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II.
Eine Nacht an den Ufern des Tennessee.

»Könnt Ihr uns wohl sagen, ob wir noch weit von Brownsfähre sind?« fragte ich einen Mann zu Pferde, der gemächlich in einem engen Karrenpfade auf uns zugetrabt kam.

Es war an den Ufern des Tennessee Tennessee, der Hauptfluß des Staates Tennessee, ergießt sich beiläufig dreißig Meilen oberhalb der Vereinigung des Ohio mit dem Mississippi in ersteren.; die Nacht rückte bereits heran; die Nebel hingen über Wald und Fluß, und verdichteten sich zusehends. Die ganze Landschaft hatte ein verwildertes, chaotisches Aussehen. Es war unmöglich, fünf Schritte weit zu sehen.

Beinahe so lange wie diese Digression, war die Pause des Reiters. Endlich erwiderte er in einem Tone, der, seiner sonderbaren Modulation nach zu schließen, von einem Kopfschütteln begleitet sein mußte:

»Der Weg nach Brownsfähre? – Vielleicht meint Ihr Coxesfähre?«

»Nun denn, Coxesfähre!« erwiderte ich ein wenig ungeduldig.

»Ja, der alte Brown ist tot,« sprach der gute Mann, »und Betsy hat den jungen Coxe geheiratet, einen verdammt wackeren Jungen. Nun, ist er's nicht?«

»Das wissen wir nicht,« erwiderte ich; »aber was wir gerne wissen möchten, ist, ob wir noch weit von seiner Fähre und auf dem rechten Wege sind.«

»Ah! Dem Weg zu seiner Fähre – da liegt eben der Haken, Mann; Ihr seid gute fünf Meilen davon entfernt und mögt ebensowohl den Ohren Eures Gaules eine andere Richtung geben. Ich vermute, Ihr seid fremd in dieser Gegend?«

»Alle Teufel!« wisperte mein Freund Richard. »Gott gnade uns! Wir sind in den Händen eines Yankee. – Er vermutet bereits Vermutet bereits, guesses already. – Die schnellste Weise, auf welche sich der amerikanische Bürger der verschiedenen Staaten zu erkennen gibt, ist durch den Begriff, ich denke, ich vermute. Der Neuengländer vermutet, guesses; der Virginier und Pennsylvanier denkt, thinks; der Kentuckier kalkuliert, calculates; der Alabamer rechnet, berechnet, reckons.

Der Reiter hatte sich mittlerweile näher an uns herangemacht, trotz Dornen und nassen Zweigen, die ihm von allen Seiten ins Gesicht schlugen, und hielt jetzt neben unserm Pferde. Soweit wir ihn in der Dunkelheit beurteilen konnten, war er noch ziemlich jung, hager, lang und dünnbeinig, mit einem wahren Leichnamsgesichte auf seinem langen Rumpfe und metallenen Knöpfen auf seinem Rocke.

»Und so habt ihr euch denn auf eurem Wege verirrt?« sprach der Mann nach einer langen Pause, während welcher der dichte Nebel sich ganz gemächlich in einen ebenso dichten Regen verwandelt hatte. »Eine sonderbare Verirrung, wo die Fähre nicht fünfzehn Schritte vom Wege abliegt, der breit und ebenen Pfades hinab zum Flusse führt. Ein sonderbarer Irrtum wahrhaftig, aufwärts den Fluß, statt der Nase und dem Wasserlaufe nach zu gehen!«

»Was meint Ihr damit?« fragten wir beide zugleich.

»Daß ihr den Tennessee auf- statt abwärts, und auf dem Wege nach Bainbridge Bainbridge, ein Städtchen, unfern des Tennesseeflusses. seid«, erwiderte der präsumtive Yankee.

»Auf dem Wege nach Bainbridge!« riefen wir mit einer Stimme, in welcher Staunen und Verblüfftheit sich so deutlich aussprachen, daß unser Yankee fragte:

»Und ihr hattet nicht im Sinne, nach Bainbridge zu gehen?«

»Wie weit ist das verfluchte Nest von hier?« fragte ich.

»Je, wie weit, wie weit?« erwiderte der metallbeknöpfte Mann. »Es ist nicht sehr weit, doch auch nicht so ganz nahe, als ihr vermuten möchtet. Vielleicht kennt ihr den Squire Dimple?«

»Ich wollte, Euer Squire Dimple wäre beim –«, brummte ich, während mein gelassener Reisegefährte mit einem »Nein, wir kennen ihn nicht«, antwortete.

»Und wohin mag wohl eure Reise gehen?« fing nun unser Peiniger an, der wasserdicht zu sein schien.

»Nach Florence Florence, die Hauptstadt von Alabama.,« war die Antwort, »und von da den Mississippi hinab.«

»Ja, eine hübsche Stadt, wie man sie nur im Lande finden kann. Nun, ist sie's nicht?« fragte der Yankee ganz naiv. »Und ein guter Markt. Was ist der Mehlpreis im Norden? Ihr kommt doch daher? Man sagt, er sei sechs und vier Levies Levies, Fips, so werden abgekürzt in den westlichen Staaten die sogenannten 12½ und 6½ Centstücke genannt. Ein Cent ist der hundertste Teil von einem Dollar., und Welschkorn fünf und einen Fip Levies, Fips, so werden abgekürzt in den westlichen Staaten die sogenannten 12½ und 6½ Centstücke genannt. Ein Cent ist der hundertste Teil von einem Dollar., Butter drei Fips.«

»Seid Ihr toll?« platzte ich halb wütend vor Ärger heraus, indem ich unwillkürlich die Peitsche hob, »uns da mit Eurem Mehl und Butter und Fips und Levies zu unterhalten, während der Regen in Strömen fällt!«

»Ei«, war die Antwort des Mannes, der sich nun erst recht bequem in seinem Sattel postierte: »Wenn ihr Lust habt, Fäuste oder den Stil unserer Peitsche zu messen, so kommt! Wollte den Mann sehen, der Isaak Shifty ledern könnte.«

»Den Weg, den Weg, Mister Isaak Shifty!« unterbrach ihn Freund Richard besänftigend.

Wieder eine lange Pause, – endlich fragte er: »Ich vermute, ihr seid Krämer?«

»Nein, Mann.«

»Und was dürftet ihr wohl sein?«

Die Antwort hatte eine neue Examination zur Folge. Seine Augen hingen ein paar Minuten musternd an uns; endlich fragte er: »Und so habt ihr denn im Sinne, den Mississippi hinabzugehen?«

»Ja, im Jackson, der, wie wir soeben gehört, morgen abgeht.«

»Ein tüchtiges Dampfboot, das muß wahr sein. Nun, ist er's nicht? Aber ihr werdet doch dies Ding da mit eurem Gaul nicht mit hinabnehmen?« fuhr unser Yankee bedächtig fort, unsere Gig Gig = ein leichter, meist zweirädiger Wagen. und Bespannung musternd.

