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Ralph Doughbys Brautfahrt

I.
Ein Nachtstück am unteren Mississippi.

Richard stand noch immer in der Fenstervertiefung; seine Wangen waren hoch gerötet, seine Augen leuchteten, sein Blick schweifte in die Ferne.

»Richard!« sprach ich, »willst du nicht näher?«

Er trat in unsere Mitte.

»Gott segne dich!« murmelte er leise, meine Hand erfassend; »Gott segne dich! Du hast kurz und gut gewählt.«

Ich sah ihn scharf an, die momentane Wolke unmutiger Betroffenheit war verflogen, freudige Teilnahme lachte aus seinen Zügen.

»Richard!« sprach ich, »auf unserer Rückreise kehren wir bei dir ein.«

»Mir wie aus der Seele gesprochen – und bleibt einige Tage bei mir.«

»Was sich sehr gut fügen wird«, schaltete Menou ein. »Ohnedies haben wir ein paar Tage zur Einrichtung nötig. Mister Richard wissen, daß das Haus auch des ordentlichsten Junggesellen noch immer nicht viel besser als ein Augiasstall ist.«

»Eins, Richard, profitierst du sicherlich in der Gesellschaft meines liebwerten Schwiegervaters«, fiel ich lachend ein; »die Art und Weise, auch die derbsten Komplimente die Leute recht zuckersüß verschlucken zu machen.«

Menou lächelte auf seine Weise, und Richard nickte beifällig und schaute dann wieder Luise nach, an der er sich nicht satt sehen konnte. Während die Damen und Herren uns ihre Glückwünsche darbrachten, folgte er jeder ihrer Bewegungen mit einer so wahrhaften Yankee-Examinatorsmiene, daß mein liebes Mädchen ordentlich in Verlegenheit geriet. Bei dem Namen Richard – das gute Kind hatte ihn bei seiner Einführung überhört – überflog ihr Gesicht ein spitzes, holdes Lächeln, das zu fragen schien: »meinst du es auch ehrlich?«

»Aber, teurer George,« sprach er, als sie wieder fortgetrippelt war, »du bist ja ein wahres Glückskind, deine Braut ein lieber Engel.«

»Nicht wahr?« erwiderte ich; »das sind andere Nüsse als eure ausgestopften, bleich und schwindsüchtigen Neuyorkerinnen, von denen unser Dichter sagt:

Thus finished in taste, while on her you gaze,
You may take the dear charmer for life,
But never undress her, for out of her stays
You'll find, you have lost half your wife.

»Du kennst meinen Geschmack, just so wie ich sie mir wünschte. Nicht zu kurz, nicht zu lang. Schlank von Gestalt, aber nicht gar zu luftig. Taille, was die Franzosen svelte nennen; die Form leicht, zart und doch gerundet; hasse die eckichten Dämchen, die wie Springfedern aufschnellen. Ein seelenvolles Auge, vor allem aber Rosen auf den Wangen, Perlenzähne im Mund, und süßen Atem in der Lunge, – zum Küssen. Ah, ein Junggeselle von achtundzwanzig versteht sich auf –«

Die konfidentielle, aber etwas zu materielle Explikation, die zum Glück niemand sonst hörte, unterbrach Richard durch die prosaische Frage, mit prosaischer Miene gesprochen:

»Aber, armer Junge, du wirst Geld brauchen?«

»Pah! Wer wird am Hochzeittage von Geld reden! Wir kehren bei dir ein, und zur schuldigen Danksagung geht ihr wieder mit uns.«

»So soll es sein«, sprach Richard; »aber dann muß ich sogleich nach Hause, um einige Vorkehrungen zu treffen.«

Mein Schwiegervater begleitete den Freund an die Treppe, und nach Verlauf einer Viertelstunde sahen wir ihn auf einem der vierhundert Dampfschiffe, die wie Lohnkutschen, freilich in etwas großem Maßstabe, zu jeder Stunde des Tages und der Nacht an der Leeve Levee, die eigentliche Werft von Neuorleans, die auf der einen Seite die Stadt, auf der anderen den Mississippi bis zu den unteren Vorstädten hinabläuft. zu- und abfahren, den Strom hinaufeilen. Luise schwenkte dem vom Verdeck herübergrüßenden ihr weißes Tuch durch das Fenster zu, aber nicht eher, als bis ich ihr die Hand dazu gehoben hatte. Das liebliche Mädchen schmollt ihm immer noch im Herzen. Aber, guter Himmel! so süß mir dieser artige Groll im Grunde auch behagt – wem von uns Menschenkindern, besonders uns, die wir von Uncle Sams Familie sind, spielt nicht die garstige Selbstsucht zuweilen einen Streich, bringt ihn aus der Fahrstraße auf arge Abwege? Es ist wahr, Richard, oder vielmehr Kompagnie, hatten mir eine tüchtige Nase gedreht; aber wieder, wenn Ende gut, alles gut, so unvergleichlich ausfällt, und, was nicht zu übersehen ist, das bessere inwohnende Selbst des Konspirators so siegend über die in ihm hausende Selbstsucht hervortritt, wer könnte da wohl grollen? In meiner gegenwärtigen Stimmung ist es mir beinahe, als ob ich ihm Dank schuldig wäre für die wohltuende Empfindung, die mir der in ihm stattgefundene plötzliche Wechsel verursacht, die Selbstachtung, mit welcher sie mich erfüllt. Er und die beiden Verführerinnen hatten, soviel war am Tage, ihr Plänchen mit mir gehabt, die Vereitelung desselben hatte ihn augenscheinlich nichts weniger als angenehm überrascht; aber wieder, als er meine Vermählung vollzogen sah, war auch aller Unmut so urplötzlich gewichen, und sein Gesicht sprach so ehrlich und offen die Beistimmung aus, daß es meiner Eigenliebe auf eine ungemein delikate Weise schmeichelte. Es liegt in einer solchen Ideenumstimmung eines Dritten, und wäre er selbst unser Feind, für unser Selbstgefühl wieder etwas so ungemein Erhebendes, eine solche Verleugnung egoistischer Nebenabsichten, Aufopferung persönlicher Steckenpferde, erfüllt unser ganzes Wesen mit einem so wohltätigen Behagen, einer so heitern Sicherheit und Ruhe, die beinahe erquicken; denn man fühlt gewissermaßen die Achtung, die zu Grunde liegt; ja die Ehrfurcht vor dem angebornen Rechte des freien Bürgers, unabhängig zu wählen, kann nicht zarter beurkundet werden.

