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Einleitung

Als in den letzten Maitagen des Jahres 1864 die Zeitungen die Kunde von Charles Sealsfields Tode brachten, war es die »Augsburger Allgemeine«, die als eine der ersten »direkt aus Solothurn« berichtete, daß dort der »große Unbekannte« ins noch größere »Unbekannte« hinübergeschlummert sei. – In diesen kurzen Worten liegt Sealsfields ganzes tragisches Verhängnis. Unbekannt in seinem Aufgang, unbekannt in seinem Niedergang, blieb dieser rätselhafte Mann seinen Freunden bis zum letzten Augenblicke unenträtselt. Erst die Eröffnung seines Testamentes sollte die gewünschte Klarheit bringen. Diese Klarheit aber kam zu spät.

Es ist fast, als habe sich das Beiwort »unbekannt« schier unauflöslich mit Sealsfields Namen verbunden. Wenige Dichter erleben einen heller strahlenden Erfolg als er, wenige ein so rasches Vergessenwerden. Der Sturm des Jahres 48 fegt seinen Ruhm hinweg als etwas, das nicht in die Zeit gehört. Der politischen Krisis folgt eine andere: sein Verleger versagt aus finanziellen Gründen. Bei Lebzeiten fast ein literarisch toter Mann, vermag Sealsfield auch durch die mit seinem Tode verknüpfte Entdeckung seiner Identität mit Karl Postl, dem verschollenen Ordenssekretär aus dem Kreuzherrenstift in Prag, das verlorene Interesse des Publikums nicht wieder zu gewinnen. Der »große Unbekannte« bleibt nun unbekannt, und heutigestags ist Sealsfield-Postl den meisten nur noch ein Name.

Das Werk eines Dichters, auf den das deutsche Volk nicht weniger stolz sein darf als das Amerikas, der Vergessenheit zu entreißen, halte ich für eine Pflicht, die nachzuholen man Sealsfields Andenken schuldig ist, und ich bin gewiß, daß dieser Appell an das literarisch gebildete Publikum nicht ungehört verhallen wird.

 

Charles Sealsfield wurde am 3. März des Jahres 1793 in dem kleinen deutschen Dorfe Poppitz geboren, das südwestlich von Znaim zwischen prächtigen Obstpflanzungen und Rebengeländen in einer freundlichen, fruchtbaren Gegend gelegen ist.

In der Dorfstraße, gegenüber der dem ritterlichen Kreuzherrenorden gehörenden Pfarrkirche liegt das nur aus einem Erdgeschoß bestehende Haus Nr. 56.

Seit dem 26. September 1875 prangt an diesem Hause eine eherne Gedenktafel mit folgender Inschrift in goldenen Lettern:

 

dem Dichter
Charles Sealsfield
(Karl Postl)
Bürger von Nordamerika
geboren am 3. März 1793
gestorben am 26. Mai 1864.

 

Es ist das Geburtshaus Karl Postls.

Sein Vater Anton, der gestrenge Dorfrichter, war ein echter Bauernaristokrat, herrisch und heftig; seine Mutter Juliana, geborne Rabl, eine einfache, beschränkte Bäuerin. Die Eltern waren zwar nicht arm und dürftig, doch ging es im Hause bei der stattlichen Zahl Kinder einfach und schlicht zu.

Als der älteste von sieben Geschwistern mußte Karl im zehnten Lebensjahre, da es in dem kleinen Dorfe an Gelegenheit zu gutem Unterrichte mangelte, das Elternhaus verlassen und wurde beim Tischlermeister Schmidt in Znaim untergebracht. In dieser Stadt absolvierte er vom Oktober 1802 bis zum August 1807 die fünf Klassen des » Gymnasii Znaymensis Societatis Jesu«.

Während der letzten zwei Monate des Jahres 1805 blieb die Schule geschlossen.

Napoleon zog mit seinen Garden durch Znaim, das durch seine Lage zum Mittelpunkt des damaligen Kriegsschauplatzes wurde. Den großen Eindrücken jener Tage verdankte der junge Karl Postl wohl die Vorliebe für die Darstellung historischer Epochen, die später das Schaffen des Mannes kennzeichnet.

Nach dem » liber calculorum« und sonstigen Angaben war Karl ein mittelmäßig begabter Knabe, im Verkehr mit seinen Mitschülern eigensinnig, rechthaberisch und unverträglich. Im Jahre 1808 kam er durch die Vermittlung des Pfarrers von Pöltenberg als Konventstudent in das Prager Kreuzherrenstift, wo er die Klassen der sogenannten »Philosophie« zurücklegte.

Nach Vollendung seiner Studien trat er, dem Wunsch seiner frommgläubigen Mutter folgend, im Jahre 1813 als Novize in dieses Kloster ein, erhielt 1814 die Priesterweihe und wurde von dem damaligen General und Großmeister Anton Köhler bereits nach Jahresfrist zum Sekretariatsadjunkten ernannt. Seine Strebsamkeit und seine Begabung, vor allem seine Gewandtheit in der Beherrschung fremder Sprachen, wurden ein Jahr darauf der Anlaß zu einer neuen Beförderung: er erhielt als Dreiundzwanzigjähriger die Stelle eines Ordenssekretärs, die er bis zu seiner Flucht im Jahre 1823 innehatte.

Über die äußerlich bedeutendsten Momente seines Aufenthaltes im Orden gibt eine kurze Notiz im Ordenskatalog Aufschluß. Sie lautet: › Carolus Postl, Moravus Poppicensis, nat. 1793, die 3. Martii, prov. 1814 die 10. Martii. A. I. Maji 1815 Secretarius adjunctus. Primit 2. Mart. 1816, at hoc tempore Secretarius, mense Maji 1823 disparuit.

Der rasche Aufstieg war jedoch von keinem innerlichen Glück begleitet. Karls neue Lebensweise brachte ein Hinauswachsen über die Verhältnisse des elterlichen Hauses mit sich. Seine städtische Kleidung, sein gewandtes, gesellschaftlichen Schliff verratendes Benehmen entfremdeten ihn dem Vater, dessen spartanische Einfachheit dergleichen Äußerlichkeiten tief verachtete. Wohl behagte dem jungen, seiner Stellung wegen angesehenen Sekretär das sorgenlose Leben in dem prächtigen Ordenshause in der Altstadt. Der anregende Verkehr, den er außerhalb des Konvents bei mehreren angesehenen Familien fand, hob seinen Stolz und ließ ihn manche Fessel vergessen, die sein Beruf ihm auferlegte. Aber aus alledem erwuchs ein Zwiespalt, der zu keinem guten Ende führen konnte.

Bei den Büchern duldete es ihn nicht mehr, wie früher. Er suchte um so lieber seine Bekannten auf, als die durch seine geistige Überlegenheit erweckte Mißgunst und der wegen seiner verdienten Bevorzugung mächtig auflodernde Neid der Ordensbrüder sich immer deutlicher zu erkennen gaben. Der ihm lieb gewordene Umgang außerhalb des Konvents verscheuchte für den Augenblick die trüben Gedanken, die sich drohend zusammenballten, indem er ihn zerstreute und seinen freiheitlichen Anschauungen Nahrung zuführte. Mannigfaltige Eindrücke zerwühlten sein Inneres. Gegen das Gebäude des überlieferten Glaubens liefen alsbald die erwachenden Zweifel Sturm, welche die Zweifelscheu des Geistlichen schon längst zernagt hatten. Er war unfähig, zwischen seinem Denken und dem religiösen Dogma eine versöhnende Übereinkunft zu finden; er war losgerissen von der alten Welt des Glaubens, doch unvermögend, auf ihren Trümmern eine neue zu gestalten ...

