeuger.

»Geh, Vata! Du muaßt 'n net aa no kränk'n, nach all'n ...«

Dem gutherzigen Frauenzimmer standen sogleich die Tränen in den Augen, und das griff der Mutter ans Herz, so daß sie heftig zu schluchzen anfing und mühsam die Worte hervorstieß:

»Beni! I hab da's g'sagt, du woaßt net, was du unsern Madl o'tuast, und du machst ins no alle unglückli ...«

Schüechl war keine hartherzige Natur. Der allgemeine Jammer um ihn herum erschütterte ihn viel mehr, als er zeigen wollte, und er wehrte sich nur gegen die Rührung, die ihn zu übermannen drohte, wenn er mit einiger Rauheit sagte:

»De Flennerei hat koan Wert. Mir müass'n da zu an richtinga End kemma. I verlang nix Unrecht's vom Mathies, i verlang bloß dös, was alle Zeitunga schreib'n ...«

»Und das wäre?« fragte der Dichter und trommelte herausfordernd mit den Fingern an das Fenster.

Das reizte den Alten, und er fand seine Grobheit wieder.

»Das wäre? Das wäre, daß ma mit da Zeit geht, daß ma ganz oafach modern schreibt, wia's jetzt da Brauch is ...«

»So? Vielleicht erklärst du mir ...«

Schwinghammer vollendete den Satz nicht, denn Marie legte ihm beschwörend die Hand auf den Mund, und er besann sich eines Besseren.

Es war doch gefährlich, den Alten zu sehr zu reizen. Er schwieg also, und Schüechl nahm das Wort.

»I erklär gar nix. I woaß scho, daß i von da Dichterei nix vasteh, dös braucht mir neamad unter d' Nas'n reib'n. I hab, Gott sei Dank, a soliders G'schäft trieb'n. Aba sei G'schäft muaß a jeda vasteh, so viel woaß ma, und wenn's oan no dazua g'sagt werd, wia's oana macha soll, als wia da in da Zeitung, nacha muaß ma net sein Kopf aufsetz'n und eigensinni sei woll'n, sondern ma muaß dös toa, was d' Leut verlanga. Und dös woaß i aa, es is amal des erste Erfordernis, daß ma den G'schmack vom Publikum derrat', und daß ma dem G'schmack entgeg'nkummt ...«

»Und wenn halt amal der G'schmack jetza so is, schau Mathies,« sagte Frau Schüechl mit eindringlicher Gutmütigkeit.

»Geschmack! Geschmack!« brauste Schwinghammer auf und lief wie ein Löwe im Käfig etliche Schritte hin und her. »So was kann einen zur Verzweiflung bringen, wenn man so was hört! Habt denn ihr eine Ahnung davon, was ihr eigentlich verlangt?«

»Jawoi!« sagte Schüechl ungerührt.

»Nein!« schrie der Dichter. »Ihr habt sie nicht! Seit fünfzehn Jahren bin ich Dichter, seit fünfzehn Jahren gebe ich mein Bestes her, und jetzt kommt ihr, stellt euch vor mich hin und sagt ... so ... so von oben herunter ... so selbstverständlich, dein Lebenswerk ist nichts, deine Vergangenheit ist nichts ... weg damit! Du mußt dich selber aufgeben ... ah!«

Er fuhr sich mit beiden Händen in die Haare und preßte seinen Kopf an die Fensterscheibe.

»Vata!« bat Marie in flehendem Tone.

»Beni!« bat Frau Schüechl so milde, als sie es vermochte.

Aber der Alte blieb fest.