»Ja, das haben wir im Sinne.«

»Apropos, habt ihr nicht zwei Frauen in einem Dearborn Dearborn = Leiterwagen. gesehen?«

»Nein, das haben wir nicht.«

»Wohl denn,« fuhr er in demselben gleichmütigen Tone fort, »es ist nun zu spät, nach Bainbridge umzukehren, und vielleicht dürfte es auch gewagt sein. So wendet denn euren Gaul und folgt dem Wege, bis ihr zu einem dicken Walnußbaum kommt; da teilt er sich. Nehmet den rechter Hand für eine halbe Meile, bis ihr zu Dims Zaun kommt, da müßt ihr durch die Gasse, dann rechts durch das Zuckerfeld an vierzig Ruten, – schlagt dann in den Weg linker Hand ein, bis ihr zum Genickbruchfelsen kommt; dort wendet euch ja wieder rechts, wenn ihr nicht die Hälse brechen wollt; wenn ihr überm Bache seid, links, und das wird euch geraden Weges nach Coxesfähre bringen. Ihr könnt nicht fehlen«, schloß er im zuversichtlichen Tone, seinem Gaule einen Hieb versetzend, der ihn in Trab – und uns aus den Augen brachte, so schnell es Kot und Gestrüpp zuließen.

Wahrlich, ich mußte während dieser nimmer endenden Direktionen dem französischen Rekruten ähnlich gesehen haben, der zum ersten Male in seinem Leben vom Exerziermeister der Ehre gewürdigt wird, die Relation von den meilenlangen Schlangen und Krokodilen zu hören, die der graubärtige Kaisergardist in Ägypten gesehen, wie sie den Regimentstambour mit Bärenmütze, Backenbart und Kommandostab samt und sonders verschlungen. Ich war so verblüfft über die Rechts und Links, daß ich ganz vergessen hatte, dem metallknöpfernen Manne zu bedeuten, daß es uns schlechtweg unmöglich sei, selbst den großen Walnußbaum in der Finsternis zu erkennen, geschweige denn die Karrengeleise oder den Genickbruchfelsen.

Mein Blut ist eben nicht das kühlste, und Geduld ist gerade meine hervorragendste Tugend nicht; aber des Mannes unerschütterliches Phlegma inmitten der Ströme, die es goß, wirkte so erschütternd auf mein Zwerchfell, daß ich in ein lautes Gelächter ausbrach. »Kehret euch rechts, dann links! Habt acht auf den großen Walnußbaum, doch bewahrt euch vor dem großen Genickbruchfelsen!« rief ich in lustiger Verzweiflung.

»Ich wollte, der Yankee wäre beim T–l!« sprach Richard. »Doch ich sehe wirklich nicht ein, was da zu lachen ist.«

»Und ich nicht, wie du so ernsthaft sein kannst.«

»Aber wie, bei allen T–ln! konnten wir nur die Fähre verfehlen und, was das schlimmste ist, denselben Weg zurückgehen, den wir kamen?«

»Je nun,« erwiderte ich, »diese höllischen Nebenwege und Viehpfade und Karrenpfade und Scheidewege und der Sumpf: es ist ja schlechterdings unmöglich zu sehen, in welcher Richtung der Fluß läuft, und dann schliefst du, wie du weißt, und ich hatte auf Cäsar zu sehen.«

»Und ganz einzig hast du auf ihn gesehen«, versetzte Richard ärgerlich. »Denselben Weg zurückzugehen, den wir gekommen sind; nein, es ist zu toll –«

»Zu schlafen!« – brummte ich.

Beinahe hätte es verdrießliche Gesichter gegeben; doch da wir uns kannten und herzlich liebten, hatten alle weiteren Diskussionen und Allusionen ein Ende. Die Wahrheit zu gestehen, war unsere Verirrung eben kein so großes Wunder. Es war in den letzten Tagen des Mai, als wir an den Ufern des Tennessee anlangten. Die Gegend rings umher ist zum Verirren wie eingerichtet. Der Weg schlängelt sich am hügeligen Felsenufer fort; jedoch, kein Berg ist zu sehen, außer einem leichten Umriß der Appalachen Appalachen, die Alleghanygebirge werden im Süden so genannt., die aus der blauen Ferne herüberwinken, und dem Grange, der riesenartig recht als Wächter hinpostiert erscheint. Der dichte Nebel hatte uns diese Leitsterne entzogen, gerade als wir ihrer am meisten bedurften. Wir befanden uns in einer langen Flußniederung, einem ungeheuren Bottom Bottom, Flußanschwemmung, jede fette Niederung oder Talweite., um in der Landessprache zu reden, das als Zuckerfeld benutzt wurde, und gerade so viel Karrenpfade zählte, als es Eigentümer hatte. Der Morgen war ungemein heiter gewesen, doch nachmittags hatten sich die südlichen und südwestlichen Ränder des Horizonts mit grauen Dunstwolken überzogen, die sich allmählich verdichteten und über das Flußbett des Tennessee hinlagerten. Den grauen meilenbreiten Streifen über dem Tennessee auf der einen Seite, einen mit hundert Seitenwegen durchschnittenen Sumpf auf der andern, konnten wir noch eine Meile vorwärts gehen, bis der Nebel, der sich vom Flusse allmählich über die Niederung hinzog, statt uns über die Muscleshoals Muscleshoals , Muschelbänke. Breites Felsenriff oberhalb Florence, das sich in meilenweiter Breite und Länge über den ganzen Fluß hinzieht. hinabzubringen, in den Sumpf brachte. So sicher war ich, daß wir uns in ihrer Nähe befanden, daß ich jeden Augenblick auf die Fähre zu stoßen vermeinte, bis der unglückselige Yankee meinen Hoffnungen ein Ende machte.

Die Nacht war mittlerweile hereingebrochen; eine Nacht, so stockfinster, so heillos, wie sie in dieser Jahreszeit häufig über diese südwestlichen Hinterwaldssünder zur verdienten Strafe ihrer Missetaten kommt. Ich wollte ebensogerne auf den Neufundlandsbänken als in diesem Sumpfe gewesen sein, der recht dazu gemacht war, uns mit dem Fieber zu beschenken. Die breitschweifigen Direktionen des Yankees waren, wie es sich von selbst versteht, lange vergessen. Es würde Eulenaugen erfordert haben, auch nur einen Baum zu unterscheiden; ja, das Gelächter dieser lieblichen Tiere, der Nachtigallen dieser Gegend, und der Umstand, daß ein paar wütend auf uns angeflogen kamen, überzeugte uns, daß sie ihren Weg ebenso verfehlt hatten wie wir. Wir waren jedoch übler daran, und zwar in vieler Hinsicht. Der Karrenpfad schlängelte sich längs dem Wasser, und häufig so nahe an diesem hin, daß ein Fehltritt uns ganz gemächlich in die Tiefe hinabstürzen konnte, was uns bei dem augenscheinlichen Steigen des Flusses eine gerade nicht sehr angenehme Aussicht auf ein ziemlich wässriges Nachtlager vor Augen hielt.

»Ich glaube, es ist am besten, wir steigen aus,« hob ich wieder an, »oder wir mögen unser Nacht- und vielleicht Sterbelager im Tennessee finden.«

»Keine Gefahr!« erwiderte Richard; »Cäsar ist ein alter Virginier.«

Hiermit war unser Gaul gemeint; ein Stoß jedoch, der unsere Rippen und Beine krachen machte, und uns bei einem Haare rücklings aus der Gig geworfen hätte, machte dem lakonischen Lobe Cäsars, der sich auf die Hinterfüße geworfen hatte, ein Ende.

