Torquato Tasso
Das befreite Jerusalem
Torquato Tasso

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Siebenter Gesang.

 
1.
                    Indessen war in dunkle Wälderschatten
Erminiens Roß mit seiner Last geflohn;
Denn freien Lauf muß ihm die Hand gestatten,
Und zwischen Tod und Leben schwankt sie schon.
Der Gaul durchstreift nach Willkür, ohn' Ermatten,
So manchen Pfad der waldigen Region,
Daß sie zuletzt der andern Blick entschwindet,
Und man die Jagd nunmehr vergeblich findet.
 
2.
Wie oft die Hund' umkehren von der langen
Mühsamen Jagd, schwerkeuchend, matt und lahm,
Wenn jede Spur des Wildes ausgegangen,
Das aus dem Blachfeld in den Wald entkam,
So ziehen jetzt mit Zornglut auf den Wangen
Die Ritter heim, ermüdet und voll Scham.
Sie aber flieht, und wagt vor Angst und Grauen
Nach den Verfolgern nicht sich umzuschauen.
 
3.
Sie irrt die Nacht, den Tag mit blindem Jagen,
Von keiner Leitung, keinem Rat bestimmt;
Und ihre Thränen nur und ihre Klagen
Sind alles, was sie schauet und vernimmt.
Doch als die Sonne nun vom schönen Wagen
Die Rosse löst und tief im Meer verglimmt,
Naht sie dem Jordan sich auf irrem Pfade;
Hier steigt sie ab und wirft sich ans Gestade.
 
4.
Sie speiset nicht; denn Gram ist ihre Speise,
Und nur mit Thränen wird ihr Durst getränkt.
Allein der Schlummer, der dem Erdenkreise
In seligem Vergessen Ruhe schenkt,
Wiegt Sinn' und Schmerzen ein, indem er leise
Auf sie herab den weichen Fittich senkt.
Doch Liebe stört durch mancherlei Gestalten
Den Frieden ihr, auch bei des Schlummers Walten.
 
5.
Nicht eher wacht sie auf, bis von den Zweigen
Der Vögel Heer mit Zwitschern grüßt den Wald,
Die Wogen murmeln, sich die Büsche neigen,
Und Morgenluft um Well' und Blume wallt.
Die matten Augen öffnen sich und zeigen
Ihr rings der Hirten stillen Aufenthalt;
Ihr deucht, es ruf' aus Well' und Laut ein Tönen
Sie nun zurück zum Weinen und zum Stöhnen.
 
6.
Doch da sie weinend folgt dem Schmerzensdrange,
Füllt auf einmal ein heller Schall ihr Ohr,
Als mische sich mit hirtlichem Gesange,
Wie ihr bedünkt, ein kunstlos Haberrohr.
Nun steht sie auf und nähert sich dem Klange,
Und aus dem Schatten blickt ein Greis hervor,
Der Körbe flicht, von seiner Herd' umgeben,
Indes drei Kinder den Gesang erheben.
 
7.
Als diese nun die fremden Waffen schauen,
Erschrecken sie und fürchten schon Gefahr.
Doch jene weckt mit holdem Gruß Vertrauen,
Das Aug' enthüllend und das goldne Haar:
Ihr, die der Himmel liebt, nehmt ohne Grauen,
So redet sie, der schönen Arbeit wahr;
Denn keinen Krieg soll diese Tracht der Waffen
Dem stillen Werk, den holden Liedern schaffen.
 
8.
Dann fuhr sie fort: O Vater, da im Lande
Rings um euch her die Kriegesflamme zehrt,
Wie bleibt ihr hier im stillen Friedensstande
Und fürchtet nicht des Söldners wildes Schwert?
Sohn, sprach der Greis, an diesem fernen Strande
Blieb Haus und Herde stets noch unversehrt
Von Not und Schmach; und nimmer drang das Brausen
Des wilden Kriegs in diese stillen Klausen.
 
9.
Vielleicht behütet uns des Himmels Milde,
Die frommer Hirten Demut hebt und hält;
Vielleicht, so wie der Blitz nicht aufs Gefilde,
Nur auf die Höhn erhabner Zinnen fällt,
Bedränget mit ergrimmtem Schwert der wilde
Ausländer nur die stolzen Herrn der Welt.
Auch kann die Krieger, die nach Beute geizen,
Der Armut schlechtes, niedres Los nicht reizen.
 
10.
Nur andern schlecht und niedrig, mir so teuer,
Daß mich kein Wunsch nach Gold noch Zepter drängt,
Daß nie des Geizes Gier, der Ehrsucht Feuer
Eingang in meine stille Brust empfängt.
Im Bache lösch' ich meinen Durst, von scheuer
Besorgnis fern, er sei mit Gift gemengt.
Gesunde Speisen, die ich nicht bezahle,
Reicht Herd' und Garten mir zum mäß'gen Mahle.
 
11.
Geringes g'nügt, uns Unterhalt zu geben;
Geringes nur ist unsrer Wünsche Ziel.
Sieh meine Söhne, die mich hier umgeben,
Der Herde Schutz; was brauch' ich Knechte viel?
So fließt in stiller Einsamkeit mein Leben;
Mich freut der Hirsch' und Rehe muntres Spiel,
Die Fische freun mich, die im Flusse springen,
Die Vögel, die sich froh gen Himmel schwingen.
 
12.
Auch mir hat andern Wunsch in jungen Jahren,
Da man am meisten irrt, die Brust geschwellt;
Ich hielt's gering, der Herde nur zu wahren,
Und ich verließ mein heimatliches Feld.
Zu Memphis lebt' ich eine Zeit, den Scharen
Der königlichen Diener beigesellt;
Und hatt' ich nur die Gärten zu besorgen,
Blieb doch der Höfe Trug mir nicht verborgen.
 
13.
Von kühner Hoffnung schmeichelnd hingehalten,
Ertrug ich lang' ein jedes Ungemach.
Doch endlich schwand bei meines Bluts Erkalten
Die Hoffnung mir, die Kühnheit nach und nach;
Da sehnt' ich seufzend mich nach meiner alten,
Verlornen Ruh', dem niedern Hirtendach:
Hof, sprach ich, lebe wohl! und schnell entschieden
Kehrt' ich zum Wald zurück und lebt' in Frieden.
 
14.
So spricht der Greis. Mit stiller Ueberlegung
Horcht aufmerksam Erminia fort und fort
Und fühlt der Schmerzen stürmische Bewegung
Zum Teil gestillt durch dieses weise Wort.
Und sie beschließt nach reiflicher Erwägung,
An diesem einsam abgelegnen Ort
Zum mind'sten nun so lange zu verziehen,
Bis vom Geschick ihr Heimkehr wird verliehen.
 
15.
O du Beglückter – spricht sie mit Vertrauen –
Der Leiden hat empfunden auch einmal!
Läßt solchen Frieden dich der Himmel schauen,
So gönne Mitleid nun auch meiner Qual
Und nimm mich auf in diese holden Auen,
Denn weilen möcht' ich hier im stillen Thal.
Vielleicht wird meine Brust, darf ich hier rasten,
Der schweren Bürde sich zum Teil entlasten.
 