Mit diesem inneren Kampfe hielt seine äußere Lage gleichen Schritt. Sie wurde unleidlich. Inmitten der ihn hassenden Ordensbrüder stand er vereinzelt da, während seinerseits der Haß gegen diese fortwährend zunahm, so daß er sie wohl noch mehr haßte als sie ihn. Das in seinen Adern rollende Blut seines heftigen Vaters, das ihm angeborene Element der Beharrlichkeit sowie sein cholerisches Temperament, sein freier Bildungstrieb, verbunden mit seinem unwiderstehlichen Erkenntnisdrange, schoben und trieben ihn auf der eingeschlagenen abschüssigen Bahn ruhelos und rastlos weiter.

Daß sein ehedem nahes, freundschaftliches Verhältnis zu seinem Gönner, dem Großmeister Köhler, unter diesen Umständen einer Entfremdung wich, ist nicht zu verwundern. Köhler selbst sprach dies in einer Eingabe aus, die er nach Postls Verschwinden unter dem 9. Juni 1823 an das Konsistorium in Wien richtete:

»Die Ursache dieses ärgerlichen Schrittes kann nur in der Unzufriedenheit mit dem geistlichen oder Ordensstande liegen, auch soll er sich darüber auswärtig öfter und deutlich ausgesprochen haben; im Ordenshause selbst vor Gefertigtem und allen Konventsmitgliedern hat er diese Unzufriedenheit nie, auch nicht durch ein einziges Wort geäußert. – Übrigens muß der Gefertigte der Wahrheit gemäß beifügen, daß er seit beinahe zwei Jahren mit diesem Ordensgliede unzufrieden zu sein gerechte Ursache hatte, ihm sein träges Besorgen der Ordensgeschäfte, seine Launenhaftigkeit und Kälte in geistlichen Funktionen, sein keckes Eindringen in höhere Familienkreise, sein stolzes Benehmen gegen die Brüder, sein anmaßendes Urteil über private und öffentliche Angelegenheiten wiederholt und streng verwiesen und Letzteres im Monate Feber mit dem Beisatze gethan hat, einem anderen Ordensbruder die Secretariatsgeschäfte anvertrauen zu müssen, falls in seinem Betragen keine wesentliche Änderung erfolgen sollte.«

Der hier erwähnte Auftritt vom Februar 1823 verstärkte Postls Mißstimmung so weit, daß er den Entschluß faßte, zwar nicht sein Vaterland zu verlassen, aber doch den ihm verhaßten Klosterzwang abzuschütteln.

Um die Mitte des Aprils klagte er über Leberbeschwerden und bat mit Berufung auf das ärztliche Gutachten seines Freundes Dr. Krombholz um die Erlaubnis, einige Wochen die Kur in Karlsbad gebrauchen zu dürfen. Seine Bitte ward gewährt.

Am Tage vor seiner Abreise eröffnete er sich seinem Bruder Joseph. »Bruder,« sagte er, »du weißt, wie unglücklich ich mich in meinem Berufe fühle. Ich bin an der Grenze meiner Ausdauer angelangt, ich reise morgen von hier ab, und wir werden uns vielleicht nie wieder sehen. Willst du Abschied von mir nehmen, so komme morgen früh. Ich begebe mich nach Karlsbad mit dem Ordensbruder Kirschbaum, dem Prediger von Franzensbad; was ich weiter tun werde, kann ich dir noch nicht sagen.«

Am nächsten Morgen reisten Postl und Kirschbaum ab. In Kulm trennten sie sich: Postl fuhr allein nach Karlsbad weiter, brauchte dort eine Woche lang die Kur und ging dann nach Franzensbad, wo er abwechselnd mit Eger seinen Aufenthalt nahm. Am 9. Mai schrieb er an Kirschbaum, »daß er als Hofsecretair in geistlichen Angelegenheiten zu Händen des Ministers Grafen von Saurau angestellt sey und zu Ende dieses Monathes in Wien anlangen müßte, wo er am ersten Juni Sr. Majestät vorgestellt und alsdann in der angegebenen Kategorie in Eid genommen werden würde.«

Als die Klosterkutsche, die er für den 11. Mai erwartete, an diesem Tage nicht eintraf, reiste er auf eigene Faust von Karlsbad ab, nicht ohne seinen Mißmut darüber zu verhehlen, daß verschiedene Briefe, die er über die Verlängerung seines Urlaubs und jene Wiener Angelegenheit an den Großmeister gerichtet hatte, unbeantwortet geblieben waren. Das Schreiben, das er dieserhalb an den Kreuzherrenordensinspektor und fürsterzbischöflichen Notar Zueber von Nordheim abgehen ließ – es war das letzte vor seiner Flucht – lautete folgendermaßen:

 

Franzensbad, den 10. Mai 1823.

Euer Hochwürden!

Ich bin so frey, Sie zu benachrichtigen, daß ich den 14. l. M. über Pilsen nach Töplitz reise, da noch viermal der Anordnung des Artztes zufolge die Bäder gebrauche und sogleich meine Reise über Brünn nach Wien antretten werde. Übrigens tut es mir leid, dieselben, sowie den Herrn General Großmeister, dem ich meinen ergebensten Respect zu melden bitte, mit meinen wiederholten Briefen beschwert zu haben. Da ich durch deren beiderseitiges Stillschweigen über die Aufnahme derselben in keinem Zweifel seyn kann, so werde ich mich auch einer derley Zudringlichkeit gewiß nicht ferner schuldig machen, sowie ich auch ohne die Güte des Herrn General eine sehr angenehme Reisegelegenheit und das nötige Geld gefunden habe.

Ich bin mit Wertschätzung
dero ergebenster
Dr. Postl.

P. P. Ich habe 50. Bout. Rheinwein bei J. U. Dr. Belminger. Da Herr von Laemel öfters Gelegenheit nach Wien hat, so bitte ich selbe vorläufig durch meinen Bruder in eine oder mehrere Kisten gepackt da deponiren zu lassen um sie nach Erhalt meines Schreibens mir zukommen zu machen.

 

Zuebers freundschaftlich-väterliche Antwort, die unter wohlmeinenden Ratschlägen als Grund für die Nichtbeantwortung jener Briefe die Abwesenheit des Großmeisters angab, gelangte nicht mehr in Postls Hände. Dieser war inzwischen nach Pilsen abgereist, passierte Brünn am 20. Mai und traf einige Tage später in Wien ein, wo er bei einer Familie Grünwald Wohnung nahm. Hier traf er auch mit der ihm von Prag her wohl bekannten Sidonie von Böhm zusammen, die nach einer unverbürgten Sage sich der Neigung Postls erfreut haben soll und daher als eine der Ursachen für dessen Klosterflucht bezeichnet worden ist.

Am 29. Mai machte er seine Aufwartung bei dem Minister Grafen Saurau. Diese Audienz hatte ihm einer seiner Prager Gönner, Graf Laszansky, erwirkt, welcher auch sonst bemüht war, die Anstellung Postls im Hofsekretariat zu vermitteln. Er fand jedoch keine freundliche Aufnahme, da der Minister aus der am 23. Mai vom General und Großmeister an die Polizeihofstelle in Wien abgeschickten Anzeige ersah, daß Postl sich ohne Erlaubnis seines Vorgesetzten nach Wien begeben hatte. Seine Hoffnungen blieben somit unerfüllt, seine Pläne waren vernichtet.

