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Tollkühne Streiche

Der Morgen dämmerte schon, und immer noch sauste das geheimnisvolle Automobil wie ein Spuk die Schienen entlang, an Bahnhöfen und Wärterbuden vorbei. Niemand achtete darauf, denn solche amtlichen Fahrten waren keine Seltenheit.

Aber einer war nicht bei bester Laune; der Chauffeur im Nebenamt, denn ihm wurde es trotz der frischen Brise und des scharfen Luftzuges höllisch heiß auf dem Sitz. Er hatte seine Augen nach allen Seiten offen zu halten, er mußte nicht nur die Mienen der auf den Bahnhöfen postierten Beamten studieren, die ihn im Vorbeiflitzen feierlich grüßten, sondern er hatte noch mehr auf die Schienen zu achten, damit er bei Kreuzungen nicht vom Wege abweiche und in eine Sackgasse gerate, wo er sich selbst entlarvt hätte.

Wenn hinter den Bahnhöfen eine Weiche kam, dann hieß es heruntersteigen und das Hindernis richtig stellen, denn nur die Fortsetzung des rechten Hauptstrangs führte zur Heimat, und das Ziel war Berlin, wo es sich besser untertauchen ließ als in jedem anderen Ort der Welt. – Und wenn die Weichen sich nicht bewegen ließen, weil sie verblockt waren, dann mußte die ganze Gesellschaft aussteigen und den schweren Wagen schieben helfen, bis der Anschluß an den rechten Strang wieder erreicht war. Das brachte manche bittre Viertelstunde und kostete manchen Tropfen Schweiß. Dafür aber entschädigte der Gedanke, daß Krankenhaus und Polizeigefängnis weit hinter der Grenze lagen und der badische Wald, durch den die Draisine jetzt langsamer fuhr, mit seinem gewürzigen Duft Körper und Seele erquickte.

So ging es stundenlang ohne störende Unterbrechung in herrlichster Natur. Ein unendlicher Schienenweg, links und rechts dunkelgrüne Waldung, darüber der blaue Frühlingshimmel und als Ohrenschmaus das liebliche Konzert der Vögel. Sonst kein Laut in der Nähe. Nur das Schleifen und leise Rattern der Draisine.

Die neunte Morgenstunde war schon überschritten und die Sonne brannte dem Chauffeur empfindlich ins Gesicht, als sich ein merkwürdiges Nebengeräusch auf den Schienen bemerkbar machte.

Die Hand dauernd am Steuer, fühlte Willem, wie sein Wagen leise erzitterte, und sein Gehör vernahm ein Geräusch, das aus den Schienen kam und den Eindruck erweckte, als ob in weiter Ferne schwere Hammer auf die Gleise schlügen.

Nichts Gutes ahnend, drehte er sich um, aber es war nichts zu erspähen, denn weit hinter ihm trübte der Morgennebel den Ausblick und überdies war etwa einen Kilometer zurück eine Kurve, die den Schienenstrang in eine Lichtung führte, durch die das Automobil jetzt fuhr.

Das unheimliche Geräusch verstärkte sich immer mehr, die Gleise erbebten wie von einem gewaltigen Orkan gepeitscht, und die Draisine zitterte so, daß er das Steuer kaum noch halten konnte.

Er blickte sich weiter um und diesmal erstarrte sein Gesicht vor Schreck, der Angstschweiß trat ihm auf die Stirn und seine Glieder waren plötzlich wie gelähmt, denn im Hintergrund sah er, ganz in Rauch gehüllt, einen Schnellzug in voller Fahrt auf sich zukommen.

Schnell zog er in der Verzweiflung an einer Handhabe – ein Ruck und die Draisine stand; er hatte die Bremse gezogen. Hinter ihm donnerte es und das eiserne Ungetüm flog immer schneller an ihn heran. Der Bruchteil einer Sekunde konnte zum Verhängnis für ihn und seine Passagiere werden.

Und der Wagen ging nicht von der Stelle.

Er schimpfte und fluchte und zerrte an allen Apparaten, während die Insassen die Köpfe heraussteckten und verwundert fragten, was denn los sei, ohne im entferntesten die bevorstehende Gefahr zu ahnen. Nicht einmal die Zeit zu einer Antwort blieb ihm und er hätte auch nicht sprechen können, denn seine Zunge war schwer wie Blei. Er zerrte nur und zog und stampfte, daß der ganze Wagen erschütterte und seine Blicke stierten dabei von Sekunde zu Sekunde rückwärts, um die Entfernung zu messen, die ihn noch von der Vernichtung trennte.

Endlich, knapp hundert Meter vor dem heranbrausenden Schnellzug, machte die Draisine einen kurzen Sprung und flog mit größter Geschwindigkeit davon.