16.
Begehrtest du, was blinden Pöbels Wähnen
Als Gott anbetet, Gold und Edelstein,
Vermöcht' ich leicht zu stillen dieses Sehnen,
Denn noch genug von solchem Tand ist mein.
Nun fängt sie an, indem des Kummers Thränen
Dem Aug' entfließen, wie Kristall so rein,
Von ihrem Leid den Hirten zu belehren,
Und mitleidsvoll weint er in ihre Zähren.
 
17.
Er tröstet sie mit väterlicher Güte,
Beut liebreich ihr die stille Wohnung dar
Und führt sie hin, wo, ähnlich vom Gemüte,
Die schon bejahrte, treue Gattin war.
Die Fürstin hüllte der Jugend holde Blüte
In groben Zeug und birgt das goldne Haar;
Und doch, im Blick, in ihres Anstands Würde,
Erscheint sie nicht Bewohnerin der Hürde.
 
18.
Der Hoheit edler Glanz bleibt unverborgen,
Obwohl sie nur im schlechten Kleide geht;
Und auch beschäftigt mit gemeinen Sorgen,
Erstrahlt sie noch von hehrer Majestät.
Die führt die Herden auf die Weid' am Morgen
Und Bringt zur Hürde sie am Abend spät
Und preßt die Milch, den Eutern abgewonnen,
In runde Formen ein, wann sie geronnen.
 
19.
Oft, wann die Herd' in kühler Waldesdichte
Sich schützte vor des Mittags heißem Strahl,
Schnitt sie dem Stamm des Lorbeers und der Fichte
Den teuern Namen ein wohl tausendmal
Und grub in tausend Bäume die Geschichte
So seltner Lieb' und so unsel'ger Qual;
Und las sie dann die eignen Züge wieder,
So strömten Zähren heiß die Wange nieder.
 
20.
Dann rief sie aus: Bewahr' in dir die Kunde,
Wirtbarer Hain, so ich dir anvertraut,
Damit, wann einst in diesem Schattengrunde
Ein treuer Liebender dies Denkmal schaut,
Wehmüt'ges Mitleid ihm das Herz verwunde
Bei meiner Leiden schmerzenvollem Laut:
O, sag' er dann, wie herben Lohn hienieden
Hat Lieb' und Glück so großer Treu' beschieden!
 
21.
Und hört der Himmel jemals die Gebete,
Die Sterbliche voll Inbrunst hier ihm weihn,
So kommt vielleicht, der lebend mich verschmähte,
Einst, wenn ich nicht mehr bin, in diesen Hain.
Und blickt sein suchend Aug' auf jene Stäte,
Die dann bewahrt mein schlummerndes Gebein,
Wird er vielleicht so unverdienten Qualen
Den späten Lohn von wenig Thränen zahlen.
 
22.
Und war das Herz dem Elend hier zum Raube,
So hat die Seel' im Tode doch Genuß,
Wenn seiner Liebe Glut dem kalten Staube
Ein Glück gewährt, dem ich entsagen muß.
So spricht die Arme zu dem stummen Laube,
Und ihrem Aug' entströmt ein Thränenguß.
Tankred indes, der ihr zu folgen denket,
Irrt fern von ihr, wie ihn der Zufall lenket.
 
23.
Er ließ zuerst von ihrer Spur sich leiten
Und lenkte seinen Lauf zum nahen Wald.
Doch aus den Bäumen dringt von allen Seiten
So schwarz und dicht der Finsternis Gewalt,
Daß er sogleich in diesen Dunkelheiten
Die Spur verliert und in der Irre wallt
Und nur die Ohren anstrengt, um zu lauschen,
Ob Roßgetrampel schallt, ob Waffen rauschen.
 
24.
Und wenn einmal des Nachtwinds leises Regen
Der Ulm' und Buche zartes Laub berührt,
Wenn Wild und Vögel einen Zweig bewegen,
Er folgt sogleich, wohin der Schall ihn führt.
Zuletzt entkommt er aus den Waldgehegen,
Und ein Geräusch, das er von weitem spürt,
Lockt ihn auf unbekanntem Pfad, vom vollen
Mondlicht erhellt, dahin, wo es erschollen.
 
25.
Dort angelangt, erblickt' er eine Quelle,
Die reich und klar lebend'gem Fels entsprang
Und als ein starker Bach mit rascher Welle
Laut plätschernd durch die grünen Ufer drang.
Unmutig macht er Halt an dieser Stelle
Und ruft; allein er hört nur Widerklang
Und sieht indes mit weiß und roten Strahlen
Aurora schon den Rand des Himmels malen.
 
26.
Er seufzt vor Grimm und zürnt, daß seinen Händen
Der Himmel das gehoffte Glück entzieht;
Doch heiße Rache schwört er zu vollenden,
Wenn seiner Herrin jetzt ein Leid geschieht.
Zum Lager nun beschließt er sich zu wenden,
Obwohl er sich des Wegs nicht sicher sieht;
Denn er bedenkt, es sei nicht fern vom Tage,
Da er von neuem mit Argant sich schlage.
 
27.
Er reitet fort mit ungewissem Schritte,
Als plötzlich Rossestrab sein Ohr erreicht,
Und aus dem Thale kommt in schnellem Ritte
Ein Mann hervor, der einem Boten gleicht;
Er schwingt die Peitsch' und trägt nach unsrer Sitte
Zur Seit' ein Horn, das bis zur Hüfte reicht.
Bei diesem forscht Tankred, um zu erfahren,
Wie er gelange zu den Christenscharen.
 
28.
Der sagt italisch: Ebendahin wende
Ich meinen Ritt, gesandt von Bohemund.
Ihm folgt Tankred, der sicher glaubt, ihn sende
Sein großer Ohm, und traut dem falschen Mund.
Zu einer Burg gelangen sie am Ende,
Umringt von trüben Sees morast'gen Grund,
Zur Zeit, da sich die Sonne scheint zu neigen,
Um in ihr nächtlich Haus hinabzusteigen.
 
29.
Der Bote läßt sein Horn die Ankunft sagen,
Und eine Brücke sinkt herab sofort.
Nun spricht er zu Tankred: Weil' ohne Zagen,
Bist du ein Christ, bis Tagesanbruch dort;
Denn Graf Cosenza nahm vor kaum drei Tagen
Den Sarazenen diesen sichern Ort.
Der Ritter hält, die Feste zu betrachten,
Die Lag' und Kunst unüberwindlich machten.
 
30.
Es fällt ihm ein, ob hinter diesen Thüren
Der starken Burg vielleicht die Tücke wacht.
Doch Todsgefahr kann seine Brust nicht rühren,
Kein Wort, kein Blick verkündet den Verdacht;
Denn wohin Schicksal oder Wahl ihn führen,
Da will er sicher sein durch eigne Macht.
Nur weil er andern Kampf schon eingegangen,
Trägt er nach neuer Fehde kein Verlangen.
 
