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Troja – Zimmer in Priamus' Palast: Pandarus und ein Diener
Pan. Freund, bitte, ein Wort: Folgt ihr nicht dem jungen Herrn Paris?
Dien. Ja, wenn er vor mir geht.
Pan. Ihr seid sein Diener, mein ich?
Dien. Ja, ich diene dem Herrn.
Pan. Ihr dient einem edlen Junker, ich muss ihn loben.
Dien. Der Herr sei gelobt!
Pan. Ihr kennt mich, nicht wahr?
Dien. Jawohl, Herr, oberflächlich.
Pan. Freund, lernt mich näher kennen, ich bin der Herr Pandarus.
Dien. Ich hoffe ich lerne Euer Ehren näher kennen.
Pan. Ich wünsch es.
Dien. Ihr seid im Stand der Gnade. Musik
Pan. Gnade: nein, Freund: Ehren und Herrlichkeit sind meine Titel . . . Was ist das für Musik?
Dien. Ich weiss es nur teilweise. Es ist Musik mit verteilten Stimmen.
Pan. Kennt ihr die Musiker?
Dien. Völlig, Herr.
Pan. Wem spielen sie auf?
Dien. Den Hörern.
Pan. Wem zu Gefallen, Freund?
Dien. Mir und denen die Musik mögen.
Pan. Befehl, mein ich, Freund.
Dien. Wem soll ich befehlen, Herr?
Pan. Freund, wir verstehen uns nicht: ich bin zu höflich und du bist zu klüglich. Auf wessen Verlangen spielen diese Leute?
Dien. So kommen wir weiter, wirklich, Herr! Also, auf Verlangen des Paris, meines Herrn, der in Person da ist, und bei ihm ist die irdische Venus, das Herzblut der Schönheit, der Liebe verkörperte Seele.
Pan. Wie, meine Nichte Cressida?
Dien. Nein, Herr, Helena: könnt ihr sie nicht erraten aus diesen Titeln?
Pan. Man könnte meinen, Bursch, du habest das Fräulein Cressida nicht gesehn. Ich will Paris von dem Prinzen Troilus etwas ausrichten. Ich will ihn höflich bestürmen, denn meine Sache brennt.
Dien. Eine verbrannte Sache: das ist eine recht verbrühte Wendung!
Paris und Helena mit Gefolge treten auf
Pan. Alles Schöne, mein Herr, euch und dieser ganzen schönen Gesellschaft! Schöne Wünsche, im allerschönsten Mass, mögen euch schön geleiten. Besonders euch, schöne Königin, schöne Gedanken seien euch ein schönes Kissen!
Hel. Lieber Herr, ihr seid voll schöner Worte.
Pan. Ihr sprecht nach eurem schönen Belieben, süsse Königin. Schöner Prinz, hier ist gute Streich-musik.
Par. Ihr streicht sie, Ohm . . . aber meiner Treu, ihr sollt sie wieder hinsetzen. Ihr sollt ihr ein Stück von eurer Mache anstücken . . . Lenchen, er ist voller Harmonie.
Pan. Wirklich nicht, gnädige Frau.
Hel. O, Herr –
Pan. Heiser, meiner Treu, meiner wahrhaftigen Treu, ganz heiser!
Par. Gut gesagt, Herr, das leiert ihr nur so her.
Pan. Ich hab ein Anliegen an den Herrn, teure Königin . . . Herr, wollt ihr mir ein Wort erlauben?
Hel. Nein, so werdet ihr uns nicht ablenken: wir wollen euch singen hören, sicher!
Pan. Ja, süsse Königin, ihr treibt euren Scherz mit mir. Aber wirklich, Herr, nämlich, mein teurer Herr und höchst verehrter Freund, euer Bruder Troilus –
Hel. Herr Pandarus, honigsüsser Herr . . .
Pan. Aber, süsse Königin, aber! . . . empfiehlt sich aufs herzlichste –
Hel. Ihr sollt uns nicht um unser Lied prellen: sonst komme unser Trübsinn auf euer Haupt!
Pan. Süsse Königin, süsse Königin, das ist eine süsse Königin, meiner Treu!
Hel. Und eine süsse Dame zu betrüben, ist ein bittres Unrecht.
Pan. Nein, damit werdet ihr nichts ausrichten, wahrhaftig nicht! Nein, ich kümmere mich nicht um solche Reden, nein, nein . . . Und, Herr, er ersucht euch, wenn der König beim Nachtmahl nach ihm fragt, ihn zu entschuldigen.
Hel. Herr Pandarus –
Pan. Was sagt meine süsse Königin, meine sehr, sehr süsse Königin?
Par. Was geht vor? Wo speist er zu Nacht?
Pan. Was sagt meine süsse Königin? . . . Meine Nichte wird euch böse werden . . . Ihr dürft nicht wissen wo er speist.
Par. Ich steh mit meinem Leben dafür ein, bei meiner Gebieterin Cressida.
Pan. Nein, nein . . . nichts dergleichen: weit gefehlt. Geht doch, eure Gebieterin ist krank.
