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§. 42.

Ich kehre zu unserer Auseinandersetzung des ästhetischen Eindrucks zurück. Die Erkenntniß des Schönen setzt zwar immer rein erkennendes Subjekt und erkannte Idee als Objekt zugleich und unzertrennlich. Dennoch aber wird die Quelle des ästhetischen Genusses bald mehr in der Auffassung der erkannten Idee liegen, bald mehr in der Seeligkeit und Geistesruhe des von allem Wollen und dadurch von aller Individualität und der aus ihr hervorgehenden Pein befreiten reinen Erkennens: und zwar wird dieses Vorherrschen des einen oder des andern Bestandteils des ästhetischen Genusses davon abhängen, ob die intuitiv aufgefaßte Idee eine höhere oder niedere Stufe der Objektität des Willens ist. So wird bei ästhetischer Betrachtung (in der Wirklichkeit, oder durch das Medium der Kunst) der schönen Natur im Anorganischen und Vegetabilischen und der Werke der schönen Baukunst, der Genuß des reinen willenlosen Erkennens überwiegend seyn, weil die hier aufgefaßten Ideen nur niedrige Stufen der Objektität des Willens, daher nicht Erscheinungen von tiefer Bedeutsamkeit und vielsagendem Inhalt sind. Hingegen wird, wenn Thiere und Menschen der Gegenstand der ästhetischen Betrachtung oder Darstellung sind, der Genuß mehr in der objekiven Auffassung dieser Ideen, welche die deutlichsten Offenbarungen des Willens sind, bestehen; weil solche die größte Mannigfaltigkeit der Gestalten, Reichthum und tiefe Bedeutsamkeit der Erscheinungen darlegen und uns am vollkommensten das Wesen des Willens offenbaren, sei es in seiner Heftigkeit, Schrecklichkeit, Befriedigung, oder in seiner Brechung (letzteres in den tragischen Darstellungen), endlich sogar in seiner Wendung oder Selbstaufhebung, welche besonders das Thema der Christlichen Malerei ist; wie überhaupt die Historienmalerei und das Drama die Idee des vom vollen Erkennen beleuchteten Willens zum Objekt haben. – Wir wollen nunmehr die Künste einzeln durchgehen, wodurch eben die aufgestellte Theorie des Schönen Vollständigkeit und Deutlichkeit erhalten wird.


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