Käse-Willem schaute mehr nach rückwärts als nach vorn. Die Hoffnung, daß sein kleines, wie ein Blitz dahinsausendes Fahrzeug den Sieg in dieser höllischen Wettfahrt davontragen würde, erwies sich als Täuschung. Langsam, aber zusehends verringerte sich die Entfernung, und es unterlag keinem Zweifel, daß die Draisine in wenigen Minuten durch den Anprall zerschmettert sein würde.

In der Ferne vor ihm tauchten die roten Dächer eines Dorfes auf. Jetzt schien ihm der Augenblick gekommen, dem mit Donnergepolter heranbrausenden Verfolger sein Opfer zu überlassen.

Mit einem Satz sprang er herunter, öffnete den Schlag und schrie wie ein Besessener hinein: »Raus – Schnellzug!«

Mit lautem Aufschrei stürzten die drei Insassen ins Freie und liefen mit Willem in die Lichtung hinein.

Im nächsten Augenblick krachte und splitterte es. Die Draisine war zerschmettert. Bis tief in den Wald flogen die Holzteile hinein, während das eiserne Untergestell verbogen am Waldesrand lag.

Der Weg bis zum Dorfe mit den roten Dächern war noch weit und beschwerlich. Die klare Luft läßt oft die Entfernung geringer erscheinen und täuscht gern, wenn die Hoffnung winkt.

Die Flüchtlinge wanderten den ganzen Tag, bis sie endlich mehr tot als lebendig nach Sonnenuntergang den Dorfkrug erreichten und um ein Nachtlager baten, das ihnen auch gewährt wurde.

Sie gaben sich als herumziehende Artisten aus, die die halbe Welt gesehen hätten, und fanden bei den naiven badensischen Bauern nicht nur Glauben, sondern sogar eine gewisse Bewunderung.

Nach einem reichlichen Mahl und noch reichlicherem Trinkgelage war die alte Lebenslust wieder hergestellt, und es wurde der Beschluß gefaßt, in diesem entlegenen Örtchen vorläufig zu bleiben, bis die Nachforschungen abgeflaut sein würden.

Schon nach der ersten Woche verlief die Zeit im Schneckengang und die Langeweile gähnte aus allen Winkeln. Nur etwas Abwechslung kam in die Einförmigkeit des Lebens, wenn sich der Dorfkrug des Abends mit Gästen füllte, die im Vorbeifahren hier Rast machten, zumeist Bauern, die mit Landesprodukten oder Kleinvieh Handel trieben. Sogenannte Honoratioren gab es in diesem nur von kleinen Landwirten bewohnten Dörfchen nicht, und die Bauern hatten mit der Frühjahrsarbeit alle Hände voll zu tun und waren des Abends viel zu müde, als daß sie stundenlang in der Schenke sitzen sollten. Der Bierverkauf vollzog sich für die Einheimischen nur über die Straße.

Ein einziger Stammgast hatte sich seit der Ankunft der Flüchtlinge eingefunden, und gerade dieser eine war der Gesellschaft verdammt unangenehm, nämlich – der Gendarm des Landkreises, der in dem Dorf seinen Wohnsitz hatte und es für seine amtliche Pflicht hielt, die Schenken seines Sprengeis hintereinander mit seiner Gegenwart zu beehren. Diesmal war der Dorfkrug an der Reihe, und merkwürdigerweise bekundete das »Auge des Gesetzes« soviel Interesse für die einquartierten Artisten, daß sich der Wirt über die Seßhaftigkeit des Stammgastes nicht wenig wunderte, denn der Turnus dauerte gewöhnlich nicht länger als drei Tage.

Als der Gendarm das erste Mal seit der Ankunft der Flüchtlinge die Schenke säbelrasselnd betrat und mit kräftiger Stimme seinen Gruß in das Gastzimmer donnerte, saß Käse-Willem in einer Ecke über den Tisch gebeugt und las in einem kleinen Provinzblättchen.

Das Erscheinen der »Polente« brachte in ihm eine Empfindung hervor, als ob das ganze Blut in seinem Körper zu Eis erstarre, und sein Gesicht mußte noch um eine Schattierung bleicher geworden sein. Wenn der Teufel in voller Leibhaftigkeit erschienen wäre, hätte er wahrscheinlich weniger Schreck und Ekel gefühlt, als beim Anblick dieses sporenklirrenden und säbelrasselnden grünen Mannes mit dem umgeschnallten Armeerevolver. Er ließ keinen Blick von ihm, und wenn er sich auch zwang, äußerlich ruhig zu erscheinen, so beobachtete er doch alle seine Bewegungen, und ein feiner Psychologe hätte in zehn Metern Entfernung dennoch das Gewissen des Verbrechers schlagen gehört. Aber Gendarmen sind keine Psychologen, namentlich, wenn sie an einem ewigen Durst leiden, und der Grüne hatte weniger Interesse, nach verdächtigen Individuen zu suchen, als den Brand der Kehle zu löschen.