Par. Gut, ich werd ihn entschuldigen.
Pan. Ja, lieber Herr . . . Wie kommt ihr auf Cressida? Nein, eure arme Gebieterin ist krank.
Par. Ich merke was.
Pan. Ihr merkt was? Was merkt ihr? . . . Kommt, gebt mir ein Instrument. Jetzt, süsse Königin.
Hel. So, das ist lieb von euch.
Pan. Meine Nichte ist schrecklich verliebt in etwas das ihr habt.
Hel. Sie solls haben, wenn es nicht mein Paris ist.
Pan. Der! Nein, sie will nichts von ihm wissen. Die zwei sind entzweit.
Hel. Auseinander und zusammen, so können sie drei machen.
Pan. Geht, geht, ich will davon nichts mehr hören. Ich sing euch jetzt ein Lied.
Hel. Ja, ja, bitte, nur zu! Meiner Treu, süsser Herr, ihr habt eine feine Stirn . . .
Pan. Ja, meinetwegen, meinetwegen.
Hel. Dein Lied soll Liebe sein: diese Liebe richtet uns all zugrund: o Kupido, Kupido, Kupido!
Pan. Liebe! ja, das soll es sein, wahrhaftig!
Par. Ja, gut so, Liebe, Liebe, nichts als Liebe!
Pan. Bei meiner Seele, so fängts an: singt
Nur Liebe, Liebe, immer mehr!
Ihr Schuss tut weh
Dem Hirsch und Reh.
Der Pfeil trifft gut,
Es fliesst kein Blut,
Doch juckt die Wunde sehr.
Verliebte schrein: O Todespein!
Doch Wunde die erst war wie Mord
Macht oh, oh, oh zu ha, ha, ha.
So lebt die Liebe fort.
Oh, oh 'ne Weil, doch ha, ha, ha . . .
Oh, oh das seufzt nach ha, ha, ha.
Juchhei!
Hel. Verliebt, meiner Treu, bis an die Nasenspitze.
Par. Er isst nichts als Tauben, Liebste, und das schafft heisses Blut, und heisses Blut heckt heisse Gedanken und heisse Gedanken hecken heisse Taten, und heisse Taten sind Liebe.
Pan. Ist dies das Gezücht der Liebe? Heisses Blut, heisse Gedanken und heisse Taten? Ei, sie sind Schlangen: ist Liebe ein Gezücht von Schlangen? Süsser Herr, wer ist heut im Feld?
Par. Hector, Deiphobus, Helenus, Antenor und alle Ritterschaft von Troja. Ich hätte mich gern bewaffnet heute, aber meine Lene wollte es nicht haben . . . Wie kommts dass mein Bruder Troilus nicht ging?
Hel. Er lässt den Kopf hängen über etwas, ihr wisst schon, Herr Pandarus.
Pan. Ich weiss nichts, honigsüsse Königin . . . Mich verlangt zu hören wie's ihnen heute glückt . . . Ihr vergesst nicht euren Bruder zu entschuldigen.
Par. Aufs Haar.
Pan. Lebt wohl, süsse Königin.
Hel. Empfehlt mich eurer Nichte.
Pan. Das will ich, süsse Königin. Ab – Man bläst zum Rückzug
Par. Sie kommen heim. Lasst uns in Priams Halle
Die Streiter grüssen. Süsse, bitte: helft
Hector entwaffnen. Seine störrischen Schnallen,
Sie fügen eurer weissen Zauberhand
Sich ehr als schneidigem Stahl und der Gewalt
Der griechischen Sehnen. Mehr als all die Fürsten
Der Inseln leistet ihr: entwaffnet Hector.
Hel. Es macht uns stolz ihn zu bedienen, Paris.
Ja, was er von uns nimmt als Huldigung
Fügt unsrer Schönheit Palmen neue zu,
Ja, überstrahlt uns selbst.
Par. Süsse, über alles lieb ich dich! . . . Ab.
Pandarus' Garten: Pandarus und ein Diener treffen sich
Pan. Nun, wo ist dein Herr? Bei meiner Nichte Cressida?
Dien. Nein, er wartet dass ihr ihn hinführt.
Troilus tritt auf
Pan. O, da kommt er . . . Was gibts? Was gibts?
Tro. Gesell, geh weg. Diener ab
Pan. Habt ihr meine Nichte gesehn?
Tro. Nein, Pandarus, ich schleich um ihre Tür
Wie eine fremde Seel am stygischen Bord
Der Fähre harrt. O werde du mein Charon
Und schaff mich schnell hinüber ins Gefild
Wo ich mich wälzen darf im Lilienbett
Das dem Verdienten winkt! O lieber Pandarus,
Von Amors Schulter reiss die bunte Schwinge
Und flieg mit mir zu Cressida!
Pan. Geht hier im Garten. Gleich bring ich sie her. Ab.
Tro. Mir schwindelt. Ahndung wirbelt mich im Kreis.
