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Wenn die Arbeitsteilung einmal durchweg eingeführt ist, so ist derjenige Teil von den Bedürfnissen eines Menschen, welcher durch das Produkt seiner eigenen Arbeit befriedigt werden kann, nur ein sehr kleiner. Den weitaus größten Teil derselben befriedigt er dadurch, daß er jenen Produktenüberschuß seiner Arbeit, der über seinen eigenen Bedarf hinausgeht, gegen solche Produkte der Arbeit anderer, die er gerade braucht, vertauscht. Dann lebt jeder vom Tausch, oder wird gewissermaßen ein Kaufmann, und die Gesellschaft selbst wird eigentlich eine Handelsgesellschaft.
Als jedoch die Arbeitsteilung zuerst Platz griff, muß dieses Tauschen häufig in seinen Operationen sehr ins Stocken gebracht und gehemmt worden sein. Nehmen wir an, der eine habe mehr von einer Ware, als er braucht, während ein anderer weniger hat. Natürlich wäre der erstere froh, wenn er einen Teil dieses Überflusses ablassen, der letztere, wenn er ihn bekommen könnte. Hätte indes der letztere gerade nichts, was der erstere benötigte, so könnte kein Tausch zwischen ihnen zustande kommen. Der Fleischer hat mehr Fleisch in seinem Laden, als er selbst verzehren kann, und der Brauer und Bäcker möchten gern einen Teil davon erwerben; allein sie haben nichts zum Tausch anzubieten, als die verschiedenen Produkte ihrer Gewerbe, und der Fleischer ist schon mit allem Brot und Bier, das er unmittelbar braucht, versehen. In diesem Falle läßt sich zwischen ihnen kein Tausch abschließen. Er kann nicht ihr Kaufmann, sie können nicht seine Kunden sein, und sie sind so alle drei einander von geringerem gegenseitigen Nutzen. Um den Übelstand einer solchen Lage zu vermeiden, wird jeder kluge Mensch zu allen Zeiten gesellschaftlichen Lebens, sobald die Arbeitsteilung eingeführt war, natürlich bemüht gewesen sein, sich so einzurichten, daß er außer dem besonderen Produkte seines eigenen Gewerbes jederzeit noch irgend eine Menge von einer oder der anderen Ware in Bereitschaft hatte, von der er voraussetzen konnte, daß sie wahrscheinlich wenig Menschen beim Tausche gegen das Erzeugnis ihres Gewerbes zurückweisen würden.
Mancherlei verschiedene Waren sind vermutlich nacheinander dafür ins Auge gefaßt und zu diesem Zwecke verwendet worden. In den rohen Zeiten der Gesellschaft soll Vieh das allgemeine Handelsmittel gewesen sein, und obgleich es ein sehr unbequemes sein mußte, so findet man doch in alter Zeit häufig die Dinge nach der Stückzahl des Viehes geschätzt, welches dafür in Tausch gegeben wurde. Die Rüstung des Diomedes, sagt Homer, ist nur neun Ochsen wert, die des Glaukus aber hundert. Salz soll das gewöhnliche Handels- und Tauschmittel in Abessinien sein, eine Art Muscheln in einigen Landesteilen an der indischen Küste, Stockfisch auf Neufundland, Tabak in Virginien, Zucker in einigen unserer westindischen Kolonien, Häute oder zugerichtetes Leder in einigen anderen Ländern, und noch heute gibt es ein Dorf in Schottland, wo es, wie man mir gesagt hat, nichts Ungewöhnliches ist, daß ein Arbeiter statt des Geldes Nägel in den Bäckerladen oder ins Bierhaus bringt.
Indessen scheint es, daß die Menschen in allen Ländern schließlich durch unwiderstehliche Gründe dahin gebracht wurden, zu diesem Zwecke den Metallen vor jeder anderen Ware den Vorzug zu geben. Die Metalle lassen sich nicht nur mit weniger Verlust, als irgend eine andere Ware, aufbewahren, indem kaum irgend eine andere Sache weniger dem Verderben preisgegeben ist, sondern sie können auch ohne Verlust in beliebig viele Teile gesondert werden, da die Teile durch Schmelzung sich leicht wieder vereinigen lassen: eine Eigenschaft, die keine andere gleich dauerhafte Ware besitzt, und die mehr als jede andere Eigenschaft sie dazu geeignet macht, Handels- und Zirkulationsmittel zu werden. Wer z. B. Salz kaufen wollte, und nur Vieh dagegen zu geben hatte, war gezwungen, auf einmal Salz im Werte eines ganzen Ochsen oder eines ganzen Schafes zu kaufen. Er konnte selten weniger kaufen, weil dasjenige, was er dafür geben wollte, selten ohne Verlust geteilt werden konnte; und wollte er mehr kaufen, so mußte er aus denselben Gründen das Doppelte oder Dreifache kaufen, d. h. den Gegenwert von zwei oder drei Ochsen, von zwei oder drei Schafen. Hatte er hingegen statt der Schafe oder Ochsen Metalle in Tausch zu geben, so war es leicht, die Menge des Metalls mit der Menge der Ware, deren er augenblicklich bedurfte, in genaue Übereinstimmung zu bringen.
