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V.
Des Kentuckiers Reminiszenzen.

»Also nichts will sie von mir hören? – Mich nicht einmal sehen? Bei Jove! Das ist zu hart. Nun Howard, ist es nicht? Richard, was sagt Ihr dazu? Sagt mir, möchte einer da nicht aus der Haut fahren?«

Um seine Verzweiflung recht anschaulich darzustellen, nahm er einen Schluck, der ein Dritteil des Glases leerte.

»Nein, sage euch, diese Mädchen, sie treiben mit uns Männern just, was sie wollen. Sind just überall gleich. Wenn ich noch daran denke, wie sie mir, als ich noch in meines Vaters Hause am Cumberland Cumberland. Ein bedeutender Fluß des Staates Kentucky, der sich dreizehn Meilen oberhalb dem Tennessee in den Ohio ergießt. An seiner Mündung liegt das Städtchen gleichen Namens. war, mitgespielt haben. – Was sagt ihr, werdet ihr es glauben – ein Mädchen war es, die mich nach eurem v–ten Louisiana herabtrieb.« –

»Wie! Ein Mädchen?« rief Richard in komischem Erstaunen.

»Halt, Doughby! Und so Ihr nochmals unser Louisiana ein v–tes Louisiana scheltet, so habt Ihr es mit mir zu tun«, fiel ich in demselben Tone ein.

»Ich Louisiana ein v–tes Louisiana schelten!« schrie Doughby. »Wollte den sehen, der mir Louisiana schölte – wollte ihm seine Gucker zurechtsetzen, daß er das Schauen vergäße. Sollte mich freuen, einen auf Louisiana schimpfen zu hören; Jungens, sage es euch, herzlich freuen! – Schimpfen! Ja, laßt ihn kommen. Sag' euch, der Anblick unsers Louisiana tut einem wohl, zuckt einem durch alle Glieder. – Schimpfen! Wer wagt es, Louisiana zu schimpfen? Wollte ihn strecken wie eine gestreifte Schlange und just seinen Schädel wegschnappen. Sag' euch, Doughby sagt es, geht so weit als euch eure Schuhsohlen tragen; bis hinüber wo die Sonne aufgeht und darüber hinaus, werdet kein Louisiana mehr finden, sage es, und wer es nicht glaubt, den soll G–tt v–n. Ein Hurra unserem Louisiana!«

Wir stießen an.

»Sage euch aber doch, wäre nicht in dem lieben g–tt–ten Louisiana, wo es mehr mille-pieds Mille-pieds , auch centipeds genannt. Ein giftiges Insekt von der Länge eines Zolles bis zu zwei Zoll, und der Dicke eines Regenwurmes. Der Stich ist tödlich, wenn die Wunde vernachlässigt wird. und Skorpionen und Schlangen und Alligatoren und Gewürm aller Art gibt als den Leuten im alten Kentucky lieb ist, der Moskitos nicht zu gedenken – wäre nicht Peggy gewesen. Könnte euch ein ganzes Buch schreiben; ei, so könnte ich auch.«

»Das müßte schön zu lesen sein, Doughby.«

»Lacht wie ihr wollt; bin kein Blaustrümpfler, der über seinen Buchstaben hockt, hatte nicht Zeit dazu; war schon in meinem siebzehnten Jahre in den Kriegen mit dem alten Hickory Hickory. General Jackson legte bekanntlich den Grund zu seinem militärischen Kriegsruhm in den kleinen Kriegen mit den Indianern, deren Schrecken er wurde. gegen die Rothäute, wo es mehr Kugeln als Buchstaben gab. Das ist mein Mann, der alte Hickory, müssen ihn im weißen Hause haben, und wenn zwanzig Harrys und dreißig Johnnys Harrys und Johnnys. Henry Clay und John Quincy Adams, beide Rivalen von General Andrew Jackson, die, wie allgemein behauptet wird, durch gemeinschaftliches Einverständnis über die Majorität der Stimmen im Kongresse und so die Präsidentenwahl von 1825 bestimmten. koaleszieren. Das ist euch ein anderer Held als euer Ebony- und Topaz-Mann, euer Highways- und Byways- Highways- und Byways-, Ebony- und Topaz-Mann. Anspielung auf die Gewohnheit des damaligen Präsidenten John Quincy Adams, die Früchte seiner schöngeistigen Lektüre bei öffentlichen Gastmälern in Toasten aufzutischen.Mann! Ah Polly!« rief er wieder weinerlich, indem er das Glas an den Mund setzte und glücklich leerte. »Ah, Polly, hättest du mir damals nicht den Streich gespielt!«