Der vorgestellte Schmack ist schon so süss,
Dass mir der Sinn berückt ist: was wird sein,
Wenn der verlechzte Gaumen wirklich schlürft
Der Liebe all-lautern Nektar? Tod, so fürcht ich,
Ins-Nichts-Versinken oder Lust, zu fein,
Zu zart-bewältigend und zu scharf vor Süsse
Für meiner derbern Kräfte Fähigkeit.
Ich fürcht es sehr und fürchte überdies,
Mir geht die Sondrung ab in all der Lust,
Wie in der Schlacht, wenn man in Scharen stürmt
Den flüchtigen Feind.
Pandarus kommt zurück
Pan. Sie macht sich grade fertig, sie wird gleich kommen. Ihr müsst jetzt gescheit sein. Sie wird so rot und schnappt nach Luft, als hätte ein Gespenst sie erschreckt. Ich will sie holen. Sie ist der hübscheste Schelm. Sie schnappt nach Luft wie ein eben gefangener Sperling. Ab.
Tro. Solch ein Gefühl beklemmt auch meine Brust.
Mein Herz schlägt rascher als ein Fieberpuls,
All meine Kräfte kommen aus dem Gang,
Wie Dienerschaft die unversehens trifft
Der Blick der Majestät.
Pandarus kommt zurück mit Cressida
Pan. Kommt, kommt, was braucht ihr zu erröten? Scham ist ein kleines Kind . . . Da ist sie nun. Schwört nun ihr die Eide die ihr mir geschworen habt . . . Was, macht ihr euch wieder davon? Man muss euch erst wachhalten, eh man euch zähmt, nicht wahr? Macht nur zu, macht nur zu! Wenn ihr zurückhuft, werden wir euch an die Deichsel spannen . . . Warum sprecht ihr nicht mit ihr? Kommt, zieht diesen Vorhang weg und lasst euer Gemälde sehn. Ach, du liebe Zeit, warum scheut ihr euch das Tageslicht zu verletzen? Wenns dunkel wäre, kämt ihr euch bald näher . . . So, so, rückt vor und nehmt die Dame! Nun also, ein Kuss auf Lebenszeit! Da baut, Zimmermann . . . die Luft ist gut . . . Ja, ihr sollt euch austoben, eh ich euch trenne. Falk und Falkin, stosst auf alle Enten im Fluss: nur zu, nur zu!
Tro. Ihr habt mich aller Worte beraubt, Fräulein.
Pan. Worte zahlen keine Schulden, gebt ihr Taten. Sie wird euch bald auch um die Taten bringen, wenn sie eure Tätigkeit in Anspruch nimmt . . . Also gegenseitige Besiegelung, wie folgt: »Zum Zeugnis dessen haben die Parteien wechselseitig« . . . kommt hinein, kommt hinein, ich will Feuer machen. Ab.
Cres. Wollt ihr hineingehn, Herr?
Tro. O Cressida, wie oft hab ich mir das gewünscht!
Cres. Gewünscht, Herr? Geben die Götter – o Herr!
Tro. Was sollen sie geben? Was bedeutet dies holde Stocken? Welchen widrigen Niederschlag entdeckt meine süsse Herrin im Quell unsrer Liebe?
Cres. Mehr Niederschlag als Wasser, wenn meine Furcht Augen hat.
Tro. Furcht macht Teufel aus Cherubim: sie sieht nie richtig.
Cres. Blinde Furcht, gelenkt von der sehenden Vernunft, findet festern Grund als blinde Vernunft die ohne Furcht hinstolpert. Das Schlimmste fürchten, heilt oft das Schlimmere.
Tro. O, meine Herrin soll keine Furcht hegen! In keinem Schauspiel Amors kommt ein Ungeheuer vor.
Cres. Auch sonst nichts Ungeheuerliches?
Tro. Nichts ausser unsren Versprechungen: wenn wir geloben Meere zu weinen, in Flammen zu leben, Felsen zu essen, Tiger zu zähmen, weil wir glauben, es sei schwerer für unsre Gebieterin genug Aufgaben für uns zu ersinnen, als für uns irgendeine aufgegebene Mühsal zu übernehmen. Dies ist das Ungeheuerliche beim Lieben, Herrin, dass der Wille grenzenlos ist und die Ausführung begrenzt, dass der Wunsch ungehemmt ist und die Tat ein Sklave der Schranken.
Cres. Es heisst, alle Verliebten schwören mehr zu leisten als sie fähig sind und behalten doch Fähigkeiten mit denen sie nichts leisten. Sie geloben mehr zu schaffen als zehn und bringen weniger fertig als das Zehnteil von Einem. Sie haben die Stimmen von Löwen und die Kraft von Hasen: sind sie nicht Ungeheuer?
Tro. Gibt es solche? Wir sind nicht so. Rühmt uns nach der Probe und anerkennt uns nach dem Beweis. Wir wollen barhaupt gehn, bis das Verdienst uns krönt. Keine Leistung in Erwartung sei heute schon gerühmt. Wir wollen das Verdienst nicht nennen vor seiner Geburt, und wenn es geboren ist, habe es einen schlichten Titel. Wenig Worte für schöne Treue: Troilus sei so zu Cressida, dass das Schlimmste was der Neid sagen kann an seiner Wahrheit zum Spott wird, und das Wahrste was Wahrheit sagen kann nicht wahrer ist als Troilus.
