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Auf dem Wege zum Dampfschiffe fiel mir meine erste Tour an diesen gleichnamigen berühmten Fluß ein, und dabei wurde mir zumute wie dem armen Sünder, der seinen letzten Gang in Begleitung des Scherifs Bekanntlich geschehen die Hinrichtungen durch den Scherif. geht; ein unbehagliches Widerstreben aller Sehnen und Knochen, ein Kampf im Innern und Äußern. Es war, als ob mich etwas zurückzöge; ein leichter Schauder vor der Zukunft begann mich zu beschleichen. Und es war doch meine Heimat, mein Haus und Hof, wohin ich ging; aber was für ein Haus und Hof! Es sind gerade neun Jahre, daß ich dieses Tuskulum mein nenne, und neun Jahre zwei Monate, daß ich im Besitze dieses Freehold of these united states Freehold of these united states , ein Freigut., wie wir es nennen, bin. Fünftausend Dollars hatten mir die Ehre verschafft, Pflanzer Louisianas zu werden; »ein Pappenstiel« gratulierten mir ein Dutzend meiner Freunde – Landhändler; das Holz war zehnmal zehntausend wert; es sollten zweitausend Acker sein, with due allowance for fences and roads. Due allowance for fences and roads . Jeder Landkauf hat im Kontrakte oder der Urkunde diese Formel, die so viel bedeutet, daß z. B. nebst den 2000 hier erwähnten Äckern noch die Befugnis erteilt ist, ein gewisses Landmaß behufs der Einzäunungen und Wege anzusprechen. Ein halbes Jahr zuvor hatten die Zeitungen des ganzen Westens diese Red-River-Ländereien herausgestrichen: es war ein so köstliches Zucker- und Kottonland! Sechzehn Fuß tiefer Flußschlamm! Ägypten war eine Sand- und Steinwüste dagegen! – Das Klima! Nichts als Zephirlüftchen, wie sie in Eldorado und Arkadien nur immer wehen können. Ich Hasenfuß, der ich doch die vollen Backen kenne, mit denen meine lieben Mitbürger vom Preßbengel zu posaunen pflegen, wenn ein Dutzend Landspekulanten ihnen vorläufig die Zunge mit ein paar Schock Dollars geölt haben, ging in die Falle und kaufte mich an in diesem Fieberpfuhle, wo ein wohnliches Haus mich erwartete, mit zwei Negerhütten; die Improvements Improvement , buchstäblich Verbesserung. In den V. St. werden improvements vorzüglich die Bauten von Wohnhäusern und Scheunen und die Ausrottungen der Wälder genannt. Ein Stück Waldes ohne beurbarten Boden oder ohne Haus heißt Land, mit Haus und Acker heißt es Improved Land., versicherte mir der Landspekulant, wären unter Brüdern zweitausend Dollars wert. Es war im Juni, als ich besagtermaßen ging und, wie ich mich deutlich erinnere, mit derselben Antipathie und getrieben durch die Macht des Schicksals – wie Narren es nennen und gescheite Leute – durch die Macht unserer eigenen, törichterweise eingegangenen Verhältnisse. Ich war dazumal in Neuorleans, das letzte Segel hinter dem Great Bend Great Bend, der große Busen, den der Mississippi unterhalb der Hauptstadt von Lousiana bildet. war verschwunden; meine Freunde waren den Fluß hinunter oder hinauf, oder über den See Pontchartrain.; in ganz Neuorleans nichts mehr zu sehen als hohläugige Negerinnen, hemde- und herrenlos, die wie Schakale heulend durch die Straßen liefen und um die verschlossenen oder zerbrochenen Türen und Fensterladen umherschlichen; besonders in der oberen Vorstadt, wo bereits ganze Gassen leer und verödet standen; die Häuser offen, die Türen und Fenster zerschlagen, der Samum herüberwehend von Veracruz, durch die ganze Stadt nichts zu hören als das solenne Rasseln der Leichenwagen, auf denen zwei, drei Särge auf- und nebeneinander lagen. Es war hohe Zeit zu gehen; denn das gelbe Fieber hatte seinen Triumpheinzug gefeiert und herrschte wie ein Sieger, ein großer Kriegsheld in einer erstürmten Stadt.
