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Berliner Mundart – dünkt manchem schlecht;
      
 Hat aber doch auch ihr Daseinsrecht,
      
 Denn sie wurzelt im vollen Leben.
      
 Berliner Mund-Unart nennt sie mein'thalb – –
      
 Aber nur abgeblaßt nicht und falb:
      
 Echt, wie das Volk spricht, müßt ihr sie geben!
Gott grüß' dich, teure Heimatstadt
      
 Am Spree- und Panke-Strande,
      
 Trotz deinem »Ick und »Det« und »Wat«,
      
 Trotz deinem Staub und Sande.
Wohl mußt' ich hören im Lauf der Zeit
      
 Dich höhnen oft und verlästern:
      
 Doch war wohl dabei ein bischen Neid
      
 Von deinen älteren Schwestern.
Denn kaum ein anderes Weichbild ist
      
 Im Süden und im Norden
      
 So schleunig groß, wie du es bist,
      
 Durch eigenes Ringen geworden!
Du hast vom Fischerdorf dich schnell
      
 Zur Weltstadt aufgeschwungen:
      
Dem brennen sie gerne eins auf's Fell,
      
 Dem etwas so gut gelungen!
Hier wirst du ob deines Philistertums
      
 Vom eitlen Weltkind verspottet;
      
 Dort nennen die Pächter himmlischen Ruhms
      
 Verbabelt dich und verrottet. –
Nun, wo es giebt der »Lämmer« mehr
      
 Als ein und dreiviertel Millionen,
      
 Da müssen, das begreift sich nicht schwer,
      
 Auch einige »Böcke« wohnen! – 
      
Sie sagen dir nach ein kaltes Herz
      
 An allen Ecken und Enden;
      
 Und doch: wer linderte fremden Schmerz
      
 Stets mit bereiteren Händen?!
Dann nennen »schnoddrig«, scharf und spitz
      
 Sie deine Geistesgaben;
      
 Nun, wenigstens ist so gerecht dein Witz,
      
Dich selbst auch zum Besten zu haben!
Im ganzen steckt in dir ein Kern
      
 Von Fäulnis frei und Verwäss'rung,
      
 Und da du noch jung bist, glaub' ich gern
      
 An deine Entwicklung und Bess'rung!
Zwar liegst du etwas saharahaft,
      
 Doch das ist am End' keine Schande:
      
 Zog doch die märkische 
      Treu' ihre Kraft
      
 Aus diesem märkischen Sande!
So lass' denn den Leuten ihren Spott …
      
 Laut ruf' ich dir zu auf's neue:
      
 Du Heimatstadt, behüt' dich Gott,
      
 Und wachse, blüh' und gedeihe!
Probe aus Geheimrats-Jette's Selbstschriften-Album.)
»Wo sind die Ziehjarr'n hin, hier aus die Kiste?!«
      
 Fragt heit der »Olle« mit so'n falschen Blick;
      
 Wodrauf ick einfach schiddle mit's Jenick
      
 Un sage nongschalank: »Det ick nich wißte!« –
Nu schnauzt »sie« los: »Hier fehlt ja ooch det Stick
      
 Von die geschmoorten beeden Kälberbriste,
      
 Der Streißelkuchen und die halbe Siste!« –
      
 »Wat jeht det 
      mir an?« jeb' ick samft zurück.
Det ick die Ziehjarr'n for den Tränksoldaten
      
 Still ausgefiehrt, und det der Jrenadier
      
 Den Kuchen jestern schluckte un den Braten,
      
 Det bleibt ein ewiges Rethsel Ihm un Ihr –
      
 Denn wie'n bejossner Pudel schämt' ick mir:
      
Een Milletheer-Jeheimnis zu verraten!
Aus dem poetischen Reisetagebuch eines Berliner Kolonial-Touristen.
»
      Afrika –
      
 Hipp hurrah;
      
 Immer hin! 's ist himmlisch da!
      
 Jar nischt kennt, wer 
      des nich sah!«
      
 So schrie Allens fern und nah!
      
Ich voll Wut
      
 Denke: 
      Jut,
      
 Wissen mußt du, wie det dhut;
      
 Nehme Rejenschirm un Hut,
      
 Un mit meinen Freind Fritz Krause
      
 Komm' ick, nach 'ne kleene Pause,
      
 An, det Nachmittags um vier;
      
 Stürze mir
      
 In's Pläsier,
      
 Seh' mir um un finde hier …
      
 Jott is jroß!
      
 Jlaubt man 's blos?!
      
Nich die kleinste Spur is los! 
      
 Vorne ein paar drockne Halme,
      
 In de Mitte eine Palme
      
 Un ein Sandfleck hinten – siehste
      
 Wie de bist: 
      det nennt sich »
      Wüste«!
      