Cres. Wollt ihr hineingehen, Herr?
Pandarus kommt zurück
Pan. Was, immer noch Erröten? Seid ihr mit dem Schwatzen noch nicht fertig?
Cres. Wohl, Ohm: jede Tollheit die ich begehe widme ich euch.
Pan. Ich danke dafür: wenn der Herr einen Jungen von euch bekommt, wollt ihr ihn mir geben! Seid dem Herrn treu. Wenn er nebenhinausgeht, scheltet mich dafür.
Tro. Ihr kennt nun eure Bürgen. Eures Onkels Wort und meine feste Treue.
Pan. Nun, ich geb auch mein Wort für sie. Wenn die aus unsrer Familie auch lange um sich werben lassen, so ist man doch beständig wenn man gewonnen ist. Kletten sind sie, sag ich euch: sie bleiben hängen wo man sie hinwirft.
Cres. Kühnheit kommt jetzt zu mir und macht mir Herz.
Prinz Troilus, ich liebt euch Tag und Nacht
Seit manchem öden Monat.
Tro. Und war so schwer mein Mädchen zu gewinnen?
Cres. Schien schwer gewonnen – doch ich war gewonnen
Beim ersten Blick der jemals – Herr, verzeiht,
Ihr werdet grausam, wenn ich viel gesteh.
Ich lieb euch jetzt: doch nicht, bis jetzt, so sehr
Dass ichs nicht meisterte. Fürwahr, ich lüge –
Gedanken wurden mir wie wilde Kinder:
Zu störrisch für die Mutter. Toren wir!
Warum hab ich geschwatzt? Wer bleibt uns treu,
Wenn wir für uns so unverschwiegen sind?
Ich liebt euch sehr, doch warb ich nicht um euch,
Und dennoch, meiner Treu, wünscht ich mich Mann,
Wünscht ich uns Fraun der Männer Recht: zuerst
Zu sprechen . . . Süsser, heisst den Mund mich halten,
In diesem Taumel sag ich sonst gewiss
Das was mich reut. Seht, seht: eur Schweigen lockt
In schlauer Blödigkeit aus meiner Schwäche
Mein tiefst Geheimnis. Schliesst mir doch den Mund!
Tro. Ja, kam auch liebliche Musik daraus!
Pan. Hübsch, meiner Treu!
Cres. Mein Herr, ich bitte euch, entschuldigt mich –
Mein Sinn war nicht, um einen Kuss zu bitten.
Ich schäme mich. Gott, was hab ich getan?
Für diesmal will ich Abschied nehmen, Herr.
Tro. Schon Abschied, süsse Cressida?
Pan. Abschied! Wenn ihr Abschied nehmt vor morgen früh –
Cres. Seid ruhig, ich bitte euch.
Tro. Wer kränkt euch, Fräulein?
Cres. Mein eignes Hiersein.
Tro. Ihr könnt euch nicht entfliehn.
Cres. Lasst michs versuchen,
'ne Art von meinem Ich verweilt bei euch,
Unartig Ich, das sich verlassen will
Und Narr des fremden wird. Wo steht mein Kopf?
Ich möchte gehn. Ich weiss nicht was ich spreche.
Tro. Gar wohl weiss was er spricht wer so klug spricht.
Cres. Ich zeige, Herr, vielleicht mehr List als Liebe
Und brachte plump ein voll Geständnis vor,
Zu ködern euren Sinn. Denn seid ihr klug,
Dann liebt ihr nicht. Klug bei der Liebe sein,
Das kann kein Mensch: das steht beim Gott allein.
Tro. O dass ich glauben dürft, es könn ein Weib
(Und kann es sein, erwarte ichs von euch)
Der Liebe Licht und Lohe ewig nähren,
Die Treue wahren in Bestand und Flor,
Wenn äussre Schönheit starb, durch ein Gemüt
Das rascher sich erneut als Blut verstockt!
O könnte Zuspruch so mich überzeugen
Dass meine Lauterkeit und Treu für euch
Erwidert werde durch Gewicht und Mass
Gleich auserlesner Reinigkeit der Liebe,
Wie wär ich dann erhoben! Aber, ach,
Treu bin ich wie der Treue Einfalt ist,
Einfältiger als die Kinderzeit der Treue.
Cres. Hier ringe ich mit euch.
Tro. O fromm Gefecht,
Wenn Recht mit Recht ringt um das meiste Recht!
Ein treuer Bursch der künftig liebt bekräfte
Die Treu bei Troilus. Wenn sein Gedicht,
Voll von Beteurung, Eid und Gleichnis-prunk,
Nach Bildern sucht für Treu, der alten satt,
Als treu wie Stahl, wie das Gewächs dem Mond,
Wie Licht dem Tag, wie Täuber dem Gespons,
Wie Eisen dem Magnet, die Erd der Mitte:
Dann, nach der Treue sämtlichen Vergleichen,
Der Treu verbürgten Bürgen anzuführen,
Bekröne »treu wie Troilus« den Vers
Und weihe den Gesang!
