Charles Sealsfield
Nathan der Squatter
Charles Sealsfield

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3.

»Nachdem wir so beschlossen hatten, unser Recht mit unserem besten Blut und unseren besten Kräften zu verteidigen, machten wir auch Anstalt zu dieser Verteidigung.

Und fällten Bäume, meistenteils junge Zypressen, und schleppten sie hinüber, und hauten sie zu, und dann zogen wir sie mit Stricken herauf, und blockten sie auf, ganz wie Ihr seht – ein Viereck, vierzig Fuß lang, bei vierzig breit, und in die Mitte stellten wir einen Kamin. – War aber das noch nicht alles.

Asa ließ uns Palisaden schlagen und spitz zuhauen, und Löcher in den Wall graben, und sie in diese einrammeln und sie verbinden mit Zweigen, so daß sie nicht leicht ausgerissen werden konnten – und nachdem wir das Blockhaus aufgeblockt, errichteten wir, wie gesagt, die Staketen, und nachdem wir mit diesen fertig, deckten wir das Blockhaus.

Nachdem die Schindeln von Schwarzkiefern, die Jonas und Righteous eine halbe Meile von hier fällten, und spalteten, und dann auf einem Schlitten herüberschleiften. – War sehr gefehlt, das – denn Schwarzkiefern brennen Euch, wenn sie ein paar Tage in der Luft ausgetrocknet sind, wie Zunder weg, war uns aber die Zeit zu kurz, festeres Holz zu nehmen. Hatten bloß sechs und sieben Fuß dicke Zypressen, und die lassen sich nicht so leicht spalten – so mußten wir zu den verteufelten Schwarzkiefern greifen, die uns aber in eine heillose Klemme brachten, wie Ihr zu seiner Zeit hören werdet.

Hatten also das Blockhaus aufgerichtet, und die Dachbalken darüber, und belegten diese mit den Dachdauben, und nagelten und hämmerten das Ganze zusammen, und auch den Kamin, so daß unsere Weiber zur Not kochen konnten, und füllten die Whisky- und Mehlfässer, und Geschirr, soviel als vorrätig, mit Wasser, und brachten unsere Gerätschaften und Schinken, Pflüge und Mehl, Welschkorn und alles und alles herein ins Blockhaus, und waren schier Tag und Nacht beschäftigt, ohne daran zu denken, daß uns die heillosen Schindeln von Schwarzkiefern in eine so verdammte Teufelei bringen würden.

Wir kalkulierten, daß die spanischen Musketiere vor einem Monat oder auch zweien nicht kommen würden, denn wir wußten so ziemlich genau die Stärke der Besatzung des Forts von Natchitoches, betrug beiläufig zweihundert Mann, und alle konnte sie der Kommandant nicht gegen uns schicken, kalkulierten wir, und ehe er Verstärkung von den Forts am Mississippi oder von New Orleans herausbringen konnte, mußten wenigstens acht Wochen verlaufen, kalkulierten wir.

Wir eilten also, das Blockhaus fix und fertig zu machen, was die Hauptsache war, und die Palisaden dazu zuzuspitzen und einzugraben, alles, wie Asa es haben wollte, und stellten alles, so wie Ihr es hier seht, fünf Schritte vom Blockhause, so daß ein Zwischenraum war, in dem wir uns frei bewegen konnten, und die Palisaden zuerst genommen werden mußten, ehe sie dem Blockhause etwas anhaben konnten. Und nahm uns das Ganze vier Wochen.

Und nach vier Wochen waren Blockhaus und Palisaden in Ordnung, und unsere Weiber schafften die Vorräte, die wir in Baton Rouge eingehandelt, ins Blockhaus und ließen nur das nötigste in den Häusern, und war uns um vieles wohler und weit fröhlicher bei dem Gedanken, daß unser Blockhaus in Ordnung, und wir in der Verfassung zur Behauptung. – Nur Asa blieb schwermütig betrachtete das Blockhaus oft, und sagte: Wird ein blutiges Blockhaus in kurzer Zeit werden, und sage Euch, daß einer ein blutiges Grab finden wird, und wer es ist, weiß ich am besten.

Sage ihm: Stille, Asa! Was sind das da für Reden? Wozu uns das Herz schwermachen? Brauchen leichte Herzen, Asa.

Und schien Asa wieder heiter, und ging wieder ruhig an die Arbeit, die wir ausgesetzt hatten, aber da wir nicht immer die Gäule brauchten, so patrouillierte abwechselnd einer um den andern so zehn Meilen vorwärts und rückwärts, um zu sehen, ob die ungebetenen Gäste noch nicht uns zu besuchen kämen. Auch bei Nachtzeit waren wir auf unserer Hut, und jede Nacht hatten zwei abwechselnd die Wache, die auf und ab patrouillieren mußten. Und wie wir eines Morgens im Busch arbeiten und Bäume ringeln, kommt Righteous dahergesprengt.