31.
Er hemmt daher den Schritt, zum guten Glücke
Da, wo die Brück' auf einer Wiese ruht,
Dicht vor der Burg und folget nicht der Tücke
Des falschen Führers, der zum Schloß ihn lud.
Indem erscheint ein Ritter auf der Brücke,
Dem Ansehn nach entflammt von Zorn und Wut;
Gerüstet, in der Hand den bloßen Degen,
Ruft der ihm zu, bedrohend und verwegen:
 
32.
O du, der zu Armidas mächt'gen Reichen
Durch Schickung oder Willkür sich gewandt,
Leg' ab die Wehr! Nicht denke zu entweichen,
Und beut den Fesseln die gefangne Hand!
Komm in dies Schloß, wo alle deinesgleichen
Sich unterwerfen dem, was sie erkannt,
Und hoffe nie, den Himmel mehr zu schauen
Durch Jahreslauf und deines Haars Ergrauen,
 
33.
Wenn du nicht schwörst, für sie und wider jeden
In Kampf zu gehn, der sich nach Christus nennt.
Tankred betrachtet ihn bei diesen Reden,
Bis er die Waffen und die Stimm' erkennt.
Er war Rambald, der zu erlognen Fehden
Armiden folgt' und ihrenthalb bekennt
Das Heidentum und den Gebrauch verteidigt,
Der hier besteht und alles Recht beleidigt.
 
34.
Von heil'gem Zorn entbrennt der fromme Krieger,
Und glüh'nden Blicks erwidert er im Flug:
Ich bin Tankred, nichtswürdiger Betrüger!
Ich, der für Christus stets die Waffen trug.
Durch ihn nur ward ich seiner Feinde Sieger,
Und dies erproben sollst du bald genug;
Denn meine Rechte hat der Herr erkoren,
Dein treulos Herz dir rächend zu durchbohren.
 
35.
Rambald, als ihm der hehre Nam' erklungen,
Erschrickt urplötzlich und erbleicht vor Graun.
Doch spricht er keck: Von welcher Macht gedrungen,
Kommst du, Unsel'ger, hier den Tod zu schaun?
Hier wird die Kraft gelähmt dir und bezwungen;
Und dies dein stolzes Haupt, vom Rumpf gehaun,
Send' ich den Franken zu als Siegesbeute,
Bin ich derselbe, wie vordem, auch heute.
 
36.
So spricht der Heid'; und weil des Tages Sinken
Nichts mehr erkennen läßt als dunkle Nacht,
Sieht man auf einmal tausend Lampen blinken,
So daß ein neuer, heller Tag erwacht.
Das Schloß erglänzt, wie auf des Meisters Winken
Bei nächt'gem Fest der Bühne stolze Pracht.
Erhaben sitzt Armida, ungesehen;
Doch ihrem Aug' und Ohr kann nichts entgehen.
 
37.
Der edle Kriegsheld rüstet sich indessen
Mit Mut und Waffen zu gewalt'ger That;
Vom matten Roß war er schon abgesessen,
Weil ihm der Feind zu Fuß entgegen trat.
Bedeckt vom Schild, des Helmes nicht vergessen,
Das Schwert gezückt, kommt jener nun genaht.
Der Fürst eilt auf ihn zu in vollem Grimme,
Mit wildem Blick und fürchterlicher Stimme.
 
38.
Der andre nähert sich in weitem Bogen
Und droht zu haun, geschützt vom Waffendach.
Entschlossen kommt Tankred herangezogen
Und faßt ihn hart, obwohl noch krank und schwach;
Und wie Rambald sich kaum zurückgebogen,
Rückt er sogleich aufs allerschnellste nach,
Treibt fort, dringt zu, haut ein mit rascher Hitze
Und lenkt auf sein Gesicht des Schwertes Blitze,
 
39.
Und sucht am meisten stets den Ort zu finden,
Wo die Natur die Lebensgeister nährt,
Läßt stolzes Drohn mit Streichen sich verbinden
Und macht, daß Furcht sich mit dem Schaden mehrt.
Der hurt'ge Franke stiehlt durch Drehn und Winden
Die leichten Glieder weg ihm unterm Schwert
Und setzt des Feindes fürchterlichen Schlägen
Die Klinge bald und bald den Schild entgegen.
 
40.
Doch sein Bemühn, dem Sturm sich zu entrücken,
Ist minder schnell als seines Gegners Wut.
Schon ist der Helm zerhaun, der Schild in Stücken,
Durchbohrt der Harnisch und bedeckt mit Blut;
Hingegen will kein einz'ger Hieb ihm glücken,
Der seinem Feind den mindsten Schaden thut.
Er zittert, zagt und fühlt sein Herz zerrissen
Von Liebe, Zorn, Beschämung und Gewissen.
 
41.
Verzweifelnd will er, um den Kampf zu enden,
Die letzte Probe des Geschicks bestehn.
Er wirft den Schild hinweg; mit beiden Händen
Packt er das Schwert, das noch kein Blut gesehn,
Und eilt, dem Gegner einen Hieb zu senden,
Sich dicht ihm nähernd, dem zu widerstehn
Kein Stahl vermag. Das Schwert durchzischt die Lüfte
Und dringt ihm schmerzlich in die linke Hüfte.
 
42.
Dann auf die breite Stirn haut er erbittert,
So daß der Schlag wie eine Glocke schallt.
Tankred, wird auch der Helm ihm nicht zersplittert,
Nickt doch und wankt, indem das Eisen prallt.
Nun fühlt er erst, wie ihn die Wut durchzittert;
Aus seinen Augen sprüht des Grimms Gewalt,
Und durchs Visier des Helmes dringt zusammen
Der Zähne Knirschen mit der Blicke Flammen.
 
43.
Den Anblick trägt er nicht, der falsche Heide,
Nicht dieses Auges schrecklich blitzend Drohn;
Das Eisen zischt, und tief im Eingeweide,
Tief in der Brust fühlt er die Wunde schon.
Auf einen Pfeiler fällt des Schwertes Schneide,
Denn zeitig noch ist ihm der Feind entflohn;
Die Spän' und Funken fliegen auf mit Sausen,
Und des Verräters Herz durchfährt ein Grausen.
 
44.
Er flieht er Brücke zu; nur durch die Schnelle
Wird des Entkommens Hoffnung noch erfrischt.
Allein Tankred verfolgt ihn auf der Stelle,
Drückt Fuß an Fuß und glaubt ihn schon erwischt:
Als plötzlich, zu des Flücht'gen Schutz, die Helle
Des Fackellichts samt jedem Stern erlischt;
Und vom verarmten Himmel strahlt ins Dunkel
Der blinden Nacht nicht mehr des Monds Gefunkel.
 
45.
In diesen Nacht- und Zauber-Finsternissen
Kann ihm Tankred nicht folgen, noch ihn sehn
Und darf, da jeder Lichtstrahl ihm entrissen,
Unsicher nur und tappend weiter gehn.
Zu einem Eingang kommt er, ohne Wissen;
Er geht hindurch und merkt nicht, was geschehn.
Doch hinter ihm schließt krachend sich die Pforte
Und sperrt ihn ein an einem dunkeln Orte.
 
46.
Gleichwie der Fisch – wo unser Meer, vom Bogen
Comacchios eingehegt, zum Sumpf gerinnt –
Um zu entgehn den sturmbewegten Wogen,
In stillerm Wasser sich zu schirmen sinnt,
Und so sich selber einschließt, rings umzogen
Vom sumpf'gen Kerker, dem er nicht entrinnt;
Denn dies Gefängnis seltner Art läßt immer
Den Eingang frei, allein den Ausgang nimmer:
 
47.
So war Tankred von selbst hier eingegangen –
Wie immer auch der wunderbaren Haft
Einrichtung sei – und fand sich da gefangen,
Wo niemand sich von selbst den Ausgang schafft.
Wohl rüttelt' er am Thor; doch sein Verlangen
Blieb ohne Frucht, trotz seines Armes Kraft.
Da tönt ein Ruf: Umsonst ist dein Beginnen,
Armidens Sklav', dem Kerker zu entrinnen!
 