Aber von wie vielen geringfügigen Umständen hängen oft nicht unser Glück und unsere Zufriedenheit ab? Ein höhnisches Lächeln, eine schiefe Miene würden, ich gestehe es, mich verletzt, ja vielleicht mein Glück, meine Zufriedenheit dauernd getrübt haben, und eine solche schiefe Miene lag recht sehr im Reiche der Möglichkeiten bei den Ansichten, die Richard von den Franzosen und ihren Deszendenten, den Kreolen Kreolen. Unter dieser Benennung werden in den Vereinigten Staaten stets nur Abkömmlinge von Franzosen und Spaniern, ohne Beimischung afrikanischen oder indianischen Blutes, verstanden. Durch den Abtretungsvertrag von Louisiana erhielten sie bekanntlich die Rechte geborner Bürger., hatte. – Er ist in diesem Punkte ein halber Randolph, der sie beinahe so wohl leiden mag wie Ben Johnson Ben Johnson. Die Antwort, die dieser berühmte Schriftsteller auf die Frage gab, warum er die Shawneys (die Schotten) so wenig leiden möge, ist bekannt: »Ich kann sie wohl genug leiden, und so kann ich die Frösche auch leiden, nur müssen sie mir nicht in meinem Schlafzimmer umherspringen.«, groben Andenkens, die Shawneys; eine gute Meinung übrigens, die noch nicht das schlimmste jener vielen Vermächtnisse ist, mit denen John Bull seine lieben Anverwandten aus der Rumpelkammer seiner Vorurteile bedacht hat; und die wir uns, obwohl sie besagtem John Bull teuer zu stehen gekommen, um so lieber gefallen lassen, als sie unsere etwas dickhäutige Eigenliebe nicht wenig durch die Versicherung kitzeln, daß auf einen Amerikaner gerade sieben Johnny Crapauds Johnny Crapaud, Spottname den Franzosen gegeben. kommen. Das wollen wir nun einstweilen dahingestellt sein lassen; auf jeden Fall aber sind die französischen Weine und ihre Bayonner Schinken unvergleichliche Artikel; ich sehe beide in überraschender Vollkommenheit im anstoßenden Salon, und spare deshalb meine Meinung bis zu gelegenerer Zeit. Nur soviel möchte ich vorläufig bemerken, daß ich glaube, einige Ursache zu haben, mir Glück zu wünschen, daß der Fall ist, wie er ist. Wäre er umgekehrt, und Richard und Kompagnie Deszendenten der großen Nation, wahrlich der Intrigen gäbe es mehr als in unserm Kabinette, und der ruhigen Stunden weniger.

Diese wohltuenden Empfindungen hielten mich wohl mehrere Stunden in einer Art von Clair-obskur-Bildern, oder wie es die Deutschen nennen, Gemütsleben befangen, ein für sie kurz-, für andere langweiliger Zeitvertreib. Wir waren sogleich nach dem Gabelfrühstück aufgebrochen, da wir von dem würdigen Pater Antoine vernommen, wie unser alljährlicher Gast, das gelbe Fieber, bereits an mehreren Türen der Vorstadt Marigny sich zum Besuche angemeldet, und auch ich eilte, meine Freunde oberhalb Baton Rouge von Angesicht zu Angesicht zu schauen, und ihr Verdikt über meine neue Akquisition zu hören. In Gedanken und besagte, süß plaudernde Akquisition im Arme, war ich wie ein Träumender durch die Details des Dejeuner, der Abreise und so fort gegangen und hatte alles um mich herum so rein vergessen, daß ich auch kein Sterbenswörtchen von all den Freudenbezeugungen wußte, die uns bei unserer Abfahrt erwiesen worden waren; nichts von den neun Schüssen, die, als sich das Dampfschiff in Bewegung setzte, über die leeren Häuser von Neuorleans hingeböllert worden; nichts von den Hurras, die ein paar Dutzend Matrosen uns noch im Schwenken zugebrüllt, von den sternbesäten Bannern, die auf dem Vorder- und Hinterkastelle flatterten; kurz, nichts, von all der Glorie, in der wir den Vater der Ströme hinauffuhren. Arm in Arm saßen wir am Sofa, hinter den Flügeltüren des Damensalons; die Teestunde war lange vorüber, und die Lichter in den Salons waren angezündet. Wir plauderten und plauderten, als wir auf einmal aus unsern Träumereien geweckt wurden.

»Ein Neger erschlagen!« kreischte es vom obern Verdecke.

»Ein Neger erschlagen!« brüllte es nacheinander aus zwei, fünf, zehn, zwanzig und endlich hundert Kehlen, und darauf ein Laufen, ein Rennen, ein Gepolter, Getrampel, ein Sturm im ganzen ungeheuer schwimmenden Gasthause, als ob die beiden Dampfkessel soeben im Begriffe ständen, uns mittels ihres brühheißen Inhalts in die andere Welt zu befördern. Luise sprang auf und zog mich atemlos längs dem Damensaal und der Gentlemenskajüte den Treppen zu, die zum Oberdecke führen.