Willem benutzte die erste günstige Gelegenheit zum Rückzug und begab sich sofort zu seinen Leuten, um mit ihnen über das gefahrvolle Ereignis zu beraten. Im allegemeinen war die Ansicht vorherrschend, daß es wohl am zweckmäßigsten sei, in den nächsten Tagen unauffällig zu verschwinden. Käse-Willem konnte sich dieser Meinung nicht anschließen, wenngleich ihm der Schreck noch immer in den Gliedern saß. Er vertrat den Standpunkt, daß ein so abgelegenes Dörfchen wie dieses mit so geringem Verkehr in deutschen Landen schwerlich wieder zu finden sein würde, daß es überall »jrüne Deibels« gäbe und daß man den Versuch machen müsse, mit dem gemütlichen Badenser Gendarmen in ein vertrautes Verhältnis zu gelangen. Überdies würde eine geschickte Unterhaltung mit ihm sehr bald den Beweis erbringen, ob er »Lunte jerochen« hätte. Für alle Fälle habe er sich aber vorgenommen, Wagen und Pferd anzuschaffen, um im gegebenen Augenblick unauffällig zu »teilachen«.

Willem galt nicht nur, weil er der ältere war, sondern auch wegen seiner überragenden Intelligenz als der »Anführer«, und sie stimmten ihm zu, wenngleich Angst und Bangen ihre Zuversicht und fröhliche Laune mit einem Schlage ins Wanken brachte.

Der Appetit hatte bei allen vieren bedenklich nachgelassen. Sie konnten den körperlichen Ekel nicht loswerden, in einem Räume zu speisen, wo es nach einem Gendarm roch. Aber die Zeit gleicht alle Gegensätze aus, und wie sich die Katze an den bissigen Hund gewöhnt, wenn sie merkt, daß er ihr nichts tut, und wie beide Feinde von Natur schließlich friedlich aus einem Napfe fressen, so gewöhnte sich auch die Verbrechergesellschaft an den Umgang mit dem Hüter der Ordnung. Und als die Männer mit ihm aus etlichen Bier – und Schnapsnäpfen gemeinschaftlich getrunken hatten, waren die Gegensätze überbrückt, und der Gendarm rechnete es sich zur Ehre an, mit Künstlern, die die Welt bereisen, freundschaftlich zu verkehren.

Von irgendwelchem Verdacht war an dem Grünen natürlich nichts wahrzunehmen. Mit Ausnahme eines kleinen Flurdiebes, der sich gelegentlich fassen ließ, war die Gegend grundehrlich, und der Beamte hatte sich im Laufe der Jahre daran gewöhnt, seine Mitmenschen nur von der besten Seite und als Verehrer seiner Uniform kennenzulernen und sich selbst für den König des Sprengeis zu halten, dem Nahrungs- und Trinkmittel als Tribut dargebracht werden mußten. Die Berliner Verbrecher waren dem Hüter der Ordnung an Mutterwitz und Klugheit weit überlegen, und in richtiger Würdigung der Eigenschaften und Fähigkeiten des Beamten wandelte sich die ursprüngliche Furcht sehr bald in übermütigste Laune. Ihrer Gewohnheit gemäß gaben Wilhelm und Karl viel Geld aus. Sie zechten mit dem Grünen wie mit ihresgleichen in einer Berliner Kaschemme, und der Gastwirt rieb sich die Hände vor Freude, denn er hatte in den wenigen Wochen mehr eingenommen, als sonst nicht in drei Jahren. Sein Spirituosenlieferant war hierüber so erstaunt, daß er anfragen ließ, ob jetzt ein ständiger Jahrmarkt in dem Dorfe eingerichtet sei.

Aber niemand fielen die Summen auf, die von den fremden Gästen vergeudet wurden, am wenigsten dem Hüter der Ordnung. Und dafür sorgte Willems Zungenfertigkeit und Phantasie. Er erzählte seinem neuen Freunde, daß sie als Artisten hohe Gagen bezögen, und da sie stets mit freier Station und freier Fahrt engagiert worden seien und wegen der regen Inanspruchnahme ihrer Kunst nie eine Ruhepause gehabt hätten, wäre es ihnen unmöglich gewesen, von dem vielen verdienten Geld etwas auszugeben. So hätten sie ein beträchtliches Vermögen erspart und seien jetzt in das weltentlegene Dorf gekommen, um ihre angegriffenen Nerven zu kräftigen.

Der Gendarm hörte das alles mit stiller Bewunderung an, und seine Achtung vor den Fremden wuchs von Tag zu Tag und steigerte sich immer mehr in gleichem Verhältnis zu dem Umfang der vergeudeten Gelder, denn Kunst und Reichtum waren in seinen Augen Begriffe, der höchsten Verehrung wert.

Nur eins bedrückte den guten Mann. Er hatte bisher die Freude der Geselligkeit und Freigiebigkeit in hohem Maße genossen, aber von der Kunstfertigkeit seiner Freunde hatte er noch keinen Hauch verspürt. Und wie gern hätte er mit eigenen Augen gesehen, was sie in der Kunst, die ihm nur dem Worte nach bekannt war, leisteten.