Aber auch die Rückkehr nach Prag war nunmehr nur durch eine unbedingte Unterwerfung zu erkaufen, die mit Karl Postls trotzigem Stolz nicht zu vereinen war. Der Plan, der ihm bei jener Unterredung mit seinem Bruder Joseph schon andeutungsweise vor Augen stand, nahm festere Formen an: nicht Flucht aus dem Kloster, nein, ein fernes Land, das Raum böte für die »Schwingen seiner entfesselten Seele«, war der Ausweg aus dem niederdrückenden Dunkel seines Sklavendaseins. Das Land aber, das ihm Erfüllung verhieß, war Amerika! So beschloß Karl Postl denn, dorthin zu gehen. Noch an dem nämlichen Tage eilte er nach Graz und von da unaufhaltsam der Schweizer Grenze entgegen. In Zürich soll er sich bei einigen Freimaurern aufgehalten haben. Dann fuhr er weiter über Paris nach Havre und landete Ende August desselben Jahres nach einer stürmischen Überfahrt in Neuorleans.

Inzwischen hatte man im Stift vergebens auf den Ordenssekretär gewartet, dessen Rückkehr auf den 15. Mai angesetzt war. Als Postl nicht eintraf und im Lauf der nächsten acht Tage auch nichts von sich hören ließ, wandte der Großmeister Köhler sich um Auskunft an Kirschbaum und an den Pfarrer Blažek von Pöltenberg, wobei er nicht unterließ, eine Anzeige bei der Polizeibehörde in Wien zu erstatten. Blažek, der etwaige Beziehungen der Familie Postls zu dessen Flucht ermitteln sollte, berichtete alsbald darüber:

»Ich fand Niemanden als die Mutter, welche ich mit der möglichsten Behutsamkeit wegen unserem Ordensbruder H. Secretär Postl befragte, allein ihre Unbefangenheit verrieth eine Unkenntniß einer Abwesenheit oder einer hierortigen Zusammenkunft mit ihrem Sohne ...

Indessen kam seine Schwester Nanette noch am späteren Abend vom Fogelshof nach Hause, um der Mutter in der Hauswirthschaft behülflich zu sein, allein auch sie konnte mir keine nähere Auskunft geben ...

Gegen drei Uhr früh kam Bruder Franz (der Amtsschreiber) von Fogelshof an, dessen schleunige Reise aus Böhmen mir besonders noch dadurch auffallend war, daß er mit der Post stracks zum Verwalter, seinem Bruder Johann, fuhr. Jedoch erst zwei Stunden später gelang es mir, mit dem Bruder Franz ins Gespräch zu kommen. Nun fing ich an nach Möglichkeit von ihm etwas Näheres zu erfahren, und er hatte es mir eingestanden, daß wahrscheinlich der Herr Secretär in Brünn soll gewesen seyn, aber itzt könnte er immer in Wien sich verweilen. Uebrigens, sagte er mir, könnte auf eine vorsichtige Art der Herr General-Großmeister den Aufenthalt des Herrn Secretär vom Herrn Gubernialrath von Böhmen erfahren.«

Eine Anfrage bei diesem ergab ebenso wie die an den Polizeipräsidenten von Wien, Freiherrn v. Sieber, ergangene ein negatives Resultat. Letzterer antwortete überhaupt erst am 6. Juni; die Nachforschungen in der Postlschen Angelegenheit wurden amtlicherseits so wenig energisch betrieben, daß sich der Einfluß hochgestellter Gönner und Freunde unschwer erkennen läßt.

So entkam der Kreuzherr Karl Postl. Der Träger dieses Namens und dieses Standes ist seit dem Mai des Jahres 1823 verschollen. Keine Kunde über den Aufenthalt des verlorenen Sohnes drang nach Poppitz. Vater Postl verbiß seinen Schmerz, er war zu stolz, ihn zu zeigen. Ja, er verbot sogar, den Namen des verlorenen Sohnes in seinem Hause auszusprechen, und erwähnte diesen nicht in seinem Testament, was Karl Postl jedoch nie erfahren hat. Die Geschwister dagegen und besonders die Mutter ergaben sich ganz ihrem Kummer und verwanden diesen niemals. Noch in späteren Jahren zeigte die Mutter, sich selbst verwünschend, unter heißen Tränen jene Stelle in der Küche, wo sie die verhängnisvollen Worte gesprochen, die ihren Sohn in das Kloster getrieben hatten.

 

Karl Postl war inzwischen, wie bereits erwähnt, Ende August des Jahres 1823 in Neuorleans gelandet und kam so in die gefährliche Jahreszeit, wie er sie nennt. »Tiefes Schweigen herrscht in der Stadt, die meisten Läden und Magazine sind geschlossen und niemand ist am Tage in den Straßen zu sehen, ausgenommen Neger und andere Farbige, das einzige sichtbare Fuhrwerk ist der Totenwagen ...« Da Postl die mit einem längeren Aufenthalt verknüpften Gefahren kannte, die einem noch nicht akklimatisierten Weißen durch das Gelbe Fieber drohten, fuhr er den Mississippi aufwärts und ließ sich, nachdem er die Gegenden am Red River und Ohio gründlich durchstreift, 1824 in der im westlichen Pennsylvanien gelegenen kleinen Stadt Kittaning nieder, »einem niedlichen, in einem drei Meilen langen kesselähnlichen Tal eingeschlossenen Ort, der binnen 18 Jahren auf 200 Häuser und 1200 Einwohner angewachsen war«.

Seine Mußestunden in dem neuen Heim am Alleghanyflusse in Pennsylvanien benutzte er zu schriftstellerischen Arbeiten. Die auf den Reisen flüchtig hingeworfenen Aufzeichnungen über Land und Leute, über Begebenheiten und Erlebnisse ordnete er und fügte neue Beobachtungen hinzu. Gelegentlich schrieb er auch Skizzen nieder, die sich mit den faulenden Zuständen seines verlassenen Vaterlandes beschäftigten. Dies half ihm den giftigen Stachel entfernen, der ihn tief schmerzte. So vermied er die Trübung des Angedenkens an seine liebe Heimat, die ihm oft genug durch das an die Thaya bei Znaim erinnernde Flußbett des Alleghany und dessen idyllische Umgebung vor Augen gerufen wurde. In Kittaning hielt er sich bis zum Oktober des Jahres 1825 auf. Geldmangel sowie der Gedanke, diesen durch eine geschickte Verwertung der auf seinen Reisen gesammelten literarischen Früchte zu beheben, veranlaßten ihn, nach Europa zurückzukehren, um dort die Veröffentlichung seines Werkes über die Vereinigten Staaten zu betreiben. Er schrieb darüber:

»Es war an einem Octobermorgen des letztverwichenen Jahres (1825), als ich meinen Wohnsitz Kittaning, 35 Meilen ober Pittsburgh, am Alleghany-Flusse verließ, um das südwestliche sogenannte Paradies der Vereinigten Staaten von Nordamerika wieder zu sehen, Geschäfte in Ordnung zu bringen und meine Gesundheit, die seit einiger Zeit gelitten, wieder zu finden. Zwei Wege hatte ich vor mir: den gewöhnlichen nämlich über Pittsburgh, Beaver nach New-Lisbon, oder den über Buttler, Old-Harmony, Griesburgh dahin. Die erstere Route war ich bereits gereiset und das daranstoßende Land war mir so ziemlich bekannt; ich zog daher den zweiten Weg vor, der, obwohl er schlechter und faßt nur ein Fußpfad zu nennen, auch an manchen Stellen kaum fahrbar ist, mich mit der Lage des großen Ohio-Canals und dem Lande von der nördlichen Seite bekannt machte. – Meine Reisevorkehrungen waren so ziemlich gut getroffen, mein Pferd jung, frisch und stark, meine Gigue Gigue = Gig, Kabriolett. neu und für mich hoffte ich von der Abwechslung und mäßigen Bewegung das Beste.«