Sie kommen, ihrer wenigstens hundert, schreit er.

Jetzt gilt es, sagt Asa so gelassen, als ob er seine Rifle auf einen Hirschbock anlegte – jetzt gilt es. Sind sie noch weit weg?

Sie kommen gerade auf die Prärie zu, in einer halben Stunde mögen sie da sein, sagt Righteous.

Wie kommen sie? Vorhut, Nachhut? Wie stark mögen sie sein?

Nichts von alledem. Marschieren in einem Haufen. Mögen ihrer wohl einhundert sein, sagt Righteous.

Dann haben wir gewonnenes Spiel – verstehen nichts vom Militärwesen, wissen nichts vom Buschkrieg. Jetzt fort mit euch Weibern, fort!, schreit Asa. Fort, laßt alles liegen und stehen, und fort, wir folgen, und decken euch den Rücken, zwei voraus, um zu sehen, ob sie unser Versteck nicht ausgewittert.

Righteous galoppiert sogleich, wie er war, dem Blockhause zu, um, falls sie es ausgewittert, vor ihnen da zu sein; war aber keine Gefahr – ahnten nicht mehr vom Blockhause, als unsere wilden Truthühner.

Und nahmen noch die Weiber das Rumpelzeug, das zurückgeblieben war, mit; viel gab es nicht, denn Hinterwäldler, wie ihr wißt, befassen sich nicht damit, ganze Schiffsladungen unnützen Zeuges mitzuschleppen. Nahmen aber, was noch da war, und marschierten ab, und zogen uns am Rande dieses Waldes unserer Zitadelle zu, in der Righteous bereits war. Er hatte die verborgene Pfostentür geöffnet und die Staffelleiter herabgelassen, die wir hinaufstiegen, nachdem wir unsere Gäule gegen den Sumpf zugetrieben, und ihnen die Füße eingehenselt, auf daß sie sich nicht verliefen, und zogen dann die Leiter nach und rammelten die Pfostentür zu, und da waren wir.

War uns doch ein wenig sonderbar zumute, als wir eingeschlossen zwischen den Palisaden, und nur durch Ritzen, so groß, daß Ihr Eure Rifle durchstecken konntet, schauen konnten, was draußen vorgeht. Wurde uns schier bange, waren das Eingeschlossensein nicht gewohnt.

Wurden so still, mausestill, und verlief uns eine Minute nach der andern, und war höchstens ein Gewisper zu hören. Rachel zerschnitt alte Hemden, und strich Fett auf die Stücke, und zerschnitt sie zu Kugelhülsen, wir setzten frische Steine an unsere Rifles, und putzten sie fix und fertig, und die Weiber schliffen die Aexte und Waidmesser, alles in der Stille.

War uns so eine ganze Stunde vergangen, hörten endlich Lärmen und Geschrei, und auch Musketenschüsse, und sahen endlich durch die Ritzen die spanischen Musketiere, wie sie auf dem Kamm, auf dem unsere Häuser standen, die wir aber nicht sehen konnten, hin und her liefen.

Aber auf einmal wurden wir Euch alle doch so bleich.

Stieg zuerst eine Rauchsäule auf, dann eine zweite, eine dritte. Gott gnade uns, sagt Rachel, die Mordbrenner haben unsere Häuser in Brand gesteckt.

Und wir zitterten alle vor Wut. Hört! Wenn Ihr Euch so vier bis fünf Monate abgeschunden habt, ärger als das unvernünftige Vieh, und Euch für Eure Weiber und die armen Würmer, die sie getragen, eine Blockhütte zusammengebaut, und ein höllischer Feind kommt, und brennt sie weg, als wären es Stoppeln in einem Welschkornfeld, hört, da müßtet Ihr keine Menschennatur mehr haben wenn Euch da nicht die Zähne klapperten und sich die Fäuste ballten. Und klapperten uns die Zähne, standen aber still, die Wut ließ uns nicht reden.

Und wie wir so schauten und starrten, kommt es auf einmal ganz schwarz und blau da herein zwischen den beiden Waldesrändern.

Dabei deutete der Alte auf die Perspektive, die sich in den Strahlen des Mondes wie eine Bucht zwischen zwei Vorgebirgen in die weite Präriesee hinaus öffnete.

»Und kamen die Spanier«, fuhr der Alte fort, »wohl an die hundert, herangesprungen.

War Mittagszeit – wir zählten sie, konnten aber anfangs nicht recht ins reine kommen, denn sie schwärmten ab und zu, wie wilde Tauben, mußten gar zu wenig von uns denken, sonst hätten sie sich klüger benommen; aber als sie auf fünfhundert Schritte herangekommen, ordneten sie sich einigermaßen in Reih und Glied, und wir zählten zweiundachtzig Mann mit Musketen und Karabinern und drei ohne – die entblößte Degen in der Hand hatten, und zu Pferde saßen, von denen sie aber jetzt abstiegen.