»Von koan Lebenswerk is überhaupts koa Red g'wen,« sagte er, »und von Aufgeb'n und von Vagangenheit. I sag ganz oafach dös, er soll si nach 'n Publikum richt'n. Wia, – dös is sei Sach, da red i eahm nix ei ...«

»Ganz einfach! Jawohl! Ganz einfach!« sagte Schwinghammer bitter. »So, wie man zu einem Schneider sagt, er soll den Rock wenden ...«

»Vata!« bat Marie flehend, »schau, wenn's amal sei dichterische Übazeugung is!«

»Geh, hör ma do du auf! De Spruch hast d' do bloß z' leicha g'numma. Jetzt kam sie aa no daher mit da dichterisch'n Übazeugung!«

»Was a richtige Frau is,« mischte sich die Mutter ein, »de steht bei ihran Mann, und da werst du unserer Marie nix sag'n kinna.«

»Is scho recht! Is scho recht! Ma kennt d' Frauenzimma scho und woaß, daß s' blind san, aba dös vasteht d' Marie do, gel, daß i bloß weg'n ihr mei Recht behaupt, und daß i weg'n ihr da herganga bi. Z'weg'n da Dichterei gang i net zwoa Häusa weit! Und über drei Stiag'n aufisteig'n, dös kannt ma'r ei'fall'n weg'n dera Papierverschreiberei ...«

»Warum hängst di nacha so ei, wenn dir nix dro liegt?«

»Weg'n da Marie! Weil dös zu nix führt, wenn da Herr Gemahl nix füribringt. Und weil i zahl', bin i so frei und sag mei Meinung, und grad zum Geldhergeb'n bin i net da. Vastand'n?«

Frau Schüechl sah, daß ihr Mann wieder in die Hitze kam, und wandte sich liebreich an ihren Schwiegersohn.

»Ös müaßt's euch einigen,« sagte sie. »Schau, Mathies, da Vata moant's guat, und 's Leb'n kennt er aa. Er war a tüchtiga G'schäftsmo, dös is anerkannt, und er war sogar im Gemeindekollegium drin. Also, von da Welt hat er scho an Begriff, und du muaßt denk'n, wenn er was verlangt, na moant er's guat, und er woaß aa, warum. Da muaßt di du net ei'spreiz'n ...«

»Aba wenn a sei dichterische Ada net ändern ko ... Muatta!« flehte Marie.

»Andern ko ma all's!« rief Schüechl grob.

Der Dichter war nicht so lebensunkundig und weltfremd, daß er seine Lage nicht erkannt hätte, und er wollte nun mit Sanftmut wirken.

»Also,« begann er, »jetzt will ich euch was sagen. Nicht wahr, ihr seid beeinflußt durch die Zeitung?« Er deutete mit geringschätziger Gebärde auf das Blatt hin, und fuhr weiter: »Weil ein Mensch, den ihr nicht kennt, von dem ihr eigentlich gar nichts wißt, weil der Mensch über mich herfallt, glaubt ihr, daß mein Stück keinen Wert hat. Das ist der einzige Grund, den ihr habt ...«

»Halt a weng!« unterbrach Schüechl, »'s Pfeif'n net vergess'n!«

Schwinghammer zuckte schmerzlich zusammen, und seine Schwiegermutter rief vorwurfsvoll:

»Aba Beni!«

»Ja no! Wenn ma redt, muaß ma all's sag'n. Dös Halbete hat koan Wert.«

»Also gut!« sagte Matthias, und ein bitteres Lächeln umspielte seinen Mund. »Auch das verehrte Publikum hat Stellung gegen mein Werk genommen. Ich will das gar nicht leugnen ...«

»Laßt si aa net leugna!« unterbrach ihn wieder der strenge Schwiegervater.