»Welche Polly?« fragte Richard.

»Welche Polly?« fuhr Doughby auf. »Was geht Euch die Polly an? Was habt Ihr nach der zu fragen? Geht Euch nichts an, keinen Strohhalm; habt nichts nach ihr zu fragen; kenne sie, und das ist genug. Brauche keinen Dritten. – Ah, Polly, hast mir aber damals einen garstigen Streich gespielt. War einem Bären nach, der mir bereits drei Säue weggefressen und der, wenn ich ihm nicht vierzehn Tage darauf eines auf den Pelz gegeben, uns den ganzen Stall geleert hätte. Sind euch v–te Burschen diese Bären. Haben sie einmal ein Schweinskotelett gekostet, wollen sie nichts mehr anderes fressen. – Sitzen just bei unserer Abendmahlzeit, Mutter, Brüder, Schwestern und ich, kommt der alte Caji in die Stube gesprungen und schreit: Massa Ralph! Massa Ralph! Der Bär, schreit er. – Der Bär, schrei ich und schüttete darüber der Mutter glücklich den heißen Tee in den Schoß plumps hinein, daß sie laut aufschreit und beinahe Zuckungen bekommt. Ich aber über die Bank nach der Rifle, laufe, was mich die Beine tragen, hinaus und sehe nach Master Brumm, wie er über die Einzäunung setzt, aber ohne Schwein, hatte ihn der dumme Caji durch sein Geschrei vertrieben. War im Welschkornfelde, just rechts daran steht eine Scheuer, und am äußersten Ende des Feldes steigt er über die Riegel und sieht sich die Scheuer so recht bedächtig an, wendet sich dann bequem und nimmt Reißaus, wie er mich kommen sieht. Hätte in meinem Leben nicht geglaubt, daß ein Bär so springen kann. Ich ihm nach, so toll, so hitzig, daß ich Sehen und Hören darüber vergaß. War euch eine Stunde so im Dickicht, Busch und Wald auf und ab gerannt; vom Bären hatte ich wohl die Spur, aber hatte die Hunde vergessen, die mir ihn festgehalten oder auf einen Baum hinauf geklafft hätten. Am besten sind die Bastard-Bullenbeißer, die nicht streng anpacken, mehr bellen. Kurz und gut, ich war ihm nach, hatte ihn aber glücklich im Busche verloren, und war wohl fünf Meilen von Hause und kratzte mich verdrießlich hinter den Ohren; hatte, wie gesagt, die Hunde vergessen und dachte nun, wie Joe und James mich auslachen würden, und trocken war ich euch wie eine Zederschindel im August. Konnte kaum mehr schnauben. Wie ich mich so hinter den Ohren kratze, raschelt es auf einmal im Busche, ich springe darauf zu, lege an – aber Bären und Mäuse! Wer war es? Wen schauen meine Augen? Polly war es, die liebliche Polly. Polly! schreie ich, Polly! seid Ihr es? Und ihr mögt mir's glauben, hatte auf Bären und Hunger und Durst, nicht zwar Hunger, denn hatte Schinken eingelegt – aber Durst – rein vergessen. Oh, sie sah euch doch so süß aus! Polly, sag' ich und setzte meinen Stutzer ab; Polly, sag' ich und rückte ihr näher; sie war just fünfzehn Jahre alt, wie Milch und Blut, ich sechzehn. Polly, sagte ich, wie kommt denn Ihr da her? Und sie sah so schelmisch darein und zupfte am Mieder herum, und ich spielte an meiner Rifle, und ihre Wangen waren so rot! Und Polly, sagte ich, wie kommt denn Ihr da her? und was bringt denn uns so zusammen? Und dabei schlug euch mein Herz, und es klopfte in mir und hob sich wie der Piston einer Dampfmaschine, und es krabbelte darinnen herum wie zwei Millionen Landkrebse, und mir wurde es bunt vor den Augen; bald hatte ich das Herz, ihr näher zu rücken, gleich darauf wieder keines; endlich setzte ich den Hut auf das linke Ohr, preßte die Lippen zusammen, drückte die Augen zu –«