Und waren noch sieben andere zu Pferde die gleichfalls abstiegen und ihre Gäule anbanden, erkannten unter ihnen drei der verräterischen Kreolen, die uns in die Klemme gebracht, und den einen, den sie Groupier nannten.

Die anderen waren sogenannte Akadier oder Kanadier, mit deren Landsleuten wir bereits am oberen Mississippi Bekanntschaft gemacht. Sind tüchtige Jäger, diese Akadier, aber verwilderte, liederliche, versoffene Barbaren.

Und es waren diese Akadier, die den spanischen Musketieren den Weg zu unserem Blockhause zuerst gezeigt, denn die Spanier stellten sich so dämlich an, daß sie wohl ein paar Stunden wie weiße Nachteulen bei hellem lichten Tag herumgepußt hätten, ehe sie ausgefunden, wo wir hingeraten.

Und kamen endlich die Akadier, wie gesagt, zuerst, und erhoben ein lautes Geschrei, als sie das Blockhaus und die Palisaden sahen, und stutzten, wie sie merkten, daß wir zu ihrem Empfang gerüstet, und traten zu dem Hauptkorps.

Dort rapportierten sie den Offizieren, die sie zwar anhörten, aber die Köpfe schüttelten, und dann setzte sich der ganze Trupp in Bewegung.

Jetzt gilt es, raunte uns Asa zu, als sie blau und weiß und braun und in allen Farben, einer aber schmutziger als der andere, herankamen.

Sie marschierten jetzt in besserer Ordnung, der Kapitän in der Front, an den Flanken die Akadier, die sich aber näher an die Kottonbäume hielten, und bald ganz hinter diesen verschwanden.

Als Asa dies sah, raunte er mir zu: diese wären eigentlich die gefährlichsten, von wegen ihrer schußfertigen Hand und ihres scharfen Auges – auf diese müßten wir es vorzüglich anlegen. Die übrigen verständen nichts vom Buschkrieg, sagte er, mit denen würden wir wohl fertig werden.

Die Spanier marschierten und kamen näher, waren nur noch einhundert Schritt vom Blockhaus, und gerade zum Schusse! Da fragt Righteous: Sollen wir knallen lassen gegen die Mordbrenner ...?

Gott behüte!, sagt Asa, uns geziemt das nicht; wollen uns wie Männer verteidigen, aber warten, bis sie uns angreifen, dann kommt ihr Blut über sie; und fallen wir, so fallen wir im Kampf für unser Leben und unserer Weiber Leben; wollen aber auf dem Rechtsgrund stehenbleiben.

Und als nun die Spanier bis auf hundert Schritt vom Blockhause herangekommen, und deutlich sahen, daß sie erst die Palisaden nehmen müßten, um zu uns zu gelangen, hielten und besprachen sich die Offiziere.

Asa rief ihnen ein Halt zu.

Und rief der Kapitän wieder ein Messieurs entgegen.

Was gibt es? fragte Asa durch die Palisadenritze.

Und steckte der Kapitän ein schmutziges Sacktuch auf die Spitze seines Degens, während er lachend zu seinen Offizieren sprach, und trat dann etwa zwanzig Schritt vor – hinter ihm drein seine Leute.

Und rief abermals Asa aus der Palisade Halt heraus. Das ist nicht Kriegsgebrauch, rief er; der Parlamentär mag kommen, aber so seine Mannschaft folgt, geben wir Feuer.

Müßt wissen, die Spanier, die doch sonst wohl hinter den Wällen und Bäumen zu fechten wissen, standen alle in einem Klumpen. Mußten verdammt wenig von unseren Rifles halten, oder schier die Notion haben, daß wir es gar nicht wagen würden, uns um unsere Haut zu wehren, sonst wären sie klüger gewesen, und hätten es wie die Akadier gemacht, die sich hinter den dicken Kottonbäumen hielten; riefen auch diese dem Kapitän zu, er solle sich in den Wald ziehen, aber schüttelte verächtlich den Kopf.

Wie er aber Asa nochmals Halt rufen hört, und schreien, daß er Feuer gebe, wurde ihm doch ein wenig Angst, sahen es, und mochte wohl die Notion haben, daß unsere Kugeln ihn nicht fehlen würden.

Und schrie er Halt, und schießt nicht, bis ich euch eröffnet habe.

Dann macht es kurz, schrie Asa zurück. Wenn ihr etwas zu eröffnen hattet, dann solltet ihr es, wenn ihr Kriegsgebrauch versteht, vor Eröffnung der Feindseligkeiten getan, nicht aber wie Mordbrenner unsere Häuser niedergebrannt haben.