»Beni, jetzt laß amal an Mathies red'n!«

Schwinghammer legte die Hände auf den Rücken, schritt auf und ab und sprach nun mit sichtlicher Genugtuung über seinen Gedankenfluß:

»Irgendein Mensch, sagen wir, Maier, hat mich angegriffen, hat mich getadelt. Ihr kennt ihn nicht, ihr kennt seine Befähigung nicht, aber ihr gebt ihm recht. Gut! Ich sage nichts dagegen. Dann ... das Publikum! Irgendeine Mehrheit irgendwelcher Personen hat Stellung gegen mich genommen ...«

»Hat pfiffa!«

»Aba ... Beni!«

Der Dichter räusperte sich und fuhr fort:

»Hat gepfiffen, jawohl ... hat auf irgendeine flegelhafte Weise einem Mißfallen Ausdruck gegeben, das, wie ich sage, nicht berechtigt war, aber das, wie ihr sagt, nun einmal geäußert wurde. Das sind nun eure Autoritäten, aber –« Schwinghammer blieb mitten im Zimmer stehen und warf den Kopf mit einer stolzen Bewegung zurück, was Marie mit Bewunderung erfüllte – »aber, warum haltet ihr euch denn an Fremde, an unbekannte Menschen? Warum haltet ihr euch nicht an das Werk selbst? Da ist es!« Er deutete mit einer großen Geste auf den Bücherspind. »Dort steht es! Zeigt mir, was nicht gut ist! Zeigt mir, was anders sein soll!«

»Jetza ...« sagte Schüechl.

»Geh, Beni!«

»Nix Beni! Jetza red i. Den Zeitungsschreiba kenn i net, mag 'n aa net kenna, aba was amal in da Zeitung steht, dös steht halt, und da ko ma net wischi-waschi sag'n und net aufpass'n. Dös woaß i vom Magistrat her, und dös woaß i übahaupts. Und 's Publikum kenn i aa net, alladings! Wenigstens net allesamm, de wo d' Finga im Mäu g'habt hamm, aba dös beweist gar nix. I hab 's Publikum aa net kennt, dem wo i d' Würscht verkafft hab, aba aufpaßt hab i drauf, entgeg'nkomma bin i eahm, vastand'n? Entgeg'nkomma! Und desweg'n hab i was golt'n dabei, und hab's zu was bracht. Dös werd halt da Herr Schwiegasohn aa toa müass'n. Und i bin net so ei'bilderisch, daß i glaab, i alloa vasteh's bessa. Desweg'n hilft mir dös Büachl gar nix. 's Publikum werd scho wiss'n, warum 's pfiffa hot, ob jetzt i de Fehla siech oda net, dös is ganz wurscht!«

Frau Schüechl sah mit einigem Stolze, wie tapfer sich ihr Mann in dem Rededuell zeigte, und Marie warf bange Blicke auf ihren Liebsten, denn auch ihr erschien manches Wort des Vaters als schlagend und beweiskräftig.

Der Dichter aber ging mit ausgreifenden Schritten zum Spinde und holte ein schön gebundenes Buch herunter.

»Gut!« sagte er, und seine Stimme zitterte etwas, »wenn ihr nicht lesen wollt, dann bitte, horcht wenigstens zu! Ich will eine kurze Szene vorlesen.«

»Was hot denn dös für an Wert?« knurrte Schüechl ungeduldig.

»Laß 'n halt!« ermahnte seine Frau. »Red'n derf ma bei an jed'n G'richt, und verteidingen derf ma si überall.«

Schwinghammer richtete sich straff auf und bat sich mit einem starken Räuspern Stillschweigen aus.

»Ich lese,« sagte er, »die kurze Szene, in der die Fischer Nanndl ihren verwundeten Sohn, den Wilderer Sepp, auffindet. Also:

Fischer Nanndl aufschreiend: Himmlischa Voda! Is 's mögli? Is 's wahr? Der da liegt ... in sein Bluat ... mei Sepp? ... Mei Bua?

Wilderer Sepp mit schwacher Stimme: Muatterl!

Fischer Nanndl verzweifelt: Bua! Du! Um Gottes und aller Heiligen will'n!

Wilderer Sepp mit schwachem Lächeln: Schickt di der Himmi her, Muatterl?

Fischer Nanndl mit brechender Stimme: O mei arma Bua! Wer hat da dös to?

