G. F. Streckfuss
Der Auswanderer nach Amerika
G. F. Streckfuss

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Die Präsidentenwahl.

Ich wohnte der Präsidentenwahl im Herbst 1834 in Philadelphia bei. Die ganze Bevölkerung der großen Stadt war electrisirt; überall, wo sich die Wähler versammeln sollten, wurden hohe Stangen aufgepflanzt, auf denen die amerikanischen Flaggen sowohl, als auch die Farben derjenigen Partheien wehten, die sich aristokratisch oder demokratisch, Whigs oder Tories, nannten; den erstern Namen führte die Bankparthei und letztern die Freunde Jacksons. Es war ein allgemeines, über 8 Tage dauerndes Freudenfest, an dem auch die Knaben lebhaft Theil nahmen. Diese hatten mitten auf den Straßen hohe Holzstöße aufgehäuft, und machten dann gewaltige Feuer an. Die Männer und Jünglinge waren bei den Wahlversammlungen; leider waren diese nicht friedlich, namentlich in Philadelphia. Die Partheien rückten gegen einander mit tödtlichen Waffen, vertrieben sich wechselsweise von ihren Versammlungsorten, welche, erobert von der feindlichen Parthei, von Grund aus zerstört wurden. Man schoß dabei zwar nur mit Schroten, welche weniger tödtliche, als höchst schmerzhafte, häßliche Wunden beibrachten.

Jackson war damals der Abgott des großen Theiles, während der andere ihn tödtlich haßte. Seine Parthei galt für die demokratische, das heißt für die, welche jenem despotischen Ungeheuer, der Unitat-Staats-Bank den Fuß auf den Nacken wünschte. Die Parthei der Bank galt für die aristokratische. Zu ihr gehörten alle Bank-, Post-, Chaussee- und Eisenbahn-Beamten, wie alle jene großen Stockhalter der Bank, und alle die Vortheil und Credit von derselben genossen. Da nun die neue Präsidentenwahl gerade zu einer Zeit vorfiel, wo Jackson es durchgesetzt hatte, daß die Capitalien des Congresses aus der Bank herausgezogen und ihre Privilegien geschmälert wurden, so wurden die Reibungen um so heftiger, und äußerten sich vorzüglich in Philadelphia auf eine höchst gefährliche, feindselige Weise, die mehrere Menschen um Leben, Gesundheit und Eigenthum brachte.

Das große Schiff Pensylvania.Nach neuern Zeitungsberichten ist im Congreß der Antrag zur Bewilligung der zum Ausbau dieses Schiffes noch nöthigen Summe von 400 000 Dollars verworfen worden, und man fürchtete, daß dieses Seeungeheuer unausgebaut und ungenutzt würde verfaulen müssen. Da es jedoch ganz gesichert unter Dach und Fach, und ganz trocken auf den Werften liegt, so ist dies wohl nicht so leicht zu besorgen, und es könnte dieses Schicksal eher über dasselbe kommen, wenn es ausgebaut im Wasser läge

Wenn man auf dem Delaware von dem Meere aus aufwärts nach Philadelphia zufährt, so ziehen vor Allem 2 colossale hölzerne Gebäude, über deren thurmhohe Dächer 2 Masten mit Wimpeln hervorragen, die Aufmerksamkeit auf sich. Unter dem einen dieser Gebäude liegt ein noch unausgebautes Linienschiff von 60 Kanonen, und unter dem andern größern, der ebenfalls noch nicht ganz vollendete Seekoloß, das Linienschiff Pensylvania von 150 Kanonen. Der Platz, worauf diese stehen, ist die Navygard – Seearsenal. – Ich entschloß mich, sobald ich nach Philadelphia kommen würde, diese Navygard mit ihren Merkwürdigkeiten zu besuchen.

Den Eingang fand ich mit einer Schildwache besetzt, welche ich, um das Innere zu besehen, erst um Erlaubniß fragen mußte. Diese verwieß mich an den wachthabenden Offizier, welcher mir den Eintritt gestattete. Die Erlaubnis wird nie, oder selten, und höchstens nur dann verweigert, wenn der Zudrang zu groß wird. Schon der Hof ist interessant. Auf einer Seite liegen die Kasernen der schwachen Garnison von Linienmilitair in Philadelphia, auf der andern Schuppen und Magazine. Aber mitten auf demselben stehen in langen Reihen jene zahlreichen ungeheuern Mordwerkzeuge, Kanonen, Mörser und Haubitzen, mit welchen jene beweglichen Festungen bewaffnet werden sollen. Es liegen dabei die darauf gehörenden gewichtigen Anker, und nicht weit davon die gewaltigen Ketten, die sie festhalten sollen, die vielleicht eben so viel Gewicht, oder gar noch mehr haben, als die Anker selbst, und große Haufen von Kugeln aller Schwere sind pyramidenförmig daneben aufgeschichtet. Nun trat ich, da der Zugang zu dem kleinern Gebäude verschlossen blieb, vor das Gebäude, in welchem das größere Schiff liegt. – Wer jenes große, unter einem mit 4 Fensterreihen versehenen Hause, noch auf den Werften liegende Schiff, das bei möglicher Feuersgefahr durch angebrachte Röhren in wenig Minuten von allen Seiten mit Wasser überschüttet werden kann, betritt, muß erstaunen, ja zweifeln, ob das weiche Element, das Wasser, einen solchen Coloß mit seinen Apparaten wird ertragen können. Man muß wohl 60 bis 70 Stufen aufwärts steigen, ehe man auf sein Deck gelangen kann. Seine Seitenwände sind schußfest, denn sie bestehen aus starken doppelten Bohlen des festesten Holzes, deren Zwischenräume mit Baumwolle ausgestoßen sind. Welche Veranlassungen bieten sich hier zu Betrachtungen dar! Mit welcher Gewalt wird dieses Ungeheuer einst wirken, wenn es aus seinen anderthalb hundert Feuerschlünden seine zerstörenden Blitze versendet! Welche Feuerflammen wird es auf Flotten und Städte werfen, wenn es ihnen zornentflammt gegenübersteht! Und welche Lasten soll es tragen! – Nur ein für 3 Monate ausgerüstetes Schiff von 1000 Mann und 100 Kanonen soll 4 ½ Millionen Pfunde tragen. Dieses mit 150 Kanonen größeren Kalibers und 2000 Mann, wird 9 Millionen zu tragen haben. Und doch soll es mit dieser furchtbaren Last auch eben so gut geleitet werden wie der kleinste leichteste Kriegsshlop.


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