Es wurden von verschiedenen Nationen verschiedene Metalle zu diesem Zwecke angewandt. Eisen war das gewöhnliche Handelsmittel bei den alten Spartanern, Kupfer bei den alten Römern, und Gold und Silber bei allen reichen, handeltreibenden Nationen.
Diese Metalle scheinen ursprünglich in rohen Barren ohne Stempel und Ausmünzung angewandt worden zu sein. So berichtet Plinius ( Hist. Nat. XXXIII, 3.) auf das Zeugnis des Timäus, eines alten Geschichtsschreibers hin, daß die Römer bis auf die Zeit des Servius Tullius kein gemünztes Geld hatten, und ungestempelte Kupferbarren zum Einkauf ihres Bedarfs gebrauchten. Diese rohen Barren versahen damals den Dienst des Geldes.
Mit dem Gebrauch der Metalle in diesem rohen Zustande waren zwei sehr wesentliche Übelstände verbunden: erstens die Mühe des Wägens, zweitens die des Probierens. Bei den edlen Metallen, wo ein geringer Unterschied in der Quantität einen großen im Werte zur Folge hat, erfordert schon das Geschäft eines genauen Abwägens sehr gute Wagen und Gewichte. Namentlich das Wägen des Geldes ist eine sehr delikate Operation. Bei den gröberen Metallen, wo ein kleiner Irrtum unerheblich ist, würde allerdings weniger Genauigkeit erforderlich sein; indes müßte man es doch höchst beschwerlich finden, wenn ein Armer jedesmal, so oft er für einen Pfennig zu kaufen oder zu verkaufen hat, den Pfennig zu wägen genötigt wäre. Die Operation des Probierens ist noch weit schwieriger und langweiliger, und das gewonnene Resultat ist, wenn nicht ein Teil des Metalls mit den gehörigen Lösungsmitteln im Schmelztiegel ordentlich geschmolzen wird, äußerst unzuverlässig. Dennoch mußten vor der Einführung des gemünzten Geldes die Leute diese langweilige und schwierige Operation vornehmen, wenn sie nicht stets den gröbsten Betrügereien und Täuschungen ausgesetzt sein, und statt eines Pfundes reinen Silbers oder reinen Kupfers eine verfälschte Mischung aus den gröbsten und wohlfeilsten Materialien erhalten wollten, die äußerlich das Ansehen hatte, jenen Metallen zu gleichen. Um solchen Mißbräuchen zuvorzukommen, den Tausch zu erleichtern, und dadurch alle Arten des Gewerbes und Handels zu ermutigen, sah man sich in allen Ländern, die beträchtliche Fortschritte in der Kultur gemacht hatten, genötigt, einen öffentlichen Stempel auf gewisse Quantitäten solcher Metalle zu setzen, die daselbst gewöhnlich zum Einkauf von Waren gebraucht wurden. Dies der Ursprung des gemünzten Geldes und jener öffentlichen Anstalten, die Münzen heißen, Einrichtungen genau von derselben Art, wie die Ämter der Mess- und Stempelmeister für Wollen- und Leinenzeug. Sie haben alle die gleiche Bestimmung, durch einen öffentlichen Stempel die Quantität und gleichförmige Güte dieser Waren, wenn sie zu Markt gebracht werden, zu verbürgen.