Wahrend Asa so sprach, knallten drei Schüsse hintereinander aus dem Wald herüber.

Waren die Kreolen, die zwar Asa nicht sehen konnten, aber wohl durch die Ritzen der Palisaden einen seiner Knöpfe oder die Rifle blinken sahen, und in dieser Richtung und der Stimme nach anlegten und krachen ließen.

Und sprangen die beiden Verräter ebenso schnell wieder hinter den Raum, und lugten vor, um zu hören, ob nicht ein Wimmern ausbräche. Sah sie aber Righteous und ich ihre verräterischen Köpfe vorstrecken, und ließen wir zusammen krachen, und im nächsten Augenblick taumelten sie nieder, um nicht mehr aufzustehen. Waren zwei der Kreolen, mit denen wir den Pferdehandel hatten, einer davon der Verräter, Groupier genannt.

Und wie die Musketiere die Schüsse hören denn sehen konnten sie nichts wegen der vorspringenden Waldesecke, lief der Offizier über Hals und Kopf zurück und schrie: Vorwärts zum Angriff! Und die Spanier sprangen und liefen wie närrisch etwa dreißig Schritte vorwärts, und als glaubten sie, wir seien wilde Gänse, die sich vom bloßen Büchsenknall vertreiben lassen, schossen sie ihre Musketen auf das Blockhaus los.

Jetzt ist die Zeit, sprach Asa – sie wollen es nicht besser. Habt Ihr geladen, Nathan und Righteous? Ich nehme den Kapitän, du Nathan, den Leutnant, Righteous den dritten Offizier, James den Sergeanten. Versteht Ihr, daß nicht zwei einen nehmen, dürfen unsere Kugeln nicht umsonst verschießen.

Und waren die Spanier noch sechzig Schritte entfernt, aber wir waren auf hundertundsechzig unseres Schusses gewiß, und wenn sie Eichhörnchen gewesen wären, und ließen krachen, und jeder Schuß nahm seinen Mann, – Und der Kapitän und Leutnants und der dritte Offizier und die beiden Sergeanten, und noch einer lagen da und krümmten sich, bald hatten sie ausgekrümmt.

Unter den achtzig Musketieren, oder wie viele ihrer waren entstand ein totaler Wirrwarr die einen liefen hin die andern her; die meisten liefen dem Wald zu; aber ein Dutzend oder auch mehr blieben und hoben den Kapitän und ihre Offiziere auf, um zu sehen, ob noch Leben in ihnen wäre.

Wir aber nicht träge, und ohne erst auf Asa zu hören, der uns zuraunte frisch zu laden, hatten schnell die Kugeln in unseren Büchsen, und liefen abermals krachen, und fielen abermals sechs. – Jetzt ließen, die noch standgehalten hatten, alles liegen, wie es fiel und lag, und liefen, als ob ihnen die Schuhsohlen brennten.

Wir aber putzten so schnell, als es ging, unsere Rifles, wohl wissend, daß mir es später nicht mehr würden tun können, und daß ein einziger versagender Schuß uns alle verderben könne.

Waren zwar die Offiziere gefallen, aber von den Akadiern waren noch fünf am Leben, und diese gerade am meisten zu fürchten. Die Turkey buzzards hatten sich bereits gesammelt, und kamen immer mehrere und mehrere. Zu Hunderten kamen sie angeflogen, uns umkreisend und die Gefallenen.

Und wie wir so auf der Lauer stehen, auf allen Ecken hinaus in den Wald lugend, winkt mir Rightheous, der ein prächtiges Auge hat, und deutet da hinunter auf die Waldesecke, wo sich das Unterholz anschließt.

Und ich winke Asa, der gerade geladen, und wir schauen und sahen deutlich, daß zwei Akadier voran waren, und zwanzig Musketiere hinterdrein oder mehr.

Nimm du, Nathan, sagt Asa, und du, Rightheous, die Akadier, wir nehmen die Musketiere, wie sie herankriechen, der Reihe nach.

So nahmen wir sie, und ließen krachen, und die zwei Akadier mit vier Musketieren krümmten sich und blieben liegen, aber einer der Akadier, den wir übersehen hatten, sprang auf und schrie: Mir nach, haben ausgeschossen; ehe sie geladen, sind wir im Wald. Wollen es doch noch haben, das Blockhaus.

Und sprang der Akadier auf, und die anderen hinterdrein, und ehe wir geladen hatten, waren sie im Wald drüben. Wir knirschten vor Wut, daß uns der Akadier entgangen.

