Rudolf von Tavel
Ring i der Chetti
Rudolf von Tavel

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

 

Es unglychers Paar wäri gwüß nid liecht gsi ufz’tryben als di beide Ritter, wo nam Frideskongräß vo Fryburg ga Plessis-les-Tours a französische Hof greiset sy, für sech d’Abmachunge vo däm Kongräß la z’bestätigen und der Chünig a syni Versprächunge z’mahne. Der eint het französische Schliff gha, der ander burgundische, wi o ihri Sprach pariserisch und burgundisch tönt het. Der Herr Adrian isch na der alte Rittermanier geng no glatt rasiert gsi und het d’Haar läng la wachse, der Herr Wilhälm vo Diesbach hingäge het se chürzer gschnitte gha und e prächtig pflegte, fyn gchrüselete schwarze Bart treit mit Schnouzspitze, wo me der Ydruck übercho het, jedes Haar sygi mit nere bsundere diplomatische Bedütung chly so oder eso boge. Und doch het me — Gott weiß warum — beidne der Bärner agseh, o wenn si gschwige hei, was uf däm länge Ritt über Stuffelfälder und dür herbschtroti Forschte nid sälte vorcho isch. Bis ga Paris yne het weder der eint no der ander z’grächtem mit der Sprach use welle. Und wi neecher si a ds Zil cho sy, descht verchehrter het es beidi dunkt, daß me grad si gschickt heig. Fynfädig wi nes flandrisches fichu het sech der Herr Wilhälm sys plaidoyer vor em Chünig usgspunne, und wi fyner es ihm vorcho isch, descht giechtiger isch er im Gedanke dra worde, daß ihm de der Spiezer mit sym Graduse-Reden alles verderben 402 und ihn um sys Verdienscht bringe chönnti. Drum het er sech am erschten Abe z’Paris i der Herbärg gseit, jitz müessi drüber gredt sy, wi si das Züüg wellen agattige. Är welli scho rede, het er dem Herr Adrian vorgschlage, er sygi vo früecher här bim Chünig i Gnade, er wüssi, wi me ne müessi näh. Und äbe — nüt für unguet, Ritter — aber der burgundisch accent, i weiß das, macht ne grad vo Afang a uwirsch!

Der Herr Adrian lachet ob där Angscht und seit: «Redet nume, ’s isch mir no so rächt, Herr vo Diesbach; aber gmüejet Ech nid z’hert mit Schliche. Das treit glych nüt ab. Wenn mir Schwyzer je einisch dütlech dörfe rede, so isch es jitz der Fall. Der Handel lyt eifach. Dem Franzos syni Gschäft bsorget hei mer — und wie! Der Lohn isch er is schuldig. Sälber gmacht het er nüt. Nume vo wytem zuegluegt und geng x x x! Jitz möcht er alli vier Hammen und d’Laffli und d’Füeß und ds Schnörrli vo der Wildsou für sich und üs ds Stili la. Aber d’Wildsou springt no umenand. Der Chünig het üs geng no nötig, cha’s gar nid machen ohni üs! — Also! Alli Trümpf sy i üsne Hände. Und drum dörfe mer dütlech rede!»

«Ja ja», zäberlet der Herr vo Diesbach, «ganz rächt, alles rächt; aber vergässet nid, daß Burgund halt doch us em letschte Loch pfyft, daß Frankrych vo jitz a di gröschti Macht wird sy, daß mir uf se-n-agwise sy, bsunders gägen Öschtrych.»

403 «D’Franzose bruuche mir nid! Mir hei no geng sälber möge gfahre», het ihm der Spiezer etgäge. «Im Gägeteil, mit der französische Hülf isch me geng bschisse.»

«Nume nid z’lut!» mahnet der Diesbach.

So hei si bis tief i d’Nacht mitenand gredt und sy über nüt cho. Und wär’s nid beidne zsäme ganz ufrichtig drum z’tüe gsi, ds Beschte für Bärn und d’Eidsgenossen usez’schla, so hätte si äbesomähr ds morndrisch wider chönne heiryte. Uf der Wyterreis ga Plessis-les-Tours hei si weniger Lärme gmacht als zwee Toubstummi.