Die ersten öffentlichen Stempel dieser Art, die auf die umlaufenden Metalle gedrückt wurden, scheinen meistens dasjenige haben verbürgen zu sollen, was am schwierigsten und zugleich am wichtigsten ist, nämlich die Güte oder Feinheit des Metalls, und mögen wohl der Sterlingmarke ähnlich gewesen sein, die man jetzt auf Silbergeschirr und Silberbarren prägt, oder der spanischen Marke, die zuweilen auf Goldstangen gesetzt wird und, da sie nur auf einer Seite des Stückes steht und nicht die ganze Oberfläche bedeckt, zwar die Feinheit, aber nicht das Gewicht des Metalles verbürgt. Abraham wiegt dem Ephron die 400 Seckel Silber zu, welche er ihm für das Feld von Machpelah zu zahlen versprochen hatte. Es wird dabei gesagt, daß es die kurrente Handelsmünze war, und dennoch wird sie zugewogen, nicht zugezählt, gerade so wie es mit den Goldstangen und Silberbarren noch heute geschieht. Die Einkünfte der alten Sachsenkönige in England sollen nicht in Geld, sondern in natura, d. h. in Lebensmitteln und Proviant aller Art gezahlt worden sein. Wilhelm der Eroberer führte die Sitte ein, sie in Geld zu entrichten. Dieses Geld wurde jedoch lange Zeit auf der Schatzkammer nach dem Gewichte und nicht nach Stücken in Empfang genommen.
Die Unbequemlichkeit und Schwierigkeit, jene Metalle mit Genauigkeit zu wägen, gab die Veranlassung zur Verfertigung von Münzen, deren Stempel für geeignet gehalten wurde, um, da er beide Seiten des Stückes und zuweilen auch die Ränder ganz bedeckt, nicht nur das Korn, sondern auch das Gewicht des Metalles zu verbürgen. Solche Münzen wurden daher bis auf den heutigen Tag ohne die Mühe des Wägens stückweise angenommen.
Die Namen dieser Münzen scheinen ursprünglich das Gewicht oder das in ihnen enthaltene Metallquantum ausgedrückt zu haben. Zur Zeit des Servius Tullius, der zuerst in Rom Geld münzen ließ, enthielt das römische As oder Pfund ein römisches Pfund guten Kupfers. Es war nach Art unseres Troyespfundes in zwölf Unzen geteilt, deren jede eine wirkliche Unze guten Kupfers enthielt. Das englische Pfund Sterling enthielt zur Zeit Eduards I. nach Towergewicht ein Pfund Silber von bestimmter Feinheit. Das Towerpfund scheint etwas mehr als das römische gewesen zu sein, und etwas weniger als das Troyespfund. Dieses letztere wurde erst im 18. Regierungsjahre Heinrichs VIII. in der englischen Münze eingeführt. Der französische Livre enthielt zur Zeit Karls des Großen nach Troyesgewicht ein Pfund Silber von bestimmter Feinheit. Die Messe zu Troyes in der Champagne wurde zu jener Zeit von allen europäischen Völkern besucht, und die Gewichte und Maße eines so berühmten Marktes waren allgemein bekannt und geschätzt. Das schottische Geldpfund enthielt von der Zeit Alexanders I. bis zu der Robert Bruces ein Pfund Silber von demselben Gewicht und derselben Feinheit wie das englische Pfund Sterling. Die englischen, französischen und schottischen Pfennige enthielten gleichfalls ursprünglich alle ein wirkliches Pfenniggewicht Silber, den zwanzigsten Teil einer Unze und den zweihundertvierzigsten Teil eines Pfundes. Auch der Schilling scheint ursprünglich der Name eines Gewichtes gewesen zu sein. »Wenn der Weizen 12 Schilling der Malter kostet, sagt ein altes Statut Heinrichs III., so soll ein Semmelbrot von einem Heller 11 Schilling und 4 Pfennige wiegen.« Doch scheint das Verhältnis zwischen dem Schilling und Pfennig einerseits, und dem Pfund andrerseits nicht so beständig und gleichmäßig gewesen zu sein, als das zwischen dem Pfennig und dem Pfunde. Unter der ersten Dynastie der französischen Könige scheint der französische Sou oder Schilling bei verschiedenen Gelegenheiten bald 5, bald 12, bald 20, und bald 40 Pfennige enthalten zu haben. Bei den alten Sachsen scheint der Schilling zu einer Zeit nur 5 Pfennige enthalten zu haben, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß er bei ihnen ebenso veränderlich war, als bei ihren Nachbarn, den alten Franken. Seit der Zeit Karls des Großen bei den Franken, und Wilhelms des Eroberers bei den Engländern scheint das Verhältnis zwischen Pfund, Schilling und Pfennig bis auf den heutigen Tag dasselbe geblieben zu sein, obgleich ihr Wert sehr verschieden war. Denn ich glaube, daß