»Was! Ihr drücktet die Augen zu?«

»Drückte die Augen zu, Howard«, versicherte Doughby treuherzig – »drückte die Augen zu.« Und so sagend drückte er sie wirklich zu, fand aber doch die Bouteille mit irischem Whisky, aus der er sein Glas zur Hälfte füllte und dann die nötigen Quanta von Zucker- und Wasserstoffen beifügte. »Drückte die Augen zu, Jungens«, versicherte er, während er das Bierglas zu Munde brachte.

Wir lachten, daß uns alle Glieder schmerzten.

»Und rückte näher«, fuhr er fort, »und fragte sie, wie sie des Weges an den Cumberland-Bend Cumberland-Bend. Ein bedeutender Bogen, den der Fluß dreißig bis vierzig Meilen oberhalb seiner Mündung in den Ohio bildet. komme, denn waren nicht hundert Schritte von dem Busen, den er da, wie ihr wißt, bildet. Bei dieser Zeit war ich so verliebt wie eine Lachtaube.

»Unsere Rosse und Kühe sind alle ausgebrochen und unsere Schwarzen sind alle in den Feldern, und wir haben keinen Tropfen Milch zu Hause und fürchten, die Kühe werden sich wohl vertrocknen, und da mußte ich wohl nach, und haltet Euch zwanzig Schritte mir vom Leib, Ralph«, sagt sie, »denn war ihr ziemlich nahe gerückt, und sie sah euch dabei so wild aus wie eine angeschossene Waldkatze.«

Doughby hielt inne und setzte den Toddy abermals an die Lippen.