Merkten bald, daß noch drei Akadier oder Kreolen, was sie waren, übriggeblieben, denn sie übernahmen nun den Befehl über die Soldaten, die einsehen gelernt hatten, daß ihre Offiziere nichts vom Buschkrieg verstanden. Unsere Lage war nicht um vieles besser, als gleich anfangs, wie sie noch alle beisammen waren; kamen ihrer noch immer zehn auf einen von uns. Aber uns war der Mut nicht gesunken, ganz und gar nicht. Nur hatten mir jetzt schwereres Spiel, weil wir unsere Aufmerksamkeit und Kräfte teilen mußten und der Feind gewitzigt war.

Und hatten wir bald darauf alle Hände voll zu tun, und es war hohe Zeit, die Augen offen zu behalten, denn wo sich nur einer von uns an einer Ritze zeigte – die Kugeln hatten Späne aus den Palisaden gerissen und Löcher gemacht –, da knackten Schüsse lustig darauf los.

Hatten zwar einige Male Gelegenheit, unsere Büchsen knallen zu lassen, und vier oder fünf Musketiere mußten nieder, aber wurde uns die Zeit schier lang.

Und hatten die Spanier sich, merkt Ihr, auf beiden Seiten des Waldes geteilt, und schossen herüber, und achteten, mir nicht viel darauf – gaben uns aber auf einmal ein lautes Hurra.

Hatten verdammtes Werg zu ihren Ladungen genommen, und einer ihrer Schüsse gezündet – wir merkten es nicht sogleich, aber begann zu knistern und zu prasseln im Dach, in den Schwarzkiefer-Schindeln.

Und wie die Spanier das sehen, geben sie ein dreimaliges Hurra, und dann hielten sie sich abermals still.

Wir aber schauen hinauf auf das Dach, konnten bereits das Flämmchen sehen, das immer leckender den Dachstuhl zu ergreifen drohte, und die Spanier hörten wir wieder mehr und mehr jubeln, und sagte Asa:

Dem Ding muß ein Ende gemacht werden, sonst braten wir hier wie Hirschkeulen zusammen; muß einer hinauf in den Kamin, mit einem Kübel Wasser – will selbst hinauf.

Ist jetzt, wie ihr seht, das Blockhaus leer«, sprach der Alte, »war aber damals voll von uns und unserer Rumpelkammer. Asa nahm einen Tisch, und stellte darauf einen Stuhl, und Rachel reicht ihm den Kübel mit Wasser, und er zieht sich an den Haken, die wir in den Kamin eingeschlagen, und darauf unsere Hirschschinken gehängt, hinauf, und zieht dann den Kübel nach.

Und wurden auch die Spanier immer toller, und ihr Geschrei immer ärger, war hohe Zeit, dem Feuer Einhalt zu tun.

Und hatte Asa nun den Kübel hinaufgezogen, und schüttete den Kübel Wasser aus, und Righteous sagt: Mehr links, Asa, mehr links frißt die Flamme am stärksten.

Und wir reichen ihm den zweiten Kübel mit Wasser, und Asa streckt den Kopf hinaus aus dem Kamin, nur um zu schauen, wo das Feuer eigentlich lecke, und dann schüttet er das Wasser drüber hin, aber in dem Augenblick knallen wohl ein Dutzend Schüsse, hatten ihn gesehen, die Spanier.

Halt!, ruft Asa mit ganz veränderter Stimme, halt, ich habe es. Laßt sie schreien und springen, die Teufel.

Und in demselben Augenblick kommen Schinken und Hirschziemer herab aus dem Kamin, und ein Gepolter, und gleich darauf Asa – ganz blutig.

Um Gottes willen, Mann, du bist erschossen.

Stille, Weib! Stille, sage ich dir, sagt Asa. Hab' genug für alle Tage meines Lebens, die kurz genug sein werden, aber wehrt euch, Jungens, und schießt ja nicht zwei auf einen, verschwendet keine Kugel, werdet sie brauchen. Versprecht mir das!

Asa, mein liebster, bester Asa, du tot, dann mag ich nicht mehr leben, ich will dir folgen, schreit Rachel.

Stille, törichtes Weib – vergiß, daß ein Asa zurückbleibt, und du einen zweiten im Leibe trägst. Stille, sage ich dir, hört die Spanier – wehrt euch, und schützt mein Weib und Kind, und Nathan sei an Vaterstelle, versprich mir das.

Hatten aber keinen Augenblick mehr Zeit, dem sterbenden Asa zu versprechen oder die Hand zu drücken, denn die Spanier, die erraten haben mußten, was vorgegangen, waren wie wütende Kobolde auf unsere Palisaden losgesprungen.

Wohl etwa zwanzig kamen von jener, etwa dreißig und drüber von dieser Seite.

Und ruhig!, schrei ich, ruhig! Du, Righteous, her zu mir, und Rachel, jetzt kannst du zeigen, daß du Asas Weib bist, du ladest Asas Rifle, sowie ich abgeschossen.