Die Reise führte ihn mit der »Gigue« durch die Bezirke von Ohio, Indiana und Illinois. Von Natchez aus benutzte er den Dampfer »Helen Mc. Gregor« bis Neuorleans und ging nach einem mehrmonatlichen Aufenthalt in dem von ihm so sehr geliebten Louisiana nach Havre in See, wo er im August des Jahres 1826 ankam. Von hier reiste er über Rouen, Paris, Straßburg, Karlsruhe, Heidelberg und Darmstadt nach Frankfurt a. M., von wo aus er der Cottaschen Buchhandlung in Stuttgart sein zweibändiges Werk »Die Vereinigten Staaten von Nordamerika, nach ihrem politischen, religieusen und gesellschaftlichen Verhältnisse betrachtet« anbot. Der erste Brief, den er über diese Angelegenheit an den Freiherrn v. Cotta richtete, trägt als Datum den 16. September 1826 und ist mit »Dr. Sealsfield« unterzeichnet. Viktor Hamburger, der im Anhange seiner verdienstvollen Biographie »Sealsfield-Postl« (Wien 1879) diesen sowie eine Anzahl anderer mit »Charles Sealsfield« unterschriebenen Briefe unseres Autors mitteilt, läßt sich über Postls Pseudonym folgendermaßen aus:

»Das Schreiben vom 16. September ist das älteste mir bekannte Schriftstück, welches mit Sealsfield unterzeichnet ist. Was mag ihn wohl bewogen haben, gerade den Namen Sealsfield zu wählen? Oder wie entstand dieser Name? Ich glaube, daß Postl sich Sealsfield aus Seafield bildete. James Earl of Findlater and Seafield, ein Abkömmling der angesehenen schottischen Familie der Ogilvies, lebte seit dem Jahre 1790 auf dem Kontinente, besonders in Dresden und im nördlichen Böhmen. Er war ein leidenschaftlicher Liebhaber der Bau- und Gartenkunst, und sein enormer Reichtum gestattete ihm überall, wo er sich aufhielt, eine bleibende Erinnerung an seine edlen Neigungen und an sein wohltätiges Wirken zu hinterlassen. In Dresden legte er Findlaters Weinberg an, welcher später in den Besitz des Prinzen Albrecht von Preußen überging und seitdem »Albrechtsberg« genannt wird. In Teplitz erbaute er mit dem Grafen Clam das Armenhaus. Die Stadt Karlsbad, welche er durch Bauten und Gartenanlagen verschönert hatte, widmete ihm einen Obelisk.

Im Jahre 1811 starb dieser Wohltäter, und der Titel eines Grafen von Seafield ging auf die Familie Grant über.

Wie jedermann in der Gegend den Namen und die Plätze und Erfolge des Wohltäters kannte, so vernahm ohne Zweifel auch Postl das Lob seines humanen Wirkens, wahrscheinlich schon vor seiner Abreise aus Prag, da es dort bekannt war, daß Seafield die Absicht hatte, den Roßmarkt daselbst auf eigene Kosten zu einem Park umzugestalten.

Als nun Postl an die Wahl eines falschen Namens denken mußte, erinnerte er sich, da er, als der Plan zur Flucht in ihm reifte, wohl nur wenige englische Namen kannte, alsbald jedenfalls an Seafield, aus welchem er durch Einschiebung des »ls« Sealsfield bildete Diese Erklärung ist überflüssigerweise weit hergeholt. Zu dem Besitz des alten Postl gehörte ein Stück Land, das seit Alters »Siegelfeld« hieß. Was war einfacher, als daß Postl dieses Wort ins Englische übertrug? C..

Ob er nicht vielleicht einen auf Siegelfeld oder Hundsfeld (seal heißt bekanntlich Siegel und Seehund) lautenden sich zu verschaffen wußte, ist nicht zu entscheiden, da das Wiener Polizeiarchiv darüber nichts enthält. Soviel ist gewiß, daß er sich schon als Sealsfield in den Bürgerverein der Republik aufnehmen ließ.«

 

Cotta nahm Sealsfields Arbeit an und ließ sie nach einer von diesem selbst veranlaßten stilistischen »Auspolierung durch einige geschickte Männer von Frankfort« (wahrscheinlich Georg Bunsen, Nepomuk Schelble, Dr. Müller) 1827 unter dem Pseudonym Charles Sidons erscheinen.

 

Inzwischen war Sealsfield im November des Jahres 1826 nach London abgereist, um mit dem Verleger Murray über eine englische Ausgabe seines Werks zu verhandeln, die denn auch im Jahre 1828 erschien. Aber Sealsfield ließ sich die ihm von Murray gebotene Chance eines Ankaufs des Buches und den damit verbundenen sicheren Gewinn entgehen, und der Londoner Aufenthalt wurde zur Quelle demütigender Bitten: »Da ich nun mit allem fertig bin, so wünsche ich abzureisen, ein Hinderniß ist jedoch entgegen und dies ist der Mangel an Reisegeld. Von Murray kann und darf ich nichts herausnehmen, wenn ich nicht gleich andern armen Authoren gedrückt und geschunden werden soll.« Und an einer andern Stelle des nämlichen Briefes (an Cotta, 29. Januar 1827) heißt es: »Da Sie so großmütig waren, mir so viel Vorschuß anzubieten als ich brauche, zu einer Zeit, wo ich Ihnen keine Sicherheit anbieten konnte, so bin ich überzeugt, daß nun, wo Sie eine Sicherheit von wenigstens 400 Pfund Sterling bei Hrn. Murray haben, Sie mir meine Bitte, ohne deren schleunige Gewährung ich nicht nur keinen Schritt von London thun, sondern in die größte Verlegenheit und selbst Noth kommen würde, da ich von allen Resourcen und von Hause entfernt bin, nicht versagen werden. Diese Bitte besteht darin, daß Sie mir 40 Pfund Sterling vorschießen oder leihen. Diese 40 Pfund sollen und haben mit unserm Geschäfte nichts zu thun, außer wenn ich Landkarten, Gemählde, Bücher von Amerika übersende, die ich baar bezahlen muß ...«

Cotta, der Sealsfield bereits vor dessen Abreise 200 Gulden rheinisch und 40 Pfund Sterling ausgezahlt hatte, verweigerte zunächst den erbetenen Vorschuß, gab aber endlich doch nach und schickte das verlangte Geld gegen die Erlegung des Murrayschen Vertrages. Nachdem Sealsfields Abreise noch durch Korrekturarbeiten für Murray verzögert worden war, verließ er endlich anfangs Juni 1827 London, segelte am 15. desselben Monats mit der »Stephania« von Havre ab und landete nach einer stürmischen und gefahrvollen Überfahrt im September in Neuyork. Hier hielt er sich nur kurze Zeit auf. Philadelphia war das nächste Ziel seiner Reise. In dieser Stadt arbeitete er »während der sieben Wochen seiner Anwesenheit Tag und Nacht, um Cottas Vertrauen zu gewinnen«. (Brief vom 3. Januar 1828.)

