Christian Friedrich Daniel Schubart
Gedichte
Christian Friedrich Daniel Schubart

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Neujahrslied (1)

Im Waisenhause zu singen.

          Allvater, Gott und Herr der Zeit!
Erhör uns arme Waisen,
Die dich voll Kinderherzlichkeit
In einem Liede preisen.
Einfältig ist's, doch fromm und wahr.
Wir singen dies zum neuen Jahr.
Erhör uns, lieber Gott.

Daß du vom Himmel niederblickst,
Du Geist von unserm Leben;
Daß du die ganze Welt beglückst,
Nie müde wirst im Geben:
Dafür steigt heut im Zeitenlauf
Der Waisen Dank zu dir hinauf;
Erhör uns, lieber Gott.

Doch weil du Gott so gnädig bist,
Und gibst uns ungemessen,
Und wenn der Mensch auch Dein vergißt,
Doch ihn nicht kannst vergessen;
So flehen wir: Ach wende nicht
Von unsrer Welt dein Angesicht,
Erhör uns, lieber Gott.

Streck aus der Wolke deine Hand
Mit einem Sonnenschilde,
Und schütze unser Vaterland
Nach deiner Vatermilde.
Lenk ab von uns des Mordgeists Wuth,
Und seinen Durst nach unserm Blut.
Erhör uns, lieber Gott.

Groß ist, o Vater! die Gefahr
Für unsern Christenglauben.
Die Frevler wollen vom Altar
Das Kreuz der Sühnung rauben.

Kühn schmähn sie Christum deinen Sohn.
Steur' ihrem Wahn und ihrem Hohn.
Erhör uns, lieber Gott.

Gib Fürsten, die dein Ebenbild
Durch Unrecht nie entweihen:
Sie seyen Väter, streng und mild
In ihrer Kinder Reihen.
Verleih der lichtbedürft'gen Welt
Aufklärung, wie sie dir gefällt.
Erhör uns, lieber Gott.

Bewahr uns deutsche Herzlichkeit,
Und alte Biedersitte.
Die segenreiche Fruchtbarkeit
Umstrahle unsre Hütte;
Verhindre, daß der Geitz nicht nimmt,
Was deine Gnade uns bestimmt.
Erhör uns, lieber Gott.

Und mitten in des Lebens Drang,
Gib Trost aus deinem Worte.
Macht uns die Todesstunde bang;
So zeig uns Edens Pforte,
Dort, wo kein Mondenwechsel ist,
Wo keine Waisenzähre fließt.
Erhör uns, lieber Gott.

 


 


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