Ich hatte als Bedeckung vier Neger, die alte fünfundsechzigjährige Sibylle mit eingeschlossen, ein Kleinod, wie es selten zu finden ist; denn die fürchtet nicht das gelbe Fieber, wohl aber das gelbe Fieber sie. Cäsar und Tiber waren die zwei andern, und Vitell der dritte. Wir geben gern unsern Pferden und Negern derlei hochtönende Namen, zum abschreckenden Beispiele, glaube ich, für unsere eigenen Herrscherlinge; denn seid versichert, auch bei uns fehlt es nicht an would be Caesars. Would be Caesars , ein häufig gebrauchtes, unübersetzbares Doppelwort; so viel als: Cäsar sein wollende.
Meine Gig hatte ich weislich zurückgelassen, dafür aber einen ungeheuren Leiterwagen meinem Freunde Bankes aus der Remise gezogen, auf dem ich mein ganzes Mobiliarvermögen zusammengepackt, Wolldecken und Äxte, Harken und Pflugscharen, Kottonhemden und Töpfe. Ich, der Fashionable, saß obenan, den Plan meines neuen souveränen Besitztums in der Tasche, und nicht viel weniger stolz als ein solcher Souverän, von denen es einige in der Welt geben soll, die nicht einmal so viel Landes besitzen. Wer so den Mister Howard, der noch vier Monate zuvor den Reigen bei H – und P – angeführt, inmitten dieser Welt von Töpfen, Flaschen, Bündeln, Stricken, Pfannen sah, der mußte lachen. Es lachte aber niemand, so gern ich es gesehen hätte; noch weinte eine Seele; denn Tränen waren damals in Neuorleans selten. Man war so an den Tod gewöhnt, und dieser hatte alle Gefühle so abgestumpft, daß sie ein ganz kostbarer Artikel wurden. Aber selbst, wäre das gelbe Fieber nicht gewesen, so herrscht bei uns wieder soviel gesunder Sinn, daß derlei Aufzüge nichts weniger als lächerlich erscheinen, und die brillanteste Schöne wird ebenso willig mit ihrem neuen Bräutigam einen derlei Dearborn Dearborn: Leiterwagen. besteigen, als die Landnymphe es in Begleitung ihres geliebten Tom tut. Und wer in unsern Hinterwäldern reist, wird oft Überraschungen finden, von denen kaum einem Romanschreiber träumen dürfte. Ein liebliches Ehepaar, inmitten des luxuriösesten Überflusses auferzogen, das sich in die Einsamkeit der Wälder zurückgezogen, ein schönes Stück Urwaldes erkauft, und da für sich und seine Kinder eine neue Existenz begründet. Man findet sie häufig, diese Hütten, die bloß aus einer Stube und einer kleinen Küche bestehen – in der Stube an den Wänden die Alltagskleider, gewöhnlich von den zarten Händen der Dame gefertigt, daneben Sattel und Pferdegeschirr, zuweilen eine Harfe oder ein Pianoforte, aber auf diesem die neuesten Nummern der American-, North- und Southern-Reviews American Review, North-American-Review, Southern Review , die drei großen Zeitschriften der V. St.; die eine bekanntlich in Philadelphia, die andere in Boston und Neuyork, die dritte in Charleston herausgegeben., mit den Zeitungen der Kongreßstadt. So haben unsere Johnsons, unsere Livingstons, unsere Ranselaërs, und Hunderte, ja Tausende von Familien, unsere Jeffersons und Washingtons angefangen; und wohl, wenn die künftige Generation dieses Verjüngungsmittel der bürgerlichen Gesellschaft nicht anekelt! Ich bestieg, wie gesagt, meinen Dearborn, um gleiches zu tun, und so geschwind wie möglich das verpestete Neuorleans zu verlassen, da kein Dampfschiff mehr zu sehen und zu hören war. Just als ich mich inmitten meines Mobiliars niederließ, kam Cäsar mit einem so gut als neuen Mantel, wie er meinte, den er vor einem öden, verlassenen Hause in der Vorstadt so glücklich gewesen zu entdecken. Ich packte den Mantel mit einer Feuerzange und schleuderte ihn so weit vom Wagen, als ich konnte, zum großen Leidwesen Cäsars, der nicht begreifen konnte, wie man ein zwanzig Dollars wertes Ding so unzeremoniös behandeln konnte.