Gott, o mein Gott, o mein Asa!, schreit Rachel – o mein Asa, den die Höllenhunde verräterisch erschossen.

Und sie hing an ihres Mannes Leichnam, und war nicht wegzubringen.

Ein Trupp kam, von einem der beiden übriggebliebenen Akadier angeführt, mit Flinten und Aexten auf meiner Seite heran und herauf. Ich schoß ihn nieder, gerade wie er oben war, aber ein anderer Akadier, der sechste und vorletzte, springt an seine Stelle.

Rachel, jetzt das Gewehr! Mein Gott, Rachel, die Rifle, um Gottes willen die Rifle, eine Kugel mag soviel wert sein, als das Blockhaus und unser Leben!, schrei' ich. War aber keine Rachel da, und der Akadier mit den Musketieren, die aus dem Aussetzen unseres Feuers errieten, daß wir entweder nicht geladen, oder unsere Munition verschossen, die sprangen nun wie höllische Feinde lachend heran, und einer den andern hebend, klettern sie den senkrecht aufsteigenden Rasen herauf, ein halbes Dutzend mit ihren Aexten, voran der Akadier, der tüchtig auf die Palisaden ein- und das Flechtwerk auseinanderhaut.

Waren ihrer nur drei gewesen, wie dieser Akadier, so war es um uns geschehen, denn auf der anderen Seite waren gleichfalls ein Dutzend mit dem siebenten dieser verdammten Akadier, und von dorther also keine Hilfe möglich. Aber die Musketiere hämmerten zwar auch tüchtig darauf los, waren aber Kinderschläge; aber der Akadier, gerade wie Righteous geladen, und wieder einen niedergeschossen, reißt er die Palisade, wie, weiß ich noch zur jetzigen Stunde nicht, mußte auswärts ein Ast stehengeblieben sein, reißt sie wurz heraus, hebt sie wie einen Schild vor sich gegen mich, schleudert sie auf mich, wirft mich zurück, daß ich taumle, und springt herein. – Jetzt war es um uns geschehen. Righteous gab zwar dem nachkommenden Spanier mit seiner Rifle eins auf den Kopf, den nächsten stach er mit seinem Waidmesser nieder, aber dieser Akadier war Mann genug, uns alle in die Teufelei zu bringen; da fällt ein Schuß, der Akadier taumelt, im nächsten Augenblick springt mein zehnjähriger Bube Godsend mit Asas Rifle auf mich zu, hatte sie aufgerafft, die Rifle, wie er sah, daß Rachel es nicht tat, und sie geladen, der herzige Bube, und ihn flink niedergeschossen, den Akadier, der gloriose Bube. Und, jetzt besinne ich mich, greife nach der Axt, und diese wieder in der Hand, stürze ich mich auf die Musketiere los, und schmettere in sie hinein, in der rechten Hand die Axt, in der linken das Waidmesser. War ein wahres Metzeln, das eine gute Viertelstunde und darüber dauerte, verging ihnen endlich die Lust, und wäre ihnen früher vergangen, hätten sie gewußt, daß der Akadier gefallen, und wehrten sich wohl nur, weil sie oben waren, und sich um ihre Haut wehren mußten, und in der Verwirrung nicht wußten, wie sie wieder hinunter sollten. Sprangen aber endlich alle über den Rand hinab, und liefen, die nämlich laufen konnten, und hatten wir Ruhe auf dieser Seite.

Und springe ich mit Rightheous, um die Palisade einzusetzen, und sage meinem Buben, er soll acht haben auf die Soldaten, dann laufe ich auf die andere Seite, wo der Kampf ebenso verzweifelt vor sich ging.

Waren da drei unserer Männer und die Weiber, die mit Spießen und Pockers und Aexten mithalfen, mehrere verwundet, bluteten wie angeschossene Stiere, aber Rachel war wieder zu sich gekommen von ihrem Schmerz um Asa, und riß sie und die Weiber den Spaniern die Bajonette durch die Palisaden aus den Händen, und die Musketen dazu, und beide Teile, indem sie hin und her zerren, zerren sie die Palisaden so weit auseinander, daß die dünnleibigen Spanier, von ihren Hintermännern gedrängt, hereinkommen. Kamen gerade herbeigesprungen, als ein paar dieser olivengrünen Dons sich hereingezwängt hatten, statt ihrer Musketen nun ihre kurzen Säbel in der Hand, kürzeres Werk mit uns zu machen. Sprang einer auf mich zu, und ohne mein Waidmesser war es um mich geschehen, denn es fehlte an Raum, um die Axt zu schwingen, gab ihm aber zuerst einen Faustschlag, der ihn schier zu Boden warf, und stach ihm dann das Waidmesser in den Leib, und sprang vor, und riß Rachel eine der Musketen aus der Hand, und sie umkehrend, schlug ich so die Spanier auf die Köpfe, links und rechts, und schrie den Weibern zu, sie sollten ins Blockhaus, und uns nicht im Wege sein, und alles andere liegen und stehen lassen; den Akadier müßten wir noch haben, war der letzte – und Godsend lud meine Rifle, und die Weiber luden die andern, und während wir kämpften, stellten sich um uns herum die braven Weiber auf, und schießen in die Musketiere drein – und das wirkte.