»Ja,« meinte er, »sah euch recht wild aus, zum Fressen.«

»Sag' euch,« fuhr er fort, »bei dieser Zeit war ich euch doch so sterblich in die liebliche Polly verliebt, könnt es gar nicht glauben. Ja, die Leute sagen wohl von sterblich verliebt sein, aber empfunden muß es einer haben. Kein Sterbensmensch war je so von Weibern geplagt wie ich. War euch verliebt in sie wie der Bär in den wilden Honig, und wäre euch, wenn sie nur ein Sterbenswörtchen gesagt hätte, in die Prärien von Santa-Fé hinübergerannt, um ihr ihre Rosse suchen zu helfen und ihr so viele einzufangen, daß sie eine Kavalleriekompagnie von Volonteers hätte beritten machen können. Schlug mir mein Herz wie die Flügel einer Wildente im Märzmonate, und wenn ich es versuchte zu reden, so klebte mir jedes Wort auf der Zunge, und mir war es, als ob ich auf der Stelle ersticken müßte, wenn ich es nicht von mir geben könnte. Und so versuchte ich es denn, den Mund aufzutun und sagte ihr, Polly, sagte ich, ich muß Euch haben, oder ich muß versiegen, wie unsere Quelle hinter der Scheuer letzte Woche versiegt ist. Ist euch eure Quelle versiegt? sagte sie, die unsere ist es auch. Und wir müssen unser Wasser aus dem Cumberland heraufholen, können es aber bei unserer Sägmühle leicht haben; Ben hat ein Rad und eine Walze da angebracht. Und dann lachte sie mir ins Gesicht und sagte mir, ich wäre erst ein Bursche von sechzehn Jahren; und ich sagte ihr, sie wäre ja auch noch nicht dreißig und hätte doch schon Sparkers Sparkers. Liebhaber, von sparkle , funkeln, mit den Augen glühen – daher spark, zu Nacht besuchen. zugelassen; da lachte sie wieder so schelmisch und sagte, sollte ein guter Junge sein und ihr die Gäule und Kühe suchen helfen, und dann wollte sie sehen. Und nun machten wir uns auf den Weg, die Gäule und Kühe zu suchen und verloren ihn glücklich ganz und gar, was kein Wunder war, da es ein ganz verwickeltes Ding ist, mit einem fünfzehnjährigen Kernmädchen Gäule zu suchen, wenn der Vollmond herauf- und die Sonne hinabsteigt; verliert den Weg, mögt ihn noch so gut kennen; sah mich nach allen Seiten darnach um, aber just wo ich hinsah, da war er nicht; sage euch, in solchen Fällen ist es eine Regel – just wo ihr hingeht, ist der Weg nicht; solltet deshalb immer den entgegengesetzten einschlagen.«

Doughby sprach dieses mit allem möglichen Ernste.

»Endlich hörten wir ein Horn. Waren gerade in Marks Wallnuß-Niederung, wo uns das Gehen beschwerlich wurde, denn die Nüsse lagen euch aufgeschichtet wie das Straßenpflaster auf unsern Turnpikes Turnpike: Drehkreuz, auch Schlagbaum. An dieser Stelle haben die Landstraßen meist Straßenpflaster, um das Geräusch passierender Pferde und Wagen der Kontrolle halber deutlich zu machen. im alten Kentuck. Hörten das Horn, antworteten darauf, und wer kam anders als ihr Bruder Ben mit ein paar Negern. War gleichfalls ausgezogen, die Gäule zu suchen. War euch ein grober, verdrießlicher Geselle, der Ben, den niemand recht leiden mochte, finster und einsilbig und brütend wie ein Yankee; hatte gar nichts vom fröhlichen Wesen eines Kentuckiers. Schaute mich mit großen Augen an, wie er mich bei seiner Schwester Polly stehen sieht. ›Ralph!‹ sagt' er, ›Junge,‹ sagt' er, ›wie kommt Ihr denn da zu unserer Polly? Solltet auf Eurer Matratze liegen und die Decke über den Ohren haben; die Fledermäuse schwirren, und die Nachteulen treiben ihr Wesen, und sie könnten Euch beim Kopfe kriegen.‹ Und lachte mir dazu recht höhnisch ins Gesicht.

›Ben!‹ sagte ich, ›braucht mich da nicht so anzustieren wie der Ochse die Metzgeraxt; bei Jingo nicht! Gebt acht, daß die Eulen nicht Euch die Ohren wegbeißen. Will die meinigen wahren vor allen solchen Eulen, wie Ihr seid, und wären Euer zwanzig.‹

›Ralph, mein Junge,‹ sagt' er, ›wirst doch gar zu wespig. Höre, Junge,‹ sagt' er, ›wenn ich dich Gelbschnabel nochmals bei unserer Polly treffe, so will ich dir deine leinenen Hosen ledern.‹

›Friede! Ruhe!‹ schrie Polly – ›Friede, Buben! Was wollt ihr da von Ledern reden.‹ ›Stille, sage ich‹, sagt' Polly. ›Und du, Ben, solltest der Gescheitere sein, bist um drei Jahre älter, und Ihr, Ralph, auch; und Marco und Cyro kommt und stellt euch her und helft mir die beiden auseinanderhalten.‹

Damit meinte sie die Neger. Waren aber bei dieser Zeit in der Höhe wie zwei Truthähne, die um die Henne fechten.