Eines Tages hatte er das schwere Geständnis über seine Lippen gebracht und den Wunsch ausgesprochen, die Artisten einmal so zu sehen, wie sie sich auf der Bühne betätigten.

Willem machte zuerst eine verblüffte Miene, denn er hätte nicht im Traume daran gedacht, sein Lügengewebe in die Tat umsetzten zu müssen. Aber im nächsten Augenblick überflog ein Lächeln sein Gesicht, und der Schalk saß ihm sofort im Nacken. Mit erkünstelter Würde nickte er mit dem Kopfe und stimmte zu. Zwar hätten sie ihre Apparate und Kostüme nicht, aber sie würden sehr gern und bald Gelegenheit zu einer Vorstellung nehmen, sei es auch nur zu einer kleinen humoristischen Nummer.

Die Gesellschaft wollte sich totlachen, als Willem ihnen am Abend erklärte: »Kinder, wir müssen schauspielern, der jrüne Fatzke verlangt det. Und wenn wir et nich tun, denn sind wer unten durch, und der dämliche Affe jloobt mir keen Wort mehr!«

Eine anschließende Besprechung gab aber den Beweis, daß es leichter ist, einen Einbruch zu planen und auszuführen, als eine noch so harmlose und primitive Schaunummer. Und wenn die Mädchen, die von Natur für solche Dinge mehr Anlage und Verständnis mit auf den Lebensweg bekommen haben, nicht ausgeholfen hätten, wäre die Beratung ergebnislos geblieben, und Willems phantastische Renommisterei hätte kläglichen Schiffbruch erlitten.

Der Vorschlag der Mädchen, aus dem Leben zu schöpfen und Szenen wiederzugeben, die ihnen in Wirklichkeit bekannt seien, die sie selbst schon mitgemacht hätten, die den Bauern und »dem jrünen Fatzke« aber als fremdartig und erdacht erscheinen müßten, war entschieden nicht übel. Es wurde daher beschlossen, sich auf eine Vorstellung vorzubereiten, die einen Einbruch in die Kasse des Gastwirts wiedergeben sollte, und im Anschluß daran einen Schiebetanz im Stile der Apachen. Hierbei konnte jede Schauspielerkunst ausgeschaltet werden, denn die »Artisten« brauchten sich nur so zu geben, wie sie in Wirklichkeit waren, um fremdartig genug zu wirken. Und zwischen »Fremdartigem« und »Kunst« gab es bei dem beschränkten Verstände des Gendarmen und der Dorfbewohner keine Grenze.

Schon der nächste Sonntag wurde zur Theatervorstellung, die die »Artisten« »Pantelmieme« nannten, festgesetzt, und die Vorbereitungen nahmen die ganze Woche in Anspruch.

Im Dorfkrug befand sich ein großes Zimmer, das gelegentlich für Hochzeitsfeierlichkeiten diente. Dieser Raum wurde zu einem kleinen Theatersaal umgestaltet und aus Gartentischen mit Stoffbehang eine Bühne improvisiert. Sämtliche Portieren der Wohnung des Gastwirtes mußten herhalten, um Proszenium und Kulissen vorzutäuschen. Tagelang wurde gehämmert und gesägt, gepinselt und dekoriert, und die Verbrechergesellschaft hatte tatsächlich noch nie in ihrem Leben eine so lustige Zeit verbracht. Beinahe glaubten sie selbst an ihren »Artistenberuf«, so sehr hatten sie sich in den burlesken Scherz vertieft.

Die Beschaffung der »Kostüme« stieß weniger auf Schwierigkeiten. Mützen, rote Halstücher, zerrissene Kleider und Laternen waren bald besorgt, denn die Dorfbewohner gaben gern, weil sie schon lange eine gewisse Vorfreude empfanden, dem großen Ereignis einer Theatervorstellung in dem weltentlegenen Flecken beiwohnen zu dürfen.

Zwei Tage vor dem wichtigen Abend wurden die Rollen verteilt, ohne irgendwelche Proben abzuhalten. Karl sollte der Einbrecher sein, Irma sollte ihm helfen, Lucy mußte Schmiere stehen und Willem wollte den Gendarmen mimen, der die Bande überrascht. Dabei wollte er sich sehr dämlich anstellen und den »jrünen Fatzke« karikieren. Für das komische Bild und die Wirkung auf die Lachmuskeln der Zuschauer würde seiner Ansicht nach schon die Echtheit der Typen und die durch Alkohol vorher aufgepeitschte Stimmung genügen. Alles andere überließ er dem Zufall und – der Dummheit der Theaterbesucher.

Was die Echtheit der Gendarmenmaske anbetraf, so half der »jrüne Fatzke« gerne aus und lieh seinem Freunde Willem die nur für besondere Zwecke reservierte Paradeuniform nebst Säbel und Revolver.