Fielen ihrer drei oder vier, darunter, zum Glück, der Akadier. Wie sie das sehen, springen sie da hinab, und laufen, als wenn eine Granate unter sie gefahren wäre.«

Der Alte hielt inne und holte tief Atem, denn er war während der Schilderung der letzten Szenen ungemein lebendig geworden. Erst nachdem er wieder Luft geschöpft, fuhr er fort:

»Ja, diese halbe oder ganze Stunde, wie lange sie gedauert, könnte ich Euch unmöglich sagen, mir war sie kurz und lang, tödlich lang zugleich. Waren Euch doch so hunds- und todesmüde, daß wir gerade wie übertriebene Ochsen oder Kälber niederfielen, ohne aufs Blut zu achten, das so dick rann, als ob es Blut seit dem Morgen geregnet hätte.

Waren zu nichts mehr nütze, aber erfuhren jetzt, wozu unsere Weiber nütze sind. Hatten unsere Schuldigkeit getan, jetzt taten sie unsere Weiber. Kamen mit Fetzen und Bandagen, und Rachel, die etwas von der Medizin versteht, die kam mit ihren Zangen und Scheren, und zog Righteous und Bill und James die Kugeln aus dem Fleisch, dann verband sie ihre und meine Wunden. Die übrigen Weiber machten Feuer und kochten zuerst eine Suppe, denn zu etwas anderem hatten wir keinen Appetit, und schleppten uns ins Blockhaus, um nur aus der geronnenen Blutlache zu kommen, und da legten sie uns sanft auf Tillandsea-Matratzen.

Und die Weiber sagten, wir sollten nur ruhig schlafen, und sie wollten wachen. Und wachten sie abwechselnd, war aber und blieb alles still, bis auf die Geier und weißköpfigen Adler, die einen heillosen Lärm schlugen.

Wie der Tag anbrach, sagt Jonas, der am wenigsten davongetragen: Will doch hinaus, und Godsend soll mit mir, um zu sehen, ob sich noch etwas zeigt.

Und er ging mit Godsend hinaus – fand draußen an die dreißig Tote und einige tödlich und leicht Verwundete, die ihn um Gottes willen um einen Trunk Wasser baten.

Und sagt ihnen Jonas, sie sollten alles haben, müßten ihm aber sagen, ob die anderen noch da wären, oder ob sie abgezogen.

Sind abgezogen, sind fort, die Bösewichte, und haben uns zurückgelassen, die Bösewichte, fort sind sie, fort, sagen sie.

Traute aber Jonas doch dem Landfrieden nicht ganz, und rief eine der Weiber, und sagt ihr, sie möchte etwas Suppe bringen und Wasser, um den Armen einen Labetrunk zu geben.

Jonas nahm einen Kübel mit Wasser, einen mit Suppe und Löffeln und Becher, und ging, und schüttete den armen Tröpfen, die gegen uns gefochten – warum wußten sie selbst nicht – den Labetrunk ein, und sagte ihnen, sobald wir imstande wären, wollten wir sie ins Blockhaus nehmen, und verbunden sollten sie gleichfalls werden.

Was sollen wir aber mit den Toten anfangen? Die Turkey Buzzards und Getier aller Art kommen zu Tausenden, sagt Rachel, als sie wieder zurück war.

Sag' ich, Rachel, sag' ich, den Toten können wir zum Leben nicht mehr helfen, aber zu einem ehrlichen Grab, zu dem können wir ihnen verhelfen. Wohl, so geht, ihr Weiber, und ihr versteht mit Schaufeln und Grabscheiten umzugehen, und öffnet ein Grab, und Jonas wird die Toten hineinwerfen.

Und sie öffneten ein großes Grab drüben, und Jonas schleppte die Leichname zusammen.

Einunddreißig Leichen warf er hier in das Grab, über dem sich der Hügel, den eben jetzt die Mondesscheibe beleuchtet, erhebt, und vier, die in der Nacht starben, sind auf der andern Leute begraben.

Unsere trefflichen Weiber hatten den folgenden Tag alle Hände voll zu tun, um zwölf Verwundete zu pflegen, zu kochen und unsere Schmerzen zu lindern, die, kann ich Euch sagen, höllisch waren. – Und waren unter den nicht gefährlich Verwundeten zwei Akadier, die mit Schußwunden im Schulterblatt davongekommen.