›Braucht da kein solches Geschrei zu erheben,‹ sagt' ich, ›wenn ich einem Bären auf den Fersen bin‹, sagt' ich.

›Ihr, Ralph, einem Bären auf den Fersen? Oder der Bär Euch‹, lachte Ben, und dabei sah er euch gerade aus wie ein Bär.

›Ordnung, Ruhe!‹ schrie Polly.

›Halt's Maul!‹ schrie Ben. ›Weiß just so gut Ordnung zu halten wie du; wüßte aber nicht, was da außer Ordnung wäre, diesen Burschen da zu ledern, oder wer mich hindern kann, wenn ich es sogleich tue. Sind in einem freien Lande.‹

›Laßt Euer Starren bleiben, Ben‹, sagt' ich, ›und keines Eurer Großmäuler oder will Eure Gucker so pfeffern, daß Ihr das Starren acht Wochen verlernen sollt. Bin kein Yankee da, der sich von Euch ins Bockhorn jagen läßt. Könnt kommen, zu welcher Stunde Ihr wollt, oder mögt mir es sagen lassen, wo ich Euch treffen kann – fordere keine Gunst – nur freies Feld. Will Euch ledern, so wahr ich Ralph Doughby heiße.‹

Polly sprang dazwischen und hielt uns ab, sonst wäre er auch zur Stelle geledert worden – und schmeichelte und zankte und kratzte. Ich ging für diesmal; aber am dritten Tag darauf war Ben geledert, daß er das Aufstehen acht Tage vergaß, und Polly so böse, daß sie acht Wochen darauf, gerade an ihrem sechzehnten Geburtstage, mit Jenkin Dubs am Cumberland zum Squire Squire – Esquire. Friedensrichter, die bekanntlich gleichfalls das Recht haben, Trauungen zu verrichten. ging. Da habt ihr meine erste Liebesgeschichte im alten Kentuck; jetzt mögt ihr ebensowohl meine letzte hören.«

Nach einer Pause, die mit einer Quantität Magenstärkung ausgefüllt wurde, hob Doughby wieder an.