Wieder sind es pekuniäre Sorgen, die ihm die Feder in die Hand drücken. »Ich habe – so schreibt er an Cotta – noch keinen Penny erhalten und muß mich auf die Rechtschaffenheit der englischen Buchhändler verlassen, die bekanntlich mit solch armen Authoren, wie wir sind, nicht gerade allzu christlich umspringen ... Ich habe mein Verhältnis E. H. dargelegt und offen erklärt, daß ich kein baares Vermögen besitze, um zu leben und Ausgaben zu bestreiten, die mit den Einsendungen unumgänglich nothwendig verknüpft sind. Durch die sieben Wochen, durch welche ich Einsendungen machte, mußte ich jede Woche 5 Dollars Kostgeld und für 7 politische und 3 belletristische Zeitungen für 2 Monate 20 Dollars bezahlen. – Ich hoffte Credit zu finden, wo ich dann auf Wechsel hoffte – ich hätte diesen auch gefunden. Glücklicherweise jedoch ahnte mir was geschehen würde und ich zog vor, nach Hause zu gehen. Wäre ich in Philadelphia geblieben, um auf Ihre Rechnung zu arbeiten, so hätte es mir leicht geschehen können, daß ich in die größte Verlegenheit gerathen wäre. Ich reiste daher nach Hause« (nach Kittaning), »wo ich seitdem das Werk »Canondah« beinahe geendigt habe ... Es ist ein Werk, das die häußlichen, politischen, religieusen Verhältnisse mit den Indianern charakteristisch darstellt, mit den Charakterzügen der Indianer – das ganze ist ein Roman auf die Art wie Corinna eingekleidet. Es ist bei Weitem das beste Werk, das ich geschrieben, und ich bin gewiß, es wird Beifall erhalten und in Deutschland Aufsehen erregen.« (Brief vom 3. Jan. 1828.)

Da die von Cotta erbetene Unterstützung ausblieb, brach er seine Beziehungen zu diesem ab. Sein Stern schien im Sinken zu sein. Die Honorare der englischen Ausgaben – bei Hurst war inzwischen sein berüchtigtes » Austria as it is« erschienen – flossen nur spärlich, und von den deutschen bei Cotta herausgegebenen Arbeiten war nach Abzug der verschiedenen Vorschüsse auch nicht viel zu erwarten. Da machte ihn die englische Ausgabe des bereits oben erwähnten Werkes »Canondah« wieder flott, das unter dem Titel » Tokeah or the white rose« 1828 in zwei Bänden bei Carey & Leo erschien. Er sah sich nun instand gesetzt, einen Abstecher nach dem Südwesten der Union zu machen, der ihn bis nach Mexiko führen sollte.

Der chronische Bürgerkrieg dieses unglücklichen Landes, der Aufeinanderprall der Spanier und Kreolen inspirierten Sealsfield zu dem düster großartigen Gemälde, das er in seinem berühmten historischen Romanfragment »Der Virey und die Aristokraten« entwarf.

Wieder nach den Vereinigten Staaten zurückgekehrt, trat er, »durch die Vermittlung seiner Freunde«, im Januar 1829 in die Redaktion des Courrier des Etats-Unis in Neuyork ein, in der er bis zum Jahre 1830 tätig war. Das wichtigste Moment dieses Schrittes war das Entstehen seiner Beziehungen zu Joseph Bonaparte, dem Exkönig von Spanien, von denen Viktor Hamburger in seiner bereits mehrfach erwähnten Schrift eine kurze anschauliche Darstellung gibt:

»Damals kaufte das Blatt der auf dem Landgute Point Breeze bei Bordentown am Delaware in Newjersey unter dem Namen Graf Survilliers lebende Joseph Bonaparte, Exkönig von Spanien, ›ein ruhiger, gemütlicher Mann, der allenthalben beliebt ist.‹ In der besonderen Ausgabe der amerikanischen Abteilung für Europa, zu welcher sich die Redaktion infolge einer Aufforderung von Europa entschlossen hatte, polemisierte Sealsfield mit den französischen Zeitungen des Kontinents. ›Unser Wirken glich schon der geographischen Distanz wegen einem Duell von Standpunkten aus, die zweitausend Meilen voneinander entfernt waren. Schrieb ich heute einen möglichst scharfen Artikel, so hatten wir alle ihn schon längst vergessen, als drei bis vier Monate darnach uns französische Journale mit ebenso heftiger Antwort zukamen. Das schien auf die Dauer kindisch. Der Exkönig sah das endlich auch ein.‹ Überdies hatte dieser seinem Privatsekretär und Hausfreund Felix Lacoste, dem nachmaligen französischen Generalkonsul, die Leitung übergeben, so zwar, daß die Arbeitskraft Sealsfields, dessen Gesundheit noch angegriffen war, hier leichter entbehrt und an anderem Orte, in Europa, besser verwertet werden konnte.

Mit Aufträgen und Empfehlungen Bonapartes ging er zuerst in den Süden der Union. Im September des Jahres 1831 war er in Alexandria am Redriver im Staate Louisiana, wo er sich mit seinem erübrigten Gelde einen Anteil an einem Baumwollengeschäfte kaufte. Alsdann reiste er nach England. Er lebte abwechselnd in London und Paris, mit dem Vollzug der ihm anvertrauten politischen Mission Josephs beschäftigt, mit welchem er einen »vertraulich brieflichen Verkehr« unterhielt. Gleichzeitig war er tätig als Korrespondent des damals verbreitetsten und bedeutendsten Neuyorker Blattes » The Morning Courier and Enquirer«. In London stand er auch in Verbindung mit dem damaligen Monthly Review » The Englishman«.

Als Agent Joseph Bonapartes lernte er die bedeutendsten Staatsmänner kennen, so Brougham, Palmerston und Lord Aberdeen, in welchem er den ersten Staatsmann Englands bewunderte. In diesen Kreisen sich mit Sicherheit zu bewegen, hatte er schon in Amerika gelernt, wo er mit verschiedenen hervorragenden Männern der Regierung und des Kongresses bekannt geworden war. Eines seiner Werke »Das Cajütenbuch oder nationale Charakteristiken« ist sogar dem »Hon. Joel R. Poinsett, abgetretenen Kriegminister der Vereinigten Staaten von Amerika ... achtungsvoll gewidmet«, welcher bekanntlich im Kabinett von Washington eine bedeutende Rolle gespielt hatte.