»Etwas muß im Wege sein!« rief Richard. »Nun ist es Zeit, uns umzusehen.«

Wir taten so, stiegen aus der Gig, und fanden einen gewaltigen Walnußbaum über unserm Wege liegend. Unsere Reise war zu Ende. Den ungeheuren Stamm zu passieren oder die Gig darüber zu bringen, schien eine absolute Unmöglichkeit; die Äste, die zwanzig Schritte in jeder Richtung vorragten, hatten unserm Cäsar vorläufig eine ziemlich ernstliche Warnung erteilt. Das Wagengeleise war zudem so enge, daß an ein Umwenden der Gig gar nicht zu denken war und wir wie die Krebse zurück mußten; Richard versuchte, den Scheideweg zu finden, und ich, die Gig zurückzuschieben.

Wir hatten uns jedoch mehr vorgenommen, als wir leisten konnten. Kaum war ich mit dem rechten Fuße aus dem Gleise, als mein Mantel bereits an einem ellenlangen Dorne hing. Mit heiler Haut durch diese undurchdringliche Wildnis zu kommen, war bloß für einen Geharnischten möglich. Ich entledigte meinen Mantel seiner Haft und tappte mich schleunig wieder zum Wagentritt. Freund Richard kam nach einer Weile mit den Worten:

»Das ist die schändlichste Wildnis im ganzen Westen; kein Weg, kein Steg, Sumpf über die Ohren und um mein Mißgeschick voll zu machen, so habe ich meinen Monroestiefel Monroestiefel, Halbstiefel; nach dem Präsidenten Monroe so genannt. im Schlamm verloren.«

»Und ich denke, in meinem Mantel gibt es so viele Löcher als Dornen an diesem verwünschten Akazienbaume«, erwiderte ich trostweise.

Dies waren die letzten Worte, die noch halb und halb gute Laune atmeten; denn nun waren wir bis zur Haut durchnäßt, und ich glaube wirklich, daß unter allen möglichen Situationen eine nasse die zum Scherzen am wenigsten geeignete ist. Den Beweis liefern beide, die Franzosen und ihre Antipoden, die Holländer. Die erstem nämlich werden immer nur in heißen Juni- oder Julitagen rappelköpfisch, und die letztem sind bekanntermaßen nichts weniger als scherzhafte oder gutgelaunte Leute, ein Mangel oder, wie man es nehmen will, eine Tugend, die ohne Zweifel ihrem Vegetieren zwischen Dämmen und Morästen und Kanälen zuzuschreiben ist. Was nun mich betrifft, so liebe ich ein mäßiges Abenteuer, vorausgesetzt, es komme nicht gar zu hoch, und verabscheue eine monotone, langweilige Quäkerreise, wo alles zahm und kalt und scheu und verschlagen sich hinzieht, wie diese guten Leute selbst; aber in einem Ahornsumpfe von Nacht und Fluten überfallen zu werden, und auf der einen Seite nicht drei Schritte den bis zum Rande angeschwollenen Tennessee, auf der andern undurchdringliche Wildnis, vorne einen Koloß von Walnußbaum zu haben, und nicht rückwärts zu können, – wahrlich! mit all meiner Achtung vor Abenteuern, es war kein Scherz.

»Wohl, was ist nun zu tun?« fragte Richard, der sich in eine echt theatralische Stellung versetzt hatte, den stiefellosen Fuß auf den Wagentritt stemmend, während der andere im Kote stak.

»Wir spannen Cäsar aus und ziehen die Gig zurück«, versetzte ich mit meiner gewöhnlichen Kürze.

Wollte der Himmel, unsere Aufgabe wäre ebenso kurz gewesen; aber Wünsche gehen selten oder nie in Erfüllung. Wir machten uns jedoch daran und schoben und hoben und trugen mit unsäglicher Mühe unsern Wagen beiläufig zwanzig Schritte zurück, wo sich ein offenes Plätzchen zeigte. Freund Richard erfreut sich sehr gesunder Lungenflügel, und auch die meinigen sind nicht die schwächsten. Hatten wir es nun diesen zuzuschreiben oder unserm günstigen Gestirne, kurz, unsere Konversation mit Cäsar wurde plötzlich durch ein lautes Hallo unterbrochen, das dicht vor uns erschallte.

Leser! Hast du je einer hitzig bestrittenen Wahl beigewohnt, und deine zehn oder hundert Dollars patriotisch auf deinen Schützling gesetzt, und hast du nun plötzlich und auf einmal im Schweiße deines Angesichts, wo dir bereits alle fünf Sinne im Branntwein und Tabaksdampf vergingen, den Ausspruch gehört, der dir zu deinen hundert Dollars mit hundert Prozent verhilft; hast du dieses je erfahren, dann, und nur dann, kannst du dir eine Idee von der freudigen Rührung machen, die unsere kalten Busen plötzlich erwärmte. Das Hallo war so echt yankeeisch wiedergegeben, daß die Nebel brechen und alle roten Generationen, die in diesem Sumpfe schlummerten, erwachen konnten.

»Und nun, Geduld ums Himmels willen!« sprach Richard, »und halte wenigstens eine Viertelstunde das Maul, sonst verdirbst du alles wieder mit diesem heillosen Yankee.«

»Besorge nichts«, erwiderte ich, dessen heißes Blut bereits ziemlich durch das Schauerbad abgekühlt war, nicht zu gedenken der Aussicht, die ganze Nacht in diesem jammervollen Loche zuzubringen. Gern würde ich dem zähen Tagediebe Auskunft über alle Butter- und Kartoffeln- und Mehlpreise in diesen unsern Staaten gegeben haben, mit der einzigen Bedingung, daß er uns so bald als möglich aus diesem Fieberpfuhle erlöse.

Er war es, wie er leibte und lebte. Er hatte in wahrer Connecticutmanier bereits ein paar Minuten vor uns angehalten, ohne eine Silbe von sich zu geben. Beinahe schien es, als ob er sich an unserer Verlegenheit weide, und gerade nicht in großer Eile sei, uns aus unserem Drangsale zu erlösen. Was uns betrifft, so hatten wir alle Ursache, auf unserer Hut zu sein. Die sauertöpfische Vogelscheuche schien eben nicht Spaß zu verstehen. Freund Richard brach endlich das Stillschweigen mit den Worten: »Schlimmes Wetter!«

»Das könnte ich eben nicht sagen«, erwiderte der Yankee.

»Ihr habt nicht den zwei Frauen begegnet, denen Ihr entgegengeritten?«

»Nein, ich vermute, sie werden in Florence bei Cousine Kate bleiben.«

»Ihr habt nicht im Sinne, dahin zu gehen?« fragte wieder Richard.

»Nein, ich will heim. Doch, ich dachte, ihr wäret bei dieser Zeit an der Fähre.«

»Das wären wir vielleicht auch, wenn eure Wege besser und statt Walnußbäume Steine in den Löchern wären«, versetzte Richard lachend.

»So habt ihr also heute nicht Lust zur Fähre?«

»Wir haben wohl das Wollen, aber das Vollbringen, Freund! Ihr wißt, das ist die Hauptsache.«

»Ja, so ist es«, sprach der Mann mit einer wahren Schulmeistermiene. »Nun, wenn ihr zurück nach Bainbridge wollt, so könnt ihr mit mir; am besten wäre es, ihr überließet mir die Zügel, und meine Mähre mag hinten nachlaufen.«

Es dauerte wohl noch gute fünf Minuten, ehe der unausstehlich langsam pedantische Geselle mit seinen Vorbereitungen zu Ende war. Endlich zu unserer großen Freude saßen wir zu dreien in der Gig.