»War zurückgekommen aus dem Seminolekriege Seminole-Krieg. Indianer, die in Florida und Alabama ihre Sitze hatten, begannen, durch britische und spanische Einflüsterungen aufgeregt, bald nach dem Friedensschlusse von Gent ihre blutigen Einfälle in die amerikanischen Grenzniederlassungen und wurden von General Jackson besiegt. Es war in diesem Kriege, daß die englischen Offiziere und Emissäre Armbrister und Arbuthnot durch ein vom General niedergesetztes Kriegsgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden., war just achtzehn Jahre vorbei, als ich Peggy kennen lernte. War euch ein so liebliches Ding, so zart wie frische Butter, und süß wie frischer, weißer Honigseim; kam alle Tage um ihr Haus herumgeschlichen. War just nach dem ersten Seminolekriege, und gleich darauf das Welschkornhülsen. Erzählte ihr von den Indianerkriegen, und wie wir biwakiert hatten; und sie hörte mir so aufmerksam zu, und ich faßte mir ein Herz, und in vierzehn Tagen war ich euch doch wieder so verliebt wie ein Kater. War, wie gesagt, achtzehn Jahre vorbei, sie sechzehn. Bei Jingo! Hätte ihretwegen ein ganzes Wigwam von Seminole-Indianern gestürmt, das hätte ich. Vergingen so mehrere Monate, und ich glaubte näher und näher dem Ziele zu rücken und schlich euch, so wie es Gott gab, alle Tage um Peggys Haus herum wie der Wolf um die Schafherde oder die Nachtwache um den Feuerplatz, wenn wir gegen die Indianer ausstanden; und sie sagte nicht ja und nicht nein. Eines Abends aber sagt' sie mir, ›Ralph,‹ sagt' sie, ›Ihr seid aber auch gar zu wild.‹ ›Was?‹ sagt' ich, ›Peggy, ich gar zu wild? Hättet Ihr erst den alten Hickory gesehen, das ist der Mann, wild zu sein.‹ ›Ralph,‹ sagt' sie, ›Ihr seid gar zu wild, rauh wie ein Bär; auch trinkt Ihr zuviel Whisky.‹ ›Monongehala, Peggy,‹ sag' ich, ›echten Monongehala, und warum sollte ich den nicht trinken, wenn ihn Gott wachsen läßt? Peggy, echten Monongehala,‹ sagt' ich, ›ehrlich bezahlt, bin keinen Cent schuldig; niemanden etwas schuldig; habe sechs Neger, so rüstige Neger, wie Ihr sie im alten Kentucky nur sehen könnt, und tausend Dollars Cash obendrein, vom seligen Vater her, und noch etwas darüber, und solltet einschlagen, und wir wollten eins sein.‹ ›Ralph,‹ sagt' sie, ›seid gar zu wild, trinkt gar zu viel, will sehen in acht Tagen, will schauen, und mögt in acht Tagen anfragen, aber nicht eher.‹ Mußt' es versprechen und saß euch die acht Tage, als wenn ich spanischen Pfeffer und Fliegen auf meinem Sitzfleisch gehabt hätte, und wartete und schmachtete, und als acht Tage vorbei waren, kam ich an das Haus Peggys, und wen fand ich? Asa Dumbling, der Arm in Arm mit Peggy vor dem Küchenfeuer saß und mich auslachte, und Peggy lachte dazu. Hatte im Sinne, ihn zum Angebinde zu ledern. Wollte mir lange Zeit nicht aus dem Kopfe; sagte aber mein Bruder, ›Ralph, laß das bleiben, ist Narrheit; wenn dich das Mädchen haben wollte, hätte sie nicht Asa zum Sparken zugelassen, hält dich nur für einen Narren.‹ Und ich dachte so nach und dachte, Joe hat recht, und Joe sagt' mir, ›Ralph,‹ sagt' er, ›tätest klüger, du zimmertest dir mit deinen Negern ein Flachboot zusammen; haben ein paar hundert Fässer Mehl, und Welschkorn, und Schinken, und Cider und Apfel; sollen gute Preise bringen, die Artikel in Louisiana.‹ ›Holla, Joe,‹ sagt' ich, ›holla, Bruderherz, hast da einen prächtigen Einfall; der Cumberland steigt; – wollen daran; das alte Kentuck ist mir verleidet; will den Mississippi hinab, sehen, was die Leute in Louisiana treiben.‹ Gesagt, getan. Bretter hatte ich genug, Balken gleichfalls; gingen daran; in drei Wochen hatten wir ein Flachboot zusammengezimmert, so reell, als je eines auf dem Cumberland, dem Ohio und Mississippi hinabschwamm. War ein tüchtiges Boot. Luden zweihundert Fässer Mehl, mehrere hundert Schinken, Welschkorn, Cider und alles Mögliche darauf; auch ein paar Gäule hatte ich von Nachbar Snapper in Kommission bekommen; und nahm mir ein halbes Dutzend tüchtiger Burschen, und fuhren ab, den Cumberland hinab, hinein in den Ohio, und fort ging es in den schlammigen Mississippi, tausend Meilen hinab. Und auf dem Wege hinab dachte ich, herrlicher Baumschlag, schöne Bottoms, prächtiges Land, aber zu viel Wasser; zu niedrig für dich, Doughby, liebst trocken Land. Aber als ich ober Natchez bei den Walnuthills ankam, und wieder etwas wie Berge sah, schlug mir das Herz lauter, und am lautesten, als ich in Natchez ankam, wo ich einhundert Fässer absetzte und ebensoviele Schinken. Gefiel mir das Land; aber doch nicht so wohl als bei Woodville, wo ich mein Cargo vollends an Mann brachte und das Boot dazu; sah mich in der Gegend um und fand gerade ein Stück Land, das mir wohl gefiel; zweitausend Acres, fünf Dollars per Acre, bester Strombottom – fünf Jahre Termin; – Holla, dachte ich, Ralph, da greifst du zu. Alle Jahre zweitausend Dollars zu bezahlen – müßte der Henker dabei sein, wenn du die nicht herausbrächtest. Und ich griff zu und gab sogleich tausend Dollars daran und kehrte im Louisvilledampfer zurück an den Cumberland, und als ich zu Hause angekommen, nahm ich meine Neger zusammen und baute mir ein zweites Flachboot über Hals und Kopf und packte darauf, was ich hatte, und nahm noch so viel Mehl, als ich auftreiben konnte, und Schinken und Welschkorn, und ein Dutzend Gäule, die ich später prächtig verkaufte; und ging hinab nach Woodville, wo ich zu bauen begann und auszuroden und zu hausen, worüber ich die Pollys und Peggys samt und sonders vergaß. Und bin nun da und sitze fest.«