Wilderer Sepp finster auf den im Hintergrund stehenden Grafen weisend: Der dort! Der hot ma naufg'schoss'n ... Der nimmt si 's Recht, daß er an Mensch'n niedaschiaßt zweg'n a lausig'n Rehbock ...

Schwinghammer unterbrach sich und sagte: »Ich gebe zu, daß man sich an dem Worte lausig stoßen kann, aber ich habe kein besseres gefunden, um den Kontrast möglichst stark hervorzuheben.«

»Les weita, Hias!« flehte Marie, in deren Augen Tränen blinkten, wie übrigens auch in denen der Mutter.

Schüechl sah finster, aber doch nicht ohne innere Bewegung zu Boden.

Der Dichter las weiter, hob die Stimme und ließ sie vibrieren, da er die Wirkung wohl bemerkt hatte.

Fischer Nanndl entgeistert auf den Grafen blickend: Der? Der? Di? ... Und ... zweg'n ... an ... Rehbock?

Graf schroff: Ich habe mein Recht gewahrt, mein klares Recht.

Fischer Nanndl richtet sich groß auf: Kennst mi nimma? Hast d' Freihofbauern Nanni vagess'n vom Gasteig?

Graf seiner Sinne kaum mächtig: Die Frei – hofbauern – tochter vom Gasteig? Sie? Du?

Fischer Nanndl furchtbar: I ... jawoi ... I! Koan andere! De selbige, dera du die Ehr g'numma host ... De du sitz'n host lass'n ... in da Schand ... und mit 'n Kind. Ja ... schaug mi no o, du stolza Graf! Und da ... auf Sepp hindeutend.

Graf schreiend: Um Gottes willen, sprich das Fürchterliche nicht aus!

Fischer Nanndl: I sprich's aus! Du bist da Mörder von – dein Kind!

Wilderer Sepp weich: Muatterl! ... Er ...?

Fischer Nanndl: Ja ... Bua! Er!

Graf in die Knie sinkend: Es darf nicht sein! Gerechter Himmel ... es darf nicht sein!

*

Schwinghammer sprach diese letzten Worte des Grafen mit brechender Stimme, schwieg und blickte um sich.

Was er sah, konnte ihn mit hoher Befriedigung erfüllen. Frau Schüechl hatte ihr Gesicht zum schmerzlichen Weinen verzogen, Marie hatte einen Zipfel ihres Taschentuches in den Mund gepreßt, um nicht durch Schluchzen den Vortrag zu stören.

Der sturmfeste und harte Bürger Schüechl aber konnte die Mannestränen nicht länger verbergen; sie rannen und kugelten über seine rotgeäderten Wangen bis zum Gilet hinab.

Und das geschah, obgleich Schüechl sich die größte Mühe gab, seiner Bewegung Herr zu werden, und das war deutlich zu erkennen an dem lebhaften Spiele der Gesichtsmuskeln.

Es trat eine längere, nur von Seufzern unterbrochene Pause ein.

Dann nahm Frau Schüechl das Wort. Sie wandte sich an ihren Mann, dessen Rührung sich nur allmählich verzog.

»Beni, was sagst d' jetzt?«

»Was wer i sag'n!« erwiderte Schüechl barsch, und man konnte auch wirklich nicht erwarten, daß er sich sogleich in schmiegsamen Worten ergehen werde, denn dies lag nicht in seiner Natur. Er reinigte hastig Gesicht, Vorhemd und Weste vom salzigen Wasser und murrte:

»Dös is scho a Frag! So kinnan an' bloß d' Frauenzimma frag'n.«

»No ja, du bist do derjenige, wo vom Mathies a neue Dichterei valangt! Jetzt muaßt d' red'n, wia ma dös anderst macha soll. Dös ko do der Mathies verlanga, sunst woaß er do überhaupts nix und kennt si net aus ...«

»Ah was! Laß ma mei Ruah mit de Sacha ...!«

»Na, Beni, du hast valangt, daß er si umwend'n soll, daß er überhaupts ... also ... daß er si umwend'n soll ... dös host du valangt ...«

Schüechl schneuzte sich sehr umständlich. Er hatte das im Gemeindekollegium immer so gemacht, wenn er mit einer Anfrage überrascht worden war, und dann legte er sein großes Sacktuch in Falten, rollte es bedächtig zusammen und putzte noch einmal seinen Schnurrbart.