So waren wir denn nach fünfzig Hin- und Herfragen, die einem Londoner Protokollisten Ehre gemacht haben würden, in eine Art von Allianz mit Mister Isaak Shifty getreten, und glücklich auf dem Wege nach einer der hundert famösen Städte Alabamas, die samt und sonders nicht ihresgleichen in den Vereinigten Staaten hatten.

Ich weiß nicht, wie es kommt, daß ich mich stets in meinen Erwartungen getäuscht finde. Ich hatte gehofft, die Entfernung zwischen dem verwünschten Ahornsumpfe und unserm zu erreichenden Zufluchtsorte würde in einem billigen Verhältnisse zur Annehmlichkeit unsers Lotsen, das heißt, nicht sehr groß sein. Sie schien mir jedoch ungeheuer, und Horaz' Ungeduld während seines famösen Spazierganges war ein Kinderspiel gegen die meinige. Unser Yankee hatte überflüssige Muße, gleich dem römischen Schwätzer, wenigstens ein Dutzend verschiedener Subjekte und Objekte zu berühren. Das erste, an dem er sich versuchte, war natürlicherweise seine eigene werte Person. Aus der hingeworfenen biographischen Notiz war zu ersehen, daß er von Connecticut, und zwar von einem gar nicht unebenen Stamme entsprossen, daß seine ursprüngliche Laufbahn die eines Schullehrers gewesen, daß er jedoch diese Karriere mit einer weniger ehrenvollen, nämlich der eines Hausierers, vertauscht, von diesem zum Krämer und Ladenbesitzer avanciert, und nun ein gemachter, ja ganz respektabler Mann geworden, wie er modest uns beizubringen nicht unterließ. Zunächst kamen die Kaufmannsgüter, die er bereits in seinem Laden gehabt und noch hatte, mit mehreren Seitenhieben auf einen Mister Pursecut, der sich zu seinem Rival aufzuwerfen nicht entblödet, und den der Himmel selbst für seine Vermessenheit durch den Untergang von einem Dutzend Messern und Gabeln und Schuhen auf den Muscleshoals zu bestrafen nicht versäumt. Dies gab sofort wieder Veranlassung von den tausend und einem Mißgeschicken zu reden, die sich auf diesen weit und breit berühmten Muschelbänken ereignen, und von diesen mußte er natürlich auf die verschiedenen Transportgelegenheiten kommen, deren sich Alabamas erleuchtete Bewohner zu bedienen für gut erachten, als da sind: Dampfschiffe und Kielboote und Barken und Flatboats oder Flachboote oder Breithörner oder Archen, wie sie auch genannt werden; diesen rückten die bedeckten Schlitten, die Fähren, die gewöhnlichen Boote, die Dugouts und schließlich die Kanoes nach. Unser Yankee ging nun in den Kanalisationsplan über, mittels welchem die Gewässer des Tennessee mit, der Himmel weiß, welchem Meere verbunden werden sollten. Es war ein monströser Plan, soviel erinnere ich mich noch; ob aber die Vereinigung bloß mit Raritan-Bay Raritan-Bay, die Meeresbucht, die sich gegenüber Neuyork gegen Neujersey hinzieht und beide Staaten voneinander trennt. oder weiter herum mit dem Connecticutflusse Connecticut, der Hauptfluß des Staates Connecticut, der an Neuyork grenzt. Die Entfernung vom Staate Tennessee beträgt wenigstens sechshundert Meilen in gerader Linie. statthaben sollte, ist mir rein entfallen. Endlich kamen wir zu unserer unaussprechlichen Freude auf die Historie von Bainbridge; ein sicheres Zeichen, bildete ich mir ein, daß wir uns dem Ziele unserer Reise näherten; doch selbst dieser Freudenstrahl, so gemäßigt er war, sollte, gleich dem langersehnten Leuchtturme, noch eine gute Weile unsere Geduld in Anspruch nehmen, bevor wir in den erwünschten Hafen einlaufen konnten. Wir hatten zuvor noch die ganze Topographie dieses berühmten Platzes zu hören, wie er in rechten Winkeln ausgelegt, und wie blühend und gewerbsam er sei, und ob wir nicht Lust hätten, uns niederzulassen; er, nämlich Mister Shifty, habe ein Dutzend ganz herrliche Baustellen, und wie die Stadt bereits drei Wirtshäuser enthalte, just die gehörige Proportion zu den zehn Häusern oder Hütten, die Bainbridge bildeten; zwei dieser Wirtshäuser oder Schenken wären jedoch vollgepfropft mit Männern; es sei ein Canvaß Canvaß, electioneering. Jeder Wahl geht bekanntlich eine Bewerbung, Kandidatur, Canvaß, electioneering voraus. Zuweilen ist dieser Canvaß ein wenig stürmisch. zur Wahl von Florence, und die dritte verdiene kaum den Namen Schenke, sei eben nicht gerade angenehm.

So lautete der Bericht des Mister Isaak Shifty, als das Wort Canvaß, electioneering Canvaß, electioneering. Jeder Wahl geht bekanntlich eine Bewerbung, Kandidatur, Canvaß, electioneering voraus. Zuweilen ist dieser Canvaß ein wenig stürmisch., demselben plötzlich ein Ende machte.

»Eine Wahlvorbereitung!« stammelte Richard.

»Eine Wahl« – stotterte ich.

Wahrlich, das Wort erstarb mir auf der Zunge. Eine Wahl in Alabama, das selbst im alten Kentuck mit dem Ehrennamen Hinterwäldler bezeichnet ist. – Lebt wohl, Abendessen und Schlaf, und Bette und Stube und frische Wäsche, nach einer so horriblen Tour.

Wir hatten nicht Zeit, eine Silbe mehr zu sagen, denn unser Cäsar, der sich seit geraumer Zeit durch ein Schlamm-Meer hindurchgearbeitet, stand plötzlich still. Ein matt erzitterndes, in einer Atmosphäre von Tabaksrauch schmachtendes Talglicht, und das Gebrülle von zwanzig Kehlen bezeichnte uns den Hafen. Ein Sprung brachte uns auf etwas festern Grund. Während Richard seinen Cäsar an den Pfosten band, schritt ich der Türe zu, als ich beim Zipfel meines Mantels gefaßt wurde.

»Hier nicht, hier nicht! Dies ist das Haus, wo ihr einkehren müßt!« rief Mister Isaak Shifty, beinahe ängstlich auf ein nahestehendes Mittelding zwischen Haus und Hütte deutend.

»Kehre dich nicht nach ihm«, wisperte ich Richard zu, froh, des unerträglichen Wichtes endlich einmal ledig zu sein. Richard pausierte, aber bereits war meine Hand an der Klinke, und so traten wir ein.

Da saßen sie, die Fersen auf dem Tische, und standen, die nämlich, die noch stehen konnten, und taumelten und brüllten. Bei meiner armen Seele, ich wollte, ich wäre irgend anderswo gewesen, statt in dieser werten Nachbarschaft. Richard trat zuerst in den Haufen. Ich staunte über seine Kühnheit, des stiefellosen Fußes gedenkend; die launigen Zecher aber schienen Lust zu haben, uns ihre geschliffenen Manieren zu beweisen. Sie machten Platz links und rechts, und ließen uns so eine fußbreite Allee von sechs Fuß und ebensoviel Zoll hohen Pallisaden passieren, während sie uns vom Kopfe bis zu den Füßen musterten. Das Mißgeschick meines Freundes entging jedoch noch immer ihren Luchsaugen, als dieser recht feierlich an den Schenktisch herantrat, und, sich dem Knäuel von halb Roß- halb Alligatorgesichtern zuwendend, rief: »Ein Hurra für Alt-Alabama Alt-Alabama, der Staat Alabama. und der Henker soll den Wegmeister von Bainbridge County holen!«

»Bist du toll?« flüsterte ich ihm zu.