Und der Mann saß wirklich da und fest, so fest als einer am Mississippi, und die acht Jahre seines Treibens und Wirkens gereichten ihm allerdings zur Ehre. Seine sechs Neger hatten sich bis auf vierzig vermehrt, seine Wildnis war eine respektable Pflanzung geworden, seine Gebäude waren im besten Zustande, seine Baumwolle gesucht, seine Äcker nicht nur schuldenfrei, er hatte schon bedeutende Summen in der Pflanzerbank und baute bereits über hundertundfünfzig Ballen Prime cotton.

»Da sitze ich nun,« rief er abermals mit weinerlicher Stimme, »und alles geht mir glücklich von statten, bis auf diese v–ten – Bei meiner Seele! Es ist die erste Liebschaft, die ich in Louisiana habe, und wieder ein Korb. Sieht gerade aus, als ob ich Körbe die Hülle und Fülle bekommen sollte, aber kein Weib mein Leben lang.«

»Doughby! Ihr seid doch ein gewaltiger Hasenfuß«, schalt ich. Dem Manne ließ auch die weinerliche Stimme gar zu drollig. »Wie? Ein Mann wie Ihr, gesund, rüstig, mit hunderttausend Dollars wenigstens obendrein – Ihr fürchtet Euch, keine Frau zu bekommen? – Schämt Euch!«

»Sag' Euch, Mister Howard, kommt mir immer eine Teufelei dazwischen. Die eine haßt das Trinken, die andere das Fechten und Raufen.«

»Freilich keine sehr liebenswerten Eigenschaften, die Wahrheit zu gestehen. – Also des Trinkens wegen hat Euch Miß Warren den Korb gegeben. Je nun, da möchte ich Euch raten, ein bißchen weniger zu trinken.«

»Weniger trinken?« fuhr Doughby auf. »Und wer trinkt zuviel? Trinke Euch keinen Tropfen zu viel. Und wer da sagt, daß ich zuviel trinke, mag v–t sein, bei Jove! Verstehe mich aufs Trinken, sag' ich Euch, Mister Howard. Trinken und Trinken ist zweierlei; heißt alles Trinken, aber Trinken wie sich's gehört und gebührt, das trifft nicht jeder. Ich aber verstehe es. Könnte Euch den Doktor einer Trinkgesellschaft abgeben.«