Cres. Seher mögt ihr sein!
Wenn ich, je falsch, haarbreit von Treue lasse:
Wann Zeit ein Greis ist und sich selbst vergass,
Wann Tropfen Trojas Steine ausgehöhlt
Und blind Vergessen Städte nieder schlang,
Wann spurlos mächtige Staaten sich gelöst
In staubiges Nichts: mag doch Erinnerung
Von Falsch zu Falsch, bei Mädchen, falsch im Lieben,
Noch meine Falschheit schmähn. Ist schon gesagt
So falsch wie Luft, wie Wasser, Wind und Sand,
Wie Fuchs dem Lamm, wie Wolf dem jungen Rind,
Der Luchs dem Reh, Stiefmutter ihrem Sohn –
Ja, sage man und treff ins Herz der Falschheit:
So falsch wie Cressida!
Pan. Nur zu, der Handel ist geschlossen. Siegel drauf! Siegel drauf! Ich will der Zeuge sein. Hier halt ich eure Hand, hier die meiner Nichte: wenn ihr je einander untreu werdet, nachdem ich solche Mühe hatte euch zusammenzubringen, lasst alle kläglichen Vermittler bis an der Welt Ende meinen Namen tragen, nennt sie alle Pandarus. Lasst alle beständigen Männer Troilusse sein, alle falschen Weiber Cressidas und alle Kuppler Pandars. Sagt Amen!
Tro. Amen.
Cres. Amen.
Pan. Amen. Daraufhin will ich euch ein Zimmer zeigen . . . und das Bett, damit es von eurer artigen Begegnung nicht reden kann, drückt zu Tod! Fort! Geb Amor allen scheuen Mädchen im Kreise Bett, Stub und Pandar der es ihnen weise! Ab.
Das griechische Lager: Agamemnon, Ulysses, Diomedes, Nestor, Ajax, Menelaus, Calchas
Cal. Jetzt für den euch erwiesnen Dienst, ihr Fürsten,
Gestattet mir die Gunst der Stunde laut
Den Lohn zu fordern. Führt euch zu Gemüt
Dass ich, auf meinen Blick ins Künftige hin,
Troja verliess, mich meines Guts entschlug,
Mir des Verräters Namen zuzog, mich
Nach festem und behaglichem Besitz
Unsichrem Los preisgab, von allem schied
Was Zeit, Gewöhnung, Umgang und Beruf
Bequem gemacht und meinem Wesen lieb:
Und hier, um euch zu dienen, wurde ich
Ein Neuling in der Welt, fremd, unbekannt.
Ich bitt euch jetzt, gleichsam als Vorgeschmack,
Mir eine kleine Wohltat zu erweisen
Von jenen vielen die Verheissung buchte
Und mir noch werden sollen, wie ihr sagt.
Aga. Was willst du von uns, Trojer? Fordre nur!
Cal. Einen Trojaner, den Antenor, nahmt ihr
Gestern gefangen. Troja hält ihn hoch.
Oft habt ihr (oftmals habt ihr Dank dafür!)
Um grossen Tauschpreis Cressida gewünscht,
Die Troja stets versagt. Doch ist Antenor,
Weiss ich, solch eine Winde ihres Staats,
Dass all ihr Unternehmen stillesteht,
Wenn seine Triebkraft fehlt. Sie gäben fast
'nen Prinzen von Geblüt, aus Priams Haus,
In Tausch für ihn. Ihn sendet, grosse Fürsten,
Er löse meine Tochter – ihre Näh
Macht alle Dienste quitt die ich euch tat
Mit sehr willkommner Müh.
Aga. Diomedes bring ihn
Und hol uns Cressida. Calchas soll haben
Was er von uns verlangt . . . Mein Diomed,
Macht euch für diesen Austausch schön zurecht,
Dann bringt Bescheid ob Hector auf den Gegner
Für morgen rechnet: Ajax ist bereit.
Dio. Dies will ich übernehmen und bin stolz
Auf eine solche Bürde. Diomedes und Calchas ab
Achilles und Patroclus vor ihrem Zelt
Ulys. Achilles steht am Eingang seines Zelts.
Geht, unser Feldherr, fremd an ihm vorbei,
Als ob man ihn vergässe, und ihr Fürsten,
Werft ihm gleichgültige, lässige Blicke zu.
Zuletzt komm ich. Wahrscheinlich fragt er mich
Warum ihn solch abschätzige Augen streifen.
Dann geb ich Spott ihm ein als Arzenei
(Zur Kur für seinen Stolz und eure Kälte)
Die er zu trinken selbst verlangen soll.
Das helfe ihm. Der Stolz hat keinen Spiegel
Um sich zu schaun als Stolz. Denn Knien und Flehn
Zieht Hoffart gross und ist des Stolzen Lehn.
Aga. Wir führen euren Vorschlag aus und nehmen
Den Schein von Kälte im Vorbeigehn an.