Kein lebendiges Wesen war mehr zu sehen gewesen, soweit das Auge durch die schnurgerade Straße reichte; auf der rechten Seite gegen die Vorstadt Annunciation zu war alles mit Brettern verpallisadiert, darauf Anschlagezettel, gleich Segeln, mit ellenlangen Buchstaben, die das Infected Angesteckt. einem eine halbe Meile schauen ließen, Proklamationen des Maire. – Die Proklamationen waren überflüssig; Neuorleans sah einem Kirchhofe ähnlicher als einer Stadt; wir trafen nicht fünf Menschen, als wir die neu ausgelegte Kanalstraße vorbeifuhren und die Levee hinauftrieben. Vor der ersten Pflanzung, wo wir hielten, um unsern Tieren Futter zu geben, waren uns Türen und Tore vor der Nase zugeschlagen worden, und die menschenfreundlichen Besitzer, den lieben Besuch geschwinde los zu werden, ließen aus den Jalousien des Hauses ein paar Läufe herausblinken, die uns alle Lust benahmen, die Gastfreundschaft M–s ferner in Anspruch zu nehmen. Wir kamen jedoch von Neuorleans und durften nichts Besseres erwarten. – Cäsar, gleich seinem berühmten Namensahn, hatte sich nicht abschrecken lassen, war über das Geländer gesprungen, hatte einigen Dutzend Welschkornstengeln die Köpfe abgerissen, und sie unsern Pferden vorgeworfen; ein zerbrochener Krug diente, Wasser aus dem Mississippi zu holen, und nach einer halben Stunde fuhren wir weiter. Fünfmal, erinnere ich mich, hatten wir auf dieselbe Weise zugesprochen, und waren auf dieselbe menschenfreundliche Weise abgewiesen worden, bis wir endlich vor B–s Pflanzung kamen, eines Freundes von mir. Wir waren fünfzig Meilen in einer glühenden Atmosphäre an mehr denn fünfzig Pflanzungen vorbeigefahren, die alle wie fürstliche Villen aussahen, aber niemanden hatten wir noch gesehen. Da hoffte ich endlich Unterkunft zu finden, fand mich jedoch betrogen.
» From New-Orleans From New-Orleans ? Von Neuorleans??« fragte die Stimme meines Freundes durch die Jalousien seiner Veranda.
» To be sure To be sure , versteht sich von selbst.«, war die Antwort.
» Then be gone friend and damned to you Then be gone friend and damned to you ! So packen Sie sich, lieber Freund, und seien Sie verdammt!!« war die freundliche Antwort des lieben Misters B–s, der jedoch wieder die Artigkeit hatte, einen ungeheuren Schinken mit Zubehör, samt einem halben Dutzend Bouteillen vor die Türe stellen zu lassen, uns so, ohne ein Wort weiter zu verlieren, andeutend, daß wir gerne gesehen wären, wenn wir mit einer Kampagne unter freiem Himmel fürlieb nähmen. Ich lachte herzlich, aß und trank, hüllte mich in meine Wolldecken und schlief, wie es der Präsident im Weißen Hause sicherlich nicht kann. Als wir am Morgen aufbrachen, rief ich ein Thank ye and be damned to you Thank ye and be damned to you ! Danke Ihnen und verdamme Sie – versteht sich G–tt!! zur Danksagung, und so trabten wir weiter. In Baton-Rouge endlich, bei einem ausgepichten Franzosenmagen, dem weder die Moskowiter noch die Mamelucken etwas anhaben konnten, und der über das gelbe Fieber nur lachte, fanden wir am dritten Abende Nachtquartier und fuhren am folgenden Morgen im Dampfschiff Clayborne in den Red-River ein. Am Abende waren wir in meine Domaine eingezogen.
Madre santissima! ruft der Spanier in seiner Bedrängnis; was ich rief, weiß ich nicht mehr; nur soviel weiß ich, daß mir die Haare zu Berge standen, als ich diese sogenannten Improvements beaugenscheinigte. Das wohnliche Haus war eine Art Schweinestall, nicht einmal aus Balken, sondern aus Baumästen zusammengeflickt, ohne Türen, Fenster und Dach; und da sollte der fashionable Howard hausen? Und zwar zu einer Zeit, wo der Thermometer zwischen 95 und 100 95 bzw. 100 Grad Fahrenheit = 35 bzw. 38 Grad Celsius. variierte? Doch Not kennt kein Gebot. Wir machten uns an die Arbeit, und in zwei Tagen standen zwei so leidliche Hütten da, als je einen Backwoodsman aufnahmen, mit der einzigen Unbequemlichkeit, daß, wenn es stark regnete, wir unter dem Kottonbaum, der in der Nähe stand, Zuflucht suchen mußten. Glücklicherweise waren jedoch fünfzig Acker beurbart, und dies half. Wir pflanzten und hausten, so gut es sich tun ließ; bei Tage säte und pflügte ich, bei Nacht besserte ich Riemenzeug, auch Löcher in den Inexpressibles aus. Von Gesellschaft waren wir wenig geplagt, denn mein nächster Nachbar wohnte fünfundzwanzig Meilen von mir, und so verging der erste Sommer. Im zweiten ging es besser, im dritten noch besser, und so fort, bis es endlich leidlich wurde. Es läßt sich alles tun, und wenn der arge Napoleon ein wahres Wort gesprochen, so war es, als er sagte: Impossible – c'est le mot d'un fou.