Und als noch am Sonnabend rechtzeitig bemerkt wurde, daß die Musik zur »Pantelmieme« und besonders für den Apachentanz fehlte, entdeckte »das Auge des Gesetzes« in seinem Neffen einen geeigneten Klavierspieler.

Das Unternehmen gelang vorzüglich. Die »Künstler« traten mit echt Berlinischer Frechheit auf. Ihre rohen Bewegungen und Gebärden, die Echtheit des Einbruchs, der betrunkene Gendarm, der schließlich mit den abgefaßten Verbrechern auf der Bühne einen wilden Apachentanz mimt, wirkten so zwerchfellerschütternd auf das Bauernpublikum, daß die Gäste des Dorfkruges plötzlich Berühmtheiten des Ortes wurden. Und der »jrüne Fatzke«, der durch Willems Karikatur des betrunkenen Gendarmen auf der Bühne sich nicht im geringsten verletzt fühlte, war nicht wenig stolz darauf, der Urheber des unvergeßlichen Abends zu sein.

Kaum hatte es sich herumgesprochen, daß die »Künstler« über viel Geld verfügten, da meldeten sich auch täglich Bauern, die irgend etwas Preiswertes anboten: ein Stück Land, ein Häuschen wegen Erbschaftsteilung, Kartoffeln, Viehfutter, Hühner, Schweine usw., auch ein Jagdwagen mit einem schmucken Pferdchen war dabei. Der Verkäufer war von seiner Überredungskunst so überzeugt, daß er das Gespann gleich mitbrachte. Und er hatte recht, seine Absicht deckte sich mit Willems Plan, durch ein Fuhrwerk völlig unabhängig zu werden. Die beiden wurden handelseinig, und der Berliner Geldschrankknacker avancierte zum Fuhrwerksbesitzer.

Jetzt begann eine fröhliche Zeit für die Flüchtlinge, sie machten lange Spazierfahrten und lernten die Gegend gründlich kennen.

Da Käse-Willem die Paradeuniform noch nicht zurückgegeben hatte, kam er in einer übermütigen Laune auf die Idee, die »jrüne Haut«, wie er sie nannte, bei seinen Spazierfahrten anzuziehen und sich in den benachbarten Ortschaften als »Hüter der Ordnung« zu zeigen. Er wurde überall ehrfurchtsvoll begrüßt und nahm gnädig Mitteilungen über kleine Diebereien entgegen. Lucy, die »Frau Wachtmeister«, ließ sich von den Bauernfrauen freigiebig bewirten und lachte sich halb krank, wenn das betreffende Dorf einen Kilometer hinter ihnen lag.

Dieses Schlaraffenleben hätte noch sehr lange dauern können, wenn die Baseler Eisenbahnverwaltung so liebenswürdig gewesen wäre, auf die Nachforschungen wegen des Diebstahls der wertvollen Draisine zu verzichten. Das war aber nicht möglich, denn das Automobil gehörte zum staatlichen Inventar, und die fehlende Nummer oder deren Entführer mußte herbeigeschafft werden. Hierbei spielte die Eile keine Rolle, denn der Instanzenweg braucht Zeit und Ruhe. Zuerst wurde der Verlust durch alle bureaukratischen Abteilungen gemeldet, und dann folgte auf denselben verwickelten Pfaden des Aktenlabyrinths rückwärts der Befehl, die Draisine und den Dieb zu suchen. Die Draisine wurde, freilich in völlig verändertem Zustande, gefunden, der Dieb nicht.

Es gehörte nicht viel kriminalistischer Spürsinn dazu, anzunehmen, daß der Entführer des Automobils das Gefährt an der Stelle verlassen habe, wo der Zusammenstoß mit dem Schnellzug erfolgt war. Und da menschliche Überreste nicht gefunden wurden, nahm die Baseler Eisenbahnverwaltung ebenfalls logischerweise an, daß der Spitzbube sich rechtzeitig in Sicherheit gebracht habe. Nun befanden sich längs der Gleise links und rechts zahlreiche größere und kleinere Ortschaften, die in den vergangenen Wochen nach einem verdächtigen Individuum durchforscht wurden, und als die Polizei hier keine Spur fand, erstreckte sie ihre Ermittlungen auf entlegenere Dörfer.

So kam denn die Meldung von dem gestohlenen Automobil und dem Zusammenstoß mit dem Schnellzug auch in die Hände des Ortsgendarmen, der nichts eiligeres zu tun hatte, als sich mit seinem Freunde Wilhelm über diesen höchstwichtigen Kriminalfall zu unterhalten und dabei seine Würde als polizeiliches Oberhaupt des Sprengeis ins rechte Licht zu setzen.