»Wer ist erschlagen? Wo der arme Neger?«

Statt aller Antwort erschallte das rauhe Gelächter eines halben Schocks Hinterwäldler.

»Viel Lärmen um nichts, liebe Luise.«

Und wir waren im Begriffe umzukehren, aber die Gruppe wurde mit jedem Augenblicke malerischer, sowie die Umrisse der Gestalten in den sich nähernden Lichtern, Fackeln, Laternen und Lampen deutlicher hervortraten. Wahrlich das Nachtstück ist nicht übel! Auf der Scheidelinie zwischen dem Vor- und Hinterdecke, und in gleicher Entfernung von Stern und Stem Stern und Stem, Schiffsschnabel und Hinterteil., wie wir sagen, stand ein Knäuel von Menschenkindern, die wohl wieder nur in unserm Lande in so grellem Ensemble zum Vorschein kommen dürften. Alle westlichen Staaten und Territorien, schien es, hatten unserm Dampfer Dampfer. In den Vereinigten Staaten werden beliebter Kürze wegen die Dampfschiffe schlechtweg Steamers, Dampfer, genannt. Kontingente geliefert. Suckers von Illinois und Badgers von den Bleiminen Missouris, und Wolverines von Michigan, und Buckeyes von Ohio, untermengt mit Redhorses vom alten Kentucky Sobriquets (Spitznamen), den Bewohnern dieser Staaten und Territorien gegeben. Sauger von Illinois, Dachsen von den Bleiminen Missouris; – Wolfsnaturen von Michigan, Bocksaugen vom Ohio, Rotfüchse von Kentucky., und Jägern von Oregon Oregon, das westlichste und neueste der Territorien der Vereinigten Staaten., standen in lieblichster Mischung vor uns, und in Trachten, die im grellen Fackelschein den Riesengestalten etwas Antediluvianisches verliehen. Der eine hatte eine Jagdbluse von blau- und weißgestreiftem Kaliko, die den Träger, bei seiner ungeheuern Rückenbreite wie eine umherwandelnde Federbettdecke schauen ließ; ein anderer zeichnete sich durch einen Strohhut aus, der dem bronzenen Gesichte ebenso wohl anstand, wie unsern Lusthäusern ihre chinesischen Dächer. Winnipegoische Wampumgürtel und cherokesische Mokassins, Lederwämser von gegerbten und ungegerbten Hirschfellen bildeten mit Neuyorker Fräcken und Rot- und Blaujacken eine Musterkarte unserer Nationalkostüme, die nicht malerischer gedacht werden konnte. In der Mitte des Knäuels befand sich eine Personage, die Meister Reinecke, wie er soeben aus seinem Bau hervorgezerrt, die lebensfrohen tollen Jäger an der Kette vorbeidefiliert, nicht übel glich: ein wahrhaft interessantes Yankee-Exemplar, wie er so dastand, im Gegensatz zu den Riesengestalten, die Miene strafend ernsthaft, wieder bissig lauernd, die Stirn in unzählige Falten fuchsartig gerunzelt, das rotgraue, funkelnde Auge scheinbar ruhig und doch ewig umherrollend, nun auf die Hinterwäldler, wieder wie nachdenkend auf die Warenkisten schielend, die Lippen scharf zusammengepreßt; die ganze dürre, aber knochige Gestalt in einer Attitüde, von der es schwer zu bestimmen war, ob sie sich zum Predigen, zum Singen oder zum Schulmeistern anschicke. Der Mann mochte etwa dreißig Jahre zählen, war aber trocken wie Leder; er hatte eine Rolle Kautabak in der einen Hand, eine Rolle Seidenbänder in der andern, die aus einer halbgeöffneten Kiste genommen waren, aus der Hausierartikel in bunter Mannigfaltigkeit herausglänzten. Neben dieser Kiste lagen zwei andere, und dicht bei einer derselben ein heulender Neger, die rechte Schulter und den linken Fuß abwechselnd kratzend, aber aller Wahrscheinlichkeit nach weit entfernt, den Laufpaß in die Ewigkeit erhalten zu haben. Wie der Yankee-Hausierer nun die Hand hob, und dem heulenden Neger Stillschweigen gebot, nahm das Gesicht allmählich jenen ernsten, steifen und wieder drollig verschlagenen Ausdruck an, der diese doppelt destillierten Hebräer unwillkürlich und gleichsam wie zur Warnung zeichnet, wenn sie im Begriffe sind, sich auf eine quasilegale Weise in den Besitz der Dollars ihrer südlichen Mitbürger gegen nordische Äquivalente zu versetzen; seine Bewegungen, anfangs unsicher, wurden abgemessen, allmählich rascher, seine Hände begannen auf- und niederzuschnellen, wie die ominösen Schwingungen eines Telegraphen; er warf einen langen Blick auf die zwei Kisten, die, wie es schien, von den aufgeschichteten Kaufmannsgütern herab und dem Neger auf die Achsel und den Fuß gefallen waren; und während er mit halb strafenden, halb bekümmerten Blicken bald den Schwarzen, dann wieder sein Eigentum betrachtete, öffneten sich auf einmal die scharf zusammengepreßten Lippen, und er schrie mit scharfer, gellender Schulmeisterstimme:

»Sambo! Sambo, die gewöhnliche Benennung, mit der Neger angeredet werden. Sambo! was hast du getan? – Sambo, Sambo!« schrie der Mann stärker, und seine Stimme wurde warnender, und seine Hand hob sich, wie das ewige Gericht verkündend; und mit heiliger Scheu auf die Kiste deutend. »Eine Salbe; vergebe dir der Himmel, Sambo!« brach er auf einmal mit einer Donnerstimme aus. »Sambo! eine Salbe hast du in Gefahr gebracht, vielleicht geschädigt, eine Salbe, wogegen eure Salben von Mekka, Medina, Bassora, und woher sie immer kommen mögen, von Algier, Tunis, Tripoli, bloße Stiefelwichsen sind. Sambo!« schrie der Mann, »und wärest du zwanzig Sambos wert, und könntest du zwanzig Male auf den Auktionstisch gestellt werden, Sambo, du könntest nicht das Unheil ausgleichen, das du wahrscheinlich angerichtet. Wehe! wehe! wehe Dir, so du diese zwei Kisten geschädigt; der Schaden, den du der Menschheit dadurch zugefügt –«

»Boe! Boe!« Boe, Boe, Negersprache; statt Woe, Woe; Wehe, Wehe. brüllte der Neger darein.