»Das glauben wir.«

»Seht ihr, Jungens!« fuhr Doughby in konfidentiellem Tone fort, »merkt es euch! Solltet nie das zweite Glas leeren, bis ihr nicht versichert seid, daß das erste in eurem Kielraum gehörig gelagert ist, so daß die Ladung, die ihr nachzusenden gedenkt, nicht rollt und schwankt, sondern den gehörigen Schwerpunkt findet; darum ist's immer am besten, den Rum zuerst mehr, so was man sagt, einzuschlürfen, statt ganze Gläser voll in euch hineinzujagen, wie in einen Dampfkessel. Ehe ich mich zu einem reellen Trinken niedersetze, habe ich immer acht, nicht bloß, daß mein Schiffsraum in gehöriger Ordnung, sondern auch das Takelwerk, und wenn es eines von beiden nicht ist, flugs schiebe ich euch einen Riegel vor. Dasselbe tue ich auch, wenn ich in der ersten Stunde ein Knopfloch öffnen muß, so wie ich es jetzt tue.«

Wirklich öffnete er ein Knopfloch in seiner Weste.

»Dann ist's Zeit, dem Jubel ein Ende zu machen. Auch tut es nicht gut, im Anfang eines Zechens zuviel zu lachen, versichere euch, tut nicht gut, hudelt die Ladung zusammen in eurem Schiffsraum, ohne Ordnung, und eure Segel werden schlaff und hängen wie alte Weiberwangen, und ihr wisset nicht mehr, was ihr trinkt. Lasset ihr aber den Rum gleichsam schichtenweise in sukzessiver Ordnung aufeinanderfolgen, dann hat er seine gehörige Grundlage und rollt euch nicht im Kielraume herum und verursacht keine unregelmäßigen Strömungen, noch tritt er aus seinen Ufern und ist euch in der Tat und Wahrheit ein recht komfortables Trinken.«

Doughby nickte bekräftigend und schob, nachdem er diese Worte im Hausvatertone mit größtmöglichem Ernste gesprochen, auch Glas und Bouteille auf die Seite.

Wir brüllten beinahe vor Lachen.

»Weiß nicht, was da zu lachen ist«, bemerkte Doughby. »Aber sage euch, diese Nordländerinnen und Nordländer sind euch wie Eis, kalt wie erfrorne Äpfel im Jänner, haben euch gar keine Idee von einem guten Glase Rum. Ist aber auch nicht zu wundern, ein halbes Jahr liegen sie im Schnee vergraben, und das andere halbe Jahr kühlen sie sich mit ihrem Tee und Makarels ab, daher werden sie auch so dünnleibig.«

»Aber Miß Warren ist doch gar nicht zu dünnleibig«, bemerkte ich.

»Wollt' ihn sehen,« fuhr Doughby drohend auf, »der das sagte. Wollte ihm seine Gucker zurecht setzen, daß er künftig besser schaute. – Ah! Emilie! Du liebe, süße, holde Emilie, du grausame Emilie!«

Und nach dieser zärtlichen Ausrufung hob er seine beiden Füße auf den Tisch, und streckte sie über diesen, die Schenkel mit inbegriffen, hin, zum Schrecken des jungen Franzosen und unter unserm lauten Gelächter.

»Aber sagt mir nur, was habt Ihr denn eigentlich angestellt? Müßt doch toll mit ihr umgesprungen sein, daß sie so gar nichts von Euch sehen und hören will? Ich glaubte, Ihr beide wärt Mann und Weib, und alles längst in Richtigkeit. – War wie aus den Wolken gefallen, als ich hörte, es habe sich das Ganze zerschlagen. Sie hatte doch bereits Eure Geschenke angenommen?«

Doughby schob die Madeira-Bouteille mit dem linken Fuße weiter den Tisch hinab, mit dem rechten die Zuckerbüchse, Zitronen und die Gläser, sah einige Minuten die Decke des Salons an, warf dann die Augen in dem Saal herum, zog zuerst einen seiner Füße vom Tische, dann den anderen, seufzte und hob wieder an, aber nicht mehr mit weinerlicher Stimme, im Gegenteile, sein Wesen hatte etwas Finsteres angenommen, und ein zeitweiliges Zähneknirschen verriet, daß die Zeit, mit dem Bären zu scherzen, vorüber sei.


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