Und dann eine Jagdexkursion in die Savannen Louisianas oder Arkansas!
Es ist etwas Eigenes in diesen endlosen Wiesenwüsten, das den Geist erhebt, ihn, wir möchten sagen, nervig und stark macht, sowie den Körper. Da herrschet das wilde Roß und der Bison und der Wolf und der Bär, und Schlangen zahllos, und der Trapper Trapper, buchstäblich Fallen-, Schlingensteller, von trap, Falle. Das Wesen dieser Art Menschen wird weiter unten erklärt; es mag jedoch nicht überflüssig sein, beizufügen, daß durch eine neuerliche Kongreßakte bloß geborene Amerikaner zum sogenannten Trapping und Hunting zwischen dem Mississippi und dem stillen Ozean ermächtigt sind, vorzüglich, um den Briten jede Gelegenheit zum Verkehr mit den auf dem Grund und Boden der V. St. herumschwärmenden Indianern und zur Aufwieglung derselben abzuschneiden., alle an Wildheit übertreffend. – Nicht der alte Trapper Coopers, der in seinem Leben keinen Trapper gesehen, aber der wirkliche Trapper, der Stoff zu Romanen geben könnte, die den pinselhaftesten Pinsel begeistern müßten.
Unsere Zivilisation, die edelste, die sich je gebildet und selbsttümlich entwickelt, hat wieder eigene Mißgeburten erzeugt, von denen die Zivilisation anderer Länder nichts weiß, und die nur einem Lande entsprießen können, wo die Freiheit unbeschränkt ist. Es sind Auswürflinge, diese Trapper, großenteils; oder Geächtete, die dem strafenden Arm des Gesetzes entflohen sind, oder auch unbändige Naturen, denen selbst die rationelle Freiheit der Staaten noch Zwang däucht. Vielleicht ist es ein Glück für eben diese Staaten, daß sie gewissermaßen dieses Fagend Fagend . Dieses unübersetzbare Wort dürfte einer näheren Bezeichnung um so mehr wert sein, als es häufig gebraucht wird; fagend nennt man das ausgezupfte Ende eines Strickes, die Salleiste am Tuch, das Wertlose an irgendeiner Sache; die Kanadas z. B. werden ganz richtig das fagend von Amerika genannt. Hier heißen die Steppen zwischen dem Felsengebirge und Mississippi fagend. an ihrem Lande besitzen, wo die wilden Leidenschaften austoben können; denn im Busen der bürgerlichen Gesellschaft dürften sie viel Unheil anrichten. Hätte zum Beispiel la belle France dieses Fagend während seiner großen Krisen gehabt, wie viele seiner großen Krieger würden nicht als Trapper verstoben sein, und wahrlich! weder Europa noch die Menschheit wäre ärmer, wenn sie von den großen Werkzeugen des absolutesten Despotismus, den Massenas und Vandammes und Sebastianis und Davousts und diesen bordierten Leuten samt und sonders wenig oder gar nichts wüßten! – Man findet diese Trapper oder Hunters Hunters, Jäger. von den Quellen des Columbia- und Missouristromes herab bis zu denen des Arkansas und Red-River, an all den tributären Flüssen des Mississippi, die bekanntlich auf dieser Seite durchgängig in den Rockymountains entspringen. Ihre ganze Existenz dreht sich um die Vertilgung der Tiere, die sich seit Jahrhunderten und Jahrtausenden in diesen Steppen und Fluren zusammengehäuft haben. Sie morden den wilden Büffel, um Felle für ihre Kleidung, Haunches Haunch, der Buckel auf dem Rücken des Bison, der bei weitem beste, schmackhafteste und nahrhafteste Teil am ganzen Tiere. für ihr Mahl zu haben, den Bären, um auf seiner Haut zu schlafen, den Wolf, weil es ihnen Vergnügen macht; und sie fangen und morden den Biber seines Felles und gelegentlich auch des Schwanzes wegen. Dafür erhalten sie Pulver, Blei, Flanelljacken und Hemden und Garne zu ihren Netzen und Whisky, um die Kälte in den Wintertagen abzuhalten. Sie ziehen häufig in Haufen von Hunderten hinüber in diese Wüsten, wo sie öfters mit den Indianern