»So will ich doch erschossen sein, wenn er nicht das Mal dieser fünf Knöchel auf seinem Leichnam eingedrückt fühlen soll«, brüllte eine Stimme, die aus einem Mammutsrachen ertönte, der sich soeben anschickte, ein halbes Pint Monongehala zu verschlingen.

Ehe jedoch der vierschrötige Goliath seine Drohung in Ausführung brachte, leerte er noch ganz gemächlich seine halbe Pint Whisky und schritt hierauf vorwärts, seine flache Hand auf die Schulter Richards mit einem Gewichte legend, das dem Armen das Aussehen eines Gehenkten oder Verrenkten gab. Zugleich starrte ihm der Gewaltige mit einem Ausdrucke ins Gesicht, in dem sich die natürliche Härte seiner scharfen Züge und Eulenaugen nichts weniger als lieblich malte.

»Und der Henker! sage ich, hole den Wegmeister von Bainbridge!« rief Richard halb ernst und halb lachend, indem er zugleich den überkotigen stiefellosen Fuß auf den Stuhl hob. »Da seht einmal, Jungens! er ist beim T–l, mein Stiefel nämlich; der verwünschte Sumpf zwischen hier und der Fähre war so höflich, ihn mir abzuziehen.«

Ein Gelächter erschallte, das unfehlbar die Fenster eingedrückt haben würde, wären Glasscheiben darinnen gewesen. Glücklicherweise waren sie mit Fragmenten alter Inexpressibles und einstmaliger Röcke und Röckchen ausgestopft.

»Kommt, Jungens!« rief Richard; »es ist nicht so schlimm gemeint; aber sicherlich, ich verlor meinen Stiefel in diesem höllischen Sumpfe.«

Es war das glücklichste Impromptu, das müde Wanderer je in eine ähnliche Gesellschaft eingeführt; Friede, Harmonie und Freundschaft waren mit einem Male hergestellt.

»So mag ich wie eine Rothaut erschossen werden, wenn das nicht Mister Richard von Alt-Virginien und nun vom Mississippi ist«, rief unvermutet derselbe fürchterliche Goliath, der soeben seine flache Hand auf die Schulter Richards gelegt hatte, während sein halb wilder Blick sich in ein launiges Grinsen umwandelte. »Möge ich nie eine Flasche echten Monongehalas über meine Lippen bringen, wenn Ihr nicht eine Pint mit Bob Shags dem Wegmeister leeren müßt.«

So war es denn der selbsteigene Dignitär, den Freund Richard so auf das Haar getroffen, obgleich mit Gefahr seines Schulterblattes.

»Ein Hurra für Alt-Virginien!« brüllte der Meister der Wege, indem er zu gleicher Zeit in ein Stück Kautabak von diesem unsern famosen Staate biß. »Kommt Mister, kommt Doktor!« sprach der Mann, während er ihm mit der einen Hand eine Rolle Tabak, mit der andern das Pintglas hinhielt.

»Doktor!« wiederholte der vereinte Chorus der Assemblee.

»Ein Doktor?« riefen sie nochmals.

Ein Mann, der Gewalt über Gin und Whisky Gin, Whisky. In den V. St. wird jeder Kornbranntwein Whisky genannt; Gin ist der aus Holland importierte sogenannte Wacholder-Branntwein. hat, dessen Ausspruch als ein unantastbares Veto selbst gegen einen Smaller Smaller a small one, ein kleineres, ein kleines – nämlich Glas – mit gebranntem Wasser. erachtet wird, ist keine geringe Person in diesen fieberischen Gegenden. In unserm Falle hatte die Doktorschaft den doppelten Nutzen, von den gewaltigen Pintgläsern zu befreien und zugleich zu privilegierten Besuchern zu machen; ein Umstand, der von Bedeutung in einer Wirtsstube ist, die sich der ausgezeichneten Ehre erfreut, das Hauptquartier einer Wahlpartie zu sein.

Cäsar war es zuerst, der positive Vorteile von dieser Entdeckung erntete. Bob hatte sich einen Anblick aus der Stube verloren und kehrte nun mit einer wahren Protektorsmiene zurück.

»Mister Richard!« rief er zutraulich, »Mister Richard! Mög' ich erschossen werden, wenn Ihr nicht stets ein sensibler Mann waret, der mehr reelles Blut im kleinen Finger hat, als ein Pferd zu schwemmen hinreichen würde. Ei, und ich will Euch beweisen, daß Bob Shags der Mann ist. Holla Doktor! was ist Euer Gaul für ein Landsmann?«

»Ein echter Virginier«, erwiderte Richard.

»Den Teufel auch ist er's«, schrie Bob; »aber um Euch meine Freundschaft zu beweisen, so will ich ungesehen mit Euch tauschen. Mög' ich erschossen werden, wenn ich nicht dabei geprellt bin. Na, ich bin herzlich froh. Euch wiederzusehen. Bob Shags darf sich nicht scheuen, einem reellen Gemman Gemman, verdorben, Gentleman. ins Auge zu sehen. Kommt, Jungens! Keinen Jimmaky Jimmaky, Jamaika-Rum. und Slings Slings, ein Gemisch von gebrannten Wassern, Zucker und Zitronen. und Poorgun Poorgun, Burgundy, Burgunder. und solch hündisches Gesäufe, echten Monongehala-Whisky! Hurra für Alt-Virginien! Apropos, wollen wir den alten Virginier nicht besehen?«

»Nein, Bob,« rief Richard lachend, »Eure Großmut ist so echt alabamisch, daß ich mich unmöglich dazu verstehen kann, muß für diesmal schon meinen Alt-Virginier behalten, ist das Leibpferd meiner Frau.«

»Aber Swiftfoot,« erwiderte Bob treuherzig und traulich, »ist ein trefflicher Trotter.«

»Geht nicht,« war die Antwort, »geht nicht, dürfte mich nicht zu Hause blicken lassen!«

Bob biß sich in die Lippen; der fehlgeschlagene Pferdehandel hatte mittlerweile das Gute, daß er uns von den Whiskygläsern befreite. Bob schien ganz seine Offerte mit dem Pintglase vergessen zu haben. Er hob es zum Munde und leerte, so wahr ich lebe, den Inhalt mit einem Zuge.

Meine nassen Kleider fingen an, schwer auf mir zu liegen; die Atmosphäre war stark geschwängert. Bob hatte mich einigemal schon angeblickt: nun fragte er: »Und wer mag der Mister sein?«

Mein Name und Stand brachte mir eine Bewillkommnung zuwege, die buchstäblich Tränen in meine Augen preßte. Nach jedem Drucke schaute ich, ob nicht das Blut aus den Nägeln spritzte. Wahre Bärentatzen, rauh wie französische Heerstraßen.

»Recht froh, Jungens!« fuhr Bob im konfidentiellen, leiseren Tone fort, »daß ihr gekommen seid; bin just daran, einen Versuch für die nächste Assembly-Wahl Assembly, das gesetzgebende Corps eines Staates. zu machen, und ihr wißt, es ist allzeit gut, einen respektablen Ruf zu haben. Wie lange ist es, Mister Richard, daß ich von Blairsville weg bin?«

»Acht Jahre«, war die Antwort.