»Also ... Beni ...«

»Ja ... also! Was also? Ich hab da überhaupts koa Meinung, i bin net sachverständig, net wahr? Dös ko ma vo mir net valanga ...«

»Du brauchst bloß sag'n, ob's dir g'fall'n hot ...«

»Mir! ... Mir hot's natürli g'fall'n ...«

»Halt!« rief Schwinghammer, und ein triumphierendes Lächeln flog über sein Gesicht. »Das wollte ich wissen.«

»Wer red't denn von mir?« unterbrach ihn Schüechl, aber er kam nicht weiter, denn der Dichter legte ihm die Hand auf die Schulter und begann sogleich in lehrhaftem Tone zu reden.

»Einen Augenblick! Wir wollen einmal bei dem stehen bleiben, was du jetzt gesagt hast. Kurz und gut, es hat dir gefallen. Ich könnte sogar darauf hinweisen, daß es dich stark bewegt, ja erschüttert hat. Aber ich halte mich an das wenige, was du zugegeben hast. Es hat dir gefallen. Schön! Wer bist du? Ein Mann aus dem Volke, ein Mann aus den besseren Bürgerkreisen. Ist dein Urteil weniger wert als das irgendeines anderen Bürgers aus dem gleichen Kreise? Nein! Nicht ein vernünftiger Grund läßt sich dafür anführen. Ist dein Urteil überhaupt ein anderes, ein anders geartetes, als das der übrigen Bürger aus den gleichen Kreisen? Nein! Wie sollte es auch? Die gleiche Stammart, die gleiche Bildung, die gleiche Lebensführung müssen notwendig das gleiche Urteil auch über literarische Dinge zeitigen. Genau so wie du wird – nein! – muß jeder denken ...«

»Aba pfiffa ...«

»Bitte, wir reden jetzt nicht vom Pfeifen. Übrigens hast du nicht gepfiffen, sondern du hast geweint.«

»I hab vielleicht a weng ...«

»Du hast geweint,« betonte der Dichter mit starkem Nachdrucke, »und du brauchst dich dessen nicht zu schämen. Was aber dir Tränen entlockt, das muß notwendigerweise jeden deinesgleichen ebenfalls rühren. Ergo ... ich habe für mich, ich habe für mein Werk die besseren Bürgerkreise. Das ist schon viel, ja, es ist am Ende genug, denn ich will doch gerade auf das Volk, auf den kernigsten Teil unseres altbayrischen Volkes wirken ...«

Die Ehrung ging nicht unbemerkt vorbei, sie haftete sich in der Seele Schüechls ein, und der wackere Metzgermeister zog sein riesiges Taschentuch hervor, um irgend etwas zu tun und so den Eindruck zu verbergen, den die Worte auf ihn gemacht hatten.

»No ja ...« sagte er, »i sag ja net vo dem, daß die bessern Bürger net aa gewissermaß'n in Betracht kemma betreff dieser Frage, ob ...«

»Laß mich einen Augenblick weiterfolgern!« unterbrach ihn Schwinghammer freundlich. »Ich habe also dich und mit dir die besseren Bürgerkreise für mein Werk. Wenigstens die Männer. Wie steht es mit den Frauen? Bitte! Hier ist als ihre Repräsentantin deine Frau; von meiner Frau spreche ich nicht, denn sie könnte als Partei gelten. Aber ihr beide seid doch heute wahrhaftig nicht mit einer Voreingenommenheit für mein Werk oder auch nur für mich hieher gekommen. Ihr kamt, um zu tadeln. Ihr habt getadelt. Und deshalb ist euer Urteil jetzt, nachdem ich eine Szene vorgelesen habe, unparteiisch, es ist von Wert, es ist beweiskräftig.