48.
Grab des Lebend'gen bleibt dir dies Gefängnis
Auf ew'ge Zeit; Tod wäre dir noch Glück.
Der Ritter schweigt und drückt des Leids Bedrängnis,
Den bittern Gram ins tiefe Herz zurück.
Sich klagt er an, die Liebe, das Verhängnis,
Den eignen Wahn, der andern Bubenstück.
Still sagt er oft, von Unmut hingerissen:
Leicht wär' es wohl, der Sonne Licht zu missen;
 
49.
Doch weh' mir ist das süßre Licht benommen
Der schönern Sonn', und weiß ich Armer nicht,
Ob je an einen Ort ich werde kommen,
Wo meinen Schmerz ein Liebesstrahl durchbricht.
Er denkt Argants und wird noch mehr beklommen:
Wie strafbar, spricht er, fehlt' ich meiner Pflicht!
Wie muß er mich verachten und verhöhnen!
O schwere Schuld! O Schmach, nie zu versöhnen!
 
50.
So drücken jetzt der Ehr' und Liebe Schmerzen
Des Kriegers Brust mit sorgenschwerer Last.
Doch während sie die trüben Tag' ihm schwärzen,
Hat nicht Argant auf weichen Federn Rast.
So glühen Blut- und Ruhmgier ihm im Herzen,
So sehr ist Ruh' dem wilden Sinn verhaßt,
Daß er mit Eifer wünscht, noch von der rauhen
Verwundung krank, den sechsten Tag zu schauen.
 
51.
Die Nacht vorher kaum will er Ruhe schaffen
Dem müden Leib, der grimme Heidenheld,
Und eilt, dem Lager schon sich zu entraffen,
Eh' noch ein Strahl des Berges Haupt erhellt.
Dem Knappen ruft er zu: Geb mir die Waffen!
Und schon sind in Bereitschaft sie gestellt;
Nicht die gewohnten; neue, hoch an Werte,
Die zum Geschenk der König ihm verehrte.
 
52.
Er legt sie an – kaum mag er sie gewahren –
Und diese Last, er fühlt sie nicht einmal,
Und nimmt das alte Schwert, das er seit Jahren
In Schlachten führt, vom allerfeinsten Stahl.
Wie ein Komet mit greulich blut'gen Haaren
Schießt durch entbrannte Lüfte seinen Strahl,
Furchtbarer Seuch' und Volksempörung Boten,
Ein drohend Licht bepurpurten Despoten,
 
53.
So ist Argant im Waffenschmuck zu schauen.
Sein Auge flammt, berauscht von Zorn und Blut;
Die furchtbare Gebärd' haucht Todesgrauen,
Und Todesdrohn haucht seiner Blicke Wut.
So fest vermag kein Herz sich zu vertrauen,
Daß es nicht bebt vor dieses Auges Glut.
Laut brüllend, läßt er sein entblößtes Eisen
Die finstre Luft mit leerem Hieb durchkreisen.
 
54.
Bald soll der Räuber aus der Christenbande,
Der, ruft er aus, mich zu erreichen glaubt,
Daliegen blutig und besiegt im Sande,
Mit Staub besudelt sein verruchtes Haupt.
Noch lebend seh' er, seinem Gott zur Schande,
Von dieser Hand die Waffen sich geraubt;
Und sterbend soll er nicht durch Flehn mir wehren,
Sein Fleisch zum Mahl den Hunden zu gewähren.
 
55.
Nicht anders brüllt der Stier durch Thal und Schlüfte,
Wann Eifersucht ihn reizt mit scharfem Sporn,
Und weckt in sich beim Widerhall der Klüfte
Durch sein Gebrüll die Rachgier und den Zorn.
Mit leeren Stößen ladet er die Lüfte
Zu Kämpfen ein und wetzt am Stamm sein Horn
Und wühlt im Sand und fordert aus der Weite
Den Nebenbuhler auf zum wilden Streite.
 
56.
Von Wut gepeitscht, daß ihm die Lippen beben,
Spricht er zum Herold in des Hochmuts Wahn:
Ins Lager geh und künd' auf Tod und Leben
Furchtbaren Kampf dem Ritter Jesu an.
Nun kann er nicht sich länger Ruhe geben,
Schwingt sich aufs Roß, läßt den Gefangnen nahn,
Enteilt der Stadt, und mit verhängtem Zügel
In tollem Lauf sprengt er hinab den Hügel.
 
57.
Er stößt ins Horn; mit grausenvollem Schalle
Dringt durch das Feld die rauhe Stimm' hervor
Und füllet rings, gleich Donners Widerhalle,
Mit rascher Furcht der Hörer Herz und Ohr.
Versammelt ist in jenem Zelt, das alle
An Umfang übertrifft, der Fürsten Chor.
Der Herold bringt die Ladung, nennt Tankreden,
Schließt aber keinen aus von diesen Fehden.
 
58.
Mit ernstem Blick und zweifelndem Gemüte
Hat Gottfried schon den ganzen Kreis durchspäht;
Und doch, wie sehr sich Aug' und Geist bemühte,
Zeigt keiner sich, der solchem Werke steht.
Verlassen hat ihn seiner Helden Blüte:
Noch keine Kund' ergab sich von Tankred;
Auch Bohemund ist fern vom Heer, entwichen
Der mächt'ge Held, durch den Gernand erblichen.
 
59.
Und in Armidens trügrischem Geleite
Flohn, außer jenem, die das Los erwählt,
Die Besten, die Berühmtesten im Streite,
Vom Schweigen der gewognen Nacht verhehlt.
Die andern stehn beschämt und stumm zur Seite,
Weil Kraft dem Arm, dem Geiste Kühnheit fehlt;
Und keiner will für Ruhm sein Leben wagen,
So ganz besiegt ist Ehrgefühl vom Zagen.
 
60.
An jeder Mien', an ihrem Blick und Schweigen
Wird leicht der Feldherr dieser Furcht gewahr.
Von edlem Zorn fühlt er den Busen steigen,
Und plötzlich tritt er mitten in die Schar:
Wohl müßt' ich unwert mich des Lebens zeigen,
Entzög' ich jetzt mein Leben der Gefahr,
Zugebend, daß ein Heid' an dieser Stäte
So schimpflich unsern Ruhm mit Füßen trete.
 
61.
Mein Lager mag den Frieden sich bewahren,
Schaun die Gefahr, selbst von ihr unerreicht.
Auf! auf! bringt mir die Rüstung! Und schon waren
Im Augenblick die Waffen ihm gereicht.
Doch Raimund nun, des längst gereiften Jahren
Die edle Reife des Verstandes gleicht,
Und dem, von allen keiner überlegen
An grüner Kraft, tritt dem Bouillon entgegen.
 