blutige Fehden anfangen; gewöhnlich jedoch tun sie sich in Gesellschaften von acht bis zehn zusammen, zu gemeinsamem Schutz und Trutz vereinigt, eine Art wilder Guerillas. Immerhin sind jedoch diese mehr Hunters als Trapper; der wahre Trapper zieht nur in Gesellschaft eines geschworenen Freundes, mit dem er Jahr und Tag, öfters Jahre, aushält; denn es erfordert häufig Jahre, ehe sie mit den Verstecken der Biber bekannt werden. Stirbt der Gefährte, so bleibt der Übriggebliebene im Besitze der erworbenen Felle und des Geheimnisses des Aufenthaltes der Tiere. Was anfangs Furcht vor dem Gesetze bei vielen bewirkt, wird bald zum absolutesten Bedürfnis, und die ungeregelte, zur wilden Lust gewordene unbegrenzte Freiheit würden nur wenige für die glänzendste Stellung in der bürgerlichen Gesellschaft vertauschen. Es leben diese Menschen das ganze Jahr hindurch in den Steppen, Savannen, Wiesen und Wäldern der Arkansas-, Missouri- und Oregon-Gebiete Arkansas-, Missouri- und Oregon-Gebiete, die mit den zwei Staaten Louisiana und Missouri beinahe das ganze westliche Gebiet der V. St. jenseits des Mississippi einnehmen., die in ihrem Busen ungeheure Sand- und Steinsteppen und wieder die herrlichsten Gefilde bergen. Schnee und Frost, Hitze und Kälte, Regen und Sturm und Entbehrungen aller Art haben ihre Glieder so abgehärtet, ihre Haut so verdichtet, wie die des Büffels, den sie jagen; die stete Notwendigkeit, in der sie sich befinden, sich auf ihre Körperkraft zu verlassen, erzeugt in ihnen ein Selbstvertrauen, das vor keiner Gefahr zurückscheut; eine Schärfe des Blickes, eine Richtigkeit des Urteils, von der der Mensch in zivilisierter Gesellschaft sich keinen Begriff machen kann. Ihre Leiden und Entbehrungen sind oft gräßlich, und wir haben Trapper gesehen, die Leiden ausgestanden hatten, in Vergleich zu welchen die erdichteten Abenteuer Robinson Crusoes bloß Kinderspiele sind, und deren Haut sich in eine Art Leder verdichtet, das mit der gegerbten Büffelshaut mehr Ähnlichkeit als mit der menschlichen hatte; nur Stahl und Blei vermochten durchzudringen. Es sind diese Trapper eine psychologisch merkwürdige Erscheinung: in die wilde unbegrenzte Natur hinausgeworfen, entwickelt sich ihr Verstand häufig auf eine Weise, so eigentümlich scharfsinnig und selbst großartig, daß wir an einigen Lichtfunken wahrgenommen haben, deren sich die größten Philosophen alter oder neuerer Zeiten nicht geschämt haben dürften.
Die täglichen, ja stündlichen Gefahren, sollte man glauben, müßten die Blicke dieser verwilderten Menschen zum höchsten Wesen erheben; aber dem ist nicht so. Ihr Gott ist das Weidmesser, ihr Schutzpatron die Rifle Rifle, Stutzer., ihre feste Hand ihr Hort. Den Menschen scheut der Trapper, und der Blick, mit dem er den ihm in der Wüste Begegnenden mißt, ist seltener der des freundlichen weißen Bruders als des Mordgierigen; denn Gewinnsucht wirkt hier – eine ebenso mächtig scheußliche Triebfeder – wie in der zivilisierten Gesellschaft, und gewöhnlich bezahlt von zwei sich begegnenden Trappern einer mit dem Leben. Er haßt seinen weißen Nebenbuhler um die geschätzten Biberfelle noch weit mehr als den Indianer; letzteren schießt er ruhig nieder wie einen Wolf, Büffel oder Bären, ersterem stößt er jedoch sein Messer mit einer so wahrhaft teuflischen Freude in den Busen, als ob er fühlte, daß er die Menschheit von einem großen Mitverbrecher befreie. Viel trägt auch zu dieser entmenschten Wildheit bei, daß er die stärkste Nahrung, die es wohl geben kann, das Fleisch des Bison, ohne Brot oder sonstiges Zubehör jahrelang genießt, und so gewissermaßen zum Raubtiere wird.