Das tue jeder: keiner grüsse ihn,
Verächtlich höchstens, was ihn mehr empört,
Als säh man ihn nicht an. Ich geh voraus.
Ach. Wie! Kommt der Feldherr, um mit mir zu sprechen?
Ihr wisst, ich fechte nicht mehr gegen Troja.
Aga. Was sagt Achilles? Wünscht er was von uns?
Nes. Ihr möchtet etwas, Herr, vom Feldhauptmann?
Ach. Nein.
Nes. Nichts, Herr.
Aga. Um so besser. Agamemnon und Nestor ab
Ach. Guten Tag, guten Tag!
Men. Wie gehts, wie gehts? Ab.
Ach. Was, höhnt der Hahnrei mich?
Ajax. Nun, Patroclus?
Ach. Guten Morgen, Ajax!
Ajax. He?
Ach. Guten Morgen.
Ajax. Ja, und guten Übermorgen auch. Ab.
Ach. Was will das Volk? Sie kennen nicht Achill?
Pat. Sie gehen fremd vorbei, sonst grüssten sie,
Sie lächelten von weitem dem Achill
Und kamen schüchtern, wie sie sonst gekrochen
Zu heiligen Altären.
Ach. Was, bin ich plötzlich arm?
Gewiss: wenn Grösse mit dem Glück zerfällt,
Zerfällt sie auch mit Menschen. Der Gestürzte
Liest was er ist so schnell in Andrer Aug
Als selbst den Fall er fühlt. Menschen, wie Schmetterlinge,
Zeigen die sammtnen Flügel nur dem Sommer,
Und nicht ein Mensch empfängt, bloss als ein Mensch,
Die Ehre – höchstens Ehre für die Ehren
Die ausser ihm sind: Reichtum, Rang und Gunst,
So oft der Schickung Gaben als Verdienst.
Wenn diese fallen – sie sind schwanke Stützen,
Und Liebe die dran lehnt ist auch nur schwank –
Reisst eins das andre mit sich, und sie sterben
Vereint im Fall. Doch so ists nicht mit mir.
Das Glück und ich sind Freunde: ich geniesse
Im reichsten Masse mein gesamtes Gut
Bis auf die Blicke dieser, die, wie's scheint,
An mir was sehn, unwert der hohen Achtung
Die sie mir oft gewährt . . . Hier kommt Ulyss –
Ich unterbreche ihn im Lesen . . .
Nun, Ulyss?
Ulys. Nun, grosser Thetis-sohn?
Ach. Was lest ihr da?
Ulys. Ein wunderlicher Bursch
Hier schreibt: Der Mensch, wie stattlich auch begabt,
Wie reich an Habe draussen oder drin,
Darf sich zu haben was er hat nicht rühmen
Und fühlt sein Eigen nur durch Widerschein,
So dass auf andre strahlend seine Kraft
Sie wärmt und deren Wärme wiederum
Zum ersten Spender kehrt.
Ach. Ulyss, kein Wunder:
Die Schönheit seines eignen Angesichts
Kennt nicht der Eigner: sie empfiehlt sich nur
Dem Aug der andern . . . und das Auge selbst,
Der geistig reinste Sinn, sieht nicht sich selbst,
Da es von sich nicht wegtritt. Auge gegen Auge:
So grüsst der andre nur des andren Bild.
Denn die Beschauung kehrt bei sich erst ein,
Wenn sie gereist ist und sich dort gespiegelt
Wo sie sich sehen kann. Das ist kein Wunder.
Ulys. Ich steife mich auf die Behauptung nicht –
Sie ist bekannt – nur auf des Schreibers Zweck:
Der zeigt nachdrücklich in der Ausführung,
Niemand sei irgendeines Dinges Herr,
Wieviel auch in und an ihm davon west,
Bis er sein Eigen andren mitgeteilt.
Auch werd ers als ein Etwas nicht gewahr,
Bis er es abgebildet sieht im Beifall
Der es erhebt – wie ein Gewölb den Ruf
Zurückdröhnt oder wie ein Tor von Stahl
Im Sonnen-schein ihr Antlitz und ihr Feuer
Empfängt und rückgibt . . . Ich war hier vertieft,
Da stand mit einem Mal vor meinem Sinn
Der ungekannte Ajax.
Gott, welch ein Mensch ist das! Ein wahres Pferd,
Der was er hat nicht weiss! Natur, was gibts für Dinge,
Geringen Rufs und kostbar im Gebrauch,
Und Dinge wieder, kostbar in der Schätzung
Und arm an Wert! Nun wird man sehn wie morgen –
Ein Werk zu dem er bloss durch Zufall kam –
Ajax berühmt wird . . . Gott, was mancher leistet,
Wenn andre nichts mehr leisten!
Wie mancher schleicht ins Schloss des launischen Glücks,
Und mancher den es vorlässt spielt den Narrn!
Wie mancher zehrt von eines andren Stolz,
Dieweil der Stolz in seinem Leichtsinn fastet!