»Boe! Boe!« schrie ihm der Yankee nach. »Schrei du Boe, Boe. Was braucht es dein Gebrülle? Bist nicht allein hier. Sind Damen und Gentlemen hier, so vornehme Damen und Gentlemen, wie sie die Wiege unserer Unabhängigkeit, ich meine Boston, nur immer aufweisen kann. Sind hundert gläserne, steinerne und blecherne Büchsen und Phiolen in einer Kiste, und sind nur zwanzig beschädigt, so kann deine Haut, Sambo, sage ich dir, sie nicht bezahlen, und wäre sie zwanzigmal so dick, und könnte sie zwanzigmal zum Verkaufe ausgeboten werden. Ist sie nicht wert, sage ich dir, deine Haut. Ah, Sambo!«

»Boe! Boe!« brüllte der Neger.

»Wozu das Gebrülle?« brüllten der Badger und die Rothaut und die Buckeyes nach. »Öffne die Kiste! wollen selbst sehen.«

»Hörst du, Sambo!« schrie der Yankee; »sollst's Maul halten, sagen die Gentlemen, 's Maul halten, sage ich dir«, schrie der immer beweglicher werdende Yankee mit dem impassablen Ledergesichte der Nachkommen der frommen Wanderer von Plymouth. »Halt's Maul, sage ich dir, Boehu du, soviel du willst, hilft dir nichts; mußt büßen. – Danke Euch für Euer langes Messer, Mister. So recht, das wird's tun. Das öffnet, das greift ein wie echter Stahl; besser so, als ins weiche Menschenfleisch. Das gibt's; da sind sie, sind sie – unbeschädigt, ganz, tadel-, makellos. Singe Ehre, Preis dem Herrn! Kreische! Stimme Loblieder an, Psalmen; – keine Büchse zerbrochen, keine Phiole beschädigt. Preise, sage ich, den Himmel, und wären dir zehn Achseln ausgefallen und zwanzig Schenkelbeine abgeschlagen. Preise den Himmel! denn er wird Zeugnis geben in deiner Trübsal; – Zeugnis durch den schwachen Arm Jared Bundles; Wunder sollst du sehen! Nieder mit Sambo! Nieder, sage ich dir, Sambo; deiner Achsel, deiner schwarzen Haut soll Heil widerfahren; deinem schwarzen Gebein soll geholfen werden.«

Kein Zug hatte sich im Gesichte des Yankee verändert, aber seine Beweglichkeit war wirklich eigentümlich, wie die eines Mannes, der von der Wichtigkeit seines Berufes auf das tiefste durchdrungen ist. Nur zuweilen noch ließ sich sein Blick ertappen, wie er über die zahlreich gewordene Umgebung hinschielte.

»Nieder! Nieder!« schrie er wieder.

»Nieder!« schrien Kentuckier und Michiganer.

»Nieder!« brüllten Missouri- und Ohio-Männer.

»Mach' es kurz!« der von Illinois; »wollen die Wunderkuren des Yankee sehen!« der Jäger von Oregon.

Und so schreiend und brüllend ergriffen ein halbes Dutzend Bärentatzen den armen Sambo und streckten ihn auf eine Ladung Kaffeesäcke wie ein Ferkel, das soeben sein Leben auszuhauchen bestimmt ist.

»Boe! Boe!« brüllte der Schwarze aus Leibeskräften.

»Boehu du soviel du willst!« überschrie ihn der Yankee. »Boehu du! wirst bald anders singen, wenn du fühlen wirst, schauen, mit Händen greifen, was ein Connecticut-Mann leisten kann. Boe, Boe, schreist du, Sambo, aber was sagst du zu dem, Sambo?« rief der Mann triumphierend, indem er ihm zugleich einen Leinwandfetzen, den er mit Salbe bestrichen, vor die Nase hielt, und gleich darauf die Büchse, die mit einer schmierigen, dunkelgrünen Substanz gefüllt war, und mit verlegener Schuhwichse viele Ähnlichkeit hatte.

»Was meinst du, Sambo? Ist das der Stoff? Wird der es tun? Glaubst du? Wollen sehen. Gentlemen!« sprach er mit dem Gewichte eines Kirchenältesten – »Gentlemen! Die Arme und Beine des armen Sambo, versteht ihr? die Arme müssen gestreckt, die Beine gereckt werden, auf daß die Salbe ihre ganze Wirkung äußere. Strecken wollen wir ihn daher – recken.«

Und sofort erhoben die Hinterwäldler ihre Arme, und sie begannen den Neger zu strecken und zu recken, daß der arme Teufel schrie, als ob er am Spieße stäke.

»Boehu du zu, soviel du willst!« schrie der Yankee. »Kinder, die Böses tun, müssen gezüchtigt werden, sagt die Schrift; ist ihnen zum Heile, tut ihnen wohl. Ist deine Schulter ausgefallen, ist dir das Strecken zum Heile.«

»Boe!« schrie abermals der Neger, der unter den Bärentatzen der Hinterwäldler gezogen wurde, daß ihm alle Glieder knackten.