Käse-Willem hörte den Bericht an, ohne mit der Wimper zu zucken, dann sagte er lakonisch: »Hör mal, Wachmeester«, – sie duzten sich schon lange –, »die Sache ist doch der reenste Quatsch. Entweder ist der Zug mit dem Auto zusammenjestoßen, und der Kerl is in de Luft jeflogen und zerbröckelt wie Puppendreck, oder der Zug is mit dem Auto nich zusammenjefahren, und det Ding is überhaupt nich gestohlen. Det ist doch janz klar, det mußte mit deinem Scharfsinn doch jleich bejreifen. Im übrijen könnt det doch höchstens 'n Verrückter sind, denn er hätt's doch bequemer und billijer mit de Eisenbahn jehabt, und verkoofen hätt er det olle Ding ja doch ooch nich können. Ick an deine Stelle als jebildeter Mann und Kafferlier würde mir mit son'm Quatsch überhaupt nich abjeben und den Leuten zurückschreiben, det se dir woll uzen!«

Der »jrüne Fatzke« war der eigentümlichen Logik seines Freundes nicht unzugänglich und bemühte sich auch nicht im geringsten, den mysteriösen Fall aufzuklären, aber mit Willems Ruhe war es seitdem vorbei, denn der gewiegte Verbrecher sagte sich, die Entsendung eines besonderen Beamten genüge, um festzustellen, daß er und seine Leute an dem Tage des Zusammenstoßes in dem Dorfe eingetroffen seien, und eine Berechnung des Weges müßte sofort ergeben, daß sie zur Zeit des Zusammenpralls sich an der fraglichen Stelle befunden hätten.

Willems Plan zur Flucht war fertig, nur wollte er mit Anstand »teilachen« unter einem Vorwand, der seinem Ansehen im Dorfe entsprach. Nach einigen Tagen erklärte er dem Gendarmen mit dem Ausdruck tiefster Niedergeschlagenheit, daß jetzt die Zeit gekommen sei, den lieben Ort und den lieben Freund zu verlassen, ihn rufe die Pflicht und die Kunst; übermorgen mittag werde er mit seinen Leuten Abschied nehmen, aber am Abend vorher wolle er ihn und einen Teil der Dorfbewohner noch im Krug bewirten. Der »jrüne Fatzke« hörte mit aufrichtigem Bedauern, was bevorstand, und er war sogleich entschlossen, die Abfahrt so feierlich zu gestalten, wie dies in seiner Macht lag.

Während zahlreiche Dorfbewohner mit der Verbrechergesellschaft zechten und beim Klange einer Handharmonika derbe Trinklieder sangen, wurde die einzige Straße, die durch das Dorf führt, festlich geschmückt, und die beiden letzten Häuser waren durch eine Quergirlande verbunden, an deren Mitte ein Plakat herabhing mit der Aufschrift: »Glückliche Reise! Auf Wiedersehen!« Und als die Berliner Verbrecher auf dem Jagdwagen durch die Dorfstraße fuhren, waren die meisten Bewohner versammelt und riefen Abschiedsworte oder schwenkten bunte Tücher.

Und der »jrüne Fatzke« stand am letzten Hause und grüßte militärisch stramm mit zusammengeschlagenen Hacken, als ob der kommandierende General vorbeifahre.

Eine halbe Stunde später, als das Dorf längst außer Sicht war und der Wagen sich auf einer Waldchaussee befand, entlud sich urplötzlich das mit Mühe verhaltene Lachen der Flüchtlinge. Sie barsten beinahe vor Gelächter und konnten sich kaum beruhigen.

Und das Pferdchen wieherte lustig mit, als ob es auch die ganze Komik des Dorflebens begriffen hätte.

Am späten Nachmittag wurde ein kleines Städtchen erreicht, in dem die Vorbereitungen zu einem großen Markttage, wie er nur alle Monat einmal vorkommt, im Gange waren. Alle Gasthäuser hatten reichlichen Zuspruch und konnten die Zahl der Fremden kaum bergen, so daß es den Flüchtlingen nur mit Mühe und Not gelang, im »Weißen Schwan« ein bescheidenes Obdach zu finden. Die Fülle der Menschen, das bunte Treiben und der Lärm im Gegensatz zu der wundervollen Ruhe des vor kurzem verlassenen Dörfchens machten einen verstimmenden Eindruck auf die Verbrecher. Und während sie vor wenigen Stunden noch über die Verehrung, der sie sich bei den Bauern erfreuen konnten, so lachen mußten, daß sich die Kiefern des Waldes bogen, beschlich sie hier eine gewisse Beklommenheit, denn sie fühlten instinktiv, daß die Gefahr, entdeckt zu werden, durch die Berührung mit vielen Menschen immer größer wurde. Am liebsten wären sie wieder umgekehrt und hätten sich in der liebenswürdigen Bauerngemeinde niedergelassen, aber auch dort war seit den Nachforschungen wegen der gestohlenen Draisine keine sichere Zuflucht mehr.

Zu alledem kam das merkwürdige Heimweh, das alle Verbrecher immer wieder zu dem Ort ihrer Taten zurückzieht.

