Christian Friedrich Daniel Schubart
Gedichte
Christian Friedrich Daniel Schubart

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Aderlässe

        Des Lebens Purpurstrahl
Fährt schäumend aus der kleinen Ritze;
O Schöpfer! wann verfliegt einmal
Dies Blut, das ich in fauler Rast versprütze?

Soll alle meine Kraft
Im Feuer banger Qualen schmelzen?
Gebricht's nicht bald an neuem Saft,
Die Kügelchen des Blutes fortzuwälzen?

Du bist so heiß, o Blut!
Was sprudelst du in dieser irdnen Schale?
Hast du noch Gluth, noch Sonnengluth?
Zückt Freiheit noch in deinem rothen Strahle?

O Arzt! so binde du
Nur schnell, nur schnell mit deiner Binde
Die offne Ader wieder zu:
Denn Freiheit ist des Deutschen größte Sünde.

Doch willst du nimmer heiß,
O Blut! aus deinen Röhren schiessen;
Willst frostig, wie zerschmolznes Eis
Vom nackten Fels, in kalten Tropfen fliessen:

So fliesse, fliesse nur –
Kein Fürst wird deine Kälte strafen;
Denn kalte, frostige Natur
Schickt sich allein für arme deutsche Sklaven.

 


 


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