»Boehu du immer zu!« gellte der Yankee, der seine Stimme in eine höhere Tonleiter brachte, und nun die Leinwandfetzen auf die schwarze Haut des Mannes klebte. »Boehu du immer zu. Haltest besser das Maul, sage ich dir, und hättest du den Doktor Brown, Hossack, ja Silliman dazu; ihr Verstand stände still; könnten dir so wenig helfen als eine Schale Erbsensuppe. Boehu du – dein Glück, sage ich dir. Halt stille, Junge! So recht, Gentlemen; danke euch im Namen des unvernünftigen Geschöpfes; danke, das ist's, genug ist's. So recht, da liegt's, da hast du's; keine Zeugschmiedszange wird es wegreißen. Boehu du nur immer zu. Sage dir,« sprach der Mann, indem er ihm ein zweites Pflaster auf den Fuß klebte, »sage dir, was brüllst du wie ein unvernünftiges Rind? Was ist da zu brüllen, Mann? Wo Jared Bundle mit seiner Palmyra-Salbe zugegen ist? Wer wird da brüllen, wo ihm die Palmyra-Wundersalbe in die Nase riecht? Sage dir, schwarzer Gentleman, und wären dir deine schwarzen Beine kurzweggebrochen, und schwämmen sie bereits unter Neuorleans gegen das Balize Balize. Die Stockade an den Mündungen des Mississippi, von wo aus die ankommenden Schiffe signalisiert werden. zu, halb verfault, ja, kämen sie direkt aus dem Rachen eines Alligators, und du pflasterst zwei Stücke daran, so wie ich es jetzt getan, sage dir, Jared Bundle sagt es, werden heilen deine schwarzen Beine, sich ansetzen an deinen schwarzen Leib, und wieder Fleisch werden mit deinem Fleisch, Gebein mit deinem Gebein, so wahr ich Jared Bundle heiße. Und wahr ist's auch noch –«, versicherte er die Umstehenden mit der treuherzigsten Miene von der Welt.

»Hatte Abi Sparks in Penocsot – wißt, Ladies und Gentlemen – Abi Sparks, der Sohn von Enoch Sparks, der die Peggy Heath heiratete. Gute Familie, die Sparks, recht gute Familie, wißt Ladies und Gentlemen! – Sehr achtbare Familie, achtbares Geschäft, in Schnittwaren und Materialwaren, auch gute Hüte, wasserdicht und patentiert, vorzüglich aber prächtige Tee- und Kaffeekannen, auch Schuhe nach dem neuesten Plane. Meine Damen und Gentlemen! Braucht ihr ganz vortreffliche Tee- und Kaffeekannen? Wohl, Abi Sparks sagt zu mir, Ihr, Jared Bundle, sagt er, laßt mir ein Dutzend Büchsen oder Phiolen, was Ihr wollt, von Eurer Palmyra-Salbe zukommen. Wunderbarer Apothekerstoff, sagt er. Was? sage ich. Ich Euch von meiner Palmyra-Salbe zukommen lassen? Meint wohl, es ist so ein vulgärer Apothekerstoff? sage ich. Was würden die Gentlemen und Ladies am untern Mississippi sagen, wenn ich den Stoff hier verschleuderte? sag' ich. Die Ladies und Gentlemen müssen ihn haben, sag' ich; das sind meine besten Kunden, sag' ich.«

»Schofles Zeug, Jared Bundle«, brüllte ein Kentuckier.

»Verdorbene Schuhwichse mit Hundsfett«, ein Illinois-Mann.

»Ist aus dem Norden,« lachte ein dritter, »wo es mehr hölzerne Uhren als Kühe und Kälber gibt.«

»Wo die Heuschrecken die Beine brechen, wenn sie von einem Patenhaufen auf den andern springen«, ein vierter.

»Wo die Robins in der Ernte verhungern und den Spottvögeln das Spotten vergeht«, ein fünfter.

»Nichts über Jared Bundles Wundersalbe!« überschrie sie der imperturbable Imperturbable: Unerschütterlich. Yankee. »Sage euch, Ladies und Gentlemen – braucht ihr eine Salbe gegen Hühneraugen, die beste Salbe auf der weiten Welt. Und säßen euch die Hühneraugen in den Zehen, wie die Planters im Flußbette des Mississippi, und wären sie eingebettet, wie die Felsen in unsern Blaubergen, sage euch, Ladies und Gentlemen, Jared Bundle sagt es – bestreicht die Hühneraugen ein-, zwei-, drei-, viermal, und heraus müssen sie mit Stumpf und Stiel. Nicht zu bezahlen, meine Damen, als Pflaster gegen Sommersprossen. Miß, Miß«, schrie er meiner Luise herüber, »haben zwar keine Sommersprossen, können aber welche bekommen. Zweimal über Nacht ein Pflaster auf beide Wangen, das herrlichste Mittel gegen Sommersprossen.«

»Zähmt Eure Zunge!« rief ich dem Marktschreier zu, »oder ich will Euch bepflastern.«

»Sind in einem freien Lande, frei zu kaufen und zu verkaufen«, war die Antwort. »Gentlemen!« fuhr er fort. »Unvergleichliche Streichsalbe auf Abzugsriemen. Streichet zweimal, zieht das Messer hin darüber, legt es an den Bart – anziehende Kraft, Gentlemen, fahrt hin über das Gesicht, wie der Dampfwagen über die Eisenbahn, wisset nicht wie und warum, schwindet euch wie Gras vor der Sense, der Bart; rundweg, wurzweg. Ist Tugend in der Salbe, viel Tugend. Maam!« schrie er wieder eine Dame an, die gleich uns in einiger Entfernung dem burlesken Spektakel zugesehen, »Maam Madame wird Maam gesprochen und auch häufig geschrieben.