Gegen Ende desselben Jahres gab er seine Korrespondenzen auf und siedelte in die Schweiz über. Er wohnte zuerst in Tegernweilern. Seine Nachbarin war die Exkönigin Hortense, welche mit Louis Napoleon das Schlößchen Arenenberg bewohnte. Er wurde von Joseph eingeführt und stand im vertraulichsten Verkehr mit dieser Familie. Es ist kein Zweifel, daß Sealsfield als Agent Josephs sich bewährt hatte und deshalb von diesem empfohlen wurde. Ich glaube nicht zu fehlen, wenn ich behaupte, daß Sealsfield so etwas wie Sekretär der Hortense war. Gewiß ist, daß er für diese Familie noch immer eifrig arbeitete und zur Besorgung ihrer Angelegenheiten Reisen unternahm, so 1837 bis 1838 eine Reise nach Amerika (wenn auch nicht ausschließlich in fremder Sache), kleinere Reisen auf dem Kontinente, so noch die letzte im Jahre 1841 über Genf nach Paris.«

Die Jahre 1832-37 bedeuteten den Höhepunkt von Sealsfields literarischem Schaffen. In rascher Aufeinanderfolge erschienen nun: »Der Legitime und die Republikaner«, 1833, eine verbesserte deutsche Ausgabe der Indianererzählung »Tokeah«; ein Jahr später »Der Virey und die Aristokraten«, 1834, ein Werk, das Sealsfields neue Richtung des National- und Volksromans in glänzendster Verkörperung zeigt. 1834-37 folgte eine Reihe von Skizzen, die unter dem Gesamttitel »Lebensbilder aus der westlichen Hemisphäre« vereinigt wurden und den Grund zu Sealsfields Ehrennamen »Der Dichter beider Hemisphären« legten. Im Jahre 1835 gelangte das Fragment »Morton oder die große Tour« zur Veröffentlichung, das die dämonische Macht des Geldes über die Welt zum Vorwurf hat. »Diese Werke sowie Sealsfields Tätigkeit für die Bonapartes warfen ihm ein hübsches Sümmchen ab, das er während seiner Anwesenheit in Amerika im Jahre 1837 in Eisenbahnobligationen anlegte. Es ist auch möglich, daß er den Stand des Geschäftes, an welchem er beteiligt war, prüfte und seinen Anteil daran damals vergrößerte.

Aus den literarischen Eindrücken dieser Reise entstanden die »Neuen Land- und Seebilder« oder die »Deutsch-amerikanischen Wahlverwandtschaften«, die in vier Bänden bei Schultheß in Zürich erschienen. Ihnen folgten endlich 1841 das berühmte »Kajütenbuch« und 1842 bis 1843 der letzte Roman des Dichters, »Süden und Norden«, den Sealsfield selbst das poetischste seiner Werke genannt hat.

Bis in den Anfang der vierziger Jahre blieb er in Tegernweilern. Dann lebte er in Zürich und Feuerthalen. Im nächstfolgenden Jahre finden wir ihn in Schaffhausen, wo er teils in der Stadt, teils in deren Nähe, im Hotel Weber sich aufhielt. Im Frühjahr 1850 ging er nach Neuyork, kam jedoch schon im Herbst zurück. Im Sommer des folgenden Jahres zog er im Hause des Kaufmanns Meyer ein. Eine der Haustöchter, die geistreiche, liebenswürdige, aber kränkliche Elise lernte er kennen, und alsbald verband beide ein wahrhaft rührendes, herzliches Verhältnis der »Freundschaftsliebe«.

Als Sealsfield im Herbste 1853 zum letzten Mal in die Union reiste, setzte er diesen Verkehr auf brieflichem Wege bis zu seiner Rückkehr im Spätherbste 1858 fort. Der Briefwechsel, welcher an zweihundert Nummern zählte, erhielt sich nicht, da beide Teile die Briefe vor ihrem Tode verbrannt haben sollen.

Diese letzte Reise ward aus Gründen zumeist geschäftlicher Natur unternommen. Er hielt sich teils in Neuyork auf, teils in den Südstaaten, vorzüglich in Louisiana. Ihm ward die glänzendste Aufnahme zuteil, er wurde sogar im White House zu Washington empfangen. »Als ich ankam (in Neuyork), fand ich mehrere meiner besten Freunde entweder todt oder weit weg von New-York und meiner Route nach Louisiana, alles ferner still in Bezug auf The works of Sealsfield. In dieser Zeit scheint es ruchbar geworden zu seyn, daß ich im Lande bin, und wie mir mehrere Freunde sagen, wünscht man sehr dem Verfasser auf irgend eine Weise Anerkennung angedeihen zu lassen. – Ich habe allem diesem – die New-Yorker wohl kennend – den Weg abgeschnitten, indem ich erklärte, daß ich beim ersten Symptom New-York verlassen würde.«

Appleton, die erste Buchhandlung daselbst, machte ihm das Anerbieten, eine englische Ausgabe seiner gesammelten Werke zu veranstalten, wie sie seit 1844 im Verlage der J. B. Metzlerschen Buchhandlung in Stuttgart erschienen, deren Angebot er damals erst nach langem Zögern auf das eindringliche Zureden seiner Freunde angenommen hatte. Dieses Projekt zerschlug sich in der Folge.

Nach seiner Rückkehr in die Schweiz kaufte der nunmehr bejahrte Dichter in der Nähe von Solothurn ein kleines Bauernhaus, das ihm wegen seiner herrlichen Lage unterhalb des Weißensteins, von Tannen beschattet, ein behagliches Ausruhen von den Irrfahrten seines Lebens zu verheißen schien. Kertbeny, der ihn hier 1860 besuchte, erzählt darüber in seinen Erinnerungen: »An einer Kapelle vorbei, dann an einzelnen Gehöften und Gärten kam ich auf glatten, ebenen Wegen, wie in einem Park, in dem schönen Grün zuletzt an eine Mühle. Von hier hob sich das Terrain. Rechts zeigte sich noch höher ein großes modernes Gebäude; das Irrenhaus, wie ich später erfuhr. Vor mir aber lag das Haus, welches man mir als das des alten Einsiedlers bezeichnete. Der ganz gewöhnliche Garten lief in ein spitzes Dreieck zu, wie ein Schiffsschnabel, da die Wege beider Seiten sich hier kreuzen ... Als ich nach der Rückseite des Hauses gelangt war, befand ich mich vor einer verschlossenen Tür, darüber die Aufschrift sich zeigte »Unter den Tannen« ... Alles war still und ruhig, grün und grasduftig und voll Schatten unter den Fruchtbäumen.« Auf Kertbenys Klingeln öffnete eine erstaunte Magd und führte den Besucher in ein Parterrezimmer zur Rechten des Ganges, das, da in Sealsfields Haus stets alle Fensterläden nach der Straße zu geschlossen waren, in einem kühlen Halbdunkel gehalten war. Hier sah sich Kertbeny plötzlich Sealsfield gegenüber, der nach den ersten einleitenden Worten seines Besuchers plötzlich hinauseilte, dann wiederkam und diesen in die vordere Stube rechts, in den Salon führte. »Es war dies offenbar das Empfangszimmer; glatte Tapeten, ein Kanapee von rotem Damast, davor ein runder Tisch, Stühle, rechts und gradaus je ein Fenster, aber auch mit geschlossenen Läden, links zwei kleine Tischchen mit ein paar vergilbten Büchern in Seide und Goldschnitt. An all den Wänden nicht die Spur eines Bildes ... Ich beobachtete den ehrwürdigen alten Mann nicht wenig scharf, um physiognomische Erinnerung zu behalten. Er saß mir gegenüber links auf dem Kanapee, ein Mann, der wohl schon mehr an Alter als das Jahrhundert zählte, aber nichts weniger denn zu auffallende Spuren davon trug oder gebeugt schien ... Die Figur war nicht groß, aber auch nicht klein, nicht mager, nicht fett. Der Kopf dagegen erschien kleiner als die Schultern erwarten ließen. Der Blick zeigte sich tiefliegend und durch die Augengläser mit Anstrengung scharf scheinend. Die Stirne gab sich hoch, aber der Untertheil des Gesichtes breiter. Stark war die Nase, aber plump, der große Mund schien, wahrscheinlich durch Mangel an Backenzähnen, eingekniffen, dadurch das Kinn vorstehender. Das kurze Kopfhaar war noch nicht weiß, blos salz- und pfeffergrau. Charakteristisch wies sich der kurz mit der Scheere zugestutzte Schnurrbart dadurch, daß er ober der Lippe noch schwarz geblieben, dann aber graumelirt sich mit dem spärlichen, weißen Backenbarte zusammenzog, wodurch das Kinn ausrasirt hervortrat und damals noch ein Tüpfchen Kinnbart hatte. Am meisten und nicht am angenehmsten fielen die großen flachen Ohren auf, die breitgedrückt wegstanden und oben wie faunisch zugespitzt waren ... Die Hand zeigte sich stark knochig und behaart ... Es war in der Physiognomie, wie in Tracht und in den Manieren auch nicht die Spur von dem, was wenigstens wir Kontinentalen uns unter einem gebornen Amerikaner oder Engländer als angelsächsischen Racetyp vorstellen ... Er trug – ein Gräuel für Engländer! – eine hohe, steife, schwarze Seidencravate, von rückwärts zuschnallbar. Dazu so schlecht gemachte Hemden wie der echteste deutsche Ackerbürger; einen alten verblichenen Hausflaus und Zwilchbeinkleider, auch ehrenwerthe ausgetretene Stiefel ...