62.
Nein, spricht der Greis, nie werden wir erlauben,
Auf eines Haupt das Heer gewagt zu sehn.
Nicht einen, alles würdest du uns rauben;
Als Feldherr sollst du, nicht als Krieger, stehn.
Du stützest ja das heil'ge Reich, den Glauben;
Durch dich soll Babels Herrschaft untergehn.
Du sollst nur mit dem Geist, dem Zepter walten,
Und andre laß mit Schwert und Kühnheit schalten.
 
63.
Und ich, obwohl mich zu gebeugtem Rücken
Das Alter schon verdammt, gern tret' ich ein.
Mag sich, wer will, der Kriegsgefahr entrücken;
Mir soll das Alter nicht Entschuld'gung sein.
O, möchte so mich Jugendkraft beglücken
Wie euch jetzt, die ihr steht in bangen Reihn,
In denen Zorn und Scham so fest entschlafen,
Daß nichts euch spornt, den Lästrer zu bestrafen.
 
64.
Wie mich, als ich vordem – mir sah das ganze
Germanien zu – vor Kaiser Konrads Thron,
Dem wilden Leopold mit meiner Lanze
Die Brust zerriß und gab den Todeslohn.
Wohl war es eine That von höherm Glanze,
Den Mann zu fällen, der noch nie geflohn,
Als wenn man hier, allein, mit nacktem Arme,
Jagt' in die Flucht ein Heer von diesem Schwarme.
 
65.
Ja, wär' in mir noch jenes Blut und Feuer,
Längst dämpft' ich dieses Stolzen Uebermut.
Doch wie ich sei: noch schlägt mein Herz nicht scheuer,
Und auch dem Greise fehlt es nicht an Mut.
Bezahlen soll den Sieg der Heide teuer,
Und lass' ich auf dem Kampfplatz all mein Blut.
Ich waffne mich; mein ganzes vor'ges Leben
Soll dieser Tag mit neuem Glanz umgeben.
 
66.
So spricht der hohe Greis, und für die Scharen
Ist seine Red' ein Sporn der Tapferkeit.
Sie, die vorhin so stumm und furchtsam waren,
Sind jetzt in Worten mutig und bereit.
Nicht nur scheut keiner mehr des Kampfs Gefahren,
Gar viele jetzt wetteifern um den Streit.
Ihn wollen Balduin, Rüd'ger sich beschieden,
Guelf, Stephan, Gernier und die beiden Guiden;
 
67.
Und Pyrrhus, dessen Trug, mit Lob vernommen,
Einst Antiochien gab dem Bohemund.
Und um dem Kampf wetteifern, mutentglommen,
Jetzt Eberhard, Ridolf auch und Rosmund,
Aus Schottland, Irland, Engelland gekommen,
Durchs Meer getrennt von unserm Länderbund;
Und ihn verlangen mit beredter Lippe
Die treuen Gatten, Odoard und Gildippe.
 
68.
Doch mehr entflammt als alle diese Jugend
Den Heldengreis die edle Kampfbegier;
Und schnell die Rüstung ineinander fugend,
Steht er bewehrt, bis auf des Helmes Zier.
Ihm sagt Bouillon: O du, der alten Tugend
Lebend'ger Spiegel! Wollte Gott, in dir
Schaut' unser Volk sein Muster, seine Lehre!
Du zeigst ihm Kriegeskunst und Zucht und Ehre.
 
69.
O, wären noch zehn andre mir gegeben,
Dir gleich an Heldenwert bei jüngerm Blut:
Wie wollt' ich dann das heil'ge Kreuz erheben,
Wie tilgt' ich bald der Babel stolze Brut!
Doch jetzt laß ab; erhalte noch dein Leben
Zu Thaten, würd'ger für den grauen Mut.
Mag ein Gefäß der andern Namen fassen,
Und sei der Spruch dem Zufall überlassen;
 
70.
Vielmehr dem Höchsten, der sein heil'ges Wollen
Vom Glück und vom Verhängnis läßt vollziehn.
Doch Raimund steht nicht ab und will, sie sollen
Auch seinen Namen mit zum Lose ziehn.
Nun läßt Bouillon die Zettel alle rollen
In seinen Helm, und regt und schüttelt ihn;
Und auf dem ersten, der dem Los entwunden,
Wird Raimunds von Toulouse Nam' erfunden.
 
71.
Der Nam' erschallt mit jauchzendem Empfange,
Und keiner wagt zu schmähn des Loses Wahl.
Mit frischer Kraft erfüllt sich Stirn und Wange,
Und so verjüngt der Greis sich auf einmal,
Wie in der neuen Haut die wilde Schlange,
Die goldumglänzt sich schmückt im Sonnenstrahl.
Doch Gottfried nun, zur höchsten Freud' erhoben,
Verheißt ihm Sieg und hört nicht auf zu loben.
 
72.
Dann löset er sein Schwert vom Wehrgehänge
Und reicht's dem Greise dar, und spricht im Flug:
Dies ist das Schwert, das stets im Schlachtgedränge
Der fränkische Rebell von Sachsen trug.
Ich nahm es ihm, da mit gerechter Strenge
Für tausendfache Schuld ich ihn erschlug.
Stets war es siegreich mir in jedem Kriege;
Nimm du es nun, und helf's auch dir zum Siege!
 
73.
Der Heid' indes, von Ungeduld entglommen
Ob ihrem Zögern, droht von fern und schreit:
O unbesiegtes Volk, o Volk der Frommen!
Ein einz'ger Mann ruft euch heraus zum Streit.
Mag doch Tankred, der große Kriegsheld, kommen,
Traut er so viel auf seine Tapferkeit.
Doch harrt er wohl, auf Federn weich gebettet,
Der dunkeln Nacht, die einmal ihn errettet?
 
74.
So komm' ein andrer, wenn er zagt; in Scharen
Kommt insgesamt zu Fuß und Roß heran,
Wenn nicht ein einz'ger von so Unzählbaren
Mit mir zu kämpfen waget Mann an Mann.
Seht da das Grab, gewürdigt zu bewahren
Mariens Sohn; warum noch steht ihr an?
Löst eur Gelübde doch; der Weg ist offen.
Welch größer Werk bleibt eurem Schwert zu hoffen?
 
75.
So, wie mit Geißeln, wird mit bitterm Hohne
Der Christenschar vom Heiden zugesetzt.
Doch Raimund duldet's nicht; von diesem Tone
Fühlt er noch mehr als alle sich verletzt.
Gereizter Mut sieht nichts mehr, was er schone,
Wenn er am rauhen Stein des Zorns sich wetzt;
Und so besteigt nun Raimund auf der Stelle
Den Aquilin, benamt von seiner Schnelle.
 
76.
Geboren ward das Roß an Tajos Wogen,
Wo oft der kühnen Herde Mutterpferd,
Vom Liebeshauch des Frühlings angeflogen,
Wann der Naturtrieb stärker in ihm gärt,
Fruchtbarer Luft den Samen hat entzogen,
Mit offnem Schlund dem Winde zugekehrt;
Und, wunderbar! vom lauen Hauch durchdrungen,
Empfängt es mit Begier und wirft die Jungen.
 