Ihr steht beide unter einem Eindrucke, dem ihr widerstreben wolltet – und doch! Ich darf wohl sagen, auch deine Frau war erschüttert. Also? Ich habe für mich auch die deutsche Bürgersfrau, die Hausfrau. Soll ich mehr anstreben? Soll ich mehr verlangen? Nein! Oder soll ich gar durch eine Änderung meines Strebens euren Beifall verlieren? Denn ich versichere euch, ihr beide würdet euch von allem, was nach der Moderne schmeckt, mit Abscheu abwenden. Ich könnte vielleicht vorübergehend die Zustimmung eines seichten Zeitungsschwätzers erringen, aber euch, das Bürgertum, die deutsche Hausfrau würde ich nie mehr zu Tränen rühren. Nie! Ich würde also alles verlieren, mich selbst, meinen Lebensmut und euch! Könnt ihr das wollen? ...«

»Na! Na! Mathies!« rief Frau Marie, die nun nicht länger ihre tiefe Bewegung zurückhalten konnte. Sie fiel ihrem Manne um den Hals und warf einen flehenden Blick zu ihrem Vater.

›A Mäu hat der Kerl! A Mäu!‹ dachte Schüechl, aber rührende Familienszenen wie diese, als nun Marie sich hingebend an ihren Lebensgefährten anklammerte, verfehlten nie ihre Wirkung bei ihm. Er war machtlos dagegen, die rauheste Schale schützte ihn nicht vor den Stacheln der Selbstvorwürfe.

Und wie nun Frau Schüechl ihn zutraulich mit dem Ellenbogen anstieß und schmeichelte: »Geh, Beni, jetzt spreiz di nimma!« da setzte er ein freundlich verlegenes Gesicht auf und sagte:

»No ja, i bin aa net a so, und bal dös nix is mit dem Moderna, nacha will i eahm aa net zwinga dazua. Übahaupts, i sag's aufrichti, i waar froh, wenn i a Zeitlang nix mehr hörat von dera Schreiberei und dena Sach'n überanand. Auskenna tuat si aso neamd damit ...«

Schwinghammer trat vor ihn hin und reichte ihm in bemerkenswert treuherziger Art die Rechte.

Und Schüechl schlug ein.

»Also nacha, vo mir aus schreibst d', wia's d' magst, und red'n tean ma nix mehr davo! Und jetza genga ma in 's Weißbräuhaus. I hab koan schlecht'n Durscht net kriagt vo dera Säuslerei da.«

Alle stimmten fröhlich zu, und bald schritten sie durch die Kaufingerstraße dem Marienplatz zu.

Voran der Dichter mit seiner glücklichen Frau, hinterdrein das Ehepaar Schüechl.

Unterwegs blieb der Herr Metzgermeister einmal stehen und sagte kopfschüttelnd:

»Vasteh' tua i de G'schicht no lang net. Warum i g'woant hab und de andern pfiffa hamm, warum ma'r aso sag'n ko oder aso, grad hinum und herum, dös geht ma net ei ...«

»Beni,« erwiderte Frau Schüechl, »i hab da 's scho heut in da Fruah g'sagt. Dös san geistige Sacha, und da kennan mir uns net aus ...«

»Ja ... ja ... mit'n Schecker Pauli hätt i halt a schön's Red'n, und er verstand mi, und i verstand eahm.«

Schüechl seufzte und stieß den Spazierstock auf das Pflaster.

Dann gingen sie weiter hinter dem geistigen Schwiegersohne her.


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