Um nicht durch einen außergewöhnlichen Beruf aufzufallen, beschloß Willem, sich und seine Leute als Händler auszugeben, wozu das mitgebrachte Gespann sehr gut paßte. Am nächsten Tage mischten sie sich unter das Volk, das in dichten Scharen den Marktplatz belagerte, und machten auch allerlei Einkäufe, die den Anschein erwecken sollten, daß ihr Aufenthalt in dem Städtchen ein rein geschäftlicher sei.

Neben dem Markt befand sich, wie immer, auch ein Rummelplatz. Da gab es außer den verschiedensten Lustbarkeiten auch Schaubuden mit allerlei Sehenswürdigkeiten und Abnormitäten. Die Verbrecher fühlten sich zu dieser Art von Unterhaltung besonders hingezogen und bummelten stundenlang zwischen den Buden und Wohnwagen umher, wobei sie sich natürlich gern von den Ausrufern und Anreißern bewegen ließen, das winzige Eintrittsgeld zu entrichten und die Bretter, die hier eine besondere Welt bedeuteten, zu betreten.

Willems Wunsch, völlig unterzutauchen und sich unsichtbar zu machen, fand in seinem Gedankengange hier eine neue Lösung. Er sah das fahrende Volk der Schaubudenbesitzer, wie sie von Ort zu Ort zogen und ihre Behausung mit den kleinen Zimmerchen und der sauberen Küche immer mit sich führten, und seine augenblickliche Unruhe und Besorgnis vor der Zukunft erblickte in einem solchen Leben und Treiben den Gipfelpunkt der Freiheit und Unabhängigkeit. Wohl kannte er sich und seinen Tatendrang zur genüge, um zu wissen, daß der Zwang eines ständigen Berufs und das Pfenniggeschäft der Budenbesitzer ihm auf die Dauer als drückende Fessel das Leben verleiden würde, aber im Vergleich zu dem Zuchthaus, das ihm bevorstand, schien ein solches Dasein immerhin noch begehrenswert. Überdies würden seiner Ansicht nach nur zwei Jahre genügen, um über dem Millionenraub das Gras der Vergessenheit wachsen zu lassen, und wenn er in Berlin eine Schaubude hätte, fände sich immer Gelegenheit, im Kreise seiner Freunde und Freundinnen des Lebens auszukosten und auch mal ein »feines Ding« zu drehen. Hierzu lag aber noch keine Veranlassung vor; denn wenn der Soldatenrat und der Major auch mit der Hälfte des im Flugzeug fortgeführten Geldes entflohen, so hatten die beiden Mädchen noch etliche Hunderttausende über die Grenze gebracht, und ein stattliches Vermögen war in Berlin versteckt. Selbst bei der verschwenderischen Lebensführung hätten solche Summen in zwei Jahren nicht verbraucht werden können, und was nach Ablauf dieser Frist zu beginnen wäre, darüber machte sich ein Verbrecher von der Art des Käse-Willem nicht die geringsten Sorgen. Jetzt kam es auf die zwingende Gegenwart an und es mußte ein Ausweg gefunden werden, allen Nachforschungen durch eine geschickte Übertünchung zu entgehen.

Je mehr sich solche Gedanken in seinem Gehirn verdichteten, desto lebhafter wurde sein Wunsch, Schaubudenbesitzer zu werden, und eine Besprechung mit seinen Leuten ergab diesmal ein volles Einverständnis, denn auch Karl und die Mädchen erstrebten nichts sehnlicheres, als möglichst bald unter einer schützenden Flagge nach Berlin zu gelangen.

Zwischen Absicht und Tat liegt aber oft ein weiter Weg, der mit Hindernissen gepflastert ist, und in diesem Falle war es von vornherein nicht sehr wahrscheinlich, daß es gleich gelingen würde, eine Schaubude nebst Zubehör an Wagen und Wohnung zu erwerben. Ein Herumfragen auf dem Rummelplatz hätte die Verbrecher nur verdächtig gemacht, ohne einen sicheren Erfolg zu zeitigen. Das sah ein so gerissener Bursche wie Käse-Willem wohl ein, und er überlegte, ob er sich an einen Vermittler, den es in dem Städtchen sicher gab, wenden oder sein Glück durch ein Inserat in dem am Orte erscheinenden Provinzblättchen versuchen sollte. Er entschloß sich für das letztere und setzte mit Hilfe seiner Leute eine Anzeige auf, in der seine Wünsche zum Ausdruck kamen und worin besonders erwähnt wurde, daß die Höhe der Kaufsumme gleichgültig sei.

Unter den Schaubudenbesitzem befand sich nun ein Mann namens Delitzsch, dessen Frau vor einigen Wochen gestorben war, und der sich seither mit dem Gedanken getragen hatte, seine Spezialitätengruppe aufzugeben und seinen Wanderwagen zu verkaufen. Als dieser fahrende »Theaterdirektor« in der Zeitung las, daß ein Herr im »Weißen Schwan« die Absicht habe, eine Schaunummer zu erwerben, begab er sich sofort in das Gasthaus und bot seine ganze Überredungskunst auf, um seinen Besitz loszuwerden.