77.
Gewiß, du sprächest: die am leichtsten wehen,
Die Himmelslüfte zeugten Aquilin;
Sähst du so schnell, daß keine Spur zu sehen,
Ihn ausgestreckt auf ebnem Sande fliehn;
Sähst du ihn lenksam und gewandt sich drehen
Und rechts und links die engen Kreise ziehn.
Dies edle Roß besteigt der Graf und sendet
Aufwärts den Blick, da er zum Kampf sich wendet:
 
78.
O Herr, der einst die unerfahrnen Waffen
In Terebinth mit seinem Arm gelenkt;
Der jenen starken Goliath hinzuraffen
Gebot der Schleuder, die ein Knabe schwenkt;
O, mögst du jetzt auch mir den Sieg verschaffen!
Durch mich sei dieser Heid' in Staub gesenkt;
Daß jetzt ein Greis den Hochmut überwinde,
So wie er einst erlag vor einem Kinde.
 
79.
So fleht der Graf, und sein inbrünstig Lallen,
Von sichrer Hoffnung auf den Herrn beschwingt,
Steigt auf im Flug zu den gestirnten Hallen,
Wie von Natur empor die Flamme dringt.
Der ew'ge Vater hört's mit Wohlgefallen
Und wählet aus der Schar, die ihn umringt,
Ihm einen Beistand, der den Greis als Sieger
Soll unverletzt entziehn dem frechen Krieger.
 
80.
Der Engel, den vom ersten Augenblicke,
Als Raimunds Eintritt in die Welt geschehn,
Zum steten Schutz im irdischen Geschicke
Dem wackern Mann die Vorsicht ausersehn:
Da jetzt aufs neu' mit gnadenvollem Blicke
Der Herr ihm winkt, dem Greise beizustehn,
Ersteigt die Burg, wo die gesamten Scharen
Der Himmelsmacht die Waffen aufbewahren.
 
81.
Hier ruhn gehäuft die mächt'gen Donnerkeile
Und der gewalt'ge Speer, des Drachen Tod,
Und jene graunvoll unsichtbaren Pfeile,
Die Pest erzeugen und viel andre Not.
Hier schwebt der große Dreizack hoch am Seile,
Der schrecklicher als alles uns bedroht,
Wann er mit eh'rner Kraft am Grundbau rüttelt
Der weiten Erd', und rings die Städte schüttelt.
 
82.
Hier flammt zugleich mit anderm Kriegsgeräte
Ein großer Schild vom hellsten Diamant;
Vom Kaukasus bis an des Atlas Stäte,
Bedeckt er leicht die Völker und das Land,
Und für gerechte Fürsten, heil'ge Städte
Wird dieses Schildes mächt'ger Schutz verwandt.
Den nimmt der Engel jetzt, um ungesehen
Mit ihm dem wackren Raimund beizustehen.
 
83.
Schon füllte sich indes die Mauerbreite
Mit vielem Volk; auch sandte der Tyrann
Clorinden aus mit mächtigem Geleite,
Das rings am Hügel sich zu reihn begann.
Zu gleicher Zeit rückt von der andern Seite
Ein Christenhauf' in guter Ordnung an;
Und der geraume Platz, den beid' umfassen,
Wird für den Kampf der Ritter frei gelassen.
 
84.
Der Heide schaut umher; doch nicht Tankreden,
Den unbekannten Kämpfer sieht er dort.
Ihm sagt der Graf: Der, den du willst befehden,
Ist anderswo, zu deinem Heil und Hort.
Doch sei nicht stolz; du riefst der Franken jeden,
Und prüfen will ich deine Kraft sofort;
Denn kämpfen darf ich für den andern Ritter,
Auch ist's erlaubt, daß ich erschein' als dritter.
 
85.
Der Stolze spricht mit lächelnd bitterm Munde:
Wo weilt Tankred? Was hält ihn denn so fest?
Ihn der dem Himmel droht und in der Stunde
Des Kampfs sich nur auf seinen Lauf verläßt?
Doch flieh' er zu des Meers, der Erden Grunde:
Kein Ort ist, wo mein Schwert ihm Ruhe läßt!
Du lügst, sagt jener, wenn du vom Entweichen
Des Tapfern sprichts, den du nicht kannst erreichen.
 
86.
Der Heide knirscht: Nimm, ruft er mit Erboßen,
Zum Rennen Platz; für ihn nehm' ich dich an.
Bald wird sich's zeigen, ob dein Arm die großen,
Tollkühnen Worte wohl verteid'gen kann.
So sprengen sie zum Kampf, und beide stoßen
Nach ihres Gegners Helm mit Macht hinan;
Der brave Raimund trifft, wohin er zückte,
Doch ohne daß sein Feind im Sattel rückte.
 
87.
Argant durchrennt umsonst das Kampfgefilde,
Sein Stoß – ein seltner Fehler ihm – bleibt leer;
Denn jener Himmelshort hielt mit dem Schilde
Von Raimund ab das mördrische Gewehr.
Vor Wut zerbeißt die Lippen sich der Wilde,
Zerbricht am Boden fluchend seinen Speer
Und zieht den Stahl, und sprengt mit Sturmesdrange
Auf seinen Gegner an zum zweiten Gange.
 
88.
Wie Widder, die das Haupt zum Stoße senken,
Rennt graden Laufs das mächt'ge Roß herbei;
Doch Raimund eilt, zur Rechten abzulenken,
Trifft seines Feindes Stirn und fliegt vorbei.
Von neuem kommt Argant; mit neuem Schwenken
Läßt jener ihn zur Rechten und bleibt frei,
Trifft wieder seinen Helm, und fruchtlos immer;
Der Helm, demantner Härtung, weicht ihm nimmer.
 
89.
Der Heide nun, um seinen Mann zu fassen
In engerm Kampf, drängt und umschließt den Feind.
Der andre, der so ungeheuren Massen
Samt seinem Roß schier zu erliegen meint,
Weicht aus, greift an und, ohn' ihm Ruh' zu lassen,
Kreist so umher, daß er zu fliegen scheint;
Und das behende Roß folgt den Befehlen
Des Zügels stets, ohn' einen Schritt zu fehlen.
 
90.
Wie vor der Burg, gedeckt durch ihre Lage,
Auf Höhn, im Sumpf ein Feldherr zieht umher
Und tausend Weg' und Künste, Tag für Tage,
Versucht und übt: so macht's der Graf nunmehr.
Und da er sieht, daß er mit keinem Schlage
Verletzt der Brust, des stolzen Hauptes Wehr,
Sucht er an schwächerm Ort hineinzudringen
Und zwischen Stahl und Stahl sein Schwert zu bringen.
 
91.
Schon hat die Wehr des Feindes manche Spalten,
Schon macht er oft sie lau und rot von Blut;
Und seine Rüstung ist noch wohl erhalten,
Und jeder Schmuck noch unversehrt und gut.
Wie auch Argant nur toben mag und schalten,
Vergebens braucht er alle Kraft und Wut.
Doch unerschlafft verdoppelt er, nicht zählend,
Der Hieb' und Stöße Meng', und stärkt sich fehlend.
 
92.
Zuletzt gelingt ihm unter tausend Streichen
Ein mächt'ger Hieb, und Raimund ist so nah,
Daß Aquilin vielleicht nicht zu entweichen
So schnell vermocht', als dieser Hieb geschah.
Doch jener Bot' aus überird'schen Reichen
Ist schon mit unsichtbarer Hilfe da;
Er hebt den Arm und streckt dem wilden Degen
Den diamantnen Himmelsschild entgegen.
 