Wenn der Bös eine cha bruuche, so verguldet er ne. Scho bevor di beide Bärner zur Audiänz cho sy, het der Chünig Ludwig gwüßt, daß sit dem Zächetuusedrittertag der Adrian vo Buebebärg i der Schwyz alles gilt, und drum het er dem Verteidiger vo Murte der Balg gstriche, wi’s äbe numen e Franzos cha, und de no so eine! Der Herr vo Diesbach het vergäbes g’angschtet gha. Sy Kamerad het sech la strychlen und d’Ohre gspitzt. Uf Frage het er chugelrunde, glatte Bscheid gä, und drüberuus het er — gschwige. Meh het’s gar nid bruucht! Was er schuldig gsi isch, het der Chünig zalt, gäb si’s ghöische hei, und dene beide Gsandte het er drübery schöni Gschänk gmacht. Aber der Chrieg mit Burgund müeß wytergfüehrt sy, het er erklärt, und wenn d’Eidsgenosse dem Herzog vo Lothringe dryßigtuused 404 Ma wette z’Hülf schicke, daß er sys Herzogtum wider erobere chönnti, so übernahm är, der Chünig, füf Sächstel vo de Chöschte. Dadruuf hei di beide Bärner weder ja no nei gseit.

Si sy no am Hof gsi, wo d’Herzogin Yolantha vo Savoye, us der burgundische Gfangeschaft erlöst, ga Plessis-les-Tours zu ihrem Brueder cho und mit offenen Armen epfange worden isch. No vor churzem hätti das nid so i aller Öffetlechkeit dörfe gscheh. Der Herzog Karl het se geng für sy beschti Fründin ghalte, bis du, bald na der Schlacht bi Murte, der Graf vo Romont sy Schwägerin bim Herzog agschwerzt het, si heig ne-n-im Uftrag vom Chünig Ludwig vor d’Spieße vo de Schwyzer glöökt. Uf das hi het se der Burgunder gfangen und ygsperrt, ohni z’überlege, daß er se dermit z’vollem a d’Syte vo ihrem Brueder trybi.

Chuum het jitz d’Herzogin Yolantha verno, daß di Bärner da syge, so het si se welle gseh, und das grad juscht, wil si wohl gwüßt het, was men a der Aare vo ihrer Bundestreui dänkt.

Feschtlech und fyrlech het si di beide Herren i Gägewart vom Chünig epfangen und derfür gsorget, daß si derby o als Frou i rächte Glanz chömi. Der Chünig het gar nüt usgmacht näben ihre; aber er hätti chönnen unsichtbar sy, me hätt ne doch gspürt.

Der Hofmarschall het di Bärner ygfüehrt und der Herzogin welle z’Hülf cho mit Ufschluß über 405 wär und wohär. Aber si het in ere Sunne vo Holdsäligkeit abgwunke: «Mer kennen enand scho lang!»

I däm Ougeblick fahrt dem Herr Adrian dür e Chopf, wi vor Jahre sy Jäni im Amsoldinger-See gschwaderet und derzue brüelel het: Yolantha — Yolanthaa! Das bringt e heitere Schyn uf sys ärnschte Gsicht, und d’Herzogin leit sech dä uf ihri Art uus. Si meint, der Verteidiger vo Murte heig se dürluegt und bewunderi ihri Schlauheit. Drum isch ihri Ared uf e Ton gstimmt: Ähä, gället, dir Bärner und ig! I han ech der Karli under eui Halparte pfiffe, und dir heit begriffe, was mir von ech erwartet hei, my chünigleche Brueder und ig! Ob wahr oder nid wahr, jitz isch nere dä Verdacht vom Karl chummlech gsi. De Schwyzer uf ds Brot gstriche, het ihri Red doch dem Chünig gulte mit dem Hindergedanke: Gäll, wi-n-i dir i d’Händ gschaffet ha! Und du het si bi dene Herre nach Note dem Chünig z’bescht gredt, wi das doch e gueti Sach wär, wenn d’Eidsgenossen ihm wyter hülfe, der Burgunder z’Bode mache. Di ganzi Chrischteheit müeßt nen ewig dankbar sy. Dem Chünig syni Öugli hei anenand derzue blinzlet: d’accord, d’accord! — Zum Schluß het d’Herzogin di beide Bärner yglade ga Chambéry, dä Umwäg söll se nid reue!