 Jejend: sonst nich von Bedeutung;
      
 Un die Städte …! Keene Zeitung,
      
 Nich mal Jas- un Wasserleitung!
      
 Straßenpflaster –
      
 's reine Laster:
      
 Dabei Männer, Kinder, Weiber
      
 Kaum 'nen Fetzen auf die Leiber;
      
 Manchmal bloß mit Talg beschmiert,
      
 Deß man beinah sich scheniert –
      
 Dumm un faul,
      
 Un denn immer 's jroße Maul! –
      
 Nirjendswo een Droschkenjaul
      
 An die Ecke, meiner Seele!
      
 Lieber Jott, un die Kameele,
      
 Wo man dadrauf reiten muß:
      
 Der antikste Omnibus
      
 Is dajejen Hochjenuß! – –
      
 Un was außerdem for Bestien
      
 So den Menschen hier beläst'gen,
      
 Wo, wenn ein Malhör geschehn,
      
 Nie kein Schutzmann is zu sehn!
      
 Der Schkorpion
      
 Jrinst voll Hohn:
      
 »Alter Sohn,
      
 Dir hab' ick beim Wickel schon!« 
      
 Oder dito
      
 Ein Moskito
      
 Kriecht mir in den Stiebel cito!
      
 Ohne einen Jrund, der triftig,
      
 Sind die Fliejen hier jleich jiftig!
      
 Ob ick Müller oder Neumann
      
 Heiße, is ejal den Kaiman –
      
 Er frißt flott an mir sich satt,
      
 Weil er keenen Maulkorb hat!
      
 Tijer jeglichen Jeschlechts
      
 Happsen nach mir links und rechts;
      
 Vorne packt mir 'ne Hyäne
      
 Mit de Zähne
      
 In de Beene;
      
 Hinten an de Kaktuswand –
      
 Ooch scharmant! –
      
 Drängelt mir ein Elefant
      
 Oder tritt mir in den Sand;
      
 Wütend wie ein doller Truthahn
      
 Dreibt mir hier ein Orang-Utan –
      
 Klatsch, den Hut an;
      
 Während da 'ne Löwenjruppe
      
 Mir vertilgt als Wochensuppe! –
      
 Auch an einen schönen Dage
      
 Ohne Frage
      
 Kommt man manchmal in die Lage,
      
 Deß ein Antropopophage,
      
 Wenn er uns von weiten sieht,
      
 Kriegt App'tit, 
      
 Un kaum weiß man, wies jeschieht,
      
 Läßt er uns als delekaten
      
 Vesperhappen knusprig braten –
      
 So vielleicht mit Zwiebeln dran,
      
 Die ick nich mal riechen kann;
      
 Un kriegt er denn nach's Suppee
      
 Magenweh,
      
 Achherrjeh,
      
 Schimpft er hinterdrein noch jar,
      
 Deß an mir nich recht was war,
      
 Mäkelt mir: ick schmeckte jraulich
      
 Un erklärt mir unverdaulich! – –
      
 Un zuletzt, jerechte Jötter!
      
 Hier det 
      afrikan'sche Wetter,
      
 Det macht nu den Kohl noch fetter!
      
 In'n Dezember: mehr wie'n vollen
      
 Monat rejent's wie mit Mollen,
      
 Und in'n Februar – reen verrückt! –
      
 Is 'ne Hitze, det man stickt.
      
 Stoobig is es 
      immer, jrade
      
 Wie in Temploh zur Parade! –
      
 Dabei kann ick nich entdecken,
      
 Was sie mit des Kongobecken
      
 Blos bezwecken,
      
 Wo von solchen Mordsjestanke
      
 Selbst bei Rieselfeld un Panke
      
 Kein Jedanke!
      
 Lieber will ich, Jott soll strafen!
      
 An den braven 
      
 Humboldhafen
      
 In Berlin im Freien schlafen,
      
 Als 
      hier blos 'ne einz'je Nacht,
      
 Wo 
      des holde Becken lacht,
      
 Wo der Büffel sich drein sielt,
      
 Un was nie wird ausjespült! –
      
 Ueberhaupt is 
      nischt hier rein,
      
 Mensch un Tiere, Jroß un Klein:
      
Alles ein
      
 Ries'ges Schwein –
      
 Un des will ein Erdteil sein?!
      
 Donner, nein!
      
 Machen soll meintswejen Krause,
      
 Dem ick zu Jefallen meist
      
 Blos nach dieses Nest jereist,
      
 Wat er will: ick fahr zu Hause!
[Hier fehlt ein Gedicht. Beide von uns gekauften Exemplare waren lückenhaft, in einem fehlten der Mittelteil und ca. 30 Seiten am Schluß (Reprint von www.forgottenbooks.com), beim andern nur ein kleiner Teil am Schluß (Alte Originalausgabe). Den fehlenden Mittelteil haben wir eingepflegt. Re.]