»Nein, Harry!« wisperte der Wegweiser zutraulich, »nein, möge ich erschossen werden, wenn es mehr als fünf sind.«

»Aber«, versetzte Richard, »ich bin seit fünf Jahren unten am Mississippi, und Ihr wißt –«

»Ah bah!« meinte der Mann, »fünf Jahre bei meiner Seele sind's, keine Stunde mehr, wenn Ihr gefragt werdet; versteht Ihr?« setzte er bedeutsam hinzu.

Der Kandidat für öffentliche Ämter hatte nämlich von seinem früheren Aufenthaltsorte, dem Geburtsorte Richards, Reißaus genommen, von wegen gewisser Mißverhältnisse, in die er mit Scherif und Konstabler Scherif, Konstabler, der Ober- und Untergerichtsdiener. geraten, und nachdem er einige Jahre herumvagiert, hatte er sich endlich in Bainbridge County niedergelassen, wo er zu gedeihen schien, soviel es nämlich Whisky und menschliche Schwachheit zuließen. Wir konnten nicht umhin, beinahe laut über die Wichtigkeit zu lachen, die uns Bob vor den Seinigen zu geben für rätlich fand. Theophrastus Paracelsus war ein bloßer Kesselflicker im Vergleich mit dem weit und breit berühmten Doktor Richard; seine fünfundzwanzig Neger wuchsen zu hundert in dieser hyperboreischen Lage, und meine Wildnis war unter Brüdern fünfmalhunderttausend Dollars wert. Es wäre gefährlich gewesen, dem gewaltigen und verschmitzten Windbeutel zu widersprechen, stets bereit wie er war, seine Aussage mit den Bärentatzen zu unterstützen.

Endlich konnte Richard die Frage in dieses Gebrülle einschalten:

»Ihr seid doch nicht willens, jetzt gleich zu perorieren?«

»Mag ich erschossen werden, wenn ich's nicht tue. So wahr ich lebe, will darauf und daran.«

»Wohl denn, da könnten wir vielleicht noch Kleider wechseln und unser Abendmahl abfertigen?« fragte Richard leiser.

»Kleider wechseln?« erwiderte Bob verächtlich, »und warum dies, Junge? Nicht wegen uns; seid sauber genug, gut genug für uns, braucht euch nicht zu genieren. Wenn ihr aber meint, so mögt ihr's tun. Holla Johnny!«

Und sofort begann er seine Negotiationen mit Jonny dem Wirte, der zu unserer Freude einen Leuchter ergriff, und uns in eine Art Hinterparlour führte, mit der Versicherung, daß wir auf unser Nachtessen nicht sehr lange zu warten haben würden.

»Kein anderes Zimmer, wo wir uns umkleiden könnten?« fragte ich.

»Ja, gewiß,« versetzte der Republikaner: »da ist die Dachstube; nur schlafen meine Töchter mit einem Dutzend Mädchen darin: dann ist noch die Küche.«

Ich sah betrübt darein; denn das Mädchen schickte sich soeben an, den Tisch zu decken, und unglücklicherweise war das Stübchen durch eine offene Tür mit der Küche in Verbindung, aus welcher ein heilloser Lärm erschallte. Ich hätte vieles für einen viertelstündigen Besitz des Zimmers gegeben. Mittlerweile sah ich mich nach unsern Porte-manteaux Porte-manteaux: Mantelsack, auch Handkoffer. um.

»Sechs kleine; es ist nicht Büffelleder,« rief ein junger Stentor aus der Küche herüber.

»Sechs kleine; es ist Rindsleder!« schrie ein Zweiter.

»Ich müßte mich sehr irren, wenn diese Bengel nicht unsere Porte-manteaux soeben mit ihrer Untersuchung beehren«, bemerkte Richard, indem er auf die Küche hinwies.

»Das wäre doch zu toll«, versetzte ich. Aber es war wirklich so. Nicht, daß wir in Besorgnis gewesen wären, die Porte-manteaux zu verlieren oder beschädigt zu sehen; aber sie aus diesen Bärentatzen mit guter Art zu winden, konnte nicht anders als durch einen gut angebrachten Spaß geschehen. Und ich fürchte diese Späße. Man hat immer einen Arm- oder Beinbruch zu riskieren. Die Küche war gesteckt voll; in der Mitte stand ein Haufe von Jungen über sechs Fuß hoch, von denen einer ein brennendes Licht hielt.

Eine der sonoren Stimmen rief: »Nein, ich zahle sicherlich nicht, wenn ich nicht das Innere sehe.«

Die jungen Gesellen debattierten soeben, ob der Überzug von der wilden Büffel- oder Ochsenspezies herrühre. Sie hatten sie bemerkt, als sie in das Hinterparlour getragen wurden, und ohne weitere Umstände zu Objekten ihrer Wetten gemacht.

»Es gilt sechzehn kleine!« rief mein Freund, »sie sind von Hirschhaut.«

»Sechzehn, sie sind es nicht!« donnerten zehn Stimmen mit lautem Gelächter zurück.

»Wohl denn, es ist eine Wette,« sprach mein Freund; »doch laßt uns zuerst sehen, worauf wir gewettet haben.«

»Platz da für den Gemman!« brüllte die Wettgesellschaft.

»Es sind unsere Porte-manteaux«, versicherte Richards lachend; »nun freilich, die sind nicht von Hirschhaut. Hier ist meine Wette.«

Der Dollar hatte ein Hurra zur Folge, das noch in meinen Ohren klingt; aber er hatte auch zugleich den Vorteil, uns in den Besitz unserer Porte-manteaux zu versetzen.

Eines war nur noch vonnöten, nämlich der ausschließliche Besitz unserer Stube – für eine Viertelstunde wenigstens.

»Wir wünschen einen Augenblick allein gelassen zu werden«, sprach ich zur Dirne, die rasch und pausbäckig aus- und eintrabte, zwanzig Tellerchen und Teller mit Konfitüren, Gurken, roten Rüben, eingemachten Früchten auf den Tisch stellend.

Ich schloß die Türe, während Richard lächelnd bemerkte: »Das ist gerade das sicherste Mittel, sie wieder offen zu haben.«

Kaum waren die Worte heraus, als auch die Türe mit lautem Gelächter aufflog.

»Tail Tail und Head, Schweif und Kopf; ein beliebtes Volksspiel. Eine Münze wird in die Höhe geworfen, und je nachdem sie auf den Kopf oder auf den Adler fällt, gewinnt die eine oder die andere Partei.!« schrie nun einer der lustigen Brüder.

»Head Tail und Head, Schweif und Kopf; ein beliebtes Volksspiel. Eine Münze wird in die Höhe geworfen, und je nachdem sie auf den Kopf oder auf den Adler fällt, gewinnt die eine oder die andere Partei.!« entgegnete ein zweiter.

»Sie haben Lust zu einem zweiten Dollar,« bemerkte Richard, »wohl, wir müssen ihnen schon ihren Willen tun.«

»Head!« rief er.

»Verloren!« fiel der Chorus ein.

»Da ist etwas zu vertrinken für euch«, sprach mein Freund, dessen bewundernswerter Gleichmut und gute Laune uns so glücklich durch alle Irrwege des rohen Hinterwäldlerlebens mit einer Leichtigkeit zu bringen wußte, die wirklich einen eigenen Reiz hatte.