Doch, wen sehen meine Augen! So wahr ich lebe! Es ist Mistreß Dobleton und Misses, eine unserer vielen Nachbarinnen vom Mississippi unter Konkordia. »Sehr erfreut, Sie zu sehen, Mistreß Dobleton, Misses Dobleton, Ihr Diener; habe die Ehre, Ihnen meine Frau aufzuführen.« Aber unsere Begrüßungs-Komplimente wurden von dem Yankee überschrien.

»Maam!« kreischte er, in jeder seiner Hände eine Büchse; »Maam! das probateste Mittel, gesunde Zähne gesund zu erhalten, kranke gesund zu machen; streichen bloß eine Messerspitze voll zwischen die Zähne und das Zahnfleisch. Misses! auch ein prachtvolles Mittel gegen Engbrüstigkeit.«

Die beiden Misses wurden grün und blau vor Ärger.

»Unvergleichliches Mittel!« fuhr der Mann fort, »bestreicht die Teile ein paarmal, und die engste Brust wird so weit wie die der Mistreß Broadbosom von Charlestown; wissen Sie, Charlestown in oder bei Boston? Kein Zweifel, probat, Maam!« schrie er einer Dame Bodwell zu, die eines bedeutenden Rufes hinsichtlich ihrer Zungenfertigkeit genoß, »Maam! ein prachtvolles Mittel gegen Mundsperre, und überhaupt jede Verletzung, besonders aber Verletzung durch Splitter in die Zehen gerannt. Ah, die Miß Troloppens, hatte ein ziemlich weites Mundstück, ein prächtiges Mundwerk, war verlobt mit Mister Shaver, kam aber zu spät, um zwei Tage zu spät, hatte sich einen Zedersplitter durch den Prünelleschuh in den Fuß gerannt, den Lockjaw Lockjaw, Mundsperre. bekommen. Hätte sie von meiner Wundersalbe gehabt, lebte sie noch – wäre jetzt Mistreß Shaver; nun haben sie die Landkrebse Landkrebse. Diese Tiere sind in zahlloser Menge in Louisiana und zernagen alles, was ihnen in den Weg kommt; oft sind sie die Ursachen bedeutender Überschwemmungen, indem sie Löcher in die Uferdämme nagen, durch die dann der Strom einbricht.. Ein Kapitalmittel gegen die Mundsperre, Ladies! – Ein anderes Beispiel, Ladies! Sally Brags, Miß Sally Brags von Portsmouth – kennen Portsmouth, nicht weit von Providence, wo die hübschen Mädchen wachsen – sagen zwar, in Baltimore sind sie schöner – will nicht das Gegenteil behaupten, – Sache des Geschmacks, pure Sache des Geschmacks; aber Miß Sally Brags, meine verehrten Ladies, hatte die Mundsperre, konnte kein Wort mehr hervorbringen, da nahm sie eine Büchse von meiner Palmyrasalbe; Ladies, zwei Dollars per Büchse, geht ihr jetzt das Maul, Ladies – auf Ehre Ladies, geht ihr jetzt das Maul, klapp, klapp, klapp, wie einer Dampfmühle; unvergleichliches Mittel!«

Trotz des nimmer endenden Redeflusses hatte der Yankee noch Zeit gefunden, seinem Handel mit bewunderungswürdig rühriger Beweglichkeit obzuliegen; die Flitterwaren gingen reißend ab, und je brüllender das Gelächter wurde, um so häufiger kamen die Dollars der Hinterwäldler aus ihren ledernen Verstecken zum Vorschein. Es war ungemein possierlich zu schauen, wie sie abwechselnd und kopfschüttelnd die Salbe berochen und dann wieder den Yankee musterten.

»Wunderbarer Stoff«, bekräftigte der Yankee mit unerschütterlicher Gravität. »Vortreffliche Kaffeekannen«, raunte er wieder einem Missouri-Lederwamse zu, dem er die blecherne Kanne vor die Nase hielt. »Bürge Euch für sie. – Wunderbarer Stoff, diese Palmyrasalbe, kam direkt von Moskau, wohin sie der Vierfürst von Abyssinia brachte, der aber Schulden halber da eingesteckt ward. Wißt, ist ein guter Seehafen Moskau, ein vortrefflicher Handelsplatz, kam die Salbe von da in die Hände des Großherzogs von Teheran oder Tombuktou, der irgendwo um das Kap der guten Hoffnung herum wohnt, von wo aus sie in der Sarah Larks nach Boston gelangte. Ah, war flugs da. Roch bloß dazu, wußte schon von welcher Seite der Wind blies, wieviel die Glocke geschlagen. Ladies, Ihnen soll Heil widerfahren, und bloß für zwei Dollars, zwei Dollars per Büchse, Ladies und Gentlemen!«

»Ladies und Gentlemen!« beschloß der unermüdliche Yankee im sententiösen Pathos. »Bürge Ihnen dafür, daß diese Salbe alle Krankheiten heilt, die heilbar sind; und da, wie der berühmte Doktor Flathead behauptet, es der Krankheiten eigentlich bloß zweierlei gibt, nämlich solche, an denen die Leute sterben, und wieder andere, an welchen sie nicht sterben, so werden Sie selbst einsehen, wie es für Sie von äußerster Wichtigkeit ist, eine Salbe wie die Palmyrasalbe zu haben. Unvergleichliche Salbe, Ladies, zwei Dollars per Büchse, Ladies!«

»Ladies und Gentlemen!« hob er, nachdem er ausgeschnaubt, wieder an – »brauchen Sie sonst Artikel, Seidenzeuge, Indiennes, Kalikos, feine Gewürze, Muskatnüsse? Keine von Walnußholz, echte Bostoner Ware aus den vorzüglichsten Niederlagen? Ah, Ladies und Gentlemen, Jared Bundles Tee- und Kaffeekannen – lassen Sie sich diese empfehlen! Der Tee, dieses köstliche Blatt von China, wissen Sie, es hat eine ölige Substanz, und man behauptet, und zwar die größten Ärzte tun es, daß er, im ersten Jahre genossen, Gift ist; aber in meinen Kannen, Ladies und Gentlemen, ist er nicht Gift. Täte mir leid, Ladies und Gentlemen, wenn Sie glaubten, schmutzige Gewinnsucht treibe mich an; aber ihr Heil, Ladies, kostbare Gesundheit, Gentlemen – hängt sehr viel von probaten Teekannen ab; zweieinviertel Dollars per Kanne, Ladies!«