Und schienen uns diese Akadier anständige Gesellen, wimmerten jämmerlich und jammerten, daß sie gezwungenerweise gegen uns mitmußten, und wollten alle Tage ihres Lebens des Guten nicht vergessen, das wir ihnen widerfahren lassen, und bedauerten, sagten sie, daß sie gegen uns gezogen.

Und wir sagten, wir bedauerten es auch, da wir aber die Bekanntschaft gemacht, so hofften wir, wir würden künftig gute Freunde bleiben, denn, sagt unser Sprichwort: Freundschaft, auf dem Schlachtfeld geschlossen, wahrt bis in den Tod.

Am dritten Tag war uns ein wenig besser. Und ich konnte mich bereits von meinem Tillandsealager erheben, obwohl mit vielen Schmerzen. Und ich rief Rachel und die Weiber, und sage zu ihnen:

Unsere Lage ist nicht die am weichsten gebettete, unsere Häuser niedergebrannt, wir niedergeworfen, daß wir nicht aufstehen können, alles um uns herum Blut und Leichname, kalkuliere, wir müssen Rat halten, was nun zu tun ist.

Kalkuliere, das ist eine schwere Lache, sagen Jonas und Righteous.

Haben aber getan, was wir tun mußten, sagte James. Kein Hinterwäldler hatte in unserer Lage braver getan.

Und was mit Asa?, sage ich.

Lag aber Asa in dem Waschkübel Rachels mit weißer Leinwand angetan, und lag in der Ecke, wo er begraben ist.

Asa!, sagt Rachel, mein geliebter Asa, und brach das Weib abermals in Tränen und Schluchzen aus. Und Asa, sagt sie, soll da ruhen, wo er gefallen ist. Seine Lagerstätte soll sein in dem Blockhause, das er selbst gebaut, dem blutigen Blockhause.

Rachel, du wirst doch nicht hier sein Grab graben wollen?, sag' ich.

Nicht jetzt, Nathan, sagt sie; für jetzt will ich unterdessen draußen ein Grab graben, aber wenn wir aus diesem Blockhause heraus sind, dann soll er hier seine Ruhestätte haben, wie sich's gehört und gebührt.

Also willst du aus dem Blockhause, Rachel?, sag' ich.

Können doch nicht drei Familien zusammen im Blockhause wohnen, wirst doch das nicht wollen?, sagt sie.

Und wohin sollen wir, Rachel?, sag' ich.

Wohin?, sagt Rachel erstaunt; wohin anders, als dahin, wo wir hergekommen.

Und sie deutete auf den Präriekamm, auf dem unsere abgebrannten Häuser standen.

Dorthin ziehen!, sage ich. Rachel vergißt, daß wir bereits einmal von dort vertrieben worden, und daß die jetzt zehnmal mehr Ursache haben, und den Weg leichter finden werden, als das erstemal auch nicht mehr bloß fünfzig oder achtzig kommen werden.

Und sage dir, Nathan, der du ein Sohn deines Vaters bist, sagte sie, daß ich diesen Ort und dieses Land, das meines Mannes Blut getränkt, nimmermehr meiden will, nicht, wenn zehntausend kämen, und willst du gehen, so gehe, ich will bleiben; Asa hat das Land mit seinem Blut errungen, und Rachel will es behaupten.

Das sind eitle Reden, Rachel, sage ich; du weißt wohl, daß wir dich nicht allein hier lassen werden, aber wenn nun die Soldaten kommen?

Das sind noch eitlere Reden, sagt Rachel, wir haben das Unglück nicht verschuldet, was gekommen ist, müssen wir ertragen, und kommen die Soldaten wieder, so helfe uns Gott, er wird helfen. Wären die Staaten einen Steinwurf weit weg, oder über dem Redriver drüben, sagt sie, möchten wir einstweilen dahin, bis eure Wunden geheilt sind, aber da dies nicht der Fall ist, so müssen wir abwarten, bis ihr wieder hergestellt seid, aber das Land verlasse ich nun und nimmermehr.

Und wir kannten Rachel vollkommen, um zu wissen, daß, was sie sagt, sie auch halten würde, war aber jetzt nichts weiter zu tun, als in Geduld unsere Heilung abzuwarten.

Nach Verlauf von vier Wochen waren mir so ziemlich wieder bei Kräften, obwohl wir weder eine Axt schwingen, noch eine Rifle halten konnten.

Nach Verlauf dieser langweiligen vier Wochen schoben und krochen mir eines Morgens aus unserem Blockhause und stiegen die Leiter herab, und unser erster Gang war natürlich zu dem Kamm, wo unsere Häuser gestanden, und wohin wir jetzt auch gehen wollen.«


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