Wir schlossen nun die Türe und hatten hinlängliche Zeit, unsere nassen Kleidungsstücke mit trockenen zu vertauschen. Noch waren wir nicht ganz mit unserm Umziehen fertig, als ein leises Tappen an der einzigen Scheibe, mit der das Fenster des Stübchens verziert war, unsere Aufmerksamkeit auf diesen Punkt hinlenkte. Und wen sahen unsere Augen? Es war Mister Isaak Shifty, der bei unserm Eintritte in die Wirtsstube uns den Rücken zu kehren für gut befunden hatte.

»Gentlemen!« flüsterte der Mann, indem er eine zweite Scheibe ihres Inhaltes, nämlich des Fragmentes einer alten Weste, entledigte, und dann bequem seinen Mund hindurchsteckte. »Gentlemen! Ich war im Irrtume. Ihr seid nicht zur Wahl gekommen, sagen unsere Späher, sondern vom untern Mississippi.«

»Und wenn wir es sind, was denn?« erwiderte ich trocken. »Sagten wir Euch nicht so?«

»Und so tatet ihr; aber ihr konntet mir auch einen Bären auf die Nase gebunden haben. Und wie ihr seht, so werben sie hier zur nächsten Wahl, und wir haben einen Widerpart in dem andern Wirtshause, und da wir wußten, daß sie zwei Männer von unten herauf erwarteten, so dachten wir, ihr wäret es gewesen.«

»Und weil Ihr uns so auf der unrechten Seite Eures Weges glaubtet, ließet Ihr uns im Kote stecken mit der fröhlichen Aussicht, das Genick zu brechen, oder im Tennessee zu ersaufen?« bemerkte Richard laut lachend.

»Das gerade nicht«, versetzte der Yankee; »wir würden es freilich lieber gesehen haben, wenn ihr im breiten Moraste übernachtet hättet, im Falle ihr die besagten zwei Männer gewesen wäret; aber jetzt wissen wir, woran wir sind, und bin deshalb gekommen, euch mein Haus anzubieten. Hier wird's eine gewaltige Frolic Frolic, Lustbarkeit. geben, und vielleicht auch mehr. In meinem Hause mögt Ihr so ruhig schlafen wie sonst in einem.«

»Das geht unmöglich an, Mister Shifty!« sprach Richard mit einem Blicke, der, wenn des Yankees Augen ihre Schuldigkeit taten, ihm gesagt haben muß, daß wir ihn durchblicken.

Die Klinke der Türe, die in die Küche führte, bewegte sich und schloß plötzlich unsere Unterhaltung. Die scharfen grauen Augen unseres Yankee hatten abwechselnd uns und die Stubentüre bewacht, und kaum war die Klinke hörbar gehoben, so füllte sich die Öffnung am Fenster, und der Kopf unseres hospitabeln Yankee verschwand wieder.

»Er braucht uns,« sprach Richard, »weil er fürchtet, unsere protegierende Anwesenheit möchte Bob zuviel Gewicht geben. Du siehst, sie haben ihre Späher; sollten Bob und die Seinigen es ausfindig machen, dann gibt es ein reelles Balgen. Allerdings sind wir in einer wahren Squatterhöhle Squatter, buchstäblich einer, der sich breit auf seinen Hüften niederläßt; figürlich Ansiedler, die sich rechtswidrig auf Ländereien niederlassen., sehr unreputierlich, aber wir müssen aushalten.«

Die Tafel war nun gedeckt, und die Tee- und Kaffeekannen dampften. Es war ein exzellentes Souper, echte Alabamadelikatessen. Fasanen mit Schnepfen, oder, wie sie genannt werden, Woodcocks, ein herrlicher Hirschziemer, der, ungeachtet des Jagdgesetzes, seinen Weg in Johnnys Behausung gefunden hatte, und Weizen-, Buchweizen- und Welschkornpfannkuchen. Wir hatten bereits den ersteren Gerechtigkeit widerfahren lassen, und waren soeben in Prüfung der letzteren begriffen, die, zur Ehre von Bainbridge sei es gesagt, kein Pariser Restaurateur hätte trefflicher auftischen können, als die Stimme Bobs im langen Gebrülle ertönte. Bob hatte seine Canvaß- oder Kandidaturrede begonnen. Es war hohe Zeit, unserm Souper ein Ende zu machen, und in die Reihe der Zuhörer des gewaltigen Wegmeisters einzutreten, unter dessen beschützenden Fittichen wir bisher so ziemlich wohl gefahren waren, das heißt, ohne unsere Arme oder Beine gebrochen zu haben. Die Hinterwäldleretikette forderte unsere Anwesenheit diktatorisch, und wir, ihrem Anspruche Genüge zu leisten, erhoben uns sofort von unserm Mahle und traten in die Versammlung.

Am Oberende der Tafel, und zunächst dem Schenktische, stand Bob Shags als Präsident, Sprecher, Kandidat – alles in allem. Ein Tintenfaß, das vor einer vierschrötigen Personnage aufgestellt war, bezeichnete den Sekretär. Bobs Gesichtszüge verfinsterten sich, als wir eintraten, zweifelsohne wegen unseres späten Erscheinens; doch Cicero selbst hätte kaum eine geschicktere Wendung gegen den Erzkonspirator Catilina nehmen können, als Bob bei unserm Eintritte zu seinen eigenen Gunsten einschlug.

»Und diese Gemmen«, fuhr er fort, »könnten euch sagen, ja, und schwarz auf weiß beweisen, und Beweise geben von meiner Respektibilität. Mag ich erschossen sein, wenn sie nicht die beste ist, just so gut, wie die des besten Mannes in den Staaten.«

»Nicht besser, als sie sein sollte!« fiel eine Stimme ein.

Bob warf einen finstern Blick auf den Sprecher; doch das Lächeln desselben schien gut gemeint, und alle übrigen schienen einverstanden. Bob räusperte sich und fuhr fort:

»Ei, brauchen Männer, die nicht auf die Köpfe gefallen sind, schwarz von weiß zu unterscheiden wissen, und sich nicht von der Ministration Ministration, Administration, die exekutive Gewalt, der Präsident mit seinem Kabinette. einen blauen Dunst vor Augen machen lassen, sondern unsere angebornen Souveränitätsrechte verteidigen. Mag ich erschossen sein, wenn ich einen Zoll breit weiche, ei, nicht dem Besten; vorausgesetzt, Jungens, ihr beehrt mich mit eurem Vertrauen und – ja eben das müßt ihr, sonst –«

Hier unterbrach den Redner ein donnernder Ausbruch der ganzen Wahlversammlung: » Let's go the whole hog«. Let's go the whole hog! eine etwas vulgäre Hinterwäldlerphrase; will so viel sagen, als: zur Hauptsache!