Wir haben auf einem solchen Ausfluge, den wir in Gesellschaft einiger Bekannter an den obern Red-River unternommen, mehrere dieser Trapper angetroffen, unter andern einen wetterverbrannten, von Sturm und Ungewitter und Entbehrungen aller Art so durch und durch gegerbten Alten, daß seine Haut mehr der Bedeckung einer Schildkröte als der eines Menschenkindes glich. Zwei Tage hatten wir in seiner Gesellschaft gejagt, ohne daß uns etwas Besonderes an dem Manne aufgefallen wäre; er bereitete unser Mahl, das einmal aus einem Hirschziemer, das anderemal aus einem Büffelhaunch bestand, wußte den Aufenthalt und Zug des Wildes, und witterte beide genauer als sein ungeheurer Wolfshund, der ihm nie von der Seite kam. Erst am Morgen des dritten Tages entdeckten wir einiges, das uns weniger zutraulich gegen unsern neuen Jagdgefährten machte. Es waren eine Menge Striche und Kreuze an dem Schafte seines Stutzers, die die Veranlassung zur Wahrnehmung des eigentlichen Charakters dieses Mannes wurden. Diese Striche und Kreuze waren in Rubriken beiläufig auf folgende Weise geordnet:
Buffaloes (Büffel). – Keine Zahl angegeben, da sie wahrscheinlich zu groß war.
Bears (Bären) 19. Diese waren mit einfachen Strichen bezeichnet.
Wolves (Wölfe) 13; mit Doppelstrichen.
Red Underloppers (rote Zwischenläufer) 4; waren mit vier Querstrichen angedeutet.
White Underloppers (weiße Zwischenläufer) 2; mit Kreuzchen notiert.
Als unser Gefährte den Schaft so aufmerksam betrachtete und sich Mühe gab, den Sinn der Worte Underloppers zu erforschen, fuhr ein grinsendes Lächeln über die Züge des Alten hin, das uns aufmerksam machte. Ohne jedoch ein Wort zu verlieren, machte er sich an den Büffelhaunch, den er unter dem Rasen hervorzog, aus der Haut, in die er gewickelt war, nahm, und uns auftischte. Es war ein Mahl, wie es kein König besser haben kann, und das uns ganz den Stutzerschaft vergessen machte. Auf einmal sprach er mit einem tückischen Lächeln, sein Rifle an sich ziehend: » Look ye it's my pocketbook. D'ye think it a sin to kill one of them two legged red – or white underloppers Es ist mein Taschenbuch. Denket ihr, es ist eine Sünde, einen dieser zweifüßigen roten oder weißen Zwischenläufer zu töten??«
» Whom do you mean Wen meint Ihr??« fragten wir.
Der Mann lächelte wieder und erhob sich; wir wußten nun, wer die zweibeinigen Zwischenläufer waren, die er ebenso ruhig auf seinem Schafte notiert hatte, als wären sie, die er erschossen, statt Menschenkinder wilde Truthühner gewesen.
Wir fühlten uns weder berufen noch ermächtigt, an einem Orte, wo die bürgerliche Gesellschaft und ihr rächender Arm aufgehört, als Richter aufzutreten, und ließen den Mann gehen.
Diese Trapper kehren jedoch immer nach einem oder mehreren Jahren wenigstens auf einige Wochen in den Schoß der Gesittung zurück, und zwar, wenn sie eine hinreichende Anzahl von Biberfellen gesammelt haben. Gewöhnlich fällen sie einen hohlen Baum in der Nähe oder am Ufer eines schiffbaren Flusses, machen ihn wasserdicht, ziehen ihn in den Strom, packen ihre Felle und wenigen Habseligkeiten darein und rudern Tausende von Meilen den Missouri, Arkansas oder Red-River hinab nach Saint-Louis, Natchitoches oder Alexandria, wo sie in Tierhäuten auf den Straßen umherstarren, Erscheinungen, die den Fremden nicht selten in die Urwelt zurückversetzen.
Doch wir sind nun vor dem Dampfschiffe, und es ist Zeit, daß wir diesen amüsanten und unamüsanten Betrachtungen ein Ende machen.