in allen Ländern der Welt Geiz und Ungerechtigkeit der Fürsten und Regierungen das Vertrauen der Untertanen mißbrauchten, indem sie nach und nach den wirklichen Metallgehalt, welcher ursprünglich in den Münzen vorhanden war, verringerten. Das römische As wurde in der letzten Zeit der Republik auf den vierundzwanzigsten Teil seines ursprünglichen Wertes reduziert, und wog statt eines Pfundes nur eine halbe Unze. Das englische Pfund und der englische Pfennig enthalten gegenwärtig etwa den dritten, das schottische Pfund und der schottische Pfennig etwa den sechsunddreißigsten, und das französische Pfund und der französische Pfennig etwa den sechsundfünfzigsten Teil ihres ursprünglichen Wertes. Durch diese Operationen setzten sich die Fürsten und Regierungen instand, dem Scheine nach ihre Schulden zu bezahlen und ihre Verpflichtungen mit einer geringeren Menge Silber, als sonst nötig gewesen wäre, zu erfüllen. Es war allerdings nur dem Scheine nach so; denn ihre Gläubiger wurden in Wirklichkeit um einen Teil dessen, was ihnen zukam, betrogen. Allen anderen Schuldnern im Staate kam dasselbe Privilegium zugute, und sie konnten, was immer sie in alter Münze geborgt hatten, mit derselben nominellen Summe der neuen, entwerteten Münze bezahlen. Solche Operationen erwiesen sich daher stets günstig für den Schuldner und verderblich für den Gläubiger, und riefen zuweilen größere und allgemeinere Umwälzungen unter den Vermögen von Privatpersonen hervor, als das größte öffentliche Unglück hätte verursachen können.
Auf diese Weise ist das Geld bei allen zivilisierten Völkern das allgemeine Handelsinstrument geworden, durch dessen Vermittlung Güter aller Art gekauft und verkauft, oder gegeneinander ausgetauscht werden.
Ich will nun darangehen, zu untersuchen, welche die Regeln sind, die die Menschen beim Tausch von Gütern gegen Geld oder gegen einander natürlicherweise beobachten. Diese Regeln bestimmen das, was man den relativen oder Tauschwert der Güter heißen kann.
Das Wort Wert hat, – was wohl zu bemerken ist, – zweierlei Bedeutung, und drückt bald die Brauchbarkeit einer Sache, bald die Möglichkeit aus, mittels des Besitzes dieser Sache andere Güter zu erlangen. Das eine mag Gebrauchswert, das andere Tauschwert genannt werden. Dinge, die den größten Gebrauchswert haben, haben oft wenig oder keinen Tauschwert, und umgekehrt: die, welche den größten Tauschwert haben, haben oft wenig oder gar keinen Gebrauchswert. Nichts ist brauchbarer als Wasser, aber man kann kaum etwas dafür erhalten; man kann fast nichts dafür eintauschen. Dagegen hat ein Diamant kaum einen Gebrauchswert, und doch ist oft eine Menge anderer Güter dafür im Tausch zu haben.
Um die Prinzipien zu erforschen, welche den Tauschwert der Waren regulieren, werde ich zu zeigen suchen
Erstens: Was der wahre Maßstab dieses Tauschwertes ist, oder worin der wirkliche Preis aller Waren besteht;
Zweitens: Welche die verschiedenen Teile sind, aus denen sich dieser wirkliche Preis zusammensetzt, oder die ihn bestimmen.
Und drittens: Welche Umstände es sind, die einige oder alle Preisteile bald über ihren natürlichen oder gewöhnlichen Stand hinauftreiben, bald unter ihn hinabdrücken, oder welche die Ursachen sind, die den Marktpreis, d. h. den tatsächlichen Preis der Waren daran hindern, genau mit dem, was man ihren natürlichen Preis nennen kann, zusammenzufallen.
Ich werde diese drei Gegenstände so vollständig und deutlich, als ich es vermag, in den drei folgenden Kapiteln auseinanderzusetzen suchen, wobei ich mir aufs angelegentlichste die Geduld und Aufmerksamkeit des Lesers erbitten muß: seine Geduld zur Prüfung eines Details, welches ihm vielleicht an vielen Stellen unnötigerweise umständlich erscheinen könnte, und seine Aufmerksamkeit zum Verständnis dessen, was vielleicht nach der ausführlichsten Erklärung, die ich zu geben imstande bin, immer noch einigermaßen unklar erscheinen könnte. Ich bin stets bereit, einige Umständlichkeit auf mich zu nehmen, um nur sicher zu sein, daß ich deutlich bin; es wird aber dennoch, nachdem ich mir alle mögliche Mühe gegeben habe, deutlich zu sein, einige Unklarheit über einen Gegenstand zurückbleiben, der schon seiner Natur nach höchst abstrakt ist.