Am Abe na däm Epfang — me het du no nes schwärs Diner druuf abe gha — seit der Herr 406 Adrian zu sym Kolleg: «He nu, jitz weiß men emel, was gangen isch! D’Herzogin isch meh oder minder i Karl vernarret gsi und het a sys Chünigrych gloubt. Drum het si üs la fahren und ihm z’lieb ta, was er welle het, bis nere z’Sinn cho isch, ihres Herzogtum chönnti de am Änd o no Platz ha i däm Chünigrych Burgund. Uf das hi het si du heimlech dem Brueder ghulfe. Es mueß nere gwohlet ha uf Murten abe! Aber jitz gnad Gott, wenn der Karl wider sötti obenuuf cho! Drum leit si sech däwäg i ds Gschirr für nes Zsämespanne vo den Eidsgenosse mit dem Chünig. — Es geit doch nüt über settigi gchrönti Wyber!»

«Das Zsämespanne chäm o üs z’guet», meint der Herr vo Diesbach. «Wenn d’Nachbare Garn spinne, mueß me luege, daß men o nes Trom dervo erwütscht, sünsch lyre si’s eim ungsinnet um e Hals!»

«Das cha mir’s nüt», het ihm der Herr Adrian etgäge. «Besser, me heigi d’Finger nid drinn und blybi mit der Halparten i der Fuuscht uf syr Huet!»

Über Gänf und Chambéry sy si hei greiset und hei an allnen Orte der Reschpäkt vor den eidsgenössische Spießen erfahre. Niemer het’s jitz mit ne welle verderbt ha. Ja, es wär e schöni Reis gsi, hätti eim nid grad juscht das Begährtsy müesse Sorge mache. Der Herr vo Diesbach het gfunde, jitz syg’s e Freud, Bärner z’sy, me chönni völlig 407 eso säge, was gah müeß i der Wält. Der Herr Adrian hingäge het gseit: «Grad das isch es, was mir nid mögen erlyde. Lueget de nume! Jitz wär’s der Momänt, d’Lüt wider a Friden und a d’Arbeit z’gwane, stattdäm mueß me geng mit eim Chrieg wider i ds G’reis bringe, was mit dem vordere druusbracht worden isch.»

Was da der Herr Adrian gseit het, no vor de Tore vo Bärn, hei si bald wahr gfunde. Statt ga Spiez und ga Worb use chönne ga z’löue, wi si so gärn möge hätte, sy si nümme vom Rathuus wäg cho. Hütt het der Herzog vo Lothringe der Gottswillen aghalte, me söll ihm hälfe, der Burgunder bodige, morn hei der Chünig vo Ungarn und der Papscht la säge, me söll Fride mache mit Burgund, für dem Franzos der Rigel z’stecke!

I de Ratsstube het me gredt und gredt, zwüsche den eidsgenössische Stände hei sech Bött d’Füeß abgloffe, und underdesse het an allnen Orte ds Mannevolk, wo sech daheime glängwylet het, Handgäld gno. I de Ratsstube hei si gmerkt, daß Hinderha nüt meh abtreit, und afa nahgä.

A mene schöne, bitterchalte Morge trifft der Herr Adrian der Herr Urban vo Muelere vor der Huefschmidte, im Harnisch und mit Roß und Reisige.

«Wo uus? — Wo uus?»

«Ga Nancy. Dem Lothringer z’Hülf!»

«So i Winter yne? Sech ga la d’Zejen abfrüüre?»

408 «Daheim uf em Ofetritt versohret me vor Längizyti!»

Weiß Gott! Mit silbergraue Haare gange si no! Daß di Junge sech niene chönne stillha, begryft men am Änd no, aber alti Herre!

Und si hei’s zwängt. Under em Bärn-Banner sy si abmarschiert.


 << zurück weiter >>