93.
Die Klinge bricht – denn Widerstand zu schaffen
Vermag kein Schwert, gestählt von Menschenhand,
Den unzerstörbarn, ungemischten Waffen
Des ew'gen Meisters – und sie fällt in Sand.
Kaum glaubt's der Heide, der mit starrem Gaffen
Die kleinen Splitter fallen sah aufs Land,
Und staunt, da er entwaffnet spürt die Rechte,
Daß mit so starker Wehr sein Gegner fechte.
 
94.
Wohl glaubt Argant, die Klinge sei zersprungen
Am andern Schild, den Raimund vor sich hält;
Und dieser ist vom gleichen Wahn bezwungen,
Unwissend, welchen Schutz sich ihm gesellt.
Kaum aber sieht der Graf das Schwert entrungen
Der Feindeshand, als Zweifel ihn befällt.
Denn niedre Beut', unedles Siegeszeichen
Könnt' er mit solchem Vorteil nur erreichen.
 
95.
Ergreif ein andres Schwert, schon wollt' er's sagen,
Allein ihm fällt ein neuer Zweifel ein;
Denn Schmach der Seinen wär's, würd' er erschlagen,
Der Kämpfer für den ganzen Volksverein.
So will ihm nicht unwürd'ger Sieg behagen,
Noch soll der Christen Ruhm gefährdet sein.
Indem er zaudert, säumt Argant nicht lange
Und wirft Gefäß und Knauf ihm an die Wange.
 
96.
Er sprengt zugleich, wild wie ein Ungewitter,
Zum Ringen auf ihn los und naht ihm dicht.
Dem Grafen trifft der Wurf des Helmes Gitter
Und quetscht im Anprall heftig sein Gesicht;
Doch unbestürzt entweicht der greise Ritter
Dem starken Arm, der ihn beinah umflicht,
Und eilt, den Heiden in die Faust zu hauen,
Die ihn umklammern will, gleich Untiersklauen.
 
97.
Dann schwenkt er sich von der auf diese Seite,
Von dieser nun auf die, ohn' Unterlaß;
Und nah' er sich, enteil' er in die Weite,
Stets wird sein Schwert von Feindesblute naß.
Die ganze Kraft, die ganze Kunst im Streite,
Was neuer Zorn vermag und alter Haß,
Er sammelt es, zum Fall Argants entschlossen,
Und Glück und Himmel sind ihm Bundsgenossen.
 
98.
Der Heide steht dem Angriff sonder Wanken,
Stark durch sich selbst und durch die feinste Wehr:
Dem Schiffe gleich, dem Mast und Segel sanken,
Das steuerlos wogt auf empörtem Meer
Und dennoch, da mit wohlgefugten Planken
Die Seiten ihm gedeckt sind ringsumher,
Der wilden Flut sich zeigt noch ohne Spalten,
Und noch nicht ganz verzweifelt, sich zu halten.
 
99.
So sehr, Argant! war guter Rat dir teuer,
Als dir zum Schutz Beelzebub erwacht
Und eine Wolke – seltsam Ungeheuer! –
Zum leichten Schatten einen Menschen macht,
Dem er Clorindens Hochgestalt in treuer
Nachbildung gibt, samt ihrer Waffentracht,
Sprach' ohne Seel', in den bekannten Tönen,
Und Haltung und Gebärdungsart der Schönen.
 
100.
Das Trugbild kommt zum Oradin, von allen
Pfeilschützen dem erfahrensten, und spricht:
Berühmter Oradin, der nach Gefallen
Sein Ziel erwählt und trifft mit Zuversicht!
Wie hart für uns, wenn er hier sollte fallen,
Der tapfre Held, der für Judäa ficht,
Und wenn mit seiner Wehr im Siegesprangen
Sein Gegner sollt' in Frieden heim gelangen!
 
101.
Hier zeige deine Kunst, und mit dem Blute
Des fränk'schen Räubers röte deinen Pfeil;
Denn außer ew'gem Ruhm kommt dir zu gute
Vom König würd'ger Lohn für solches Heil.
Der Krieger bleibt nicht lang im Zweifelmute,
Sobald er hört, ihm werde Lohn zu teil;
Schnell aus dem Köcher ist der Pfeil gezogen,
Er legt ihn auf und spannt den sichern Bogen.
 
102.
Die Sehne schwirrt; der Pfeil mit schnellen Schwingen
Fliegt ab und zischt, da er die Luft durchfährt,
Und, wo des Gürtels Schnallen sich verschlingen,
Bohrt er sich ein und trennt sie unverwehrt.
Doch kann er nicht den Panzer tief durchdringen,
Kaum wird er rot, und kaum die Haut versehrt;
Denn weiter läßt der Engel ihn nicht kommen,
Der dem Geschoß die beste Kraft genommen.
 
103.
Der Ritter zieht den Pfeil aus seiner Wunde,
Und plötzlich springt das warme Blut hervor,
Und höchst erzürnt wirft er mit droh'ndem Munde
Dem Heiden die gebrochne Treue vor.
Der Feldherr auch, der in so wicht'ger Stunde
Den teuern Freund nie aus dem Blick verlor,
Sieht des Vertrages Bruch, glaubt zu entdecken,
Der Graf sei schwer verletzt, und bebt vor Schrecken.
 
104.
Um würd'gen Lohn dem Frevel zu verhängen,
Regt er die Seinen auf mit Wink und Schrein.
Schon fallen die Visiere, schon verlängen
Die Zügel sich, die Speere legt man ein;
Und nun, im gleichen Augenblicke sprengen
Von da und dort hervor die wilden Reihn.
Das Feld verschwindet, und von Kampfgewimmel
Wälzt sich der Staub in Wolken hoch am Himmel.
 
105.
Beim ersten Anfall prasseln Helm' und Schilde,
Und Lanzen krachen, daß die Erde dröhnt.
Hier stürzt ein Roß, dort irrt durch die Gefilde
Ein andres hin, das keinem Lenker frönt.
Hier liegt ein Toter; jener dort stößt wilde
Verwünschung aus, und dieser ächzt und stöhnt.
Rauh ist die Schlacht, und wie gedrängter worden
Das Kampfgemisch, so wächst und steigt das Morden.
 
106.
Leicht wirft Argant sich mitten ins Gedränge,
Reißt einen Kolben aus der nächsten Hand,
Schwingt rasch ihn um sich her die Breit' und Länge,
Durchbricht die Schar und säubert rings das Land.
Nur Raimund sucht er in der Krieger Menge,
Hat gegen ihn nur Zorn und Stahl gewandt
Und will, so scheint's, mit seinen Eingeweiden,
Gleich einem gier'gen Wolf, den Hunger weiden.
 
107.
Doch nun erscheint, den Weg ihm zu verlegen,
Den Lauf zu hemmen, eine tapfre Schar;
Er findet Ormann, Guido sich entgegen,
Den Balnavill und der Gerharde Paar.
Er weicht nicht, zögert nicht; nur mehr verwegen
Macht ihn der Helden Widerstand sogar,
Wie Feuer, in verschloßnem Raum gehütet,
Ausbricht mit Macht und doppelt furchtbar wütet.
 
