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Anhang.

J. G. Hamann.

Biographische Skizze.
Johann Georg Hamann.

Geboren 1730. Gestorben 1788.

Hamann, ein geistreicher und eigenthümlicher tiefer Denker und Schriftsteller, der sich auch den Magus aus Norden nannte, wurde am 27. August im oben angegebenen Jahre zu Königsberg in Preußen geboren. Der Sohn wohlhabender Eltern, erhielt er eine ausgezeichnete Erziehung, fiel aber dann in die Hände pedantischer Lehrer, die seine ungewöhnlichen Fähigkeiten nicht auszubilden verstanden. Im Jahre 1746 bezog er die Universität, studirte Philosophie und widmete sich nach seines Vaters Wunsche der Theologie. Die Schwerfälligkeit seiner Zunge, sein schwaches Gedächtniß und seine Denkungsart bewogen ihn jedoch, ein anderes Studium zu ergreifen. Er wählte die Rechte, beschäftigte sich aber vorzugsweise mit Philosophie und Kritik. Um freier zu leben und die Welt zu sehen, nahm er eine Hofmeisterstelle in Livland an, gab dieselbe indeß schon nach einem halben Jahre wieder auf, und lebte einige Monate in Riga, bis die Noth ihn zwang, 1753 wieder eine Hofmeisterstelle in Kurland anzunehmen. Nachdem er auch diese 1755 verlassen, fand er in Riga in einer Kaufmannsfamilie Aufnahme und studirte nun die Handlungswissenschaften, Oekonomie und Politik. Sehr bald folgte er jedoch einer Einladung in das budbergsche Haus zu Grünhof, wo er zuerst als Hofmeister gewesen war, kehrte indeß schon 1756 nach seiner Vaterstadt zurück, um seine tödtlich kranke Mutter noch einmal zu sehen. In Angelegenheiten des erwähnten rigaer Handelshauses unternahm er darauf eine Reise nach England über Berlin, wo er Moses Mendelssohn, Ramler und Sulzer kennen lernte, Hamburg, Lübeck und durch Holland. In London blieb er über ein Jahr und ergab sich aus Mißmuth über den ungünstigen Erfolg der ihm übertragenen Geschäfte allerlei Zerstreuungen und Ausschweifungen, aus denen ihn endlich das Lesen der Bibel rettete. Geistig wieder aufgerichtet, verließ er im Sommer 1758 England und begab sich wieder nach Riga, bis ihn 1759 sein Vater nach Königsberg rief. Hier lebte er in glücklicher Muße dem Studium der alten Literatur und der orientalischen Sprachen, fand sich aber endlich durch die Kränklichkeit seines Vaters bewogen, einen Erwerb zu suchen. Er ward zuerst unentgeltlich Kopist bei dem königsberger Magistrat, dann Kanzlist bei der Kriegs- und Domänenkammer, entsagte aber 1764 diesen geisttödtenden Geschäften und unternahm eine Reise nach Frankfurt, um seinen Gönner, den Präsidenten von Moser, der ihn zu einer Stelle in Darmstadt empfohlen hatte, zu sprechen. Da dieser aber sich gerade in Holland befand, kehrte Hamann nach Königsberg zurück und ging 1765 wieder nach Mitau zu dem Hofrath Tottien, den er auf einer Geschäftsreise nach Warschau begleitete. Im Jahre 1767 kehrte er in die Heimath zurück, wo er die Stelle eines Schreibers und Uebersetzers bei der Provinzialaccise- und Zolldirektion und 1777 die eines Packverwalters bei dem königlichen Licent erhielt. Seit 1782, wo er einen bedeutenden Theil seiner Nebeneinkünfte verlor, lebte er mit seinen 4 Kindern in dürftigen Umständen, bis ihn 1784 ein ihm damals unbekannter Wohlthäter (Buchholz) in eine sorgenfreie Lage versetzte. Sorgen und Arbeit hatten indeß seinen Körper geschwächt; um eine Erholungsreise machen zu können, nahm er 1787 seinen Abschied und lebte von da an abwechselnd zu Düsseldorf und Münster in vertrautem Umgange mit Jacobi und der Fürstin Galyczin. Letztere ließ ihn auch zu Münster, wo er den 21. Juni 1788 starb, in ihrem Garten begraben und ihm ein Denkmal setzen.

Als Schriftsteller wurde Hamann von seinen Zeitgenossen wenig beachtet, da die eigenthümliche Einkleidung seiner oft sehr tiefsinnigen Gedanken und seine Vorliebe für biblische und symbolische Darstellung seine Schriften der großen Menge unzugänglich machten. Sie umfassen die Zeiträume: 1759-1763, 1772-1776 und 1779-1784 und sind zahlreich, aber keine über 5, die Mehrzahl nicht über 2 Bogen stark. Die meisten derselben haben einen polemischen Charakter; er kämpft gegen Materialismus, Freigeisterei und die hohle Schöngeisterei seiner Zeit, gegen Nachbeterei und Verehrung des Fremden mit Nachdruck; dabei wurzeln alle seine Aeußerungen und Bestrebungen in der Tiefe eines religiösen, den innigen Zusammenhang des Göttlichen und Menschlichen erkennenden Gemüths. Seine Dunkelheit ist oft gesucht und künstlich, aber »der Kern derselben enthält«, wie Herder sagt, »viele Samenkörner von großen Wahrheiten, neuen Beobachtungen und einer merkwürdigen Belesenheit; die Schale derselben ist ein mühsam geflochtenes Gewebe von Kernaussprüchen, Anspielungen und Wortblumen.«



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