Seht diese griechischen Herrn! Ja, jetzt schon klopfen
Sie diesem Lümmel Ajax auf die Schulter,
Als sei sein Fuss auf Hectors tapfrer Brust,
Als bebe schon die grosse Troja.
Ach. Ich glaub es wohl: sie liessen ja mich stehn
Wie Geizige den Bettler: keiner gab mir
Gut Wort noch Blick. So denkt man meiner Taten!
Ulys. Die Zeit trägt auf dem Rücken einen Sack,
Herr, voll von Gaben für Vergessenheit,
Ein Ungeheuer, riesengross durch Undank.
Die Brocken, frühere Wohltat, sind verschluckt
Sobald gereicht, vergessen wenn gehabt.
Beharrlichkeit, mein teurer Herr, erhält
Die Ehre blank. »Man tat« das heisst: man hängt
Ganz ausser Mode, eine rostige Brünne,
Als stattliches Gespött. Schafft was die Stunde heischt:
Denn Ehre wandert in so enger Schlucht,
Wo eins nur Raum hat. Darum füllt den Weg!
Denn tausend Söhne hat die Eifersucht,
Und einer drängt den andren: macht ihr Platz,
Drückt euch beiseit vom richtigen Gradaus:
Bricht alles nach, gleich eingeströmter Flut,
Und lässt euch hinten . . .
Ja, wie ein stolzes Ross fiel in der Front,
Liegt ihr als Pflaster das der niedre Tross
Durchrennt und stampft. Ihr gegenwärtig Tun –
Auch kleinres als eur einstiges – schlägt das eure.
Denn Zeit ist wie ein Wirt nach heutigem Brauch:
Er schüttelt flau dem Scheidenden die Hand
Und packt im Flug fast, weit die Arme auf,
Den Gast der ankommt. Willkomm lächelt stets,
Und Lebewohl geht seufzend. O lasst Tugend nicht
Belohnung suchen für das was sie war!
Denn alles, Schönheit, Geist
Geburt, gesunder Bau, Verdienst durch Dienst,
Zuneigung, Liebe, Freundschaft, ist der Sklav
Der neidigen und lästersüchtigen Zeit.
Ein Wesenszug macht alle Welt verwandt:
Sie all einstimmig preisen frischen Putz,
Wär er auch Stoff und Stück vergangnen Zeugs,
Und leihn dem Staub ein wenig übergoldet
Mehr Lob als überstäubtem Gold.
Das nahe Aug preist nahen Gegenstand.
So staune nicht, du grosser, völliger Mann,
Wie alle Griechen jetzt dem Ajax weihn!
Denn das Bewegte fesselt mehr den Blick
Als was stillsteht. Einst scholl der Ruf zu dir
Und könnt es noch und kann es wiederum,
Wenn du nicht selbst lebendig dich begräbst
Und deinen Ruhm verwahrst in deinem Zelt,
Du der erst jüngst im Feld so Grosses tat,
Dass strittiger Eifer selbst die Götter fasste
Und Mars Partei ergriff.
Ach. Für dies mein Stillsein
Hab ich gewichtige Gründe.
Ulys. Doch gegen euer Stillsein
Gibts Gründe mächtiger und heldischer . . .
Es ist bekannt, Achill: ihr seid verliebt
In eine Tochter Priams.
Ach. Ha, bekannt?
Ulys. Ist das ein Wunder?
Die Vorsehung in einem wachen Staat
Kennt beinah jedes Korn von Plutus' Gold,
Kommt auf den Grund der unmessbaren Tiefe
Und deckt fast göttergleich Gedanken auf
In ihrer stummen Wiege.
Es waltet ein Geheimnis, dem Gered
Nie nahen durfte, in des Staates Seele,
Dem eine Wirkung eignet, göttlicher
Als Atem oder Feder Ausdruck leiht.
All der Verkehr den ihr mit Troja pflogt
Ist ganz der unsre wie der eure, Herr . . .
Und sehr viel besser stand es dem Achill
Hector zu fällen statt Polyxena.
Jung Pyrrhus muss sich grämen jetzt zu Haus,
Wenn das Gerücht die Inseln durch posaunt
Und alle Griechenmädchen hüpfend singen:
»Des grossen Hector Schwester fing Achill,
Doch ihn schlug unser grosser Ajax kühn.«
Lebt wohl, mein Fürst! Ein Freund ists der dies sprach.
Der Narr schlüpft übers Eis, wo's euch zerbrach. Ab.
Pat. Zu diesem Zweck, Achill, drang ich in euch.
Kein Weib das unverschämt und männisch ward
Ist widriger als ein verweibter Mann
Zur Zeit des Handelns. Mir gibt man die Schuld:
Man denkt, mein kleiner Eifer für den Krieg
Und eure grosse Liebe zu mir hemmt euch.
Auf, Teurer! und der schwache Fant Kupido
Lös euren Hals aus seinem Buhler-griff . . .
Wie Tropfen Tau aus einer Löwenmähne
So schnickt ihn in die Luft!
Ach. Ficht Ajax gegen Hector?
Pat. Ja, und erlangt vielleicht viel Ruhm durch ihn.