108.
Er tötet Ormann, macht den Guido wanken,
Wirft Balnavill matt zu der Toten Heer;
Doch immer wächst der Waffen und der Franken
Furchtbarer Kreis und drängt ihn mehr und mehr.
Indem der Kampf, durch ihn allein im Schwanken,
Wogt zwischen beiden Völkern hin und her,
Beschließt Bouillon, den Bruder aufzumahnen,
Und ruft ihm zu: Jetzt rege deine Fahnen,
 
109.
Und auf den linken Flügel wird die Deinen,
Da, wo am stärksten brennt des Kampfes Glut.
Der bricht hervor und stürzt zusamt den Seinen
Seitwärts sich auf den Feind mit solcher Wut,
Daß Asiens Völker schwach und furchtsam scheinen
Und nicht mehr widerstehn dem Frankenmut,
Der ihre Reihn durchbricht, Panier und Streiter
Zu Boden wirft, und mit dem Roß den Reiter.
 
110.
Vom gleichen Sturm wird auch der rechte Flügel
In Flucht gejagt, und keiner als Argant
Verteidigt sich; so, mit verhängtem Zügel,
Treibt sie die Furcht hinaus ins weite Land.
Nur er noch trotzt den Franken, fest im Bügel;
Wer hundert Arm', in jeder rechten Hand
Ein Schwert, ein Schild in jeder linken rührte,
Er thäte kaum, was Argant jetzt vollführte.
 
111.
Er steht dem Schwerthieb und dem Kolbenpralle,
Der Speer' und Rosse drängendem Gewicht,
Und scheint allein genug dem ganzen Schwalle,
Und zeigt bald dem, bald dem sein Angesicht.
Wund ist sein Leib, zerfetzt die Waffen alle,
Blut strömt er aus und Schweiß, als fühlt' er's nicht.
Allein das Volk stößt, drängt ihn so gewaltsam,
Daß es zuletzt ihn fortreißt unaufhaltsam.
 
112.
Er wendet sich beim ungeheuern Drange
Der Menschenflut, die ihn von hinnen reißt,
Doch Flucht ist nicht im Herzen noch im Gange,
Wenn Armesthat des Herzens Mut beweist.
Noch macht der Augen Glut den Feinden bange,
Noch droht aus ihr der alte, zorn'ge Geist;
Noch müht er sich, mit aller Macht des Strebens,
Das flücht'ge Volk zu hemmen, doch vergebens.
 
113.
Der kühne Held vermag nicht zu erringen,
Daß sie gehaltner nur und mäß'ger fliehn,
Denn Furcht mag weder Kunst noch Zügel zwingen;
Er fleht, er herrscht: sie hören nicht auf ihn.
Bouillon nunmehr, dem seines Plans Gelingen
Des Glückes Beistand zu verbürgen schien,
Folgt ungesäumt des Sieges frohen Bahnen
Und schickt dem Siegerheere neue Fahnen.
 
114.
Und war der Tag dies, der dem höchsten Gotte
In seinem Rat von Ewigkeit gefiel:
Wohl sah noch heut, dem mächt'gen Feind zum Spotte,
Das Siegerheer der heil'gen Arbeit Ziel.
Kaum aber ward gewahr die Höllenrotte,
Wie sehr in diesem Kampf ihr Reich zerfiel,
Als sie, da ihr's vergönnt, die Luft sich türmen
In finstre Wolken ließ und rief den Stürmen.
 
115.
Sogleich erlischt, bedeckt von schwarzer Hülle,
Der Sonne Glanz; mit mehr als Höllengraun
Flammt rings der Himmel auf und läßt die Fülle
Der Blitze nur und Wetterstrahlen schaun.
Der Hagel stürzt beim Donnerwutgebrülle
Herab, zerschlägt und überschwemmt die Aun.
Der Sturmwind tobt, die Bäume rings zersplittern;
Nicht Eichen nur, auch Fels und Hügel zittern.
 
116.
Platzregen, Sturm und Ungewitter fahren
Mit gleicher Wut den Franken ins Gesicht;
Und unbezwinglich Graun hemmt ihre Scharen,
Da auf sie los solch plötzlich Wetter bricht.
Die mindre Zahl nur kann den Platz bewahren
Bei den Panieren; denn man sieht sie nicht.
Clorinde nun läßt keine Zeit verloren –
Sie war nicht fern – und gibt dem Roß die Sporen.
 
117.
Sie ruft den Ihren zu: Für uns, Genossen!
Kämpft jetzt der Himmel und beschützt das Recht.
Wir sind verschont von seines Zorns Geschossen,
Frei ist der Blick, die Hand uns zum Gefecht;
Und in das Antlitz fahren seine Schloßen
Dem Feinde nur, den die Bestürzung schwächt,
Und gönnen Waffen nicht noch Licht ihm weiter.
Wohlauf zum Kampf, denn das Geschick ist Leiter!
 
118.
So spornet sie das Volk, gibt ihren Nacken
Dem Ungestüm der ganzen Hölle bloß,
Eilt mit Gewalt, das Frankenheer zu packen,
Und achtet nicht den eiteln Widerstoß.
Nun aber wendet auch Argant die Hacken
Und stürmt mit Macht auf die schon Sieger los;
Und diese räumen das Gefild und fliehen,
Um sich dem Schwert und Sturme zu entziehen.
 
119.
Den Nacken nun des flücht'gen Heers bedrohtem
Der Heiden Schwert, der Geister mächt'ge Wut,
Und mit dem Regenstrom vermischt, in roten
Geschwollnen Bächen, floß dahin das Blut.
Zur Schar gemeiner Sterbender und Toten
Sinkt hier Ridolf, sinkt Pyrrhus in die Flut;
Den würgt die Faust des grimmigen Cirkassen,
Der muß den edlen Sieg Clorinden lassen.
 
120.
So fliehn die Franken fort; und der Dämonen,
Der Palästiner Wut verfolgt sie dicht.
Bouillon allein, laut zürnend den Baronen,
Die er mit Eifer mahnt an ihre Pflicht,
Beut ohne Furcht den Feindeslegionen,
Dem Blitz und Sturm sein sichres Angesicht
Und hält zu Roß am Thor und sammelt alles,
Was fliehend sich zerstreut, im Schutz des Walles.
 
121.
Wohl stürmt er zweimal dem Argant entgegen
Und drängt ihn weit zurück, der kühne Held;
Wohl haut er zweimal ein mit nacktem Degen
Da, wo der Feind am dichtsten sich gestellt.
Doch endlich zieht auch er zu den Gehegen
Des festen Walles ein und räumt das Feld.
Der Feind kehrt um, und in des Lagers Schranken
Verschließen sich, matt und bestürzt, die Franken.
 
122.
Doch die Gewalt des Regenstroms, das Toben
Des wilden Sturms verfolgt sich auch noch dort.
Das Feuer wird verlöscht; der Wind von oben,
Die Flut von unten dringt an jeden Ort,
Zerreißt das Tuch, zerbricht die Pfähl' und Kloben
Und führt die ganzen Zelte mit sich fort.
Geheul und Regen, Sturm und Donnerbrausen
Betäubt die Welt mit Harmonien voll Grausen.

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