»Ah, Maam!« wandte er sich zu einer der unter den Bändern umherkrabbelnden Negerinnen, »Bänder aus der Lyoner Fabrik, und Halstücher aus Bengalen, direkte aus Kalkutta; sind eine herrliche Sache diese Halstücher, besonders aber die Bänder, und insbesondere die breiten; ein Vierteldollar per Yard. Halten die Ausdünstungen offen, wirken vorteilhaft auf die Transpiration. Sie wissen, Maam, Seidenbänder entstehen aus Fäden, und diese wieder aus den Leibern der Würmer; ist pure Flüssigkeit, elastische Flüssigkeit; hat viele Tugend diese Flüssigkeit. Vier Yards brauchen Sie, Maam? – Nehmen Sie acht, haben Sie zweimal. Ja, Ladies und Gentlemen, um auf die Teekannen zurückzukommen –«

»Die Teekannen!« brüllten mehrere Stimmen von unten herauf – »Hurra! die Teekannen Jared Bundles! Schaut einmal her! Die Teekannen Jared Bundles!«

Und ein Zug von Hinterwäldlern, sechs Mann stark, in ihrer Mitte der Steward Steward, der Oberaufwärter auf Dampfschiffen und Schiffen, dem die Besorgung des Schenktisches, der Tafel usw. obliegt. mit der Kaffeekanne, die der heillose Yankee soeben dem Missouri-Lederwamse als wasserdicht verhandelt, kamen im Fackelscheine jubelnd die Treppe herauf. Aus der Kanne lief das siedendheiße Wasser ganz gemächlich aus allen Ecken und Enden heraus.

Einen Augenblick schaute und starrte der Knäuel, aber dann wirkte der vom Yankee gespielte Betrug auf eine unwiderstehliche Weise auf ihre Zwerchfelle.

»Jared Bundle! was sagt Ihr nun zu diesen Teekannen? Jared Bundles Teekannen! Ein Hurra den Yankee-Teekannen!«

Der Mann hatte jedoch seine Fassung auch nicht im geringsten verloren. Ernst und ohne eine Miene zu verziehen, betrachtete er die Kanne von vorne, von hinten, inwendig, auswendig von allen Seiten, schüttelte den Kopf, und hob endlich an:

»Ah, Gentlemen! oder vielmehr Ladies und Gentlemen! Wer wird in unserem glücklichen Lande der Freiheit und Aufklärung, dem aufgeklärtesten Lande der Welt, wohl Aufklärung über eine so seltsame Erscheinung, wie die eben vor Augen liegende, verschmähen? Wer nicht Verlangen nach ihr tragen, sie begehren? Will sie geben, Ladies und Gentlemen, diese Aufklärung, wobei ich nur bedaure, es sagen zu müssen, daß es Gentlemen gibt, die da Teekannen verhandeln, und zwar für den Süden verhandeln, welche nur für den Norden passen, und wieder Teekannen für den Norden verhandeln, welche nur im Süden gut tun, was der Fall mit dieser aus der Niederlage der hochachtbaren Messieurs Knockdown an mich gekommenen Teekannen ist. Sind nämlich für den Norden, diese Teekannen, Gentlemen, ohne Zweifel; denn ihr wisset, daß viele Kannen wohl die Kälte des Nordens, aber nicht die Hitze des Südens vertragen, und daß man für sie bürgt, je nachdem sie für die warmen oder kalten Klimate gemacht sind; und ich vermute, der Grund davon ist, daß die Gentlemen des Südens ein mächtig heiß aufsprudelndes Volk sind, die ein Gouging Gouging. Eine früher in Kentucky häufig stattgefundene Art von Zweikampf oder Rauferei, in welchem es darauf ankam, den Gegner zu Boden zu bringen und ihm die Augen mit dem Daumen zu verdrehen. zum Frühstück nehmen, wie wir unsere Mackarels. Nun wir, im Norden, haben wieder nicht so heiße Temperamente, und das Klima, wohlgemerkt, Ladies und Gentlemen, zieht hier zu Lande von den Leuten an, und die für den Norden gemachten Tee- und Kaffeekannen halten nicht die Hitze aus. Auch möchte ich behaupten, daß ihr euer siedendes Wasser zu heiß siedet, was überhaupt nordische Tee- und Kaffeekannen nicht leicht vertragen.«

»Humbug«, Humbug, blauer Dunst. brüllten zwanzig Hinterwäldler, und ein halbes Dutzend derselben begann näher zu rücken, um sich des Yankee und seiner spuriösen Waren zu versichern.

»Boe, Boe!« brüllte der Neger abermals.