Ach. Mein Name, seh ich ein, steht auf dem Spiel,
Mein Ruhm klafft ganz gehörig.
Pat. Dann habt acht!
Schlecht heilt die Wunde die man selbst sich schlägt.
Verfehlung dessen was notwendig ist
Macht zur Empfehlung uns für die Gefahr,
Und die Gefahr trifft, schleichend wie ein Fieber,
Grad den der müssig in der Sonne sitzt.
Ach. Geh, rufe mir Thersites, mein Patroclus!
Ich schick den Narrn zu Ajax mit der Bitte
Dass er die Trojer einlädt nach dem Kampf
Entwaffnet hier zu sein. Ich hab ein Weibsgelüst,
Ein Hungern das fast krank mich macht: ich will
Den Helden Hector schaun im Friedenskleid,
Will mit ihm reden, ihm ins Antlitz blicken,
Bis ich mich satt gesehn . . . Gesparte Müh!
Thersites tritt auf
Ther. Ein Wunder!
Ach. Was?
Ther. Ajax geht auf und ab im Feld und sucht sich selbst.
Ach. Wieso?
Ther. Er muss morgen im Einzelkampf mit Hector fechten und ist so prophetenmässig stolz auf eine heldenmässige Prügelei, dass er phantasiert ohne Worte zu machen.
Ach. Wie kann das sein?
Ther. Nun, er stolziert auf und ab wie ein Pfau: ein Schritt, ein Halt . . . sinniert wie eine Wirtin die keine Rechentafel hat ausser ihrem Hirn, um die Zeche zu bestimmen . . . beisst seine Lippen mit einem staatsklugen Blick, als wolle er sagen, es wäre schon Witz in seinem Kopf – wenn er nur herauskönnte . . . und so ists . . . aber er liegt so kalt in ihm wie Feuer in einem Kiesel das nicht herauskommt, wenn man ihn nicht schlägt. Der Mann ist für immer verloren: denn wenn ihm Hector nicht im Kampf den Hals bricht, so bricht er ihn selbst vor Hochmut. Er kennt mich nicht. Ich sagte »Guten Morgen, Ajax« und er erwidert »Dank, Agamemnon«. Was denkt ihr von einem Mann der mich für den Feldherrn hält? Er ist ein wahrer Landfisch geworden, sprachlos, ein Untier. Die Pest auf Meinungen! man kann sie auf beiden Seiten tragen wie ein Lederwams.
Ach. Du musst mein Gesandter zu ihm sein, Thersites.
Ther. Wer, ich? Nun, er wird niemandem antworten. Antworten ist nicht sein Beruf. Sprechen ist für Bettler. Er trägt die Zunge im Arm. Ich will seine Haltung annehmen: lasst Patroclus seine Frage an mich richten, und ihr sollt das Schauspiel des Ajax sehn.
Ach. Geh zu ihm, Patroclus, sag ihm, ich ersuche untertänigst den tapfern Ajax den höchst mutigen Hector einzuladen zu einem Besuch ohne Waffen in meinem Zelt und für seine Person sicheres Geleit zu erlangen von dem grossmächtigen und hochherrlichen, sechs- oder siebenmal-gepriesenen Oberfeldherrn des griechischen Heeres, Agamemnon, und so weiter. Tu das.
Pat. Zeus segne den grossen Ajax!
Ther. Hum!
Pat. Ich komme von dem würdigen Achilles . . .
Ther. Hä?
Pat. Der euch untertänigst ersucht Hector in sein Zelt einzuladen
Ther. Hum?
Pat. Und sicheres Geleit von Agamemnon zu erlangen.
Ther. Agamemnon?
Pat. Ja, Herr.
Ther. Hä?
Pat. Was meint ihr dazu?
Ther. Gott sei mit euch, von ganzem Herzen!
Pat. Eure Antwort, Herr?
Ther. Wenn morgen schön Wetter ist, wirds um elf auf die eine oder die andre Weise gehn. Wie dem auch sei, er soll für mich zahlen, eh er mich kriegt.
Pat. Eure Antwort, Herr!
Ther. Lebt wohl, von ganzem Herzen!
Ach. Wie, er ist doch nicht in dieser Stimmung, nicht wahr?
Ther. Nein, aber er ist so aus der Stimmung. Was für Musik in ihm sein wird, wenn Hector ihm das Gehirn herausgeschlagen hat, weiss ich nicht: aber ich bin sicher, keine – der Geiger Apollo müsste denn seine Sehnen nehmen, um Darmsaiten daraus zu machen.
Ach. Komm, du sollst ihm gleich einen Brief bringen.
Ther. Lasst mich einen andren seinem Pferd bringen, denn dies ist das begabtere Geschöpf.
Ach. Mein Geist ist trüb wie ein durchwühlter Quell, Ich schaue selber nicht auf seinen Grund.
Achilles und Patroclus ab
Ther. Ich wollte, der Quell eures Geistes wäre wieder klar, dass ich einen Esel daraus tränken könnte. Ich wäre lieber eine Schafszecke als solch tapfrer Unsinn. Ab.