Im Ganzen machte er mehr den Eindruck eines alten quiescirten Militairs, hätte ihm die Brille – daheim eine silberne, auswärts eine goldene – nicht das Aussehen eines alten Schreibers gegeben.«

Obwohl Sealsfield seiner geschwächten Augen wegen kaum mehr als eine Stunde täglich arbeiten konnte, vollendete er doch noch drei große Arbeiten: »Ein Mann aus dem Volke«, einen Roman, der des Dichters eigenes Leben behandelte, ferner als Fortsetzung zu den »Deutsch-amerikanischen Wahlverwandtschaften« den Roman »Osten und Westen« und die Aufzeichnungen über die Familie Bonaparte unter dem Titel »Memoiren aus Arenenberg«. Diese drei Manuskripte sind uns nicht erhalten geblieben. Ihr Vorhandensein ist daher von mehreren Seiten bestritten worden Besonders vom Pfarrer Hemmann, dessen Zeugnis allerdings schwerer wiegt als das des Flunkerers Benkert (Kertbeny) und Alfred Meißners, der nur nacherzählt, was ihm zugetragen wurde. C.. Sealsfield verbrannte sie vor seinem Tode, vielleicht weil er fürchtete, daß nach seinem Ableben die Herausgeber den Sinn entstellen und so seine Ideen der Nachwelt nicht richtig überliefern würden. Nur ein kleines vergilbtes Heft entging diesem Schicksal. Es enthielt die Skizze »Die Grabesschuld«, die Alfred Meißner 1873 herausgab.

 

Die letzten Lebensjahre des Dichters gestalteten sich so traurig wie möglich. Von der Mitwelt fast vergessen, saß er, dem Erblinden nahe, im Düster seines verdunkelten Krankenzimmers. Ein krebsartiges Unterleibsleiden peinigte ihn bis zur Unerträglichkeit. Der Besuch der Bäder Rippoldsau und Schwalbach (im Juni 1863) brachte ihm keine Linderung. Zu alledem trat noch der durch die amerikanischen Wirren bedingte Rückgang seines Vermögens, das er in selbstquälerischer Angst gänzlich zu verlieren fürchtete. Seinen Zustand ertrug er ohne Klage und spielte auch ganz bestimmt auf sein nahendes Ende an. Im Oktober 1863 sprach er zum erstenmal mit Pfarrer Hemmann über die Sitte der Abendmahlsfeier. Nach langem Zögern eröffnete er endlich diesem Zeugen seiner letzten Stunden, »daß er als Mann des Todes das Abendmahl in seiner Wohnung zu empfangen wünsche«. »Ich rüstete eine Anrede«, erzählt Hemman in seiner Schrift »Charles Sealsfield«, »und fand mich am 25. Dezember mit dem Sigrist, welcher die Gefäße trug, zur festgesetzten Stunde in seinem Hause ein. Er hatte mehrere Teppiche auf den Fußboden seines Zimmers legen lassen und empfing mich in schwarzem Anzug, den ich noch nie an ihm bemerkt hatte; seit langer Zeit war seine Kleidung im Hause sehr vernachlässigt gewesen. Da er wegen seiner Schwäche nicht lange stehen konnte, so wollte ich ihn zum Sitzen nötigen; allein er ließ sich nicht dazu bereden und stützte sich während meiner Ansprache mit der rechten Hand auf den Tisch. Ich hatte den Sigrist angewiesen, ihm für den Fall, daß ihn die Schwäche übermannen sollte, beizustehn. Allein, obwohl ich deutlich sein Zittern sah, hielt er sich aufrecht, bis zuletzt, und dankte mir, indem er mich bat, meine Rede für ihn niederzuschreiben ... Im Januar ersuchte er mich, ihm eine englische Bibel zu verschaffen, in der er seine Grabschrift suchen wollte ... Ungeachtet seiner tödlichen Schwachheit hat Sealsfield nie das Krankenbett gehütet, sondern stand jeden Tag auf bis zuletzt. Aufrechtstehend bekam er am Dienstag den 24. Mai 1864 eine Ohnmacht, worauf der andere Vertraute und ich ihn zu Bette brachten. Sein Todeskampf dauerte bis zum Donnerstag den 26. früh.« »Nichts Neues von drüben?« waren seine letzten vernehmbaren Worte. Am 29. Mai 1864, nachmittags 2 Uhr, wurde seine sterbliche Hülle in der Kirche von St. Niklaus beigesetzt. An der Wand der kleinen Kirche steht eine schwarze, rotgeränderte Marmortafel mit folgender Inschrift:

 

Charles Sealsfield
geboren den 2. März 1793
gestorben den 26. Mai 1864

Psalm 143. And enter not into judgement with thy
servant; for in thy sight shall no man
living be justified.

Psalm 31. Have mercy upon me, my God, according
to thy loving kindness, according
to thy tender mercies blot out my transgressions. Das Monogramm, welches ebenso wie die beiden Inschriften nach Sealsfields Angabe ausgeführt wurde, ist ein S, das mit dem darüber gestellten, nach unten geöffneten C ein P gibt, also beide Namen andeutet.

Psalm 143. Und gehe nicht ins Gericht mit Deinem Knecht, denn vor Dir ist noch kein Lebender gerecht erfunden worden.

Psalm 31. Habe Erbarmen mit mir, mein Gott, nach Maß Deiner liebenden Güte, nach Maß Deiner Gnade lösche aus meine Vergehungen.