»Du auch noch hier, schwarzer Teufel!« wandte sich der Hausierer erbost zum Neger. »Mußt du mir auch noch dein Rabengekrächze in die Ohren gellen! Merkt nicht auf ihn, Ladies und Gentlemen. Achtet nicht des Negers. Wer wird einen Neger beachten? Schreit bloß aus Herzenslust. Nichts als Kniffe – möchte gerne mehr Salbe auf seine schwarze Haut haben! Wird aber nichts daraus! Fort mit dir, stinkender Neger!«

»Stinkender Neger; Massa Yankee stinkender Neger sagen!« gellte der zähnefletschende Sambo. »Matto jetzt stinkender Neger sein«, schrie er, indem er plötzlich, zur großen Belustigung der Hinterwäldler, auf seine Beine sprang, und wie ein Affe toll und grinsend umherhüpfte; »Matto jetzt stinkender Neger sein, aber noch vor einer Stunde lieber Matto sein, und Massa Yankee ihm vier Picaillu Picaillu. Picaillous werden in Louisiana die 6½-Centstücke genannt. versprochen, daß er sich die schweren Kisten mit der stinkenden Salbe auf die Achsel und den Fuß fallen lassen. Boe! Boe! Massa Yankee kein guter Massa, schlechter Massa sein.«

Und so war es. Der Erzschelm hatte wirklich mit Sambo eine Art Vertrag eingegangen, um die Aufmerksamkeit seiner werten Mitbürgerinnen und Mitbürger auf eine recht natürliche Weise zur berühmten Palmyrasalbe hinzulenken. Selten aber waren die Lachnerven vierschrötiger Hinterwäldler bei Entdeckung eines sogenannten Yankeetricks in stärkere Bewegung versetzt worden, als es nun auf dem Ploughboy der Fall war. Das Gelächter wurde brüllend, betäubend, ohrenzerreißend, und nur die Dazwischenkunft des Kapitäns, der ihnen im Namen der Damen verkündete, wie es dieser Wunsch sei, der Yankee möchte für seine Bemühungen, ihre Dollars in die seinigen umzuwandeln, nicht allzu hart bestraft werden – brachte Badgers und Buckeyes und Wolverines und Redhorses wieder in einiges Geleise. Es war nun recht komisch zu schauen, wie diese rohen Söhne des Westens sich auf einmal anschickten, dem ihnen getanen Ansinnen mit aller Gravität hinterwäldlerischer Etikette zu entsprechen. Zuerst wurde eine Deputation von zwei Gliedern auserkoren, die den Auftrag erhielten, die Damen der allgemeinen Bereitwilligkeit zu versichern, mit dem Yankee nach Möglichkeit gelind zu verfahren, dann eine Kommission niedergesetzt, der die Untersuchung der spuriösen Waren und ihres Besitzers anheimfiel. Von den verkauften Artikeln wurde Stück für Stück vorgenommen, geprüft und entweder kondemniert oder der Kauf bestätigt; die Teekannen jedoch beinahe ohne Ausnahme verworfen, da sie wohl für eine weite Reise auf dem Mississippi, aber nicht für siedendes Mississippiwasser berechnet waren. Die wunderbare Palmyrasalbe bewährte sich bei genauer Untersuchung als ein Kompositum von Schweinsfett, geriebenem Schießpulver, Stiefelwichse, mit Wallnuß- und Tabakblätter-Dekokt gewürzt – unvergleichlich, um Wanzen und Kompagnie zu vertilgen, aber sehr problematisch gegen Sommersprossen und Mundsperre. Beide Artikel mit den verschiedenen Gewürzen, unter denen eine bedeutende Sammlung Muskatnüsse, aus Wallnußholz gedrechselt, wurden, nachdem die Dollars aus der Tasche des Yankees in die der Hinterwäldler zurückgewandert, unter gehöriger Form dem Mississippi übergeben; der Yankee selbst, in Ansehung der wahrhaft republikanischen Stoa, die er bei Vollziehung des Urteils an den Tag gelegt, auf eine feierliche Weise zu einem Go the whole hog cocktail Go the whole hog Cocktail . Einen Cocktail für die ganze Runde! geladen, eine Ehre, die er vollkommen zu würdigen schien, indem er in einer wohlgesetzten Rede dankte, in welcher er unter anderem auch anfragte, ob ihm die achtbare Gesellschaft, von der eine Majorität durch solennen Beschluß soeben den größten Teil seiner Kaufmannsgüter außer Verschleiß gesetzt, nicht allenfalls zu einer Schullehrerstelle in ihren respektiven Heimaten zu verhelfen wüßte. Mich sollte es nicht wundern, wenn der Geselle noch vor dem Schlafengehen, vom Geiste ergriffen, uns mit einer Methodistenpredigt erquickte. Er scheint der rechte Mann dazu – so sind sie aber, diese Yankees, ganz wie sie Halleck in seinem Connecticut schildert:

– – – Apostates, who are meddling
With merchandise, pounds, shillings, pence and peddling
Or wandering through southern Climes teaching
The ABC from Webster's spelling-book,
Gallant and godly, making love and preaching,
And gaining by what they call Hook and Crook,
And what the moralists call overreaching,
A decent living. The Virginians look
Upon them with as favourable eyes,
As Gabriel on the Devil in paradise.

Ein Hurra der hochachtbaren Mistreß Howard, brüllte es nochmals herauf, als der Knäuel sich der Gentlemenskajüte näherte; – und dann wurde es ruhiger. – Ich hatte nämlich die Bären eingeladen, eines auf die Gesundheit der Mistreß Howard zu leeren und den Steward angewiesen, den Cocktail auf meine Rechnung zu bringen. Mistreß Dobelton, deren Gatte als Sekretär einer Temperanzgesellschaft fungiert, schnitt freilich Gesichter, aber mir machte es wahrhaft Vergnügen; für mich hat es immer einen besondern Reiz, unvermutet unter diese wilden, aber kräftigen Sprößlinge der Natur und unserer Freiheit geworfen zu werden, die da aufschießen, stolz, kraftvoll, ungebeugt, Väter kräftiger Geschlechter; diese Pioneers des Westens, die den Boden für unsere Kinder und Kindeskinder, für kommende Geschlechter ebnen, die Wälder lichten und zu Fluren umgestalten. Ein paar Dollars, liebe Luise, auf diese Weise geopfert, sind wahrlich nicht weggeworfen, sie werden zur Kette, die uns an diese unsere Mitbürger knüpft. Und wahrlich, sie sind nicht die schlimmsten. Und sollen wir sie nicht zu uns heraufziehen?


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