» The whole hog!« bekräftigte Bob, seine beiden Fäuste auf den Tisch auflegend; »das ist's Wahre! » The whole hog!« – das Volk – ei, so habe ich's nimmer gedacht! – Nun, Jungens, glaubt ihr nicht, daß unsere großen Herren zu viel Geld kosten? Mag mich G – tt verdammen, Jungens! wenn ich's nicht ums Drittel des Geldes ebensogut tue. Hört nur! sechs Gespänne, jedes von vier Gäulen, hätten vollauf zu ziehen, um nur das Silber wegzuschleppen, das uns Johnny Johnny, John Quincy Adams, dam. Präsid. d. V. St. und seine Ministration gekostet haben. Hier, Jungens, ist es schwarz auf weiß.«

Bob hatte einen Bündel Papiere vor sich, die wir zuerst für ein schmutziges Sacktuch gehalten, die aber die County-Zeitungen waren, von denen eine ganz sinnreich das Gehalt, welches die eben abgehende erste Magistratsperson der Union für ihre Dienstjahre bezogen, auf Wagenladungen reduziert hatte, – das herrlichste Mittel, die Verschwendung öffentlicher Gelder recht augenscheinlich darzustellen. Bob hielt inne, während sein Nachbar sich die Brille aufsetzte und zu lesen anfing. Doch alle fielen ein: »Wissen es schon, haben es schon gelesen! Zur Sache!«

»Nein,« rief Bob, »schaut nur einmal! Diplomatische Sendungen. Was soll das bedeuten? Wen brauchen sie da zu senden? Da haben sie einen Ginral Tariff Ginral Tariff, der allgemeine Tarif; hier von dem Hinterwäldler für einen General, mit Namen Tariff, genommen. angestellt, der einer der tollsten Aristokraten ist, der je lebte. Und der hat ein Gesetz passiert, infolgedessen wir nicht mehr mit den Briten Handel treiben sollen. Jeden Strumpf, jeden Messerstiel hat der verhenkerte Aristokrat mit einem Einfuhrzoll belegt. Wo sollen wir nun Flanelle hernehmen?«

»Hört! Hört!« rief hier einer der Zuhörer, dessen rotes Flanellhemd wirklich einer zeitigen Fürsorge zu bedürfen schien.

»Ferner«, fuhr Bob fort, »haben sie unserer Schiffahrt einen Schlepper zum Vorteil ihrer Manufakturen angehängt. Ihrer Manufakturen – Männer! Souveräne, freie Bürger! In den Manufakturen arbeiten!«

»Hört! Hört!« ertönte von mehreren Seiten drohender.

»Aber das«, fuhr Bob geheimnisvoll fort, »ist noch nicht alles. Nein, Jungens, hört und urteilt! Ihr, die erleuchteten freien Männer Alabamas, urteilt und seht zu! Ja, die Ministration und die Yankees! Wißt ihr, was sie taten?«

»Hört! Hört!« riefen neuerdings zwanzig Stimmen.

»Nichts weniger haben sie getan,« fuhr Bob fort, »als Kleidung, Munition, Gewehre und Mehl und Whisky haben sie den Creeks Creeks, Greeks. Die ersteren sind die bekannten Indianer im Staate Georgien; die letzteren die Griechen, denen bekanntlich in ihrem damals beendigten Freiheitskampfe bedeutende Unterstützungen von den Bürgern der V. St. gesandt wurden. geschickt. Zwei volle Schiffsladungen haben sie geschickt. Hier ist's!« schrie Bob, eine andere Zeitung auf den Tisch werfend.

Eine atemlose Stille herrschte während der furchtbaren Beschuldigung, die nun Wort für Wort verlesen wurde. Wir konnten beinahe das Lachen nicht mehr verhalten; doch Not gebot.

Bob fuhr fort:

»Und sie wollen sie zurück über den Mississippi und wieder in Georgien, ja – und in Alabama gleichfalls haben; und sie halten Reden und Versammlungen zu ihren Gunsten, und sagen, daß wir ihnen, diesen Creeks, unsere Aufklärung verdanken, und sie haben bereits Häuptlinge, als da sind Alexander, den sie den Großen nennen, und Perikles und Plato, und derlei Namen, wie wir sie unseren Negern geben. Ja, und diese verwünschten Rothäute fechten gegen einen andern Häuptling, den sie Sultan heißen, und der auf der Türkeninsel Turks Island, Türkeninsel; eine kleine Insel, von welcher die westlichen Staaten, Nord- und Süd-Karolina, Georgien usw. ihr Salz beziehen. irgendwo gegen Osten hauset. Wo sollen wir unser Salz hernehmen?«

Der Sturm, der seit geraumer Zeit gebrauset, brach nun in ein Gebrülle aus, das die Balken des Stammhauses in seinen Grundfesten erschütterte. Trotz dem beinahe unwiderstehlichen Kitzel hatten wir wacker an uns gehalten; inmitten des tobenden Sturmes jedoch erscholl auf einmal ein lautes Lachen, das von Bob und seinen Getreuen gehört wurde. Der donnernde Ausruf: ein Späher, ein Spion! war kaum von den Lippen des Gewaltigen ertönt, als der ganze Knäuel gegen die Türe stürmte, durch welche sich eine Personnage gestohlen hatte, die allerdings zu einem solchen Ehrendienste qualifiziert schien. Der unglückselige Wicht wurde gerade noch zu rechter Zeit erschnappt und vor das hohe Tribunal gezogen. Sein Geheul brachte jedoch bald das ganze Korps seiner Freunde, die in der nächsten Taverne in einem ähnlichen Geschäft begriffen waren, zu seinem Beistande. Ein Kampf war nun unvermeidlich, und diesem zu entwischen unsere Hauptsorge. Wir drückten uns so schnell als möglich durch die Küche und von da in den Hof.

»Halt!« zischte eine leise Stimme, »ihr seid am Rande einer Pfütze, in der ein Ochs ersaufen könnte. Aha, nun werdet ihr doch meine Einladung nicht verschmähen?«

Es war Mister Isaak Shifty, bei alledem ein getreuerer Pilote, als wir dachten. Im Wirtshause war die Schlacht soeben im besten Zuge. Wir überlegten, was wohl zu tun sei, als der Sturm sich plötzlich zu legen begann.

»Was ist das?« riefen wir verwundert, durch die Küche auf den Schlachtplatz eilend.

Es war niemand anders als der Konstabler mit seinem Amtsstabe, der in der Hitze der Schlacht eingetreten. Sein Erscheinen allein bewirkte, was hundert Leibgardisten eines Despoten nicht hätten zuwege bringen können, augenblicklichen Waffenstillstand. Der Aufruf zur Ruhe im Namen des Gesetzes hatten Bob und Kompagnie wie mit einem Zauberschlage berührt, und Friede und Eintracht waren wieder auf einmal hergestellt.

Wir hatten eine ruhige Nacht, mit der einzigen Unbequemlichkeit, daß Bob sich uns als Beilage anschloß, und wir somit drei in eine Bettstelle zu liegen kamen. Ehe jedoch der Morgen graute, war er von unserer Seite gewichen. Spät betraten wir die Wirtsstube; sie stand noch immer am alten Flecke, trug aber furchtbare Male eines verzweifelten Kampfes. Bänke, Stühle und Tische lagen in Trümmern umher, der Fußboden war mit zerbrochenen Krügen und Gläsern übersät! und selbst das Heiligtum, der Schenktisch, war von einer teilweisen Zerstörung nicht verschont geblieben, und als wir uns dem Stalle näherten, um Cäsar unsern Besuch abzustatten, fand ich, zu meinem nicht geringen Verdrusse, meine Gig über und über mit Wahlzetteln und Hurras für Bob Shags beklebt, und Richard den Schweif seines Cäsars so glatt und rein abgeschoren, als ob die Schelme ihn barbiert hätten. Unser Frühstück war jedoch vortrefflich, und unter günstigeren Auspizien, als es tags vorher der Fall gewesen, traten wir unsere Reise nach Florence an.


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