Auf dem liegenden Steine, gleichfalls schwarzer, rot eingefaßter Marmor, ist zu lesen:

Charles Sealsfield
Bürger von
Nordamerika

Die ergreifende Klage, die in den Worten dieser Grabschrift liegt, hat zu mannigfachen Vermutungen Anlaß gegeben. Wurden doch nach dem Bekanntwerden des Sealsfieldschen Testaments von einigen Zeitungen Angriffe gegen den toten Dichter gerichtet, des Inhalts, Postl habe sich bei seiner Flucht im Jahre 1823 Kassendefraudationen zuschulden kommen lassen. Ja, man hat sogar aus dem seltsamen englisch-deutschen Mischstyl So macht beispielsweise »Morton« ganz den Eindruck einer von einem Österreicher angefertigten Übertragung aus dem Englischen. Andererseits ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß das Deutsch des Verfassers durch dessen jahrelangen Aufenthalt in den Vereinigten Staaten stark anglisiert wurde. C. der Sealsfieldschen Werke und aus dem Umstand, daß viele derselben unbeendigt geblieben sind, den Schluß ziehen wollen, deren eigentlicher Verfasser sei ein Amerikaner gewesen, und Postl habe sich dessen geistige Erzeugnisse gewaltsam (durch Mord?) angeeignet, um sie in einer Übersetzung à l'américaine als die seinigen herauszugeben. Hierzu ist zu bemerken, daß es wirklich nicht so weitgreifender Zeitungssensationen bedarf, um die Selbstanklagen eines Sterbenden zu deuten, der, körperlich und geistig schwer gequält, in der ihm eigenen knorrigen Art seine Rechnung mit dem Himmel machte. Denn wenn auch der wahre Grund, warum Sealsfield seinen wirklichen Namen gegen jedermann verschwieg, voraussichtlich ebensowenig aufgeklärt werden wird wie die Wahrheit jener Gerüchte, soviel scheint jedenfalls festzustehen: der Schritt, den er in der Jugend tat, hat schwer auf dem alternden Mann gelastet. Davon zeugt seine Verbitterung gegen alles, was mit seinem früheren Leben zusammenhängt, davon sein Groll über Glockengebimmel und katholische Priester, davon die letzte große Aussöhnung durch das Abendmahl, bei dem ihm vielleicht die Worte auf den zitternden Lippen standen: »Warum mußte das alles so kommen, wie es gekommen ist?« und dann »Habe Erbarmen mit mir, mein Gott, lösche aus meine Vergehungen!«

 

Zum Schluß noch ein Wort über Sealsfields Stellung in der Literatur. Ich habe bereits jenes Ehrennamens gedacht, den man Sealsfield gab, indem man von ihm als »dem Dichter beider Hemisphären« sprach, ein bezeichnendes Attribut, »das nicht nur ausdrückt, daß er in beiden, der alten und neuen Welt, gewohnt hat, sondern daß seine Werke auch der Literatur der einen sowohl als der andern angehören.«

Ausgehend vom englischen Roman als einem nicht zu unterschätzenden Zivilisationsfaktor (vgl. Sealsfields Äußerungen über diesen Gegenstand bei Kertbeny, 3. Brief, Brüssel, 4. Juni) führt er eine eigene Art des Romans ein und wird zum Gründer der Schule des »ethnographischen« oder »exotischen Kulturromans«. »Ich wünsche,« schreibt er selbst in einer Einleitung zu seinen gesammelten Werken, »das Meinige beizutragen, dem geschichtlichen Roman jene höhere Betonung zu geben, durch welche derselbe wohltätiger auf die Bildung des Zeitalters einwirken könne; mitzuhelfen, daß die tausend albernen, schädlichen, dummen Bücher, Moderomane genannt, durch eine kräftigere Geistesnahrung ersetzt werden.«

Wenn der Kosmopolitismus unserer deutschen Dichter im ganzen abstrakt und auf literarische Vermittlungen beschränkt blieb, so tritt er uns bei Sealsfield mit praktischem Weltblick, in konkreter Weise gegenüber; die Faktoren, mit denen er rechnet, um das geistige Produkt der Zukunft zu gewinnen, sind Kontinente und Hemisphären; er schildert die Menschen in allen ihren Rassenunterschieden, in ihrer unendlichen Bedingtheit durch die kontinentale Natur bis auf die kleinsten und feinsten provinziellen Unterschiede, und vergißt nie über der sorgfältigsten Farbengebung im einzelnen die große historische Mission der Nationen und Weltteile. Amerika, der jugendlichste und zukunftsvollste Kontinent, bildet den Mittelpunkt seiner Schilderungen. Der Kampf des Menschen mit der Natur, der Sieg des Geistes, der Arbeit, der Tatkraft über den Urwald und die Steppe begeistert ihn zur lautesten Feier dieses unberühmten und namenlosen Heroismus der Masse, der keine blutigen Schlachtfelder schafft, aber Felder des Segens für die Nachkommen unter tausend Entbehrungen und Opfern der Natur abringt und Land gewinnt, nicht zum Herrentausche, sondern herrenloses Land dem Herrn der Schöpfung.

Über Sealsfields Einfluß auf die deutsche Literatur gibt Albert B. Faust in seinem Buche »Charles Sealsfield« interessante Aufschlüsse. Gerstäcker und Mügge, diese beiden immer noch gelesenen Autoren, sind nahezu undenkbar ohne Sealsfields Präzedenz, und was bis auf den heutigen Tag aus dem vergessenen großen Unbekannten geraubt oder, freundlicher gesagt, nachempfunden wird, das wird den Lesern der vorliegenden Ausgabe schon nach den ersten Bänden wohl zu heiterem Staunen aufgehen.

In die Neuausgabe werden aufgenommen als:

Band I-III: Lebensbilder aus beiden Hemisphären.
    Band I: Brautfahrten.
    Band II: Pflanzerleben.
    Band III: Die Farbigen; Nathan, der Squatterregulator.
Band IV. V: Der Virey und die Aristokraten.
Band VI: Morton, oder die große Tour.
Band VII: Das Kajütenbuch.
Band VIII: Grotesken: Die Grabesschuld (Novelle aus dem Nachlaß); Der Seesturm (a. d. Deutsch-amerikanischen Wahlverwandtschaften), und einige andere Bruchstücke, die in den vor nun bald 70 Jahren erschienenen Gesamtausgaben fehlen.

Wir übergeben hiermit diese Ausgabe vertrauensvoll den Händen unserer Leser, indem wir noch jenes charakteristischen Wortes gedenken, das einer der großen Deutschen des 19. Jahrhunderts, Heinrich v. Treitschke, über Sealsfield gesagt: »Er ragt als erzählender Dichter über die Unzahl der Unterhaltungsschriftsteller empor ... Durch die brennende Pracht seiner tropischen Landschaftsbilder und die Energie der Charakterbezeichnung übertrifft er Cooper bei weitem.

An solchen starken Talenten läßt sich der Geist einer Epoche am sichersten erkennen.«

Heinrich Conrad

Zu dieser Einleitung wurden hauptsächlich benutzt:

Faust, Albert B.: Charles Sealsfield (Carl Postl), der Dichter beider Hemisphären. Weimar 1897.

Faust, Albert B.: Charles Sealsfield. A Study of his style. Baltimore 1892.

Gottschall, Rudolf: Die Deutsche Nationalliteratur des 19. Jahrhunderts. Breslau 1854.

Gottschall, Rudolf: Porträts und Studien. Leipzig 1870.

Hamburger, Victor: Sealsfield-Postl. Bisher unveröffentlichte Briefe und Mitteilungen zu seiner Biographie. Wien 1897.

Hemmann, Friedrich (Pfarrer): Verschiedene Aufsätze über Sealsfield in »Nord und Süd«, »Gegenwart«, »Neue Züricher Zeitung«. – Diese Erinnerungen sind zweifellos bei weitem das Interessanteste, was über S. veröffentlicht worden ist.

Kertbeny, K. M.: Erinnerungen an Charles Sealsfield. Brüssel und Leipzig 1864.

» Die Grabesschuld«: Nachgelassene Erzählungen von Charles Sealsfield. Herausgegeben von Alfred Meißner. Leipzig 1873 (mit einer Einleitung von 88 Seiten).

Meister, Oskar: Erinnerungen an Sealsfield-Postl. Wien 1892.

Smolle, Leo: Charles Sealsfield. Biographisch-literarisches Charakterbild. Wien 1875.


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