Willem freute sich nicht wenig über den unerwartet raschen Erfolg seines Inserats, und in dem allen Verbrechern eigenen Aberglauben sah er seine ganzen Pläne und Hoffnungen bereits erfüllt. Der Kaufpreis war ein verhältnismäßig geringer und bot keine Verhandlungsschwierigkeiten, aber die Frage des Gewerbescheins schuf neue Hindernisse. Der Verbrecher verlangte natürlich aus den nur ihm bekannten Gründen die Übergabe des »Geschäfts« mit der Firma und den gesamten Ausweispapieren, während der Besitzer es für selbstverständlich hielt, daß der Käufer sein neues Gewerbe unter eigenem Namen polizeilich anmelde. Willem hatte gute Gründe, sich dieser »Selbstverständlichkeit« zu entziehen und bot nun seinerseits alle Überredungskunst auf, dem Herrn Delitzsch klarzumachen, daß er »keene Bretterbude und 'n Klamottenwagen, sondern 'n ordentliches Jeschäft mit 'ne solide Firma« zu kaufen beabsichtige. Wenn er als Inhaber der Firma Bedenken habe, seinen Namen zu veräußern, dann müßten wohl wichtige Gründe dabei mitsprechen, und er ziehe es deshalb vor, auf den Kauf zu verzichten. Karl und die beiden Mädchen, die der Unterhaltung beiwohnten, schlossen sich ihrem Anführer an, und es gelang den vereinten Kräften schließlich, den Herrn Delitzsch zur Hergabe seiner Papiere zu veranlassen. Der Kaufpreis wurde sofort bezahlt, und noch am selben Tage bezog die Verbrechergesellschaft als Familie Delitzsch den Wanderwagen. Als der Markt beendet war, blieb der Rummelplatz noch bis zum Sonnabend, da die Konzession sich jeweilig auf acht Tage erstreckt. Die »Spezialitätenkräfte« : ein sogenannter Athlet und ein Schlangenbeschwörer waren für dieselbe Zeit noch kontraktlich verpflichtet und mußten übernommen werden. Sie schliefen während der Nacht in der Schaubude auf Strohsäcken.

Willem hatte sehr bald die Tricks der »Künstler« erkannt und sich auch sonst in die Geheimnisse seines neuen Berufs einweihen lassen. – Die Gewichte, die der »Athlet« unter scheinbarem Aufwand aller Kräfte zu heben hatte, waren für den Zweck besonders hergerichtet und viel leichter, als die protzende Aufschrift angab. Der römische Ringkampf, den die beiden Spezialitätenkräfte als Glanznummer vorführten, war eine eingelernte Komödie mit anscheinend kunstgerechten Handgriffen, vielem Gestöhn und Geschrei und dem endlichen Siege eines der beiden Kämpfer, die verabredungsgemäß sich wechselseitig, einen Tag um den anderen werfen lassen mußten. Und das Geheimnis der Schlangenbeschwörung bestand lediglich darin, daß das harmlose, aber als giftig angepriesene Tierchen sich durch die quietschenden Töne einer Blechpfeife verblüffen ließ und zu einem willigen Spielzeug in der Hand seines »Beschwörers« wurde.

Die Hauptsache der ganzen Schaustellung, jene phantastisch anmutenden bunten und zumeist schmutzigen und zerrissenen Lappen, die man Kostüme nennt, waren bei dem Verkauf der Bude in den Besitz der Verbrecher mit übergegangen, und so wurde es diesen nicht schwer, die welterschütternden »Spezialitäten« den schaulustigen Bewohnern der Dörfer und Städte vorzuführen.

Willem markierte den Besitzer und Ausrufer, Karl mimte den Athleten und führte mit seinem Spießgesellen den römischen Ringkampf vor, Irma bildete sich als Schlangenbeschwörerin aus, und Lucy saß an der Kasse und schrie mit ihrem Willem um die Wette:

»Meine Herrschaften, hier ist zu sehen: Irmona, die Schlangenbeschwörerin aus tausendundeiner Nacht, det jiftje Biest jehorscht uff eenen Pfiff und muckst nich mehr. Det jrößte Wunder aller Zeiten! Und det zweete Wunder is der Riesenmensch Isedor mit de Stahlmuskeln. Seine Herkunft is dunkel, wie sein Teng, aber seine Stärke jleicht einem Auerochsen. Wie eine Jänsefeder hebt und wirft er die Zentner, und der stärkste Mann is nich imstande, ihm det nachzumachen. Und nu kommt de Jlanznummer, der echte römische Ringkampf, det muß jeder vaterlandsliebe Deutsche jesehen haben! Tausend Mark Belohnung demjenigen, der an dem Wettkampf teilnimmt und sich verhauen läßt. Un det allens nur for fuffzich Pfennije. Immer rinspaziert, meine Herrschaften, de Vorstellung bejinnt, versäumen se 'n Anfang nich!«


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